gebung, so wäre ihr dieser Tag erspart ge-
blieben. Soviel war erwiesen: ihre Grundsätze
taugten nicht für die Welt, in der sie lebte;
taugten sie aber nicht für diese Welt, und war
sie nicht imstande, sich ihr anzupassen, so war
es wohl besser, daß sie, statt des aussichts-
losen Kampfes ein gewaltsames Ende machte!
Was wäre da schon verloren, wo nichts zu
gewinnen war! Wenigstens nicht für den, dem
die Fähigkeit fehlte, materialistisch zu fühlen
und zu denken.
Sie hatte nie nach ihrem Glauben geforscht;
kannte keine Religion; hatte nie einen Gottes-
dienst besucht. Sie hing mit großer Liebe an
der Mutter Gottes, wie sie sich auf den Bildern
alter Meister von Köln und Siena findet. Los-
gelöst von allem Irdischen, dem Lärm der Welt
entrückt, begeistert von dem Schimmer einer
heiligen Ahnung, die wie ein leiser Hauch die
milden Züge zauberhaft umschleiert und sie
auf weißen Wolken, wie auf den Flügeln zarter
Engel, leicht und lautlos von der Erde hebt.
Die liebte sie, und die suchte sie. Und ihre
verklärten Züge ließen sie ahnen, daß es fern
von dem engen Kreise, in dem sich ihre Welt
bewegte, noch etwas gab, was dem Leben seine
Leere und dem Tode seine Schrecken nahm.
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Während diese Stürme sie durchtobten, hatte
Frau Traute eine Liste all der Bekannten auf-
gestellt, mit denen der Verkehr augenblicklich
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