versteht. Er hat sich Grauthoff gegenüber sehr
bestimmt geäußert: Das Publikum ist wie ein
Kind, meint er, es hat keine Bewußtheit.“
„Das ist das wahre Wort!“ fiel May be-
geistert ein. „Keine Bewußtheit!“ wiederholte
er und unterstrich es. „Schon Richard Dehmel
sagt: Alle Unbewußten sollten sich hängen
Jassen.“ Und treuherzig und voll Überzeugung
fügte er hinzu: „Ach, wenn sie es doch täten!“
Dr. Feld lachte, „Ich glaube, der Selbstmord
wäre beispiellos, und es würden nicht viele am
Leben bleiben.“
„Aber die blieben!!“ strahlte May. —
„Besser wäre die Luft schon, und die Kunst
käme endlich zu der Bedeutung, die sie ver-
diente. Aber das sind ja dumme Wünsche!
Ich bin ein Narr — erzählen Sie lieber weiter,
was Rodin sagt.“
„Rodin sagt weiter, daß dem Publikum ei-
nige Sätze und Theorien eingelernt seien, die es
nun an jedes Kunstwerk als Maßstab legt.“
„Ah! Sehen Sie’s nun? Das Eingelernte!
Genau, wie ich es Ihnen sagte.“
„Es kennt die Zeichnungen von Ingres, meint
Rodin und beurteilt seine Zeichnungen nach
diesem Stil, und sagt dann: Rodins Zeich-
nungen sind nicht schön, sie sind vollendet.
Aber Ingres Zeichnungen sind nur ein Ideal
und nicht das Endgültige, — Rodin will etwas
anderes geben, nicht die Kontur der Ruhe, son-
+49