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I. Teil XVII.

Full text: Wie Hilde Simon mit Gott und dem Teufel kämpfte / Landsberger, Artur (Public Domain)

Mit sicherem Empfinden erfaßte er den 
Grundmangel, der dem Glauben seiner Kindheit 
anhaftete. Der Protestantismus stellte jeden 
Menschen einzeln, als Persönlichkeit, nicht als 
Glied einer umfassenden Gemeinschaft, vor 
seinen Gott. Er überließ die Beantwortung aller 
im Umkreis der Religion aufzuwerfenden 
Fragen der individuellen Auffassung. Seinen 
Sätzen fehlte die allgemeine und für ewig bin- 
dende Gültigkeit und damit die wesentlichste 
Vorbedingung, die Einheit der Lehre unter 
seinen Anhängern zu begründen und aufrecht 
zu erhalten. Am schwersten machte sich dieser 
Mangel bei der Bestimmung des Absoluten 
(Gottes) geltend. Der heiligste Name war weder 
durch ein allgemein verbindliches Glaubens- 
bekenntnis, noch durch eine für alle Teile der 
Bibel gleichmäßig geltende Offenbarung, noch 
durch eine Jahrhunderte alte, geheiligte Tra- 
dition. geschützt. Dem Protestantismus fehlte 
also die fundamentalste Bedingung aller Re- 
ligion, ein klares Verhältnis zu ihrem obersten 
Prinzip, das gänzlich der Spekulation der ewig 
irrenden, ewig sich ändernden menschlichen 
Vernunft ausgeliefert ist. So konnte sich der 
Protestantismus gleich im Entstehen in mehrere 
Hauptrichtungen spalten, zu denen bald zahl- 
lose kleine Sekten und Sondergemeinden 
traten. Sie alle: Lutheraner, Calvinisten und 
Zwinglianer, Wiedertäufer und Schwarmgeister, 
Herrenhuter und Methodisten, die Anhänger 
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