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Helene schwieg noch immer.
Nas ja,“ sagte Valerie nach einer Weile, „er hatte
dinen sehr guisitzenden schwarzen Gehrock, Kammgarn,
wenn ich mich nicht irre
Die Geheimrätin schüttelte sanft lächelnd den Kopf.
„Sie sind unberbesserlich, meine liebe Gräfin,“ be—
merkte sie mit mildem Verweise, „aber Sie kenne ich
auch, und ich weiß am besten, ein wie gutes Herz sich
hinter Ihren mutwilligen Worten versteckt. Ich lasse
mich aber durch Ihre Scherze nicht beirren. Ich bin
altmodisch und halte es mit der Schrift: Nicht nach den
Worten, nach den Werken sollen wir richten.“
„Das kann ich ja gar nicht annehmen,“ sagte Valerte
und zündete sich eine neue Zigarette an.
„Exzellenz sind viel zu gut,“ versetzte Helene Foeren
im Tone voller Überzeugung, „und sehen immer nür
das Gute an den Menschen.“
„Worüber wir uns übrigens nicht beklagen wollen,“
ergänzte die Gräfin. „Nicht wahr, Frau Foeren?“
Die junge Dame hatte recht. Frau Geheimrat
Katharina Frantzius war wirklich eine liebe, prächtige
Frau. Wenn sie auch ihre Frömmigkeit, die nach ihren
Begriffen mit strenger Kirchlichkeit unlösbar verbunden
war, in kiner für den gewöhnlichen Umgang mitunter
etmas zu auffälligen Weise betonte, so entwaffnete sie
doch die Spötter durch die tiefe Ehrlichkeit ihres Glaubens.
Sie stammte aus einer alten Berliner Familie der
sogenannten Ackerbürger, die mehr aus kurzsichtiger
Angst vor den Gefahren des flüssigen Kapitals als aus
weitschauender Voraussicht des mächtigen Auffchwunges/