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Full text: Das grüne Huhn / Reicke, Georg (Public Domain)

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Mutter: „Darauf kommt es wohl nicht an?“ 
(Es war jetzt schon eine gewisse Schärfe in ihrem 
Ton.) 
Ursine: „Das wollte ich nicht sagen, aber 
das kann doch nicht ausschlaggebend sein für den 
Verkehr, den ich mir suche.“ 
Mutter: „Ich bin anderer Ansicht; so lange 
du von uns abhängig bist, hast du dich auch nach 
unseren Wünschen zu richten.“ 
Jetzt machte Ursine eine kleine Pause. Sie 
hatte den Rand des roten Korbstuhles, der vor 
ihr stand, umklammert; es war, als ob der äußere 
Druck ihr inneren Halt geben sollte. 
„Mutter,“ begann sie wieder, „ich fürchte, 
wir verstehen uns nicht; aber ich glaube, ich muß 
diesmal nach eigner bester Ueberzeugung 
handeln.“ 
Frau Lotte hörte das leise Zittern in ihrer 
Stimme. Sie zog die Füße von dem Stuhl zu—⸗ 
rück und richtete sich in ihrem Sitze empor. 
„So — dann verbiete ich's dir einfach!“ sagte 
sie gereizt. 
Ursine blieb äußerlich noch ruhig: „Mit 
welchem Recht, Mutter?“ 
„Eben als Mutter,“ warf ihr Lotte rasch ent⸗ 
gegen. „So lange du von mir abhängig bist, 
nehme ich das Recht in Anspruch, dich zu leiten.“ 
Ich fühle mich aber gar nicht mehr so ab— 
hängig. Von deiner Liebe ja, aber nicht von 
deinen Ansichten!“ 
Nun wurde es Frau Lotte zu viel. Sie 
erhob sich; es war ihr in diesem Augenblick ange—
	        
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