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Während Sabine alle Einzelheiten der letzten er—
eignisreichen vierundzwanzig Stunden, ihren Theater—
besuch, die Bekanntschaft mit Schweydam und Wald—
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ständlich und wahrheitsgekreu erzählte, war in Lenen
plötzlich etwas aufgekeimt und mit wunderbarer Schnel—⸗
ligkeit auch ausgereift. Und als ihr Sabine den eben
unterzeichneten Kontrakt zeigte, rief sie mit erstaunlicher
Entschlossenheit: „Was ich werden will, fragtest du mich?
Ich werde auch Künstlerin .. .wie dul! Was du kannst,
werde ich schließlich auch können. Gehdu mit dem
Dienstmann nach Hause und laß den Korb herauf⸗—
bringen! Ich gehe nach St. Pauli.“
„Aber Lene!“
„Ich gehe nach St. Pauli!“ wiéderholte das refolute
kleine Mädchen mit einer Entschiedenheit, die keinen
Widerspruch duldete
Alle vernünftigen Einreden der besonneneren und
langsameren älteren Schwester waren denn auch ver—
geblich. An der nächsten Straßenecke schwenkte Lene
ab und ging schnellen Schrittes in der Richtung auf
St. Pauli zu. Sabine sah ihr kopfschüttelnd nach und
begab sich mit dem Dienstmann und dem Korbe nach
Hause.
Es war dem findigen jungen Mädchen nicht schwer ge⸗ *
worden, das ünscheinbare , Grand Eldorado⸗Theater“ und
in ihm den Besitzer und Direktor, Herrn Waldlack, auf⸗
zustöbern. In einem finsteren, schmutzigen, engen Raume,
dessen einziges Fenster auf den dunklen Hof hinausging,
und dessen Bestimmung durch das weißlackierte Blech—