Zukunftsweisender Städtebau
Integriert, flexibel, bürgernah
Bayerische Städte und Gemeinden, Planerinnen
und Planer sowie interessierte Bürgerinnen und
Bürger können sich hier über städtebauliche
Lösungsansätze sowie eine Vielzahl von praxis
nahen Anwendungsbeispielen informieren.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir stehen vor großen Herausforderungen: Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel, demo
grafische und klimatische Veränderungen und ihre Folgen, sowie die weitreichenden Entwick
lungen im Bereich der Mobilität, Energie und Digitalisierung greifen in alle Lebensbereiche ein.
Wir wollen die bayerischen Städte und Gemeinden bestmöglich unterstützen, diesen Wandel zu
gestalten. Moderner Städtebau muss das alles mitdenken. Denn er ist das fachliche und räumliche
Bindeglied zwischen der örtlichen und überörtlichen Planung und den vielfältigen Fachdisziplinen.
Die Corona-Krise zeigt uns, welche tiefen Einschnitte innerhalb kürzester Zeit auf uns zukommen
können. Sie führt uns einmal mehr vor Augen, wie wichtig intakte Quartiere und Nachbarschaften
mit attraktiven Grün- und Freiräumen sind, in denen man sich wohlfühlen kann, in denen man
gegebenenfalls auch gerne viel Zeit verbringen kann. Im Idealfall bieten sie Raum für soziale
Kontakte, Nahversorgung und Erholung. Auch die Fragen Leben im Alter und Barrierefreiheit
spielen hier herein.
Die Lehre aus Corona ist im Bereich Städtebau ganz klar: Wir müssen robuste städtebauliche
Strukturen weiter stärken. Denn das gewährleistet die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger
und unterstützt eine offene, vielfältige Lebensweise und eine selbstbestimmte Teilhabe aller
Personengruppen am öffentlichen Leben.
In den Kommunen braucht es da oft Mut. Mut, eine ganzheitliche kommunale Perspektive zu ent
wickeln. Mut, passgenaue Strategien zu entwickeln. Und Mut, auf neue Technologien zu setzen.
Es kommt darauf an, die Akteure vor Ort einzubinden, Bürgerinnen und Bürger so früh wie möglich
mit ins Boot zu holen und so Akzeptanz zu schaffen.
Dieses Arbeitsblatt richtet sich deswegen an Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Kommu
nalverwaltungen, Planerinnen und Planer sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Es enthält
übertragbare städtebauliche Lösungsansätze, effektive Werkzeuge sowie eine Vielzahl von praxis
nahen Anwendungsbeispielen. So sollen unsere Kommunen in Zukunft noch erfolgreicher indivi
duelle Konzepte und passgenaue Lösungen vor Ort entwickeln können! Dabei wünsche ich Ihnen
viel Erfolg!
Ihre
Kerstin Schreyer, MdL
Bayerische Staatsministerin für
Wohnen, Bau und Verkehr
Zukunftsweisender Städtebau
Integriert, flexibel, bürgernah
1.
Planungsgrundsätze
4
2.
Städtebauliche Schwerpunktthemen
8
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
2.11
2.12
2.13
2.14
2.15
2.16
Art und Umfang der Siedlungs entwicklung .......................................................................................... 10
Interkommunale Zusammenarbeit ......................................................................................................... 13
Flächensparen ......................................................................................................................................... 14
Umwelt- und Klimaschutz ....................................................................................................................... 16
Hochwasserschutz .................................................................................................................................. 18
Energie ..................................................................................................................................................... 19
Wohnen ................................................................................................................................................... 20
Arbeiten .................................................................................................................................................. 22
Mobilität .................................................................................................................................................. 24
Orstkern, Nahversorgung ...................................................................................................................... 26
Öffentlicher Raum .................................................................................................................................. 27
Barrierefreiheit ....................................................................................................................................... 28
Grün- und Naturräume, Biodiversität ................................................................................................... 29
Einfamilienhausgebiete ......................................................................................................................... 30
Baukultur, Identität ................................................................................................................................. 32
Digitalisierung ........................................................................................................................................ 33
3.
Siedlungsstruktur in Bayern
3.1
3.2
Polyzentrale Siedlungsstruktur ............................................................................................................. 35
Spezifische städtebauliche Herausf orderungen nach Gemeindetyp.................................................. 37
4.
Praxisbeispiele
34
44
Buch am Erlbach – Demografiegerechte Ortsentwicklung ................................................................. 46
Greifenberg – Neues Wohnen auf dem Land ....................................................................................... 52
Steinwald-Allianz und Spiegelau / Frauenau – Digitales auf dem Land ................................................ 54
Langenfeld – Versorgung auf dem Land ............................................................................................... 56
Wildpoldsried – Ortsentwicklung mit regenerativer Energie ............................................................. 58
Weyarn – Mehrgenerationenwohnen am Klosteranger ....................................................................... 60
Heimenkirch, Wiesenfelden und Freyung – Flexibel, geteilt und elektrisch ...................................... 64
Arzberg, Kirchenlamitz, Röslau, Schwarzenbach –
Interkommunale Revitalisierung von Industriebrachen ...................................................................... 66
Freyung – Antrieb Ortsmitte .................................................................................................................. 68
Murnau, Bad Berneck, Dießen am Ammersee – Neues Arbeiten auf dem Land ............................... 74
Miltenberg – Hochwasserschutz und städtebauliche Aufwertung ..................................................... 76
Selb – Wohnungsneubau macht die Innenstadt attraktiv .................................................................... 78
Schweinfurt – Vom Industrie- zum Kulturstandort .............................................................................. 80
Garmisch-Partenkirchen – Innerörtliche Quartiersentwicklung ......................................................... 86
Coburg – Die digitalisierte Stadt ........................................................................................................... 88
Kempten – Klimaschutz gemeinsam gestalten .................................................................................... 90
Regensburg – Wachstum mit hoher städtebaulicher Qualität ............................................................ 92
Würzburg (mit Umlandgemeinden) – Mobilität neu denken ............................................................... 96
München – Urbane Mobilität und Logistik der Zukunft ....................................................................... 98
Nürnberg – Rundum-Erneuerung einer 1960er Jahre Wohnsiedlung ............................................... 100
Projekt- und Bildnachweis
104
Arbeitsblätter und Materialien
107
Impressum
108
4
Planungsgrundsätze
Fundament eines zukunfts
fähigen Städtebaus
Planungsgrundsätze
Städtebau umfasst bei der Planung und Gestaltung von Städten und Gemeinden
alle fachlichen und grundsätzlichen Angelegenheiten der Siedlungsentwicklung.
Aufgrund der Vielzahl der dabei zu berücksichtigenden und sich teilweise wider
sprechenden Anforderungen kommt ihm eine zentrale und verbindende gesell
schaftliche Bedeutung zu.
Wie kann robuster, zukunftsfähiger Städtebau geplant werden? Ist das über
haupt möglich? Wenn wir heute alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, öko
logischen, sozialen und technischen Veränderungen und Entwicklungen, deren
Wechselwirkungen und Auswirkungen auf die gebaute Umwelt für eine länge
re Zeitperiode absehen könnten, wäre es einfach, berechenbare Modelle zu
entwickeln, zu planen und baulich umzusetzen. Das ist unrealistisch. Es gibt
kein allgemeingültiges Rezept, keine Betriebsanleitung, die unabhängig vom
Ort Allgemeingültigkeit besitzt. Und die Städte und Gemeinden unterscheiden
sich hinsichtlich ihrer Struktur, ihren Rahmenbedingungen, ihrer jeweiligen
Identität und Vielfalt.
Städtebauliche Projekte müssen passgenau auf die Bedürfnisse und Besonder
heiten der jeweiligen Gemeinde und ihrer Bewohner abgestimmt werden.
Übergeordnete Themen wie Klimaanpassung, Demografischer Wandel, Flächen
inanspruchnahme, Grünraum und Digitalisierung sind dabei ebenso wie die
Themen Wohnen, Wirtschaft und Mobilität intensiv einzubeziehen. Diese Ent
wicklungsprozesse benötigen einen langen Atem und lassen sich zunehmend
nicht mehr alleine in der einzelnen Stadt und Gemeinde bewältigen. Vor dem
Hintergrund der Verzahnung städtischer und ländlicher Räume und der Entwick
lung von Schrumpfungs- und Wachstumsregionen braucht es eine starke inter
kommunale Zusammenarbeit.
Ziel muss es sein, robuste städtebauliche Strukturen und Rahmenbedingungen
zu schaffen, die an neue Herausforderungen angepasst werden können und
veränderte Nutzungen zulassen.
Den Rahmen durch einen Leitbildprozess definieren
In einem Leitbildprozess werden grundsätzliche Ziele formuliert, wie eine Ge
meinde zukünftig gestaltet werden soll. Unter Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger entwickelte strategische Zielsetzungen können die Akzeptanz steigern
und sicherstellen, dass das kommunale Handeln zielgerichtet und transparent
bleibt. Von Bedeutung ist dabei eine vorausschauende, aktive und verstetigte
Kommunikation mit den Akteuren vor Ort sowie eine gute Informationsbasis
über aktuelle Marktbedingungen und Trends.
5
1
6
Zukunftsfähiger Städtebau braucht räumlich gestufte Konzepte
Aufbauend auf einem kommunalen Leitbild können mit städtebaulichen Ent
wicklungskonzepten langfristige, gesamträumliche Ziele und daraus abgelei
tet konkrete Umsetzungsstrategien erarbeitet und für teilräumliche Bereiche
individuelle Lösungen entwickelt werden. Die Einbeziehung aller relevanten
fachlichen Aspekte führt zu einer umfassenden Bearbeitung städtebaulicher
Fragestellungen. Der integrative Ansatz, also die Einbeziehung sozialer, städ
tebaulicher, kultureller, ökonomischer und ökologischer Handlungsfelder, spielt
dabei eine wesentliche Rolle. Wechselwirkungen von fachlichen und räumlichen
Anforderungen sowie die Belange der Menschen vor Ort werden öffentlich
gemacht und aufeinander abgestimmt. Für Teilräume dienen hierzu integrierte
städtebauliche Entwicklungskonzepte (ISEK).
Partizipation sichert die Akzeptanz vor Ort
Die Entwicklung einer Gemeinde hinsichtlich ihrer räumlich - sozialen Struktur
erfordert Instrumente zur intensiven Einbindung der Bürgerinnen und Bürger.
Aufbauend auf einer transparenten Informationspolitik profitiert die Entwicklung
städtebaulicher Entwicklungskonzepte von einem breiten bürgerschaftlichen
Engagement. Die Konzepte erfahren eine größere Akzeptanz und führen zu ei
ner höheren Planungssicherheit.
Umsetzung durch passgenaue Instrumente
Die Steuerung städtebaulicher Prozesse gelingt dann besonders gut, wenn Um
setzungsstrategien und ein zielführender Instrumenteneinsatz mitgedacht werden.
Diese können neben der Bauleitplanung mit ihren Umsetzungsinstrumenten auch
kommunikative oder organisatorische Ansätze beinhalten. Die gesetzlichen Rege
lungen zur Bauleitplanung im Baugesetzbuch (BauGB) ermöglichen den Gemein
den vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zur passgenauen und zielführenden Um
setzung ihrer städtebaulichen Entwicklung. Möglichkeiten der Gestaltung ergeben
sich bereits durch die verschiedenen Verfahren (herkömmliches, vereinfachtes oder
beschleunigtes Verfahren) für die Bauleitplanung. Abhängig vom jeweiligen Verfah
renstyp sind mehr oder weniger verfahrensrechtliche Anforderungen zu beachten.
Daneben können die Gemeinden durch Darstellungen im Flächennutzungsplan (§ 5
BauGB) oder Festsetzungen im Bebauungsplan (§ 9 BauGB) ihre städtebaulichen
Ziele umsetzen.
Aktive Flächen- und Bodenpolitik schafft langfristig
Handlungsfähigkeit
Eine aktive Flächenpolitik stellt langfristig die Handlungsfähigkeit einer Kommu
ne sicher. Das strategische Vorhalten wichtiger Schlüsselgrundstücke, beispiels
weise über den Erwerb oder das Freihalten (auch durch Zwischennutzungen),
ermöglicht es, unter Berücksichtigung der finanziellen Ausstattung einer Kom
mune, bedarfsgerecht zu steuern und trägt zur Erreichung insbesondere lang
fristiger kommunaler Entwicklungsziele wesentlich bei.
Nutzungsvielfalt und modulare Planung sichern Flexibilität bei
veränderten Rahmenbedingungen
Nutzungsmischung und vielfältige Strukturen versetzen die Kommunen in die
Lage, flexibel auf sich wandelnde Rahmenbedingungen zu reagieren. Ein vielfäl
tiges Wohnraumangebot und vorausschauend geplante soziale Versorgungsinf
rastrukturen gewährleisten eine höhere Resilienz gegenüber möglichen Nach
frageverschiebungen und neuen Bedarfen.
Planungsgrundsätze
7
Hinsichtlich der sozialen oder technischen Infrastruktur können modulare Kon
zepte und die frühzeitige Berücksichtigung von Erweiterungsoptionen eine spä
tere bauliche Anpassung kostengünstiger ermöglichen.
Systematische Beobachtung und Wirkungskontrolle sind wichtige
Hilfsmittel langfristiger Steuerung
Die Festlegung messbarer Indikatoren sowie die digitale Erhebung von Daten,
wie beispielsweise zum Pendleraufkommen oder zur Flächenversiegelung er
möglicht eine Überprüfung der Zielerreichung von städtebaulichen Vorhaben.
Die Nutzung digitaler Instrumente bei der Planung ermöglicht es, Fachplanungen
besser aufeinander abzustimmen und transparente Entscheidungsstrukturen zu
schaffen. Diese Erfahrungen können bei künftigen Projekten genutzt werden.
Nachfolgend werden die fach- und raumbezogenen Anforderungen beschrie
ben, die an eine städtebauliche Entwicklung gestellt werden. Aufbauend auf
den genannten Planungsaspekten werden Handlungsfelder und Instrumente
dargestellt.
Zusammenhänge einer städtebaulichen Planung
Leitbildprozess
Räumlich gestufte Konzepte
•P
Partizipation
l an u
n gs g r u
nd
Art und Umfang der
Siedlungsentwicklung
sä
tz
Interkommunale
Zusammenarbeit
e
Passgenaue Instrumente
Aktive Flächen- und
Bodenpolitik
Flächensparen
Nutzungsvielfalt und
Flexibiität
• S t äd t e ba u l i c
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Hochwasserschutz
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Energie
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Systematische
Beobachtung und Wirkungskontrolle
Umwelt- und Klimaschutz
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Kleinstadt
Arbeiten
Mobilität
Ortskern, Nahversorgung
Öffentlicher Raum
Barrierefreiheit
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Landgemeinde
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Verdichtungsraum
Wohnen
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un
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en
Mittelstadt
Großstadt
Grün- und Naturräume,
Biodiversität
Einfamilienhausgebiete
Baukultur, Identität
Digitalisierung
Ländlicher Raum
Das Schaubild stellt die Zusammenhänge einer städtebaulichen Planung von den grundsätzlichen Planungsaspekten (Kapitel 1) über die
Schwerpunktthemen (Kapitel 2) und den siedlungsstrukturellen Aspekten (Kapitel 3) dar.
1
8
Städtebauliche Schwerpunktthemen
Handlungsfelder und
Planungsinstrumente
Städtebauliche Schwerpunktthemen
Im folgenden Kapitel werden städtebauliche Schwerpunktthemen beschrieben
und konkrete Instrumente aufgeführt. Die Darstellung ist nicht abschließend,
sondern zeigt exemplarisch auf, wie Kommunen Herausforderungen begegnen
können. Die Ausgangssituationen vor Ort in den Kommunen sind sehr unter
schiedlich. Aus diesem Grund ist für jeden Einzelfall ein individuell angepasstes
Instrument erforderlich. Für eine zukunftsfähige Entwicklung sollten diese räum
lich gestuften Konzepte in einer Gesamtstrategie, beispielsweise innerhalb eines
ISEKs, gebündelt und zusammengefasst werden. Bei konkreten Planungsaufga
ben können sich die bayerischen Städte und Gemeinden an die Landratsämter
und Regierungen wenden, die umfassend bei rechtlichen, fachlichen, organisato
rischen und auch fördertechnischen Fragen beraten.
Darüber hinaus geben die „Planungshilfen für die Bauleitplanung“, die im
Zweijahresrhythmus vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und
Verkehr (StMB) herausgegeben werden, wichtige Hinweise zu aktuellen recht
lichen und fachlichen Aspekten der Ortsentwicklung.
Zur Steuerung der Siedlungsentwicklung stehen der Gemeinde eine Vielzahl von
gesamträumlichen, teilräumlichen, fachbezogenen oder interdisziplinären Pla
nungs- und Umsetzungsinstrumenten zur Verfügung. Wesentlich ist dabei die
Unterscheidung von informellen und formellen Instrumenten.
Informelle Instrumente
Über informelle Instrumente lassen sich ohne langwierige Prozesse Ziele für
die Ortsentwicklung formulieren und städtebauliche Konzepte entwickeln. Rah
menbedingungen sowie Bedarfe können unter Einbeziehung der privaten wie
öffentlichen Akteure überprüft und eine Umsetzung vorbereitet werden. Mit
Beschluss des Gemeinderates sind diese nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB bei der
Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen. Somit kann ihr Einfluss auf
eine Umsetzung sichergestellt werden.
Formelle Instrumente
Zur Sicherung und Umsetzung von städtebaulichen Entwicklungszielen und einer
geordneten Entwicklung kann die Gemeinde auf formelle Instrumente zurück
greifen. Maßgeblich dabei ist die gemeindliche Bauleitplanung, bei der sich die
Gemeinde durch Beschluss zu ihren Entwicklungszielen bekennt und Baurecht
schaffen kann. Daneben stehen weitere Instrumente, wie beispielsweise eine
Sanierungssatzung oder ein Baulandkataster, die einer Gemeinde weitreichende
Rechte zum Vollzug einräumen können, um die bauliche und sonstige Nutzung
der Grundstücke vorzubereiten und zu steuern.
Weitere Hinweise zu den Instrumenten und Materialien werden nachfolgend in
den blau hervorgehoben Instrumentenkästen aufgezeigt. Darüber hinaus veran
schaulichen Praxisbeispiele deren Anwendung.
9
2
10
2.1 Art und Umfang der Siedlungsentwicklung
Städte und Gemeinden entscheiden in eigener Verantwortung, in welcher Art
und in welchem Umfang sie sich städtebaulich entwickeln wollen. Dabei orien
tiert sich die Siedlungstätigkeit am Grundsatz der Erforderlichkeit, um die ge
wachsenen Strukturen zu erhalten und nachhaltig weiterzuentwickeln.
Bevölkerungsentwicklung in den
Regionen Bayerns
Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik
www.statistik.bayern.de
Oberfranken-West
04
Main-Rhön
03
Bayerischer
Untermain
01
Oberfranken-Ost
05
Würzburg
02
Oberpfalz-Nord
06
Nürnberg
07
Westmittelfranken
08
Regensburg
11
Donau-Wald
12
Ingolstadt
10
Landshut
13
Augsburg
09
München
14
Donau-Iller
15
Allgäu
16
Häufigkeit
unter - 7,5
0
-7,5 bis unter - 2,5
3
-2,5 bis unter
2,5
5
2,5 bis unter
7,5
8
7,5 oder mehr
2
Größte Abnahme: Oberfranken-Ost - 7,1 %
INSTRUMENTE
Notwendig ist daher eine auf den Besonderheiten
der jeweiligen Gemeinde aufbauende, fachübergrei
fend angelegte, strategische Entwicklungsperspek
tive. Ziel sollte es sein, die Funktionsfähigkeit der
Siedlungsstrukturen und die langfristige Auslastung
und Aufrechterhaltung wohnortnaher Einrichtungen
und Angebote der Daseinsvorsorge zu sichern. Wesentliche Aspekte dabei sind
die vorrangige Innenentwicklung, die Schaffung kompakter Siedlungsstrukturen
sowie attraktiver, lebendiger Stadtteil- und Ortszentren als Identifikationspunk
te, die Reduzierung von Flächenverbräuchen sowie die Sicherung und Weiter
entwicklung der bestehenden technischen und sozialen Infrastruktur.
Südostoberbayern
18
Oberland
17
Veränderung 2038 gegenüber 2018
in Prozent
Entscheidenden Einfluss wird in den nächsten
Jahrzehnten der demografische Wandel haben.
Auch Kommunen, die aktuell noch keinen Hand
lungsbedarf erkennen, werden mittelfristig davon
betroffen sein. Die Aspekte der demografischen
Entwicklung – z. B. Bevölkerungsrückgang, verän
derte Altersstruktur, Zu- und Abwanderung oder
Diversifizierung der Gesellschaft – betreffen dabei
die gesamte Bandbreite der wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die auch
Konsequenzen für die Siedlungsentwicklung ha
ben. Sowohl Großstädte und Verdichtungsräume
als auch dünn besiedelte, strukturschwache ländli
che Gebiete sind in unterschiedlicher Form von den
Auswirkungen betroffen.
Größte Zunahme: München
+ 9,2 %
Bayern:
+ 4,0 %
Eine solche Strategie ist auch angesichts der Herausforderungen des Klima
wandels notwendig, da durch sie Verkehrsströme auf das notwendige Maß
beschränkt werden und vorhandene Freiräume mit ihrer Bedeutung für das ört
liche Mikroklima und die Biodiversität erhalten und gestärkt werden können.
INFORMELLE INSTRUMENTE
der Gemeinde aktiv teilhaben zu lassen und
Ziele zu formulieren. Rahmenbedingungen
Kommunales Entwicklungskonzept
darüber hinaus, Art und Umfang der künfti
sowie Bedarfe können unter der Einbeziehung
Mit einem Stadtentwicklungskonzept wird
gen Siedlungsentwicklung mit einem konkre
der privaten wie öffentlichen Akteuren über
die Grundlage für die zukünftige Entwick
ten Gebietsbezug zu ermitteln. Der integrierte
prüft und eine Umsetzung vorbereitet werden.
lung für die gesamte Gemeinde geschaffen.
Ansatz ermöglicht es, auf komplexe Heraus
Unter Einbindung der Öffentlichkeit werden
forderungen langfristig wirksame, lokal abge
Städtebaulicher Entwurf
Leitlinien und kommunalpolitische Zielsetzun
stimmte Lösungen zu erarbeiten. Auf diese
Mit einem städtebaulichen Entwurf werden
gen sowie daraus resultierende Aussagen zur
Weise wird eine gute fachliche Basis für die
Vorgaben planerisch überprüft und Vorschläge
Finanzierung und dem Zeitrahmen getroffen.
formelle Bauleitplanung geschaffen.
für konkrete räumliche Entwicklung erarbeitet.
Integriertes städtebauliches
Rahmenplanung
Wettbewerbs lassen sich dazu Handlungs
Entwicklungskonzept
Städtebauliche Rahmenpläne betrachten sach
spielräume aufzeigen und Planungsalternati
Integrierte städtebauliche Entwicklungskon
liche Teilbereiche oder Teilräume detaillierter.
ven ermitteln.
zepte (ISEK) eignen sich dazu, die Bürgerin
Sie sind geeignet, ohne langwierige Prozesse
nen und Bürger an der weiteren Entwicklung
städtebauliche Konzepte zu entwickeln und
Mit der Durchführung eines städtebaulichen
die im Einklang mit der vorhandenen Infra
struktur und dem ländlichen Ortsbildcharak
ter steht, erarbeitete die Gemeinde Heberts
hausen gemeinsam mit den Bürgerinnen und
Bürgern ein ISEK mit besonderen Fokus auf
die im Siedlungszusammenhang gelegenen
Innenentwicklungspotenziale.
r
pe
Am
H
Im Rahmen des Prozesses erfolgte eine
Bestandsaufnahme und Analyse der im
H
H
Hauptort gelegenen Wohngebiete bezüglich
der Flächenausnutzung und möglichen Akti
Mühlgraben
H
vierungspotenziale. Damit konnte eine Viel
zahl von Möglichkeiten zur Aktivierung von
Wohnraum im Bestand aufgezeigt und räum
Höllgra
ben
liche Ziele für die zukünftige gemeindliche
Gedenkstätte
Entwicklung formuliert werden. Innerhalb
r
pe
Am
des Maßnahmenkatalogs wurden konkrete
Umsetzungsmaßnahmen, wie beispiels
H
weise ein interdisziplinärer Wettbewerb
zur Entwicklung der im ISEK identifizierten
r
W
ür
m
Potenzialflächen, erarbeitet. Durch die inten
sive Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen
und Bürgern konnte eine Akzeptanz für das
Ergebnis und für das Ziel der fokussierten
Innenentwicklung geschaffen werden.
langfristige Entwicklung Mischnutzung
u
Entwicklungskonzept
ac
ha
hochwertig gestalteter Straßenraum
Konzentration EZH/ DL/ Gastro
Etablierung von hochwertigem
Gewerbe
medizinische Versorgung
Fuß- und Radwegenetz
vielseitig nutzbarer
Wohnraum
naturnah gestalteter Graben
Ärztehaus zu errichten langfristige Entwicklung
(inkl. Lückenschlüsse)
bewahrte
bzw. ausgebaute
Neuschaffung von Einrichtungen
für Kultur
Mischnutzung
Veranstaltungsraum
Markthalle
verkehrsberuhigender Ortseingang
aktivierte Baulücken/Brachen
Sportfläche
und Bildung
Gastronomie-, Dienstleistungsund Einzelhandel
Unterstützung und Ausbau
gemeindliche,
hochwertig
gestalteterneugeordneter Knotenpunkt
prägender Baumbestand
und Einzelhandelsstandorte
aktivierte Umstrukturierungsundund Bildungsstandorte
soziale
Straßenraum
neue Mischnutzungen zur
vielseitig nutzbarer Veranstaltungsraum +
geöffnete Brücke
NachverdichtungspotenzialeWeiterentwicklung des Themas
und Aktivflächen
Markthalle + Einzelhandel
Aktivierung desSpielOrtszentrums
Schulstandort
Platz mit Aufenthaltsqualität
ländliche Struktur
neue Mischnutzungen
zur
langfristige
neues Jugendzentrum
Konzentration EZH/DL/Gastro
Aktivierung des Ortszentrums
ortsbildprägendes
Element
begrünter und sanierter
Wohnbauflächenentwicklung
Etablierung von hochwertigem
Straßenraum
medizinische Versorgung
Schaffung eines sozialgerechten
Gewerbe
Gastronomie-, DienstleistungsÄrztehaus zu errichten
Wohnraumangebotes
und Einzelhandelsstandorte
Neuschaffung von Einrichtungen für Kultur und Bildung
D
Neuschaffung von
Platz mit Aufenthaltsqualität
begrünter und sanierter Straßenraum
langfristige Gewerbeentwicklung
Unterstützung
und Ausbau
gemeindliche,
soziale
und
Naturraum mit
hoher Qualität
Bildungsstandorte
Aufwertung und
Weiterentwicklung u.a. des
Mühlbaches, Schlossparks
Weiterentwicklung
des
sowie des Lehrerwaldes
Themas
Schulstandort
neues Jugendzentrum
Ringschluss Torstraße –
Krautgartenstraße
Fuß- und Radwegenetz
ortsbildprägendes Element
verkehrsberuhigender
Ortseingang
neugeordneter Knotenpunkt
geöffnete Brücke
langfristig errichtete
Umgehungsstraße
erweiterte P+R Anlage
inkl. Lückenschlüsse
FORMELLE INSTRUMENTE
reitende Bauleitplanung bindet der Flächen
Innenentwicklung zu ermöglichen – z. B. die
Bauleitplanung
nutzungsplan die Gemeinde und die an seiner
Wiedernutzbarmachung von Flächen oder
Die gemeindliche Bauleitplanung ist als for
Aufstellung beteiligten öffentlichen Planungs
Nachverdichtung – können Bebauungspläne
melles Instrument die rechtsverbindliche
träger. Dem einzelnen Bürger gegenüber
beispielsweise im beschleunigten Verfahren
Grundlage zur Sicherung und Umsetzung von
hat er aber grundsätzlich keine unmittelbare
durchgeführt werden. Bei konkreten Einzel
städtebaulichen Entwicklungszielen und einer
Rechtswirkung.
projekten kann es sich anbieten, durch eine
geordneten Entwicklung.
Einbindung eines Vorhabenträgers einen Vorha
Bebauungsplan
benbezogenen Bebauungsplan (§12 BauGB) zu
Flächennutzungsplan
Darauf aufbauend entwickelt die Gemeinde
entwickeln und damit weitere Zeit- und Koste
Im Flächennutzungsplan stellt die Gemeinde
die verbindliche Bauleitplanung in Form
neinsparungen zu erzielen.
ihre mittelfristigen Entwicklungsziele für das
von Bebauungsplänen. Diese enthalten alle
gesamte Gemeindegebiet dar und überprüft
rechtsverbindlichen Festsetzungen für die
sie mit den Anforderungen und Vorgaben der
städtebauliche Ordnung. Neben dem Regel
Raumplanung und den Entwicklungsbestre
verfahren bietet das BauGB Verfahrensal
bungen der Nachbargemeinden. Als vorbe
ternativen: Mit dem Ziel, Maßnahmen der
BEISPIEL
g
chin
ermo
Am p
Um eine Ortsentwicklung zu gewährleisten,
pe
erechten
Integriertes städtebauliches Entwick
H
2
g
lungskonzept (ISEK), Hebertshausen
m
achen
ungs- und
nziale
ächenentwicklung
11
chin
mo
per
Am
A
onzept
hnraum
Städtebauliche Schwerpunktthemen
12
Neben diesen örtlichen Faktoren spielen auch überörtliche Gesichtspunkte,
wie die Lage im Raum oder die zentralörtliche Bedeutung der Gemeinde, bei
einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung eine wichtige Rolle. Hierfür ist ein
interkommunaler Ansatz unbedingt erforderlich.
Im Rahmen der Siedlungsentwicklung werden vielfältige Anforderungen an
die Flächennutzung und Neuausweisung von Baugebieten gestellt. Für die
kommunale Entwicklung ist es zunächst wichtig, eine nutzungsbezogene
und realistische Bedarfsermittlung insbesondere auf der Datengrundlage zur
Bevölkerungsentwicklung des Bayerischen Landesamtes für Statistik (LfStat)
durchzuführen und zugleich Flächenpotenziale innerhalb der bestehenden
Siedlungsstruktur zu erfassen.
Mögliche Anwendung der informellen und formellen Instrumente zur
Umsetzung und Sicherung einer städtebaulichen Entwicklung
Informelle Instrumente
Kommunales Entwicklungskonzept
Leitbild für die zukünftige Entwicklung
Neuaufstellung / Änderung
Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK)
städtebauliches Leitbild für das gesamte Gemeindegebiet oder Teilgebiet
Rahmenplanung
städtebauliche Ziele für Teilbereiche festlegen, Konzept entwickeln
städtebaulicher Entwurf
Teilbereiche planen, räumliche Struktur entwickeln (ggf. städtebaulicher Wettbewerb)
Flächennutzungsplan
Bebauungsplan
vorbereitende Bauleitplanung
Flächennutzungsplan
§ 5 Abs. 1 BauGB
sachlicher Teilflächennutzungsplan
§ 204 BauGB
gemeinsamer Flächennutzungsplan
§ 204 BauGB
Formelle Instrumente
verbindliche Bauleitplanung
ggfs. Änderung /
Berichtigung
INSTRUMENTE
In einer Gegenüberstellung von Bedarfen und Potenzialen kann Art und Um
fang der Siedlungsentwicklung, die Wiederverwendung vorhandener und die
Inanspruchnahme neuer Flächen festgestellt werden. Ob sich die Flächen
potenziale zur Deckung eines Bedarfes eignen, hängt von den nutzungs
spezifischen Anforderungen, die u.a. durch die Baunutzungsverordnung
(BauNVO) oder immissionsschutzrechtliche Regelungen formuliert werden,
ab. Weitere Hinweise zur Ermittlung des Flächenbedarfes werden in den
Kapiteln 2.3 Flächensparen, 2.7 Wohnen und 2.8 Arbeiten sowie in der Publi
kation „Planungshilfen für die Bauleitplanung“ gegeben.
qualifizierter Bebauungsplan
§ 30 Abs. 1 BauGB
vorhabenbezogener Bebauungsplan
§ 30 Abs.2 BauGB
einfacher Bebauungsplan
§ 30 Abs. 3 BauGB
Maßnahmen / Projekte
Umsetzung von städtebaulichen Planungen (ggf. Realisierungswettbewerb)
Ingolstadt
Landshut
Städtebauliche Schwerpunktthemen
13
2
Augsburg
München
2.2 Interkommunale Zusammenarbeit
Bayern zeichnet sich durch eine Vielzahl von Gemeinden unterschiedlichster Kaufbeuren
Flächengröße und Einwohnerzahl aus. Die Eigenständigkeit und Selbstverwal
tung stärkt die örtliche Identität und die Bindung der Bürgerinnen und Bürger
an ihre Gemeinde.
Der demografische Wandel, knappe finanzielle Ressourcen, technologische
Entwicklung, wachsender Wettbewerb und gestiegene Erwartungen an Art
und Qualität kommunaler Leistungen stellen immer größere Anforderungen an
Kommunen. Zur Sicherung ihrer Leistungs- und Handlungsfähigkeit empfiehlt
es sich zu prüfen, wo durch die gemeinsame, interkommunale Wahrnehmung
von Aufgaben Synergieeffekte genutzt werden können. Bereits seit langer Zeit
bewährt hat sich die Kooperation im Bereich der Daseinsvorsorge. Feuerwehren
oder Ver- und Entsorgungsbetriebe sind beispielsweise gängige Praxis. Gerade
kleinere oder finanzschwächere Kommunen können hier profitieren, ohne ihre
Eigenständigkeit und Identität aufgeben oder schwächen zu müssen.
Große Bedeutung haben interkommunale Kooperationen aber auch im Bereich
der städtebaulichen Planung. Gute Erfahrungen konnten dabei beispielsweise
mit interkommunalen Gewerbegebieten gesammelt werden (siehe Kapitel 2.8
Arbeiten). Gerade im ländlichen Raum bieten diese die Möglichkeit, jeweilige
Standortvorteile zu bündeln und gemeinsam ein größeres Gewicht im Wettbe
werb – gerade auch mit den wirtschaftsstarken Regionen – zu erhalten.
Rosenheim
Ingolstadt
Landshut
Augsburg
München
Kaufbeuren
Anzahl Auspendler
10 – 150
150 – 500
Anzahl Auspendler
500 – 1500
10 – 150
150 – 500
500 – 1500
< 30 Min.
30 Min.
30 – 60< Min.
30 – 60 Min.
60 – 9060Min.
– 90 Min.
Rosenheim
1500 – 3000
> 3000
1500 – 3000
> 3000
90 – 120 Min.
> 120 Min.
Berechnung
nicht möglich
90 – 120 Min.
> 120 Min.
Berechnung
nicht möglich
Quelle: TU München, Fachgebiet für Siedlungsstruktur
Verkehrsplanung
2011
Quelle: TU und
München,
Fachgebiet
für Siedlungsstruktur
und Verkehrsplanung 2011
Metropolregion München,
Erreichbarkeitsatlas
Über einen regional entwickelten Erreichbarkeitsatlas lassen sich komplexe Auswirkungen von städtebaulichen Entwicklungen auf
die Verflechtungsräume untersuchen. Hier
dargestellt sind die Pendlerbeziehungen der
Stadt Ingolstadt.
Interkommunales Entwicklungskonzept
ihre jeweilige städtebauliche Entwicklung
Regionalmanagement
Informelle Planungen wie städtebauliche
einer engen Abstimmung mit benachbarten
Das Regionalmanagement ist ein Instrument
Entwicklungskonzepte – ggf. zu besonderen
Kommunen bedarf oder überörtliche Pla
der Landesentwicklung und kann durch den
Schwerpunkten wie der Einzelhandels- oder
nungen Einfluss auf die Entwicklung meh
Aufbau regionaler fachübergreifender Netz
der Gewerbeentwicklung – können auch in
rerer Gemeinden haben und nur durch ein
werke in den Landkreisen und kreisfreien
interkommunaler bzw. regionaler Koopera
abgestimmtes planerisches Konzept sinnvoll
Städten einen wichtigen Beitrag zur Verbes
tion erstellt werden. Entwicklungen mit Aus
bewältigt werden können.
serung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit
wirkungen über eine einzelne Gemeinde hin
leisten. Dabei soll das vorhandene Potenzial
aus können auf diese Weise bereits in einem
Planungsverband
in Teilregionen optimal genutzt und deren
frühen Planungsstadium untereinander abge
Die Gemeinden haben darüber hinaus die
eigenverantwortliche Entwicklung nach
stimmt und koordiniert werden.
Möglichkeit, sich zu Planungsverbänden
haltig gestärkt werden. Ziel ist, die Schwä
zusammenzuschließen. Diese können je nach
chen einer Region zu kompensieren und die
Gemeinsamer Flächennutzungsplan
individueller Ausgestaltung entweder mit ein
Stärken zu sichern und auszubauen. Regio
Auf Ebene der formellen Bauleitplanung
zelnen städtebaulichen Themen befasst sein
nalmanagement gestaltet, ausgehend von
ermöglicht das Baugesetzbuch im § 204
oder sogar – bei besonders enger städtebau
Handlungskonzepten und dem Einsatz von
den Kommunen, gemeinsame Flächennut
licher Verzahnung – mit der gesamten Bauleit
Projektmanagern in der Region (sogenannten
zungspläne aufzustellen. Dies bietet sich
planung der einzelnen Mitgliedsgemeinden
Regionalmanagern) die Entwicklung durch
insbesondere dann an, wenn Gemeinden
nach § 205 BauGB betraut werden.
Projekt- und Netzwerkarbeit.
untereinander soweit verflochten sind, dass
INSTRUMENTE
In stark wachsenden Ballungsräumen wird die interkommunale Kooperation vor
allem im Bereich der Wohnbauland- und Verkehrsentwicklung immer wichtiger.
Aufgrund der engen Verflechtung untereinander ist eine nachhaltige städtebau
liche Entwicklung in solchen Räumen dann erfolgreich, wenn die Planungen der
einzelnen Kommunen bestmöglich aufeinander abgestimmt werden. So lösen
Gewerbegebietsausweisungen in einer Gemeinde z. B. verstärkten Wohnraum
bedarf auch über die eigenen Gemeindegrenzen hinaus aus. Die Ausweisung
sowohl von Gewerbe- als auch von Wohngebieten wiederum wird Auswirkun
gen auf die übergemeindliche Verkehrsinfrastruktur haben.
14
2.3 Flächensparen
Fläche ist eine endliche Ressource. Daher ist bei jeder städtebaulichen Planung
sorgfältig abzuwägen, ob eine weitere Umwandlung von bisher land- oder forst
wirtschaftlich genutztem Boden in Siedlungs- und Verkehrsfläche notwendig ist.
Die Flächeninanspruchnahme in Bayern liegt seit Jahren auf einem hohen Ni
veau. Ziel der Staatsregierung ist daher dessen langfristige Reduzierung bis hin
zur Flächenkreislaufwirtschaft ohne weiteren Neuverbrauch.
In den letzten Jahren ist die Flächeninanspruchnahme vor allem auf das Bevöl
kerungswachstum sowie die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen.
So stieg die Bevölkerung in den Jahren 2011 – 2019 um knapp 600.000 Personen
und im gleichen Zeitraum die Zahl der Erwerbstätigen um mehr als 900.000 in
Bayern an. Auch die deutliche Veränderung bei den Haushaltsstrukturen (stei
gende Anzahl an Singlehaushalten), die noch immer steigende Wohnfläche pro
Person und ein flächenintensives Mobilitäts- und Freizeitverhalten führen zu
weiteren Flächenbedarfen. Deshalb werden auch künftig vor allem die Wachs
tumsräume nicht ohne weitere Flächeninanspruchnahme auskommen. Bei den
Planungen von neuen Siedlungsgebieten ist daher darauf zu achten, dass die
Flächen qualitätvoll und in angemessener Dichte genutzt werden.
Strategisches Vorgehen zur Flächenbedarfsermittlung
Bedarfsermittlung
Wohnen
• Prognosen und begründete
Annahmen über die Bevölkerungsund Arbeitsplatzentwicklung
Erhebung vorhandener Flächenund Nutzungspotenziale
Gewerbe
• Bestehende Bauleitplanung
• Vorgaben der Raumordnung
INSTRUMENTE
• Zielvorstellungen der
Gemeinde (insbesondere zur
Siedlungsstruktur und
Siedlungsdichte)
Daseinsvorsorge
zentrale Einrichtungen
• Flächen- und Leerstandserhebungen
Verkehr
Erschließungsstraßen und
-wege, Park- und Fahrradabstellplätze
Gegenüberstellung und Bewertung
(Bilanzierung)
Quelle: Planungshilfen für die Bauleitplanung,
Flächenmanagement
Baulandkataster
Bei der Vorbereitung und Durchführung von
Flächenmanagement, also die systemati
Eine einfache Möglichkeit, Flächenpotenziale
städtebaulichen
sche Erfassung und Analyse der potenziellen
mit Baurecht darzustellen, ist das Baulandka
(§136 ff. BauGB) können in festgelegten
Nutzungsmöglichkeiten von bisher nicht oder
taster gem. § 200 Abs. 3 BauGB. Das BauGB
Gebieten weitreichend Erhebungen, insbeson
nur wenig genutzten (Brach-) Flächen, ist ein
gibt hierfür einen engen Rahmen über die Art
dere auch zur Nutzung und zum Zustand von
erster Schritt für die Kommunen, sich über
der Daten, die erfasst werden dürfen (Karten
Gebäuden durchgeführt und Auskünfte von
die Potenziale in der Gemeinde bewusst zu
und Listen mit i.d.R. Flur- und Flurstücksnum
Bürgerinnen und Bürgern eingeholt werden.
werden. Flächenmanagement umfasst die
mer sowie Angaben zur Grundstücksgröße)
Steuerung der Bodennutzung, Bodenord
und die Vorschriften zur Veröffentlichung
Flächenmanagementdatenbank
nung und Beeinflussung des Bodenmarktes
(Bekanntgabe einen Monat vor Veröffent
Mit der Flächenmanagementdatenbank kön
durch Planungs-, Ordnungs- und Entwick
lichung mit Widerspruchsrecht) vor.
Berechnungs- und Entwurfsgrundlagen (Abb. 4)
Sanierungsmaßnahmen
nen vorhandene Flächen- und Nutzungs
lungsprozesse. Flächenrecycling ist Teil des
potenziale systematisch erhoben werden.
Flächenmanagements.
Hierzu zählen die unbebauten Flächen, für
Städtebauliche Schwerpunktthemen
15
2
Durch steigende Bodenpreise in den Metropolen verstärkt sich der Flächenver
brauch in den umgebenden Gemeinden und Landkreisen. Allerdings ist auch zu
beobachten, dass in manchen Landesteilen der Flächenverbrauch abgekoppelt
ist von der Bevölkerungsentwicklung und der Bedarf an Siedlungsfläche auch in
Regionen mit stagnierenden Bevölkerungszahlen steigt. Diese Entwicklung ist
weitaus kritischer zu betrachten. Denn kurzfristige Vorteile für Kommunen, wie
etwa steigende Steuereinnahmen, können langfristig Belastungen bedeuten, da
die gebaute Infrastruktur am Ortsrand im Fall sinkender Bewohnerzahlen unzurei
chend ausgelastet wird und von weniger Personen finanziert werden muss. Dabei
haben für die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere für die wachsende Zahl älterer
Menschen, die Ortszentren unserer Städte und Gemeinden eine große Bedeutung.
Maßnahmenvorschläge Hofstetten
Flächenmanagement Allianz Fuchstal
Die Gemeinden Fuchstal, Apfeldorf, Thai
wichtige Gebäude
ning und Hofstetten haben sich zusammen
Wasserfläche
geschlossen, um ein integriertes interkom
Fußwege
munales Entwicklungskonzept (IKEK) mit
bestehende Ausblicke
Maßnahmen zur Leerstandsbeseitigung und
Entwicklungspotenziale
Gewerbeflächenentwicklung zu erarbeiten
Pilotprojekte
und so gemeinsam Antworten auf die zentra
Bedeutender Grünraum:
von Bebauung freihalten
len Probleme der Ortsentwicklung zu finden.
Grüne Fuge:
Aufenthalt und Spiel
BEISPIEL
Kurze Wege und schnelle Erreichbarkeit sind gerade mit zunehmendem Alter
wichtig für ein selbstbestimmtes Leben. Die Sicherung dieser Leistungen in den
Ortszentren und Dorfkernen hat daher hohe Priorität. Leerstände und Verfall von
Bausubstanz schaden nicht nur dem Ortsbild, sie mindern auch den Wert be
nachbarter Gebäude oder ganzer Straßenzüge. Eine verstärkte Innenentwicklung
durch die Kommunen sichert also auch die Immobilienwerte und liegt deshalb
im Interesse aller. Flächensparen bedeutet gerade im ländlichen Raum nicht Ver
zicht, sondern Qualifizierung, Werterhalt und Ressourcenschutz – Erhalt einer
lebenswerten Heimat.
Aufbauend auf den Ergebnissen wurden orts
bildprägende Schlüsselobjekte identifiziert,
Verbindungsgrün
deren Sanierung / Reaktivierung durch inten
Ortsrandeingrünung
sive Beratung der Eigentümer ermöglicht
mögliche Ortserweiterung
werden sollte.
Potenzial für Dorftreffpunkte
Karte 25 (Seiten 166, 167)
Hofstetten
Erste Maßnahmenvorschläge
Darstellung: studio B
166
die Baurecht besteht (Bebauungsplange
Eigentümeransprache
Folgekostenschätzer
biete, Baulücken), bebaute Flächen, die dich
Wegen unterschiedlicher Verfügbarkeit
Der Folgekostenschätzer ermöglicht es einer
ter bebaut werden können, Brach- und Kon
(z. B. Eigentumsverhältnisse) können diese
Gemeinde, in der Planungsphase für dieselbe
versionsflächen (z. B. Gewerbe-, Bahn- oder
Flächen unter Umständen nicht in vollem
Baufläche unterschiedliche Siedlungsansätze
Militärbrachen) sowie leerstehende Bausub
Umfang als mögliche Bauflächen gewertet
in Varianten zu prüfen oder mehrere alterna
stanz. Allen Kommunen steht das Instrument
werden. Instrumente eines Flächenmanage
tive Bauflächen gegenüberzustellen und die
der Flächenmanagement-Datenbank kosten
ments wie z. B. die Ergebnisse einer syste
finanziellen Konsequenzen abzuschätzen.
frei zur Verfügung (siehe Arbeitsblätter und
matischen Eigentümeransprache können dar
Dies schafft ein erweitertes Spektrum an
Materialien). Aufbauend auf der Erhebung
über Klarheit verschaffen und helfen, diese
Bewertungsmöglichkeiten und Kostentrans
ist es das Ziel, die Grundstückseigentümer
Flächenpotenziale zu aktivieren.
parenz. Der Folgekostenschätzer kann kos
aktiv anzusprechen, die Verkaufsbereitschaft
tenlos bezogen werden (siehe Arbeitsblätter
zu erfragen und eine Aktivierung der Potenzi
und Materialien).
ale zu erreichen.
167
16
2.4 Umwelt- und Klimaschutz
Der Schutz des Klimas und der natürlichen Umwelt ist eine wesentliche Auf
gabe bei der Entwicklung von Siedlungsstrukturen. Regionale und städtische
Naturräume sind maßgeblich für das lokale Klima verantwortlich und prägen die
Identität und Attraktivität eines Ortes. Neuausweisungen von Baugebieten und
der Bau von Verkehrsflächen haben immer auch Auswirkungen auf die Arten
und Lebensräume, das Landschaftsbild, den Boden und die Fläche oder das
Wasser und die Luft. Diese zu vermeiden oder möglichst gering zu halten, sollte
das Ziel einer jeden kommunalen Entwicklung sein.
Mit Blick auf die Klimaziele der bayerischen Staatsregierung im Klimaschutzpro
gramm 2050, die mit der „Bayerischen Klimaschutzoffensive“ 2019 konkretisiert
wurden, ist der Ausstoß von Treibhausgasen auch durch die verkehrlichen und
baulichen Strukturen bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % zu reduzieren.
Darüber hinaus ist es wesentlich, den Aspekt der Biodiversität, der Zusammen
hänge und Vielfalt von Arten und Ökosystemen sowie der genetischen Vielfalt,
bei Projekten der räumlichen Planung zu beachten und Möglichkeiten der Wei
terentwicklung in die Planungen zu integrieren.
München, Quartier Baumkirchen Mitte
Im Zuge der Entwicklung des Quartiers
mit mehr als 550 Wohnungen wurden auf
Durch die klimatischen Veränderungen bedingte Risiken und Schäden sind be
reits real geworden. Aktive Vorkehrungen helfen, diese so gering wie möglich zu
halten. Zielführend ist es daher, bei Planungs- und Investitionsentscheidungen
die regionalen und lokalen Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen,
um klimabedingten Risiken, wie z. B. Hochwassergefahren, Starkregen- oder
Hitzeereignissen aktiv zu begegnen.
einem ehemaligen Bahnareal attraktive,
multifunktionale Grünräume als Ausgleichs
flächen geschaffen, die über Stege der
INSTRUMENTE
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Klima- bzw. Klimaanpassungsstrategien
kommt dem Aspekt einer städtebaulichen
nen im Bebauungsplan mit Grünordnungs
Ziel der Strategie ist es, einen Handlungs
Verdichtung sowie der räumlichen wie funk
plan die Aussagen über Festsetzungen gem.
rahmen inkl. Maßnahmen zu entwickeln, um
tionalen Vernetzung und Optimierung von
§ 9 BauGB konkretisiert werden. Grünzüge
die Folgen und Risiken des Klimawandels für
Grün-, Frei- und Wasserflächen eine beson
können multifunktional genutzt werden.
Mensch, Natur und Wirtschaft vorzubeugen.
dere Bedeutung zu.
Neben der Funktion als Frischluftschneise kön
Dies erfolgt auf Basis einer systematischen
nen sie der Ableitung von Starkregen oder als
Erfassung des Zustands der natürlichen Schutz
Flächennutzungsplan mit integriertem
Rückhalte- und Versickerungsfläche für Regen
güter (Arten und Lebensräume, Boden und
Landschaftsplan
wasser dienen und Einrichtungen für Freizeit
Fläche, Wasser, Klima und Luft sowie das Land
Die Schaffung zusammenhängender Grün
und Erholung, wie z. B. Sportflächen, Spiel
schaftsbild), der klimabedingten Risikogebiete
züge in den Siedlungsbereichen leistet einen
plätze oder Kleingartenanlagen aufnehmen.
und der Auswirkungen der baulichen Struktu
Beitrag, die Frischluftzufuhr im bebauten
ren auf das Kleinklima (z. B. Hitzeinseln).
Bereich zu verbessern und Hitzeinseln zu ver
Örtliche Bauvorschriften
meiden. Im Idealfall lassen sich diese innerört
Nach Bayerischer Bauordnung sind nicht
Klima- und Grünordnungskonzept
lichen Grünzüge mit zusammenhängenden, in
überbaute Flächen der bebauten Grundstü
Auf der Grundlage dieser Strategien können
die freie Landschaft übergreifenden regiona
cke wasseraufnahmefähig zu belassen oder
Städte und Gemeinden ein Konzept zum
len Grünzüge verbinden. Im Landschaftsplan
herzustellen und diese zu begrünen oder zu
Aufbau einer multifunktionalen grünen Infra
können diese Grünzüge dargestellt werden.
bepflanzen (Art. 7 Abs.1 BayBO). Dies kann
struktur entwickeln, die eine bessere Anpas
durch informelle Gestaltungsleitfäden oder
sung an die negativen Folgen des Klimawan
Bebauungsplan mit integriertem
örtliche Bauvorschriften nach Art. 81 BayBO
dels, eine Verbesserung der Umweltsituation
Grünordnungsplan
und durch Festsetzungen über die Bepflan
und die Steigerung der Lebensqualität der
Aufbauend auf einem Flächennutzungs
zung in einem Bebauungsplan konkretisiert
Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Dabei
plan mit integriertem Landschaftsplan kön
und ergänzt werden.
Städtebauliche Schwerpunktthemen
17
BEISPIEL
Handbuch Klimaanpassung – Bausteine
für die Nürnberger Anpassungsstrategie
Mit Teilnahme an dem ExWoSt- Forschungs
projekt „Urbane Strategien zum Klimawandel –
Kommunale Strategien und Potenziale“ setzte
sich die Stadt intensiv mit den Auswirkungen
zu erwartender klimatischer Veränderungen
auseinander. Zunächst wurden die durch hohe
Verdichtung, Versiegelung und einen geringen
Grünanteil geprägten Stadtgebiete „Alt- und
Weststadt“ betrachtet und darauf aufbauend
eine gesamtstädtisch geltende Klimaanpas
sungsstrategie entwickelt. Handlungsfelder
konnten identifiziert und konkrete Handlungs
empfehlungen für eine vorsorgende Planung
und die weitere Stadtentwicklung gegeben
werden. Für den Bereich der Altstadt wurden
mit Hilfe einer Luftbildauswertung Potenzial
flächen zur Dach- und Hofbegrünung ermittelt
und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung
der grünen Infrastruktur vorgeschlagen. Auf
Basis einer Auswertung von Infrarot- Luftbil
dern konnte eine stadtweite Kartierung bereits
begrünter und potenziell begrünbarer Dachflä
chen erstellt werden. Diese Untersuchungen
trugen maßgeblich dazu bei, über Städtebauför
dermittel ein Förderprogramm zur Begrünung
privater Hof-, Fassaden- und Dachflächen für
Stadterneuerungsgebiete aufzulegen. Aktuell
stellt die Stadt Nürnberg auch eigene Mittel
2
Gründachkartierung Nürnberg
Gründächer
Intensivbegrünung
Ganze Dachfläche
Teildachfläche
Extensivbegrünung
Degradierte Begrünung
Ganze Dachfläche
Teildachfläche
Ganze Dachfläche
Teildachfläche
Dachbegrünung kombiniert
mit PV-Anlage
Potenzialdächer
Potenzialdach (Flachdach und geneigtes Dach < 20°)
für eine stadtweite Förderung zur Verfügung.
Datenquellen: Gründachkartierung: Stadt Nürnberg/EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH
Grundkarte: Bayerische Vermessungsverwaltung
Beratung und Kommunale Förder
chen kann die Einbindung von Ausgleichs- und
programme
Ersatzmaßnahmen in ein interkommunales
Durch Beratung von Bauwerbern und durch
Gesamtkonzept ermöglichen. Durch die Bün
entsprechende lokale Förderprogramme kön
delung der Maßnahmen und eine größere
nen den Eigentümern und Mietern Anreize zur
Verfügbarkeit von Ausgleichsflächen können
Begrünung und zur Beseitigung von Mauern
Verfahren beschleunigt werden.
und Umzäunungen gegeben werden.
Ökokonto
Eingriffs- und Ausgleichsregelung
Mehr Flexibilisierung beim Vollzug der Natur
Bei der Anwendung der Eingriffsregelung
schutz- bzw. baurechtlichen Eingriffsrege
muss sich eine Gemeinde vor allem mit Fra
lung liefert den Gemeinden ein Ökokonto.
gen der Bewertung von Natur und Landschaft
Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
auseinandersetzen. Hilfestellung bietet der
werden dokumentiert und können in einen
Leitfaden „Eingriffsregelung in der Bauleit
Flächenpool eingebracht werden. Die Flächen
Mit dem von der Hochschule München in
planung – Bauen im Einklang mit Natur und
stehen bei späteren Eingriffen in Natur und
Zusammenarbeit mit dem StMUV entwi-
Landschaft“, der eine Methode bereitstellt,
Landschaft im Rahmen von Kompensations
ckelten interaktiven Tool „Klimacheck“
mit der Gemeinden den Ausgleichsumfang
maßnahmen zur Verfügung.
können Gemeinden herausfinden, wie sich
ermitteln können.
der Klimawandel vor Ort konkret auswirken
Weitergehende Hinweise zur Eingriffsrege
kann und in welchen Bereichen Anpassungs-
Interkommunales Kompensations
lung enthalten der Leitfaden sowie die vom
bedarf besteht (siehe Arbeitsblätter und
management
Bayerischen Gemeindetag und Bayerischen
Materialien).
Die gemeinschaftliche Organisation der Aus
Städtetag herausgegebenen „Handlungs
weisung und Betreuung von Ausgleichsflä
empfehlungen für ein Ökokonto“.
18
Regensburg, Reinhausen
2.5 Hochwasserschutz
Mit einem technisch-städtebaulich-landschaftsplanerischen Wettbewerb konnten
am Regen sowohl technische als auch hohe
gestalterische Qualitäten im Rahmen des
Hochwasserschutzes umgesetzt werden
Hochwasser, ansteigendes Grundwasser und lokale Starkregenereignisse sind
natürliche Phänomene, die durch extreme Wetterlagen verschärft werden. Hin
zu kommt die Nutzungskonkurrenz zwischen Mensch und Wasser um die Flä
chen, insbesondere rund um die Fließgewässer, die sich trotz der immer wie
derkehrenden Hochwässer zu Siedlungsflächen entwickelt
haben. Hochwasser sind Naturereignisse und können nicht
vermieden werden. Deshalb ist prioritär der Schutz von
Leib und Leben der betroffenen Bevölkerung das Ziel eines
Hochwasserschutzes, daneben steht die Minimierung des
Ausmaßes der hochwasserbedingten (Sach-)Schäden.
INSTRUMENTE
Das Wasserhaushaltsgesetz sieht ausdrücklich eine Vorsor
ge- und Schadensminderungspflicht für von Hochwasser
betroffene Personen vor (§ 5 Abs. 2 WHG). Diese gesetz
lichen Verpflichtungen für den Staat sowie die Kommunen
bedeuten aber nicht, dass alle Risiken von den Betroffenen
ferngehalten werden müssen. Dies wäre technisch nicht
möglich. Hochwasserrisiken müssen aber soweit reduziert
werden, dass sie vom Einzelnen und der Gesellschaft ge
tragen werden können.
Hochwasserrisikomanagement
Hochwasserschäden zukünftig reduziert wer
dabei dem Schutz von Leib und Leben sowie
Hochwasserrisikomanagement beschreibt,
den können. Zur Unterstützung der Kommu
von wichtigen Gemeingütern zukommen.
wie in einem zusammenhängenden Fluss
nen hat das Bayerische Landesamt für Umwelt
gebiet mit Hochwasserrisiko umgegangen
die Publikation „Hochwasserrisikomanage
Die „Planungshilfen für die Bauleitplanung“
werden soll und verringert so negative Folgen
ment-Planung – Arbeitshilfe für Städte und
geben Hilfestellung zu Kennzeichnungen und
von Hochwasser für die Schutzgüter mensch
Gemeinden“ veröffentlicht.
Darstellungsmöglichkeiten im Flächennut
liche Gesundheit, Umwelt, Kulturerbe und
zungsplan sowie zu Festsetzungsmöglich
wirtschaftliche Tätigkeit sowie erhebliche
Bauleitplanung
keiten im Bebauungsplan. Ausführliche Infor
Sachwerte. Der Freistaat Bayern hat dafür
Zielsetzung von Städten und Gemeinden bei
mationen dazu enthalten auch die „Leitlinien
Hochwasserrisikopläne für die Flusseinzugs
der Überplanung eines Gebietes muss es
Hochwasser- und Starkregenrisiken in der
gebiete Donau, Rhein (Bodensee und Main)
sein, von Anfang an eine vorhandene Hoch
Bauleitplanung“, die 2019 gemeinsam von den
und Elbe (Saale und Eger) erstellt.
wasserproblematik und die Risiken, die auch
Bayerischen Staatsministerien für Umwelt und
außerhalb der festgesetzten oder vorläu
Verbraucherschutz und für Wohnen, Bau und
Die Erarbeitung erfolgt in drei Schritten. Zuerst
fig gesicherten Überschwemmungsgebiete
Verkehr veröffentlicht wurden. Die Grundhal
wird eine vorläufige Risikobewertung in Form
bestehen, in die Planung miteinzubeziehen,
tung der Planer sollte danach beim Entwurf,
einer groben Bestandsanalyse erstellt, in der
sofern kein gesetzliches Planungsverbot
wie auch bei der Planung von Einzelvorhaben
die Gewässer ermittelt werden, an denen ein
besteht. Das schafft die besten Voraussetzun
immer in folgenden Schritten ablaufen:
besonderes Hochwasserrisiko besteht. Für
gen für eine robuste Lösung des städtebauli
diese werden in der zweiten Stufe Hochwas
chen Entwurfs. Es ist wichtig, Abflussverhal
sergefahren- und Hochwasserrisikokarten für
ten,-geschwindigkeiten und Wasserstände an
häufige, mittlere und seltene Hochwassere
allen Orten des Gebiets zu kennen und die
reignisse erarbeitet. Hochwasserrisikokarten
Entwurfsplanung darauf abzustellen. Durch
geben Informationen über die Flächennut
kluge Planung des gesamten Gebiets können
zung und die Anzahl der betroffenen Einwoh
die notwendigen Maßnahmen am Einzelge
ner in den überschwemmten Gebieten, wäh
bäude deutlich reduziert werden.
rend die Gefahrenkarten über Wasserstände
informieren.
Die Entscheidung über Planungsinhalte und
mögliche Festsetzungen sind ein Ergebnis
Mit Hilfe der Karten werden in der dritten Stufe
der bauleitplanerischen Abwägung mit einem
Hochwasserrisikomanagement-Pläne erarbei
entsprechenden Ermessen der jeweiligen
tet, die Ziele und Maßnahmen beinhalten, wie
Gemeinde. Wesentliche Bedeutung wird
1 Vermeiden
Ansiedlung von Nutzungen in
unkritischen Bereichen
2 Ausweichen
Errichtung in erhöhter Lage,
Aufständerung, u. a.
3 Widerstehen
Schutz vor eindringendem Wasser –
um das Gebäude herum / am Gebäude
4 Anpassen/Nachgeben
planmäßige Flutung
Städtebauliche Schwerpunktthemen
19
2
2.6 Energie
Energiesparen ist eine der wirksamsten Maßnahmen für einen Beitrag zum
Klimaschutz. Rund 6 Tonnen energiebedingte CO2-Emissionen werden pro
Kopf im Jahresdurchschnitt in Bayern insbesondere durch den Strom- und
Wärmeverbrauch sowie die Nutzung emittierender Mobilitätsformen erzeugt.
Um die Klimaerwärmung zu stoppen, soll der Ausstoß bis 2050 in Bayern auf
unter zwei Tonnen pro Kopf reduziert werden. Eine wirkungsvolle und dauer
hafte Minderung der CO2 - Emissionen ist nur durch die Kombination der drei
Schritte möglich: Energiebedarf senken, Energieeffizienz steigern und erneuer
bare Energien weiter ausbauen.
Energiebewusstes Planen kann nicht erst am Gebäude beginnen. Bereits
auf der Ebene des Städtebaus werden die Weichen für eine nachhaltige und
klimaschonende Ortsentwicklung und den späteren Energieverbrauch von
Siedlungen und Gebäuden gestellt. Dies ist vor allem durch eine Konzentration
der Siedlungstätigkeit auf Innenstädte und Ortszentren unter Nutzung bereits
vorhandener Infrastrukturen, eine bedarfsgerechte Neuausweisung von Bauflä
chen und die Schaffung kompakter Siedlungseinheiten und der Vermeidung von
Verkehren zu erreichen.
München, Freiham
Der neue Stadtteil Freiham wird dezentral mit regenerativer Energie versorgt. Die Geothermieanlage deckt
die Grundlast des Wärmebedarfs des Stadtteils sowie
Kommunale Energiekonzepte
sebene wie der Flächennutzungsplan kann
lungsgebiete an die Fernwärmeversorgung
Ganzheitliche kommunale Energiekonzepte
der Energienutzungsplan aufzeigen, welche
durchsetzbar, die für die Gemeinden nur mit
sind von zentraler Bedeutung, um die Orts-
unmittelbaren Auswirkungen städtebauliche
einer gewissen Anzahl an Abnehmern wirt
und Stadtentwicklung langfristig gezielt zu
Entscheidungen in Bezug auf die wichtigsten
schaftlich machbar ist.
steuern und die nachhaltige Versorgung
Planungsparameter wie Bebauungsdichte,
mit Energie in Zukunft zu gewährleisten.
Baukörper, Gebäudetypologien und -orientie
Ein gesamtheitliches Konzept beinhaltet
rung haben können (siehe auch „Leitfaden
u.a. Untersuchungen und Machbarkeitsstu
Energienutzungsplan“, 2011, StMB).
dien zur umfassenden Nutzung von solarer
Energie, Windkraft, Geothermie, Biomasse
Bauleitplanung
oder Wasserkraft. Bei der Erstellung spie
Als formelles Instrument können im Rah
len sowohl die Erfassung des Ist-Zustandes
men der Bauleitplanung nach § 9 Abs. 1 Nr.
wie auch die künftigen Ziele und Versorgung
23b BauGB im Bebauungsplan auch Gebiete
möglichkeiten mit Energie eine Rolle (siehe
festgesetzt werden, in denen bei der Errich
auch „Arbeitsblatt Energie und Ortsplanung“,
tung von Gebäuden oder baulichen Anlagen
2010, StMB).
bestimmte bauliche oder sonstige techni
sche Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung
Energienutzungsplan
oder Speicherung von Strom, Wärme oder
Der Energienutzungsplan ist ein speziel
Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-
les Energiekonzept, das mit dem Fokus auf
Wärme- Kopplung getroffen werden müssen.
die Ermittlung des Wärmebedarfs ein räum
Das beinhaltet jedoch noch nicht die Pflicht
liches Energiekonzept für eine Gemeinde
zur Nutzung der für den Einsatz der erneu
Energienutzungsplan Fürstenfeldbruck:
entwickelt. Die Erstellung gliedert sich in
erbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopp
Auf Basis des bestehenden Energiebedarfs,
Bestands- und Potenzialanalyse, eine Kon
lung vorgenommenen Maßnahme.
der regionalen Energiepotenziale und der
zeptentwicklung und die Umsetzung. Spezi
energiepolitischen Zielsetzungen entstehen
fische Potenziale für die Energieversorgung,
Anschluss- und Benutzungsszwang
Konzepte für die zukünftige energetische
wie beispielsweise eine dezentrale Energie
Dies ist wiederum erst durch den Erlass
Versorgung eines Gebietes.
erzeugung mit erneuerbaren Energien, kön
eines Anschluss- und Benutzungsszwangs
nen ermittelt werden. Der zukünftige Bedarf,
gemäß Gemeindeordnung möglich. Auf
insbesondere auch hinsichtlich der Sanie
grund § 16 EEWärmeG i. V. m. Art. 24 Abs.
rung und Weiterentwicklung der Infrastruk
1 Nr. 3 GO ist dieser auch zum Zwecke des
tur kann dargelegt und Zielsetzungen für die
Klima- und Ressourcenschutzes für neue
kommunale Energiepolitik formuliert werden.
Bebauung zulässig. Damit ist beispielsweise
Als informelle Planung auf gleicher Maßstab
der obligatorische Anschluss neuer Sied
INSTRUMENTE
benachbarter Gebiete im Münchner Westen.
20
2.7 Wohnen
Neu-Ulm, Elefantensiedlung
Um der Nachfrage nach bezahlbarem
Wohnraum zu begegnen, wurde durch die
Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm
(NUWOG), die 1954 entstandene und bis
2007 modernisierte Elefantensiedlung mit
einem Gebäude mit 31 Wohneinheiten
kostengünstig und energieeffizient ergänzt
Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Daseinsvorsorge bedeutet für
die Städte und Gemeinden daher allen Bürgerinnen und Bürgern ausreichend,
angemessenen und bezahlbaren Wohnraum garantieren zu können und die Ein
richtungen der Grundversorgung vorzuhalten. Mit einem Anteil von über 40 %
der Siedlungsfläche in Bayern ist die Entwicklung des Wohnraumes insbeson
dere hinsichtlich der Dichte und der architektonischen Ausbildung maßgeblich
für die Gestaltung und Qualität unserer gebauten Umwelt verantwortlich.
Siedlungsräume mit attraktiven Wohn- und Arbeitsver
hältnissen führen zu einer verstärkten Nachfrage nach
Wohnraum, diese wiederum zu steigenden Mietkosten
und Immobilienpreisen. Das durch die Schaffung von
neuem Wohnraum verursachte Wachstum stellt die Kom
munen vor vielfältige städtebauliche Herausforderungen
und stößt bei der einheimischen Bevölkerung nicht sel
ten auf Skepsis. Bei der Entwicklung von Wohnraum ist
daher auf partizipative Elemente und eine größtmögliche
soziale und funktionale Durchmischung neuer wie alter
Quartiere zu achten.
INSTRUMENTE
Nicht nur Ghettobildung kann die Folge eines einseitigen
Wohnraumangebots sein, sondern im Gegenteil auch
Verdrängungseffekte durch verstärkten Zuzug zahlungs
kräftiger Bewohner besonders in attraktive, zentrums
nahe Wohnlagen – Stichwort Gentrifizierung. Um solche
Entwicklungen zu verhindern, müssen die Kommunen
bei allen Maßnahmen, die zu einer an sich wünschens
werten städtebaulichen Aufwertung von Bestandsquar
tieren führen, darauf achten, dass auch künftig bezahl
barer Wohnraum im Quartier für alle sozialen Schichten,
insbesondere für die bereits ansässige Bevölkerung, vor
handen ist.
Bedarfsermittlung
Flächenmanagement und Wohnraum
wicklung konkretisiert sowie Strategien zu
Eine fundierte Bedarfsermittlung ist die
entwicklung
deren Umsetzung formuliert werden. Mit
erforderliche Grundlage für eine langfris
Über ein systematisches kommunales Flä
Blick auf den regionalen Wohnungsmarkt
tig angelegte wirtschaftliche und effiziente
chenmanagement können sich die Kom
wird die gemeindespezifische Wohnraum
Wohnbauentwicklung. Neben der gemein
munen einen Überblick über geeignete
situation hinsichtlich der sozialen und bauli
despezifischen Bevölkerungsentwicklung,
Wohnbaulandreserven insbesondere von
chen Strukturen analysiert und mit den kom
die mit den wesentlichen Daten und Prog
Nachverdichtungspotenzialen verschaffen.
munalen Zielvorstellungen abgeglichen. Es
nosen des Bayerischen Landesamts für Sta
Deren Abgleich mit dem generellen Bedarf
können Handlungsempfehlungen zur Schaf
tistik erstellt werden kann, sind auch die Aus
an zusätzlichem Wohnraum kann der not
fung eines ausdifferenzierten Wohnrauman
wirkungen des demografischen Wandels auf
wendige Umfang neuen Baulands und
gebotes sowie Aussagen zur Flächeninan
den Wohnungsmarkt zu ermitteln.
Aussagen zum Ausbau der weiteren Infra
spruchnahme und den Folgebedarfen für
struktur, wie beispielsweise der Bildungsein
soziale und weitere Infrastruktur erarbeitet
Zusätzlich sollte eine abnehmende durch
richtungen oder Freiflächen, und den daraus
werden.
schnittliche Haushaltsgröße, steigende Rau
resultierenden Folgekosten ermittelt und
mansprüche der Bevölkerung sowie deren
getroffen werden.
regionale Entwicklung beachtet werden. So
Städtebaulicher Testentwurf
Mit einem städtebaulichen Testentwurf kön
können auch Verflechtungen der Gemein
Wohnraumkonzept
nen die Vorgaben räumlich überprüft und über
den untereinander ausreichend berücksich
Über ein Wohnraumkonzept können diese
ein Bauleitplanverfahren umgesetzt werden.
tigt werden.
Bedarfe und Anforderungen zur Baulandent
Durch eine enge Kooperation mit kommu
Städtebauliche Schwerpunktthemen
Im Gegensatz zu den Ballungsräumen erscheint die Situation auf dem Woh
nungsmarkt im ländlichen Raum entspannter. Dennoch werden die Kommunen
auch hier – besonders mit Blick auf den demografischen Wandel – vor großen
Herausforderungen stehen. Obwohl gerade in Städten und Gemeinden mit Ein
wohnerrückgängen oder -stagnation zunehmender Leerstand ein wachsendes
Problem z. B. für die Attraktivität des städtebaulichen Umfelds oder die Auf
rechterhaltung der Infrastruktur darstellt, fehlt nicht selten auch in solchen Ge
genden ein diversifiziertes Angebot an Wohnraum. Die vorhandenen Baustruk
turen können die tatsächliche Nachfrage am örtlichen Wohnungsmarkt nicht
bedienen. Älteren Menschen wiederum wird es zunehmend schwerfallen, in
ihren meist nicht barrierefrei ausgebauten Häusern dauerhaft zu bleiben. Die
große Herausforderung für Gemeinden im ländlichen Raum wird daher sein,
Strategien zu entwickeln, das vorhandene Wohnraumangebot an eine vielfälti
ge Gesellschaft mit unterschiedlichen Bedürfnissen anzupassen.
21
2
München, Konrad-Celtis-Straße
Der Ersatzneubau für einen Supermarkt
wurde als fünfgeschossiges Gebäude mit
Wohnraumkonzept „Glandergassleiten“,
Markt Wolnzach
Im Vorfeld eines städtebaulichen Wettbewerbs
und der weiteren Planungen zur Entwicklung
des Gebietes der „Glandergassleiten“ mit rund
10 ha, erarbeitete die Gemeinde ein Wohn
raumkonzept zur systematischen Ermittlung
des Bedarfs. Mit der Untersuchung der Aus
wirkungen einer zukünftigen Wohnraument
wicklung auf die Flächeninanspruchnahme
und die soziale Infrastruktur konnten konkrete
Handlungsempfehlungen zur sozialen sowie
typologischen Zusammensetzung des Wohn
raums entwickelt werden.
nalen oder privaten Wohnbauunternehmen,
werden können. Weitere Vereinbarungen bei
Integriertes Quartierskonzept
Wohnbaugenossenschaften, Baugemein
spielsweise auch in Bezug auf Miethöhen
Ein integriertes Quartiersentwicklungskon
schaften oder privaten Investoren in Verbin
oder Belegungen können durch städtebauli
zept dehnt die Planung und Entwicklung
dung mit einem vorhabenbezogenen Bebau
che Verträge (§ 11 BauGB) getroffen werden.
insbesondere von Wohnraum über das Ein
ungsplan und städtebaulichen Vertrag können
zelhaus auf ganze Gebäudegruppen oder
passgenau Leitlinien für die städtebauliche
Einheimischenmodell
Quartiere aus und untersucht die Verflechtun
Entwicklung vereinbart und gesichert werden.
Mit Hilfe von Einheimischenmodellen kön
gen hinsichtlich technischer, wirtschaftlicher,
nen die Kommunen Einfluss auf die soziale
sozialer und kultureller Aspekte eines Gebäu
Bauleitplanung
Bewohnerstruktur innerhalb neuer Quartiere
des mit seiner Umgebung. Durch die integ
Durch Festsetzung u.a. von Flächen nach
ausüben und beispielsweise günstiges Bau
rierte Betrachtungsweise können Synergieef
§ 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB kann eine zukünf
land nach bestimmten Kriterien anbieten und
fekte, beispielsweise beim Energieverbrauch
tige Wohnbebauung derart gesteuert wer
so etwa junge Familien gezielt fördern. Durch
geschaffen und die Entwicklung von nachhal
den, dass nur die Errichtung solcher Wohn
Konzepte wie die Sozialgerechte Bodennut
tigen und gemischten Quartiersstrukturen
gebäude zulässig ist, die nach Wohnungsart,
zung und der Anwendung städtebaulicher
unterstützt werden.
Größe, Ausstattung und städtebaulichen
Verträge (§ 11 BauGB) können Teile des pla
Anforderungen die Voraussetzungen erfüllen,
nungsbedingten Wertzuwachses von Grund
unter denen öffentliche Wohnungsbauförde
und Boden sowohl für geförderten Wohnraum
rungsmittel nach dem Gesetz über Wohn
als auch für quartiersbezogene soziale Einrich
raumförderung in Bayern (BayWoFG) gewährt
tungen herangezogen werden.
BEISPIEL
Mischnutzung realisiert
22
2.8 Arbeiten
Nürnberg, „Nordostpark“
Die Umwandlung des ehemaligen, ca. 28 ha
großen Rüstungsstandorts in ein Dienst-
Zur Sicherung und Weiterentwicklung von Arbeitsplätzen in Produktion und
Dienstleistung müssen Städte und Gemeinden ein ausreichendes und differen
ziertes Flächenangebot sowie eine leistungsfähige Infrastruktur bereitstellen.
Daneben wird ein attraktiver Wirtschaftsstandort wesentlich von weiteren städ
tebaulichen Faktoren bestimmt: gute Erreichbarkeit, Einfügung in das Orts- und
Landschaftsbild, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Nutzungen, intak
te Orts- und Stadtteilzentren sowie effiziente Mobilitätangebote.
leistungsareal erfolgte von Anfang an mit
dem Gestaltungsziel, den Standort trotz
einer enormen baulichen Entwicklung als
Parklandschaft zu bewahren
Der Strukturwandel, der Fortschritt der Informations- und Kommunikationstech
niken sowie eine globale Perspektive führen zu neuen Geschäftsmodellen und
reformieren insbesondere im Dienstleistungssektor bestehende Arbeitsmuster.
Heimarbeitsplätze, Coworking Spaces, soge
nannte Pendlerzentren oder Behördensatelliten,
bei denen wohnortnah Arbeitsräume bereitge
stellt werden, tragen beispielsweise zu einer
zeitlichen und räumlichen Flexibilität bei.
INSTRUMENTE
Für die Ermittlung der Bedarfe und einer ziel
orientierten Flächenpolitik ist eine möglichst ge
naue Abschätzung über den voraussichtlichen
Umfang, die nutzungsbedingte Struktur sowie
den zeitlichen Horizont der gewerblichen Flä
chennachfrage erforderlich. Eine wirtschaftliche
Entwicklung wird sich auch auf die Nachfrage
nach Arbeitskräften und somit auf den Wohn
raumbedarf auswirken, weswegen die Auswei
sung gewerblicher Flächen mit der Entwicklung
von Wohnbauland abzustimmen ist.
Gewerbeflächenentwicklungskonzept
misch effiziente Strukturen wiederhergestellt
Umsetzbarkeit zu überprüfen. Die In- Wertset
Ein Gewerbeflächenentwicklungskonzept
werden. Die Neugestaltung des öffentlichen
zung identitätsstiftender Bausubstanz, eine
ermöglicht die fundierte Analyse aktueller
Raumes schafft dabei ein attraktives Arbeits
grüne Infrastruktur sowie Kinderbetreuungs-
sowie zu erwartender Bedarfe und identi
umfeld, eine nachhaltige Erschließung sowie
oder Gastronomieangebote können erheblich
fiziert kurz-, mittel- und langfristige Strate
eine ökonomische Aufwertung.
zur Attraktivität und städtebaulichen Einbin
gien zur Bereitstellung von Flächen. Dabei
dung eines Gewerbegebietes beitragen. Dar
ist vorrangig zu prüfen, ob vorhandene Flä
Bei der Neuausweisung von Gewerbegebie
über hinaus eignet sich das Instrument dafür,
chenpotenziale genutzt werden können. Die
ten sind neben den spezifischen Anforderun
frühzeitig mögliche Nutzerkonflikte zu erken
Revitalisierung und Aktivierung einzelner Bau
gen des Umwelt- sowie Immissionsschut
nen und diesen planerisch zu begegnen.
strukturen im Innenbereich für gewerbliche
zes, besonders die gestalterischen Aspekte,
Nutzungen ermöglicht es, auf bestehende
die Erschließung und die Einbindung in das
Gewerbeflächenmanagement
Infrastrukturen aufzubauen und Folgekos
Umfeld zu berücksichtigen. Bei der Stand
Die Einrichtung eines Gewerbeflächenma
ten zu minimieren. Neue Geschäftsmodelle
ortwahl können räumliche Verknüpfungen
nagements kann auf regionaler, kommunaler
sowie der Aufbau von Coworking Spaces ber
mit Wissenschaftsstandorten oder weiteren
und gebietsbezogener Ebene helfen, Gewer
gen neue Ansätze zur Umnutzung leerste
gewerblichen Strukturen zu betrieblichen
beflächen bedarfsgerecht zu nutzen und wei
hender Gebäude und können sich positiv auf
Synergieeffekte führen.
ter zu entwickeln. Ein Gewerbeflächenma
städtebauliche Erneuerungsmaßnahmen im
direkten Umfeld auswirken.
nager fungiert als Bindeglied zwischen dem
Städtebaulicher Rahmenplan
Flächenangebot und den nutzungsbezoge
Insbesondere bei der Qualifizierung beste
nen Standortanforderungen. Darüber hin
Auch können mit einer Sanierung und ggf.
hender Gewerbe- oder Mischgebiete kann
aus unterstützt er auf Gebietsebene bei der
Nachverdichtung von Gewerbegebieten der
ein städtebaulicher Rahmenplan dabei unter
Organisation und Durchführung von Maßnah
1960er bis 1980er Jahre städtebauliche Defi
stützen, gemeinsame Qualitätsstandards
men und stimmt mögliche Kooperationen zwi
zite behoben werden, Gewerbe im Bestand
hinsichtlich der gestalterischen oder energe
schen Betrieben ab.
weiterentwickelt und energetisch wie ökono
tischen Entwicklung zu definieren und ihre
23
Wirtschaftsentwicklung Augsburg –
ein Gestaltungshandbuch entwickelt, das den
tige Nutzungsmischung geschaffen werden.
Gestaltung als Standortfaktor
Rahmen für die Schaffung von qualitativ hoch
Zur Sicherstellung einer hohen Freiraumqua
Die Stadt Augsburg verfolgt bei der Entwick
wertigen Wohn- und Arbeitsstrukturen sowie
lität führte die Stadt 2019 einen Wettbewerb
lung von wirtschaftlichen Strukturen einen
außergewöhnlichen und großzügigen öffentli
für die Gestaltung der öffentlichen Freiflä
hohen Anspruch hinsichtlich der Integration von
chen Parkanlagen bildete.
chen – Quartiersplätze, Wegeverbindungen
Städtebau, Freiflächen und Verkehr.
und Grünflächen – auf dem rund 16 ha gro
ßen Areal durch.
Innovationspark
Sheridan Kaserne
Bei der Entwicklung des 70 ha großen Areals
Die Entwicklung der Militärkonversion „Sheri
konnten über einen Masterplan (siehe Grafik)
Umwelt Park
dan Kaserne“ erfolgte als städtebauliche Ent
und ein Gestaltungshandbuch Qualitätsvorga
Im Rahmen eines Gebietsentwicklungs
wicklungsmaßnahme auf Grundlage eines
ben für den öffentlichen Raum und die Archi
konzepts konnten effiziente Maßnahmen
Ideen- und Realisierungswettbewerbs mit
tektur der einzelnen Gebäude und damit die
zur Qualifizierung des Gewerbegebietes
einem städtebaulichen und freiraumplaneri
Voraussetzungen im Bereich Forschung, Ent
„Umwelt Park“ im Augsburger Norden ent
schen Entwurf. Mit der Bauleitplanung wurde
wicklung und Universität für eine hochwer
wickelt werden.
© KCAP Architects&Planners
Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Zweckverband / interkommunales
Ein interkommunaler Gewerbeflächenpool
Vorhabenbezogene Bebauungspläne oder
Gewerbegebiet / Gewerbeflächenpool
bietet darüber hinaus den beteiligten Gemein
Städtebauliche Verträge bieten die Möglich
Mit der Bildung eines Zweckverbandes kön
den die Möglichkeit, ihre noch nicht belegten
keit, den Vorhabenträger an den Planungs- und
nen Gemeinden beispielsweise durch die
Gewerbeflächen in einen gemeinsamen Flä
Erschließungskosten zu beteiligen. Der Vorha
Entwicklung eines interkommunalen Gewer
chenpool einzubringen und diese gemein
benträger profitiert in der Regel von Zeit- und
begebietes unterschiedliche Flächenbedarfe
sam zu vermarkten. Jede der Gemeinden
Kosteneinsparungen. Durch die Bereitstellung
einzelner Wirtschaftszweige zu einem überre
kann von der Arbeitsteilung, einer besseren
und Sicherung alternativer Mobilitätsangebote
gionalen Gewerbestandort verbinden.
Vermarktung und einer effektiven Flächennut
können so beispielsweise Stellplatzanforde
zung profitieren.
rungen reduziert und die Erstellungskosten
gesenkt werden.
Der Gewerbeflächenpool ist ein Projekt der
interkommunalen Kooperation WirtschaftsVermarktungsagentur
band A 9 Fränkische Schweiz e.V., einem
Zusammenschluss von elf Kommunen aus
dem Landkreis Bayreuth und sieben aus dem
Finanzierung
Investor(en)
Landkreis Forchheim. Das innovative Verfahren wurde für die gemeinsame Vermarktung
der kommunaler Gewerbeflächen entwickelt.
Sicherheitszahlungen
20 % der
Verkaufserlöse
Fläche(n)
Gewerbesteuer
Seit 2006 arbeiten die Kommunen an modellhaften Verfahren zum Flächenmanagement,
Verkaufspreis
Gemeinden
Gewerbesteuer
Fläche(n)
Pool
auch mit dem Ziel des Flächensparens. Ein
Schwerpunkt liegt heute beim interkommunalen Kompensationsmanagement.
2
BEISPIEL
Städtebauliche Schwerpunktthemen
24
2.9 Mobilität
Mobilität bildet eine wesentliche Grundlage für die Teilhabe des Einzelnen am
gesellschaftlichen Leben, für Beschäftigung und funktionierende Siedlungs- und
Wirtschaftsstrukturen. Mobilitätsnachfrage und Mobilitätsangebote befinden
sich in einem starken Wandel. Die Ausgestaltung des Personen- und Güterver
kehrs sind dabei eng mit der städtebaulichen Dichte und der Verteilung sowie
Verfügbarkeit von Versorgungseinrichtungen verknüpft. Eine Planung mit integ
riertem Ansatz unter Berücksichtigung intermodaler Wegeketten unterstützt die
nachhaltige Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit den Mobilitätsansprü
chen der Bevölkerung sowie mit neuen Mobilitätsformen.
Um Emissionen wie Abgase und Lärm zu minimieren und ein qualitätsvolles
Wohn- und Arbeitsumfeld sowie attraktive öffentliche Räume mit einer hohen Auf
enthaltsqualitäten zu schaffen, ist die städtebauliche Entwicklung darauf ausge
richtet, Verkehre zu vermeiden und zu verringern und eine attraktive Nahmobilität
zu fördern. Die Nutzungsmischung sowie ein dezentrales Angebot von Gütern und
Dienstleistungen des täglichen Bedarfs stärken den Nahbereich und unterstützen
damit den Ausbau aktiver Mobilitätsformen, wie z.B. den Fuß- und Radverkehr.
Eine Strategie der „Stadt der kurzen Wege“ und ein Konzept der Innen- vor Auße
nentwicklung kann den motorisierten Verkehr reduzieren. Der ÖPNV und neue in
dividuelle Mobilitätsformen leisten hier einen wichtigen Beitrag. Die Intensivierung
baulicher Tätigkeiten entlang bestehender ÖPNV-Achsen sowie die Verbesserung
des Zugangs zu Haltepunkten fördert, gerade mit Blick auf die Pendlerströme in
Verdichtungsräumen, eine tragfähige Verknüpfung der Siedlungsstrukturen.
Kahl am Main, MuNS
Mit der Mobilitäts- und Nachverdichtungs
strategie (MuNS) konnte die knapp 8.200
Einwohner zählende Gemeinde frühzeitig einen
Orientierungsrahmen für eine flächensparende
Siedlungsentwicklung schaffen. Aufbauend
auf den Ergebnissen wurden die Ziele in
dem „Nachhaltigen Verkehrskonzept für die
Während die Verkehrsinfrastruktur insbesondere in Verdichtungsräumen häufig an
die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stößt, ist besonders der ÖPNV in anderen
Teilräumen nicht ausgelastet. Neue Mobilitätsformen bieten die Chance, stark be
lastete Infrastrukturen zu entlasten. Durch flexiblere Nutzungsmöglichkeiten kön
nen sie in Zukunft tragfähige Alternativen zu den bestehenden Verkehrsträgern
darstellen und dabei den ÖPNV sinnvoll ergänzen und stärken. Eine interkommu
nale Zusammenarbeit kann dabei unterstützen, neue alternative Lösungsansätze
in enger Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort zu finden und umzusetzen.
INSTRUMENTE
Kommune 2025“ konkretisiert.
Mobilitätskonzepte
nachhaltig zu entwickeln. Dabei liegt der Fokus
Parkraumkonzepte, Sharing Modelle oder
Durch Mobilitätskonzepte können frühzeitig
auf der Koordinierung des Mobilitätsverhaltens
genossenschaftlich organisierten Mobilitäts
Rahmenbedingungen für ein zukunftsorien
und der Steuerung der Verkehrsentstehung.
dienstleister und Radverkehrskonzepte.
tige Verkehrsabwicklung gesetzt werden.
Strategische Mobilitäts- und Verkehrspla
Integriertes Konzept für komplexe inner
Dabei gilt es, integrierte Lösungen durch
nung in der Stadtentwicklung
städtische Räume
eine verkehrsmittelübergreifende Mobilitäts
Durch die Integration einer strategischen
Insbesondere zur Entwicklung von Lösungen
planung auf interkommunaler und gemeindli
Mobilitäts- und Verkehrsplanung in ein städ
für komplexe innerstädtische Räume eignet
cher Ebene zu entwickeln. Die Möglichkeiten
tebauliches Entwicklungskonzept können
sich ein integriertes Konzept, um die Anfor
für alternative Mobilitätsformen sind dabei in
aufgrund der räumlichen Gesamtbetrachtung
derungen unter Einbindung der Bürgerinnen
ländlichen und städtischen Gebieten naturge
übergeordnete Leitbilder formuliert werden.
und Bürger an den öffentlichen Raum und
mäß sehr unterschiedlich und müssen daher
Konzepte und Maßnahmen für eine nachhal
die Mobilität besser aufeinander abstimmen
individuell entwickelt werden.
tige Mobilität beziehen dabei alle Aspekte
zu können. Innerhalb eines interdisziplinären
einer umfassenden Planung ein. Dazu gehören
Wettbewerbsverfahrens können diese Anfor
Mobilitätsmanagement
z. B. ein bedarfsgerechter Ausbau der Infra
derungen bei der Erarbeitung eines städte
Aufbauend auf den Zielsetzungen eines Mobi
struktur, eine Verknüpfung der Verkehrsmittel
baulichen Entwurfs planerisch überprüft und
litätskonzeptes kann ein kommunales, quar
untereinander, Schaffung attraktiver Wege
eine Vielzahl von innovativen Lösungsansätzen
tiersbezogenes oder betriebliches Mobilitäts
ketten, ein guter Zugang zum ÖPNV bzw. ein
erarbeitet werden. Baurechtliche Umsetzun
management dazu beitragen, den Verkehr
attraktives Fahrplanangebot, Barrierefreiheit,
gen von Verkehrsführungen wie Straßen- oder
tiertes Mobilitätsangebot und eine nachhal
Städtebauliche Schwerpunktthemen
25
BEISPIEL
Mobilitätskonzept Landsberg am Lech
Das Mobilitätskonzept zur Entwicklung des
Quartiers „Am Papierbach“ untersuchte in
enger Zusammenarbeit zwischen der Stadt
Landsberg am Lech und den Investoren,
wie Kfz-Verkehre vermieden, modal verla
gert, umweltverträglich abgewickelt und Ver
kehrsflächen optimal genutzt werden können,
um Kosten und Flächenbedarfe zu reduzieren.
Es wurden Maßnahmen und konkrete Emp
fehlungen auf gesamtstädtischer Ebene sowie
auf Quartiersebene zum Ausbau des Radver
kehrsnetzes, zur Reduzierung des Stellplatzbe
Zusammenwirken der Maßnahmen (Quartier)
darfs für PKWs, den Ausbau der Fahrradabstel
lanlagen oder wohnortnaher Mobilitäts- und
Ladestationen entwickelt.
Die Ergebnisse wurden in die weitere Pla
nung, u.a. über städtebauliche Verträge, ein
• Neuordnung des Stadtbusnetzes
• Fußgänger- und Radfahrersteg
zur Altstadt
• Haltestelle „Am Papierbach“
(Zweirichtungshaltestelle, barrierefrei)
• Bahnquerungen für Fußgänger
und Radfahrer
• Direkte Zugänglichkeit zu
Haltestellen und Bahnhöfen
• Nahversorgung
gebracht und flossen in die Erarbeitung der
kommunalen Stellplatzverordnung ein, um
somit rechtlich bindend auf künftige Quar
tiersentwicklungen übertragen zu werden.
Das Zusammenspiel von gesamtstädtischen
und quartiersbezogenen Maßnahmen, wie
beispielsweise durch die neue Rad- und Fuß
wegeverbindung des Lady-Herkomer-Stegs
(siehe Visualisierung oben), kann so zu einer
Reduktion der verkehrlichen Gesamtlast und
• Durchlässiges
Radverkehrsnetz im
Quartier, Vernetzung mit
dem städtischen Netz
• Erschließung von Außen
nach Innen (Parkgaragen)
• Kein MIV im Quartier
(außer Notdienste)
• Mobilitätsstationen
mit Leihfahrrädern an den
Quartierseingängen
• Stellplätze im Straßenraum
nur für E-Kfz, Leih-Kfz
• Autonome und / oder
elektrobetriebene Ver- und
Entsorgung
• Car Sharing, Car Pooling
• Radabstellanlagen (Pedelec,
E-Bike, Lastenrad, etc.)
einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung der
Stadt beitragen.
Übergreifende Handlungsempfehlungen des Konzeptes:
Verknüpfung, Mobilitätsstationen, Öffentlichkeitsarbeit, Verkehrskultur
Für eine nachhaltige Mobilitätsgestaltung
Schienentrassen und die Ausgestaltung von
sollte bei der städtebaulichen Entwicklung
Haltepunkten können in der Folge über ein
Bauleitplanverfahren festgelegt werden und
dabei von den vielfältigen Einbindungsmöglich
keiten der Bürgerinnen und Bürger und einem
die Priorisierung der Mobilitätsformen nach
Fliegen
der emittierenden passiven und der aktiven
Eigenes Auto
Mobilität berücksichtigt werden.
Fokus auf städtebaulich orientierte Lösungsan
sätze profitieren.
Stellplatzsatzung
Car Sharing
Taxi/Transport
Eine kommunale Stellplatzsatzung kann
Erleichterungen bei Neubauvorhaben ermög
lichen. Ergänzende Mobilitätsangebote (wie
bspw. Car- Sharing) und ggf. der vertraglich
zugesicherte Verzicht auf einen PKW können
Öffentliche Verkehrsmittel
Nutzfahrräder
bei der Entwicklung eines Neubauquartiers zu
einer geringeren Stellplatzanzahl führen. Damit
Radfahren
können situationsangepasste Lösungen zum
ruhenden Verkehr und Anreize zu einem nach
haltigen Mobilitätsverhalten gegeben werden.
2
Gehen/Laufen
26
2.10 Ortskern, Nahversorgung
Im Jahr 2007 wurde von der Europäischen Union die „Leipzig-Charta zur nach
haltigen europäischen Stadt“ verabschiedet. Darin wird die Abkehr von der strik
ten Funktionstrennung und die Stärkung der integrierten Stadtentwicklungs
politik für eine kompakte europäischen Stadt
empfohlen. In der „neuen Leipzig Charta“ wird
eine integrierte, gemeinwohlorientierte Stad
tentwicklung besonders fokussiert.
Die Vorteile liegen auf der Hand. In kompak
ten Siedlungsstrukturen können die wesent
lichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge von
jedermann schnell und unkompliziert erreicht
werden, ohne beispielsweise auf das eigene
Auto angewiesen zu sein. Ein möglichst langes
selbstbestimmtes Leben, ungeachtet von Alter
und etwaigen körperlichen Einschränkungen,
wird somit entscheidend erleichtert, was zu
langfristig stabilen und ausgewogenen Bewoh
nerstrukturen führt. Attraktive Stadtteil- und
Ortszentren bilden den Kern dieser Strategie.
Augsburg, Lechhausen
Das Einzelhandelsentwicklungskonzept sowie
das ISEK der Stadt Augsburg schufen die
Grundlagen für ein Plangutachten zum Stadtteilzentrum Lechhausen – und der Umsetzung
Im Gegensatz zu austauschbaren Einkaufs
zentren auf der grünen Wiese bilden sie durch
eine angemessene städtebauliche Dichte, den
öffent
lichen Raum, Angebote der Daseinsvor
sorge, Kultur und Gastronomie den kommuni
kativen und baulichen Mittelpunkt der Quartiere und schaffen Identität. Eine
Belebung und die Attraktivität der Ortsmitte sind besonders mit einer intak
ten Struktur der Nahversorgung und des Einzelhandels verbunden und können
durch eine intensive Einbindung und das Engagement der Bürgerinnen und
Bürger und Einzelhändler vor Ort gesichert sowie weiterentwickelt werden.
INSTRUMENTE
des Ersatzneubaus des „Grünen Kranzes“
Einzelhandelskonzept
mellen, von der Gemeinde beschlossenen
Vorhabenbezogener Bebauungsplan/
Über ein Einzelhandelskonzept kann die kom
Planungen, zu berücksichtigen.
Städtebaulicher Vertrag
munale Einzelhandelsstruktur, deren Bedeu
Sofern eine Gemeinde mithilfe eines konkre
tung für das städtebauliche Gefüge hinsicht
Einfacher Bebauungsplan
ten Projektes zur Stärkung der Nahversor
lich der Größe von Betrieben, deren Sortiment
Im unbeplanten Innenbereich hingegen sind
gung bzw. des Ortskerns beitragen möchte
und Einzugsbereich analysiert und eine Steu
Nutzungen immer dann zulässig, wenn sie
und hierfür ein bestimmter Investor zur Ver
erung vorbereitet werden. Dies ermöglicht
sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung
fügung steht, sollte auf die Möglichkeit
es, Nutzerkonflikte und Handlungsbedarfe zu
in die Umgebung einfügen. Eine Feinsteu
eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes
erkennen und mit der Zielsetzung, langfristig
erung ist auf diese Weise oft nur schwer
(§ 12 BauGB) zurückgegriffen werden, mit
stabile, städtebauliche Strukturen zu entwi
möglich, negative Entwicklungen wie bei
dem passgenaues Baurecht geschaffen und
ckeln, Maßnahmen zu deren Umsetzung zu
spielsweise die Verlagerung des Einzelhan
die Umsetzung innerhalb einer genau defi
definieren.
dels aus den Stadtzentren in periphere Lagen
nierten Frist garantiert werden kann (siehe
oder eine Häufung unerwünschter Nutzun
Arbeitsblätter und Materialien).
Die Ergebnisse dieser informellen Planun
gen, wie Spiel- und Vergnügungsstätten in
gen können durch Gemeinderatsbeschluss
den Ortskernen, sind häufig die Folge. Um
Über einen Städtebaulichen Vertrag (§ 11
verbindliche Grundlage für formelle baupla
dem entgegenzusteuern, kann im Einzelfall
BauGB) können Vereinbarungen u.a. zur Über
nungsrechtliche Instrumente werden. Gene
ein einfacher Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3
nahme von Planungsleistungen, zur Errei
rell sind bei der Aufstellung von Bauleitplä
BauGB) aufgestellt werden, in dem lediglich
chung bestimmter städtebaulicher Zielset
nen die Ergebnisse von städtebaulichen
bestimmte, eigentlich zulässige Nutzungen
zungen oder zur Kostenübernahme mit einem
Entwicklungskonzepten oder anderen infor
untersagt werden.
potenziellen Investor vereinbart werden.
Städtebauliche Schwerpunktthemen
27
2
2.11 Öffentlicher Raum
Der öffentliche Raum – Straßen, Wege, Plätze, Grünanlagen, Parks und Wasser
flächen – ist neben der Bebauung das prägende Element von Städten und Dör
fern. Mit seinen Funktionen für Aufenthalt und Begegnung, Verkehr, Wirtschaft,
Kultur, Freizeit und Erholung, Natur und Biodiversität prägt er entscheidend ihr
Erscheinungsbild. Bei guter Gestaltung schafft er attraktive Aufenthaltsräume
für die Bewohnerinnen und Bewohner und stiftet Identität.
Hammelburg, Viehmarkt
Der in der Vergangenheit hauptsächlich
durch ruhenden Verkehr dominierte Viehmarktplatz konnte über einen Wettbewerb
eine hochwertige Gestaltung erhalten und
ist nun barrierefrei zugängig und erlebbar
Die vielfältige Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raumes birgt großes
Potenzial bei der Aufwertung von Ortskernen
und Stadtvierteln hinsichtlich Lebens- und Auf
enthaltsqualität. Dabei sind die Bedürfnisse des
fließenden wie ruhenden Verkehrs ebenso zu
beachten wie die von Fußgängern, Radfahrern,
Kindern, alten Menschen und Menschen mit
Behinderung. Hierfür ist ein großes Augenmerk
auf eine weitgehend barrierefreie Gestaltung zu
legen. Ziel ist es, eine „Stadt für alle“, also die
umfassende und selbstbestimmte Teilhabe aller
Menschen am gesellschaftlichen Leben zu er
möglichen.
Neben den angeführten Aspekten erfüllt der
öffentliche Raum auch eine wesentliche Auf
gabe für die Sicherstellung und den Ausbau der
technischen Infrastruktur. Auch dem Aspekt der
Sicherheit kommt bei der Gestaltung des öffent
lichen Raums Bedeutung zu. Eine durchdachte
Gestaltung von Freiflächen und ggf. Stadtmöblierung kann nicht nur zu einer
städtebaulichen Aufwertung des Umfeldes beitragen, sondern auch Angsträu
me beseitigen.
Die vielfältigen und komplexen Anforderungen an den öffentlichen Raum kön
nen sich auch widersprechen, z. B. die Trennung der verschiedenen Verkehrsträ
ger zur Gewährleistung eines Verkehrsflusses und den Belangen einer barriere
freien Umgebung.
Rahmenplanung und intensive
Sicherheit von Beginn an an der Planung be
Interdisziplinärer Wettbewerb
Einbindung der Öffentlichkeit
teiligt werden.
Über einen interdisziplinären städtebaulichen
Mit einer Rahmenplanung können die Verein
Wettbewerb können die Ergebnisse eines
barkeit und Umsetzbarkeit der unterschied
Gerade der öffentliche Raum prägt Gestalt
Rahmenplans planerisch konkretisiert wer
lichen Belange planerisch überprüft und ver
und Identität einer Stadt oder eines Ortes und
den. Die Anforderungen zur Bildung der Pla
ständlich gemacht werden.
hat daher besondere Bedeutung für die Bür
nungsteams hängt dabei von den spezifischen
gerschaft. Für die Akzeptanz und das gesell
Erfordernissen des öffentlichen Raumes ab.
Hierbei empfiehlt sich ein integriertes Vor
schaftliche Miteinander in einer Gemeinde
Das erlaubt die Erarbeitung von zielgerichte
gehen, das alle relevanten Anforderungen
empfiehlt es sich daher, bei der Gestaltung
ten Lösungsvorschlägen hinsichtlich der bau
an den öffentlichen Raum schon frühzeitig
des öffentlichen Raums verstärkt auf eine
lich-räumlichen, gestalterischen, funktionalen,
im Planungsprozess einbindet. So sollten
breite Bürgerbeteiligung zu setzen (siehe
verkehrlichen, landschaftsplanerischen und
z. B. Experten zu maßgeblichen Themen wie
auch Arbeitsblatt „Bürgerbeteiligung im Städ
umweltökologischen Dimension.
Gestaltung, Barrierefreiheit oder öffentliche
tebau – Ein Leitfaden“).
INSTRUMENTE
Um allen Belangen möglichst weitgehend gerecht zu werden, empfiehlt es
sich, neben einer fortlaufenden Bürgerbeteiligung, alle wesentlichen Akteure
wie Behindertenvertreter, Verkehrsplaner, Soziologen oder Sicherheitsbehörden
frühzeitig in den Planungsprozess miteinzubeziehen.
28
Starnberg, „Die barrierefreie Gemeinde“
2.12 Barrierefreiheit
Im Rahmen des Modellprojektes „Die
barrierefrei umgebaut.
Ziel vieler Menschen ist es, möglichst lange selbständig – trotz ggf. vorhande
ner körperlicher Einschränkungen – in der eigenen Wohnung leben zu können.
Ältere Menschen und Menschen mit Einschränkungen sind jedoch auf geeig
nete Rahmenbedingungen angewiesen. Hierzu zählen nicht nur Anforderungen
an die Beschaffenheit des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung, son
dern auch an das direkte Wohnumfeld, an das Quartier sowie an die gesamte
Stadt bzw. Gemeinde. Von besonderer Bedeutung ist die barrierefreie Erreich
barkeit von Einrichtungen des täglichen Bedarfs.
Aktionsplan „Die barrierefreie Gemeinde“
zu öffentlichen Gebäuden, zu Einzelhandel,
„Die barrierefreie Gemeinde – Ein
Die Herstellung von Barrierefreiheit an Ein
Nahversorgung und Gastronomie sowie zu
Leitfaden“
zelpunkten („Insellösungen“) ist zumeist für
Ärzten, Apotheken und Sozialeinrichtungen
Nähere Informationen zur Erarbeitung eines
Menschen, die darauf angewiesen sind, nur
von großer Bedeutung. Eine barrierefreie
gemeindlichen Aktionsplans zur Schaffung
wenig hilfreich. Wichtig ist daher eine umfas
Vernetzung erfolgt auch durch die öffentli
von Barrierefreiheit gibt die Publikation „Die
sende, konzeptionelle Herangehensweise
che Infrastruktur zu der Busse und Bahnen,
barrierefreie Gemeinde – Ein Leitfaden“. Die
in Zusammenarbeit mit Bürgerinnen und
Parks und Grünanlagen sowie öffentliche
sem können insbesondere Informationen
Bürgern, Experten und Verbänden, die das
Toiletten gehören.
zum Ablauf und Beteiligungsprozess sowie
barrierefreie Gemeinde“ erarbeitete die Stadt
Starnberg gemeinsam mit Aktivgruppen aus
der Bürgerschaft, Betroffenen und den
Behindertenverbänden einen gemeindlichen
Aktionsplan zur Schaffung von Barrierefreiheit. Als Ergebnis des Konzeptes wurde der
INSTRUMENTE
Georgenbachweg als Impulsprojekt
gesamte Gemeindegebiet im Blickfeld hat,
zu Planungsinstrumenten und Umsetzungs
z. B. in Form eines gemeindlichen Aktions
Wichtig ist die Zusammenarbeit von öffent
plans. So wird sichergestellt, dass alle später
lichen und privaten Akteuren bei Angeboten,
nach und nach umgesetzten Einzelprojekte
um den Ort barrierefreier zu machen. Hier
DIN 18040 Teil 3
sinnvoll ineinandergreifen und durchgehende,
besteht gemeinsamer Handlungsbedarf aller
Hilfestellungen zur barrierefreien Ausfüh
barrierefreie Wegeverbindungen entstehen.
Akteure einer Kommune, ob Politik, Verwal
rung von Projekten liefert der dritte Teil der
tung, Handel, Gastronomie, Vereine sowie
sog. blauen Reihe „Barrierefreies Bauen 03
Die strategische Planung beginnt mit einer
Einrichtungen für Freizeit, Sport und Touris
– Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum“, der die
gesamtörtlichen Betrachtung der Barriere
mus, damit eine selbstbestimmte Teilhabe am
Regelungen von DIN 18040 – 3 erläutert (siehe
freiheit, in der auf der Grundlage einer Ana
öffentlichen Leben ermöglicht werden kann.
Arbeitsblätter und Materialien).
lyse des Wegenetzes die wichtigsten Wege
und Zielpunkte identifiziert werden. Innerört
lich sind besonders die Wegebeziehungen
strategien entnommen werden.
Städtebauliche Schwerpunktthemen
29
2
2.13 G
rün- und Naturräume, Biodiversität
Der Bedarf an Siedlungs- und Verkehrsflächen führt zu einer zunehmenden
Versiegelung des Bodens. Um die Funktionsfähigkeit der Böden und den
Schutz des Grundwassers aufrecht zu erhalten, muss die Versiegelung auf
das notwendige Maß begrenzt werden. Durch die möglichst durchgehende
Verwendung von wasserdurchlässigen Belägen bei der Gestaltung von zu be
festigenden Flächen sowie durch Konzepte zur oberirdischen Rückhaltung und
Ableitung sowie zur Versickerung von Niederschlagswasser können z. B. die
Filterfunktion des Bodens genutzt, die Grundwasserneubildung unterstützt
und gleichzeitig die zentrale Abwasserbeseitigung entlastet werden.
Die Schaffung möglichst zusammenhängender
Grünflächen in bebauten Bereichen und deren
naturnahe Begrünung ist nicht nur aus gestal
terischer Sicht ein Gewinn, sondern trägt zu ei
ner Verbesserung der innerörtlichen Luftqualität
bei. Sie schafft Naherholungsflächen und ist Le
bensraum für die Tier- und Pflanzenwelt.
Städte als verdichtete Siedlungsräume stellen
häufig Barrieren in den Lebensräumen von Tie
ren und Pflanzen dar. Innerörtliche Grünflächen
können daher einen Beitrag für die Vernetzung
solcher Lebensräume leisten. Neben der An
ordnung im Stadtgefüge spielt auch die Ge
staltung der Grünflächen selbst eine wichtige
Rolle für die Biodiversität und die Artenvielfalt.
Bei der Gestaltung von Grünflächen ist daher
auch die Bepflanzung auf ihre grundsätzliche
Funktion für den Naturhaushalt zu überprüfen.
Insekten sind angewiesen auf das Vorhandensein von ausreichend Blühpflan
zen, die ihrerseits auch als gutes Gestaltungsmerkmal zur Aufwertung öffent
licher Räume beitragen können. Bäume verbessern durch ihre Filterwirkung
nicht nur spürbar die innerörtliche Luftqualität, sondern sind durch ihre Ver
schattungswirkung vor allem im Sommer auch ein wichtiger Baustein bei der
Anpassung von Städten an den Klimawandel.
Berching, Hans Kuffer Park
Als zentrale Maßnahme der Stadtentwicklung wurde der bis 2015 entwickelte Hans
Kuffer Park in Berching als innerstädtischer,
multifunktional nutzbarer Grünzug fertiggestellt. Geprägt durch die historische Stadtmauer dient er der Erholung und kann sogar
Zusammenhängende, in die freie Landschaft übergreifende und gliedernde
Grünzüge haben als Frischluftschneisen auch eine wichtige Funktion bei der
Anpassung der Städte und Gemeinden an den Klimawandel. Auch Gewässer
flächen leisten hierzu einen Beitrag.
durch eine Wasserbühne für Veranstaltungen
Kommunale Klimastrategie
Landschafts- und Grünordnungsplanung
Kommunale Satzungen
Die notwendige Anpassung an den Klimawan
Im Zuge der Landschafts- und Grünordnungs
Kommunale Satzungen nach Art. 28 Abs. 2 GG
del macht eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen
planung können die Städte und Gemeinden
und Art. 23 GO z. B. zum Baumschutz, der
erforderlich, die über eine kommunale Kli
den weiteren rechtlichen Rahmen setzen, der
Lage, Beschaffenheit und Größe von Kinder
mastrategie gebündelt und koordiniert wer
gewährleistet, dass auch private Bauherren
spielplätzen, der Beschaffenheit von Stellplät
den können. Neben energetischen Aspekten
zen oder der Einfriedung und
Begrünung von
und sonstige Planungsträger
Auf ihren
der Grundlage
Beitrag füreines Wettbewerbsergebnisses
entstand
und der Reduktion von CO2 Immissionen, ins
baulichen
Anlagen
zum Erhalt
mehr Grün in der Stadt leisten
(siehe auch 2.4konzipiert
der multifunktional
„Haidpark“
in können
Neutraubling.
Als und zur
besondere in Bezug auf die kommunale Bau
Entwicklung
desFreifläche
vorhandenen
Grünbestands
Umwelt- und Klimaschutz).
attraktiver urbaner Grünraum
dient er als
und bietet
auch strategische Ziele hinsichtlich der Größe,
Lage und Gestaltung öffentlicher und privater
Grünflächen formuliert.
in einer Gemeinde beitragen.
ökologische Ausgleichsflächen.
INSTRUMENTE
substanz und das Mobilitätsverhalten, werden
genutzt werden.
30
2.14 Einfamilienhausgebiete
Einfamilienhäuser wurden in den 1950er – 1980er Jahren durch den wirtschaft
lichen Aufschwung zu einer weit verbreiteten Wohnform. Etwa 20 % aller
Wohngebäude in Bayern sind heute diesem Typus zuzuordnen, bei dem die
Eigentumsquote vergleichsweise hoch ist. Durch den ideellen Wert, den die
Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem Gebäude verbinden, brauchen Verän
derungen an Gebäuden und im Quartier einer guten Vorbereitung. Eigenheime
in älteren und monofunktionalen Einfamilienhaussiedlungen der Nachkriegs
jahre, mit nicht mehr zeitgemäßer Bausubstanz und fehlender Barrierefreiheit,
können für ältere Menschen zunehmend eine Belastung darstellen.
Auch für Kommunen können diese Quartiere wegen stei
gender Infrastrukturkosten eine Herausforderung sein.
Funktionale Defizite, wie mangelhafte fußläufige Verbin
dungen ins Ortszentrum oder fehlende Treffpunkte sowie
fehlende Versorgungseinrichtungen, können die langfristi
ge städtebauliche Integration dieser Gebiete erschweren.
Im Zentrum bzw. in zentrumsnahen Quartieren kann es
dagegen aufgrund struktureller Veränderungen und der
Konkurrenz von großflächigem Einzelhandel und Wohnge
bieten am Ortsrand zu Funktionsentleerung kommen.
Dabei könnten gerade hier neue barrierefreie und kleinere
Wohnungen im Altbestand oder als Neubau eine Chan
ce bieten: Ältere Menschen können zu groß geworde
ne Einfamilienhäuser zugunsten einer zentrumsnahen
Wohnung an junge Familien übereignen, die als Nachnut
zer in den etablierten Einfamilienhausgebieten für neue
Belebung sorgen.
Deggendorf, Kohlberg
(Kohlberg, Deggendorf)
Damit bestehende Einfamilienhausgebiete hierfür attraktiv werden, lautet
die städtebauliche Aufgabe, sie zu revitalisieren, funktional zu ergänzen und,
wo dies möglich ist, nachzuverdichten. Dies kann durch funktionale und ge
stalterische Verbesserung öffentlicher Räume, Optimierung der Ausnutzung
vorhandener Infrastrukturen, Nachverdichtung mittels Umlegung und Grund
stücksteilungen, Einführung zeitgemäßer Gebäudetypologien oder neue ge
meinschaftliche Räume und Plätze erfolgen.
Rahmenplanung
gelt werden, müssen bestehende Bebau
gen zu schaffen und eine mögliche Anpassung
Mit informellen Entwicklungs- bzw. Rahmen
ungspläne geändert oder Bebauungspläne
der bestehenden Gebäude durch eine konkrete
planungen bindet sich die Gemeinde selbst.
erstmalig aufgestellt werden.
Beratung in rechtlicher, architektonischer und
Monofunktionale städtebauliche Struktur
eines Einfamilienhausgebietes im
INSTRUMENTE
Hintergrund des historischen Stadtkerns
Sie gibt der Verwaltung einen Handlungsrah
finanzieller Hinsicht durchzuführen (siehe auch
men für die Beurteilung von Bauwünschen
Sind nur einzelne Festsetzungen, wie Aus
hinsichtlich Nachverdichtung mittels Aufsto
sagen zum Maß der baulichen Nutzungen,
ckung, zusätzlichen Baukörpern oder neuen
notwendig, eignet sich ein einfacher Bebau
Testentwürfe
Bautypen. Zugleich können die notwendigen
ungsplan, beispielsweise zur Festlegung von
Im Rahmen der Konzeptentwicklung zur Revita
Maßnahmen für die Verbesserungen der Inf
Baugrenzen, Baulinien und Wandhöhen.
lisierung von Einfamilienhausgebieten und einer
rastruktur und der öffentlichen Räume abge
bildet werden.
2.3 Flächensparen).
Eigentümeransprache kann es hilfreich sein,
Ansprache der Eigentümer und
insbesondere bei einem Baubestand der ein
Bauberatung
einheitliches Baualter und ähnliche Typologien
Bestandsbebauungsplan
Die gezielte Ansprache der Eigentümer ist ein
aufweist, exemplarisch Grundriss- und Bau
Soll das Baurecht abschließend und konkret
Schlüssel zur Aktivierung des Baubestands. Ziel
teillösungen oder ggf. sogar Leitfäden mit bei
für die zukünftige bauliche Entwicklung gere
ist es, Akzeptanz für den Umbau der Siedlun
spielhaften Mustersanierungen zu erarbeiten.
Städtebauliche Schwerpunktthemen
31
2
Ziel ist eine Inwertsetzung der bestehenden Gebiete, um die bestehenden städ
tebaulichen Qualitäten zu erhalten und Gebäude an die heutigen Bedürfnisse
anzupassen. Neben dem positiven Effekt in Bezug auf Folgekosten für die All
gemeinheit und auf den Werterhalt jeder einzelnen Immobilie ist dies auch ein
substanzieller Beitrag, um weitere Bebauung auf der „grünen Wiese“ und damit
eine Neuinanspruchnahme von Flächen zu vermeiden.
Zusätzlich muss dem Funktionsverlust im Zentrum bzw. in zentrumsnahen Quar
tieren (sogenannter „Donut-Effekt“) durch strategische Konzepte entgegenge
wirkt werden. Dies ist notwendig, um Straßen und Plätze als Orte der Gemein
schaft neu zu beleben, aber auch um in diesen gut erschlossenen, funktional
diversen Bereichen echte Alternativen zu neuen Einfamilienhausgebieten und
innovative und barrierefreie Wohnformen anzubieten.
Entwicklungsplan
Siedlungsgebiet „Am Kohlberg“
Verdichtungsbereiche
Modellprojekt Siedlung Kohlberg
zwei Gebäude/
Mit der
Bestandserfassung und unter Ein
Städtebauplanung
Grundstück
Städtebauplanung
Entwicklungsplan
Siedlungsgebiet „Am Kohlberg“
Verdichtungsbereiche
Entwicklungsplan
Siedlungsgebiet „Am
Kohlberg“
bindung
der
Bewohner vor Ort erarbeitete
Verdichtungsbereiche
zwei Gebäude/
Grundstück
Städtebauplanung
Doppelhaus-
die Stadt
Deggendorf
einen städtebaulichen
bebauung
zwei
Gebäude/
Städtebauplanung
Doppelhaus-
Verdichtungsbereiche
Grundstück
Rahmenplan
zur Revitalisierung des Einfa
Mehrfamilienhäuser,
Städtebauplanung
Doppelhauszwei Gebäude / Grundstück
Versorgung
milienhausgebietes
„Kohlberg“. Auf dieser
bebauung
Verdichtungsbereiche
und
besondere
Doppelhausbebauung
Grundlage
können Nachverdichtungs- und
Mehrfamilienhäuser,
Wohnformen
bebauung
Verdichtungsbereiche
Mehrfamilienhäuser,
zwei Gebäude / Grundstück
Versorgung
und
besondere
Doppelhausbebauung
Wohnformen
Mehrfamilienhäuser, Versorgung
zwei
Gebäude / Grundstück
Mehrfamilienhäuser,
Versorgung
Versorgung
und besondere Wohnformen
Neubauvorhaben
und besonderebewertet und die Requalifi
und besondere Wohnformen
Doppelhausbebauung
Wohnformen
zierung
der Infrastruktur
umgesetzt werden.
Mehrfamilienhäuser,
Versorgung
Freiraumplanung
Freiraumplanung
und besondere Wohnformen
Freiraumplanung
Freiraumplanung
1. Sammelstraßen
2. Anliegerstraßen
3. Wendebereiche
4. Kreuzungsbereiche
Freiraumplanung
Freiraumplanung
Freiraumplanung
1. Sammelstraßen
8. Waldrand erhalten
und stärken
1. Sammelstraßen
2. Anliegerstraßen
9. bestehende Fußwegverbindungen
5. Spiel- und Bolzplätze
10. ergänzende Fußwegverbindungen
6. prägender Grünzug
11. informelle Randwege
2. Anliegerstraßen
3.Wendebereiche
Wendebereiche
3.
4.
4.Kreuzungsbereiche
Kreuzungsbereiche
8. Waldrand erhalten
8. Waldrand erhalten
und stärken
und stärken
9. bestehende
9. bestehende
Fußweg- Fußwe
verbindungen
verbindungen
5. Spiel- und Bolzplätze
10. ergänzende
Fußweg10. ergänzende
verbindungen
6. prägender Grünzug
11. informelle Randwege
5. Spiel- und Bolzplätze
7. öffentliche Grünflächen
6. prägender Grünzug
Fußwe
verbindungen
7. öffentliche Grünflächen
11. informelle Randwe
7. öffentliche Grünflächen
Erdgeschoss
Obergeschoss
In der Bauherreninformation „Lebendige
Nachbarschaft Perlesreut“ unterstützte
Bestand
der Markt Perlesreut die Eigentümer der VdK
Siedlung bei der Revitalisierung
der Einfamilienhäuser durch planerische
Vorschläge zur Modernisierung und
Anpassung der Grundrisse.
Entwurf
BEISPIEL
Städtebauplanung
1 Zimmer
2 Familienbad
3 Spielflur
4 Windfang
5 Technik
6 Küche
7 Bad
32
2.15 Baukultur, Identität
Die Bundesstiftung Baukultur definiert Baukultur als „wesentlichen Bestandteil,
um eine Umwelt zu schaffen, die als lebenswert empfunden wird. (…) Ihre Her
stellung, Aneignung und Nutzung ist ein gesellschaftlicher Prozess, der auf einer
breiten Verständigung über qualitative
Werte und Ziele beruht.“ Somit geht
Baukultur alle an: Architekten, private
Bauherren, die öffentliche Hand und
die Politik.
Jede Region unterscheidet sich dabei
hinsichtlich der charakteristischen
Bauwerke, der Siedlungsstrukturen
und -typologien, die das Orts- und
Landschaftsbild prägen und eine ei
gene Identität verleihen. Diese Viel
falt gilt es zu erhalten, zu fördern und
weiterzuentwickeln. Die charakteris
tischen Merkmale, die jedes Ortsund Landschaftsbild bestimmen, sind
zu identifizieren.
Baunach, Bürgerhaus Lechner-Bräu
Im oberfränkischen Baunach wurden bis
2013 der Umbau und die Umnutzung einer
ehemaligen Brauerei in ein Bürgerhaus
Denkmäler sind dabei die Struktu
ren, deren Erhaltung wegen ihrer ge
schichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volks
kundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Mit der Aufnahme
in die Denkmalliste können diese nach dem Denkmalschutzgesetz dauerhaft
gesichert werden.
realisiert. Das seit den 1980er Jahren nicht
mehr betriebene Ensemble konnte für den
Ortskern erhalten und für die Bürgerschaft
mit Veranstaltungssaal, Bücherei, Eiscafé
und Räumen für Gewerbe und Vereine
INSTRUMENTE
geöffnet werden.
Aktuelle Themen wie z. B. die hohe Nachfrage an Wohnraum können sich un
mittelbar auf den Umgang mit dem baukulturellen Bestand auswirken. Baukul
tur ist maßgeblich für ein attraktives Wohn- und Arbeitsumfeld verantwortlich
und trägt zum Verbleib und Zuzug von Menschen und Investitionen in einer
Region bei. Sie ist Impulsträger, gerade auch im ländlichen Raum, wo sie ein
wichtiger, identitätsstiftender und ökonomischer Faktor sein kann.
Bauberatung
Gestaltungshandbuch
Kommunales Denkmalkonzept
Über die Beratung bei städtebaulichen Pro
Es kann hilfreich sein, ein Gestaltungshand
Für Kommunen, die die Bewahrung ihrer
jekten und Einzelobjekten können Kreis- und
buch und Konzept zu erarbeiten, das als
Identität als wichtige Aufgabe erkannt haben,
Stadtbaumeister an den Landratsämtern und
Richtschnur für die Gemeinde und Eigentü
bietet das Bayerische Landesamt für Denk
in den Städten, Stadt- und Kreisheimatpfleger,
mer beispielsweise bei der Quartiersentwick
malpflege die gemeinsame Erstellung eines
die Bezirksregierungen, Stadtplaner und Archi
lung wirkt und ggf. als Grundlage für rechtlich
Kommunalen Denkmalkonzeptes (KDK) an.
tekten als Ansprechpartner unterstützen.
bindende Festsetzungen in Bebauungsplänen
Den Gemeinden wird ermöglicht, unter Mit
dienen kann.
wirkung der Bürgerschaft, Denkmalschutz
und Denkmalpflege systematisch, mög
Gestaltungsbeirat
Eine gute Möglichkeit, um eine qualitätsvolle
Örtliche Bauvorschriften
lichst eigenverantwortlich und zielorientiert
Ortsentwicklung zu fördern, stellt die Einrich
In historisch gewachsenen Ortszentren kann
anzugehen. Neben einer denkmalfachlichen
tung von Gestaltungsbeiräten dar, besetzt
es zudem zweckmäßig sein, örtliche Bauvor
Bestandsaufnahme umfasst das KDK die
mit Stadtplanern, Architekten und Heimat
schriften nach Art. 81 BayBO zur Gestaltung
Definition des Handlungsbedarfs in Bezug
pflegern. Ein temporärer Gestaltungsbeirat
bei Neubauten zu erlassen. Dies sollte nicht
auf die dargestellten Denkmalwerte sowie ein
ermöglicht die Beurteilung einzelner Bauvor
als Restriktion wirken, sondern einen funkti
Ziel- und Maßnahmenkonzept zum Umgang
haben oder städtebaulicher Entwicklungen auf
onalen und gestalterischen Veränderungspro
mit denkmalgeschützter Bausubstanz.
Antrag der Gemeinde und in Zusammenarbeit
zess erleichtern.
mit der Bayerischen Architektenkammer.
33
Städtebauliche Schwerpunktthemen
2.16 Digitalisierung
Öffentlichkeit / Stadtgesellschaft
Der Einsatz der Technologien ist vielfältig. Durch die fach- und inhaltsüber
greifende Erfassung, Verknüpfung und Analyse von beispielsweise raumbe
zogenen Daten können komplexe Zusammenhänge bestehender Strukturen
herausgearbeitet, Handlungspotenziale identifiziert und städtebauliche Ent
wicklungsszenarien effizienter erarbeitet werden. Die transparente Aufberei
tung von Umstrukturierungsprozessen und die Nutzung digitaler Kommunika
tionsmedien ermöglichen neue angepasste Bürgerbeteiligungsformate, die zu
einer breiten Akzeptanz von städtebaulichen Vorhaben beitragen können. In
Simulationen oder einem sogenannten „Digitalen Zwilling“, einem virtuellen
Abbild einer baulichen Struktur, können z.B. bei konkreten städtebaulichen
Projekten Einzelaspekte und deren Wechselwirkungen in Varianten visualisiert
und überprüft werden.
Fachstrategien
Digitale Stadtverwaltung
Infrastruktur
Bürgerschaft, Unternehmen, Wissenschaft
INSEK
Digitales Nürnberg
Digitale Technologien bieten mit Blick auf die umfassenden gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Veränderungen vielfältige Potenziale. Städte und Gemein
den müssen auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren.
Städtebau als fachübergreifende Disziplin kann ein wesentlicher Baustein für die
digitale Transformation und die Entwicklung und Nutzung neuer, auf die kommu
nale Entwicklung abgestimmter, digitaler Anwendungen sein.
2
Nürnberg, INSEK „Digitales Nürnberg“
Zur Bündelung einzelner Fachstrategien, der
Bildung eines Organisationsrahmens, der
Vernetzung der Stadtgesellschaft und der
Einbindung der Öffentlichkeit entwickelte die
Stadt Nürnberg eine Dachstrategie in Form
des integrierten Stadtentwicklungskonzep-
Die Datenschutzgrundverordnung bildet seit Mai 2018 den rechtlichen Rahmen
für die Verarbeitung und Gewährleistung einer angemessenen Sicherheit im
Umgang mit personenbezogenen Daten.
tes (INSEK) „Digitales Nürnberg“. Zentrales
Anliegen ist es dabei, den Einfluss der
Digitalisierung sowie den effizienten Einsatz
digitaler Instrumente in der Stadtentwicklung
Smart City Charta
lich frei verfügbare Erfassungsprogramme
Öffentlichkeit in Planungs- und Entschei
Die 2017 auf Bundesebene in Zusammenar
(OpenSource), bei der Bestandsanalyse oder
dungsprozesse eingebunden, Transparenz
beit u. a. mit den Kommunen und Ländern
einer Bedarfsermittlung unterstützen und
geschaffen sowie zur Mitgestaltung ange
entwickelte „Smart City Charta“ bildet einen
z. B. bei der Verortung von Problemstellun
regt werden. Die Kommune nimmt hierbei
Orientierungsrahmen beim Aufbau digitaler
gen im öffentlichen Raum helfen. Die Daten-
eine aktive Rolle ein und stimmt einen gesell
Strukturen auf kommunaler Ebene.
und Entscheidungshoheit sollte auf kommu
schaftlichen Diskurs über die zukünftige
naler Seite verbleiben.
Nutzung und Akzeptanz neuer Technologien
Sie unterstützt dabei, Chancen und Risiken
sowie die Einbindung von nicht technologie
frühzeitig zu erkennen, Fehlentwicklungen
Digitale Bauleitplanung
zu vermeiden, benennt Akteure und gibt kon
Im Bereich der Bauleitplanung kann der Auf
krete Handlungsempfehlungen zur Gestal
bau digitaler Strukturen, u. a. durch Betei
Quartiersbezogene Datenplattformen
tung der digitalen Transformation.
ligungsplattformen oder die Nutzung des
Quartiersbezogene Datenplattformen und
Austauschformates XPlanung dabei unter
Serviceleistungen können den Austausch
Digitales Stadtentwicklungskonzept
stützen, das Verfahren transparenter zu
sowie die gemeinschaftliche Nutzung von
Mit einem ganzheitlichen kommunalen Pla
gestalten, effizienter mit den beteiligten
Diensten und Gütern im Quartier fördern. So
nungsprozess wie der Erstellung oder Aktuali
Akteuren abzustimmen und den Prozess von
kann z. B. die übergreifende Bereitstellung
sierung eines integrierten Stadtentwicklungs
der gemeindlichen Planung bis zur Umset
von Verkehrsdaten sowie alternativer Mobi
konzeptes können Leitbilder, Handlungsfelder
zung des Baurechtes zu beschleunigen.
litätsformen die Wahl des Verkehrsmittels
und Indikatoren für den Einsatz digitaler Tech
Das Format XPlanung gewährleistet dabei den
und die Auslastung einer Mobilitätsstation im
nologien identifiziert und definiert werden.
verlustfreien Austausch von Bauleit-, Raum
Quartier unterstützen.
Bereits existierende Anwendungen oder Stra
ordnungs- und Landschaftsplänen sowie die
tegien der kommunalen Fachbereiche können
internetgestützte Bereitstellung
Auf der Grundlage
von Pläneneines Wettbewerbsergebnisses
Ein intelligentes Stromnetzentstand
kann auf Basis der
mit dem Ziel des Wissensaustauschs und der
und ermöglicht die planübergreifende
der multifunktional
Auskonzipiert
Verbrauchs„Haidpark“
undinProduktionsdaten
Neutraubling. Alsden Ener
Nutzung von Synergieeffekten zusammenge
wertung und Visualisierung
attraktiver
von Planinhalten.
urbaner Grünraum
giekreislauf
dient ereffizient
als Freifläche
steuern
und
und
bietet
Emissionen
fasst und koordiniert werden.
affinen Bürgerinnen und Bürgern an.
ökologische Ausgleichsflächen.
reduzieren.
Informations- und Beteiligungsportal
Dabei kann die Erhebung und Nutzung von
Über die Entwicklung eines zentralen Infor
Daten, wie beispielsweise durch öffent
mations- und Beteiligungsportals kann die
INSTRUMENTE
zu eruieren und zu gestalten.
34
Siedlungsstruktur in Bayern
Qualität durch Vielfalt
Großstadt (>100.000 EW)
Verdichtungsraum
Mittelstadt (20.000 – 100.000 EW)
ländlicher Raum
Kleinstadt (5.000 – 20.000 EW)
Landgemeinde (< 5.000 EW)
35
Siedlungsstruktur in Bayern
3.1 Polyzentrale Siedlungsstruktur
Bayerns 2.056 Städte und Gemeinden bilden eine polyzentrale Siedlungsstruk
tur. Ländliche Räume, Verdichtungsräume und Weltmetropolen prägen das Hei
matbild Bayerns und ergänzen sich in ihrer landschaftlichen, funktionalen und
städtebaulichen Vielfalt, ihren Potenzialen und Herausforderungen. Nachhaltige
städtebauliche Zukunftsstrategien finden auf die jeweils spezifischen strukturel
len Anforderungen zugeschnittene Lösungen, die gleichzeitig die kulturhistori
schen Besonderheiten der Städte und Gemeinden berücksichtigen.
Siedlungsstruktur
Bayerns
Dynamischer
ländlicher
Städte und Gemeinden
Raum – mit Stagnationsund in Bayern
Siedlungsstruktur
Bayerns
Schrumpfungsregionen
Städte und Gemeinden in Bayern
3,2 % 0,4 %
3,2
In besonderer%
Weise
prägt der ländliche Raum Bayern. Er umfasst ca. 90 %
0,4 %
der Landesfläche, hier lebt weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung Bayerns.
Seit einigen Jahren verzeichnen Bayerns ländliche
28 %Räume wieder Wanderungs
gewinne
und
Einwohnerwachstum.
Auch
weil
24,1%
28 %viele „Hidden Champions“
im 24,1%
ländlichen Raum ideale Wachstumsbedingungen gefunden haben, liegt
%
die Zahl der Arbeitsplätze auf Rekordniveau und in vielen 72
Regionen
herrscht
72 %
Vollbeschäftigung.
72,3%
72,3%
Aber der ländliche Raum Bayerns ist keine homogene Gebietskategorie. Das
Wachstum ist ungleich verteilt und neben den vor allem im Einflussbereich der
Metropolen gelegenen boomenden ländlichen Kommunen gibt es nach wie vor
stagnierende und schrumpfende ländliche Räume. Fast 40 % aller Kommunen
im ländlichen Raum sind zwischen 2010 und 2019 geschrumpft, kämpfen gegen
Bevölkerungsstruktur
Bayerns
Bevölkerung
in Bayern
die Abwärtsspirale
aus Einwohnerverlusten,
Kaufkrafteinbußen,
Infrastruktur
Bevölkerungsstruktur
Bayerns
Bevölkerung in Bayern
ausdünnung und
sinkender Anziehungskraft.
Während sich viele Landgemeinden, Klein- und Mittelstädte im ländlichen
17,2%
Raum mit der Bewältigung
des Wachstumsdrucks durch Flächenausweisungen
17,2%
für neue Wohn- und Gewerbegebiete beschäftigen, gehören auch Leerstand,
34,1%
Modernisierungsstau und wegbrechende Angebote zu den Herausforderungen
34,1%
44 %
56 %
in Bayerns ländlichen Räumen.
22,5%
44 %
56 %
22,5%
Verdichtungsraum in Bayern: fast ausnahmslos wachstumsstark
26,2%
26,2%
Auf etwa einem Zehntel der Landesfläche um die acht Großstädte Bayerns
konzentrieren sich 44 % der Bevölkerung und mehr als die Hälfte aller sozial
versicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Die Verdichtungsräume sind der Motor
der dynamischen Entwicklung in Bayern.
Einwohnerzahl
Das Einwohnerwachstum
war mit + 6,7 % zwischen 2010 und 2019 mehr als
Einwohnerzahl
Verdichtungsraum
100.000 und mehr
doppelt
so
hoch
wie
im
ländlichen
Raum. Es wird
nicht nur durch Wanderungs
Verdichtungsraum
100.000
mehr
ländlicher Raum
20.000 –und
99.999
gewinne, sondern auch durch Geburtenüberschüsse gespeist. Wegen der be
ländlicher Raum
20.000
99.999
5.000 ––19.999
reits erreichten
Siedlungsdichte und der anhaltenden Entwicklungsimpulse
5.000
–Teile
19.999
weniger
als 5.000
sind weite
des Verdichtungsraums in Bayern auch von negativen Auswir
weniger
als
5.000
kungen des Wachstums geprägt. Hohe Miet- und Kaufpreise, Engpässe auf
dem Wohnungsmarkt und Verkehrsinfrastrukturen am Rande ihrer Leistungs
fähigkeit sind u.a. die Folgen.
Anzahl der Kommunen mit
Anzahl
der Kommunen-mit
Einwohnerwachstum,
verlust nach Raumtyp
Einwohnerwachstum, - verlust nach Raumtyp
100 %
100 %
80 %
80 %
857
857
201
201
60 %
60 %
1134
1134
224
224
40 %
40 %
20 %
20 %
0%
0%
922
922
74
74
2000 – 2010
642
642
51
51
2010 – 2019
2000 – 2010
2010 – 2019
ländlicher Raum wachsend
ländlicher
ländlicher Raum
Raum wachsend
schrumpfend
ländlicher Raum schrumpfend
Verdichtungsraum wachsend
Verdichtungsraum
Verdichtungsraum wachsend
schrumpfend
Verdichtungsraum schrumpfend
Entwicklung der Einwohnerzahl
Entwicklung
der Einwohnerzahl
in % nach Raumtyp
in % nach Raumtyp
7
7
6
6,7
6,7
5,9
5,9
6
5
5
4
4
3
3,0
3,0
3
2
2
1
1
0
0
0,1
0,1
2000 – 2010
2010 – 2019
2000 – 2010
2010 – 2019
Verdichtungsraum
Verdichtungsraum
ländlicher Raum
ländlicher Raum
3
36
Die polyzentrale Siedlungsstruktur: das leistungsfähige Rückgrat
von ländlichem Raum und Verdichtungsraum
Mit ihren landschaftlichen, kulturhistorischen, funktionalen und städtebaulichen
Besonderheiten bilden die 2.056 Städte und Gemeinden die heterogene, poly
zentrische Siedlungsstruktur Bayerns. 44 % der Bevölkerung Bayerns wohnt in
Verdichtungsräumen, 56 % im ländlichen Raum.
Etwa 60 % der bayerischen Bevölkerung lebt in Landgemeinden und Kleinstädten
bis 20.000 Einwohner, die insgesamt mehr als 96 % der bayerischen Kommunen
ausmachen. In den Mittel- und Großstädten leben etwa 40 % der Bevölkerung.
Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur Bayern
67 8
6
KT
UR
23
U
R
H TUNGSR A
56 %
RD I C
44 %
VE
R
VE
KT
UM
UM
UN
D I CH T GSR A
ERUNGSSTRU
D L I CH ER RU A M
D L I CH ER RU A M
87 %
V
K
ÖL
LÄN
LÄN
13 %
%
BE
49
E
17
%
SI
DL
UNGSSTRU
34
26
85
Verdichtungsraum
ländlicher Raum
20.000 – 99.999
AN
N
ZAH
L D ER GE M EINDE
5.000 – 19.999
.4
100.000 und mehr
%
%
Einwohnerzahl
1
AN
TEIL
DER BEVÖLKERU
NG
weniger als 5.000
Datenquelle: LfStat 2019
Großstadt
Mittelstadt
Kleinstadt
Landgemeinde
Gemeindegröße, Lage und Funktion: bedeutsame Einflüsse für die städte
baulichen Aufgaben einer Gemeinde
Die Großstadt steht vor anderen städtebaulichen Herausforderungen als eine
Landgemeinde oder Kleinstadt. Insbesondere nimmt die Komplexität der städte
baulichen Aufgabenstellungen mit der Stadtgröße zu.
Aber auch die Lage einer Kommune ist entscheidend. So kommen Klein- und
Mittelstädten im Verdichtungsraum wichtige Entlastungsaufgaben zu, die ge
eignete städtebauliche Strategien der Zentren-, Wohn- und Gewerbestandor
tentwicklung erfordern. In der Peripherie des ländlichen Raums übernehmen
Klein- und Mittelstädte dagegen wichtige Bündelungsfunktionen und stemmen
sich in einigen Teilräumen mit städtebaulichen Zukunftsprojekten gegen die
Auszehrung des sie umgebenden ländlichen Raums.
Siedlungsstruktur in Bayern
3.2 Spezifische städtebauliche Heraus
forderungen nach Gemeindetyp
Robuster Städtebau, der auf lange Zeit hin Bestand hat und seine gewünschte
Funktion erfüllt, nimmt in besonderer Weise Bezug auf die individuelle Situation
der Gemeinde: auf ihre städtebauliche Grundstruktur, baukulturelle Charakte
ristika oder auch sozialstrukturelle Besonderheiten. Die hohe Bedeutung lokal
angepasster Strategien lässt Generalsierungen nicht zu. Und trotzdem: Grund
sätzliche Unterscheidungen im Hinblick auf ihre spezifischen städtebaulichen
Herausforderungen können z. B. zu Landgemeinden, Klein-, Mittel- und Groß
städten getroffen werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass natürlich viele
Einflussfaktoren alle Gemeinden gleichermaßen betreffen (vgl. dazu 2. Städte
bauliche Schwerpunktthemen), ggf. erfordern sie unterschiedliche städtebau
liche Antworten. Das gilt z. B. für den demografischen Wandel, der kleine wie
große Kommunen vor die Herausforderung stellt, für eine alternde und bunter
werdende Gesellschaft planerisch Vorsorge zu treffen.
Auch für den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung trifft dies zu, da alle
Kommunen gleichermaßen vor der Herausforderung stehen, die Energiewen
de zu gestalten und sie gezwungen sind, auf zu erwartende Hochwasser- oder
Hitzeereignisse zu reagieren.
Landgemeinde
Bayern ist ein Land kleiner Gemeinden. 78 % der Gemeinden im ländlichen Raum
haben weniger als 5.000 Einwohner, im Verdichtungsraum sind es 34 %. Wäh
rend die kleinen Gemeinden im ländlichen Raum eine im landesweiten Vergleich
durchschnittliche Einwohnentwicklung aufweisen, verzeichnen sie im Verdich
tungsraum teilweise sehr starke Zuwächse. Im Umland von München gibt es
Kommunen, die ihre Einwohnerzahl in den letzten 40 Jahren vervielfacht haben.
Das Zentrum leidet, der Siedlungsrand wächst: Kampf dem Donut-Effekt
iele kleine Gemeinden leiden in den letzten Jahrzehnten zunehmend unter
V
einem sogenannten „Donut-Effekt“: Während ihr Zentrum an Bedeutung ver
liert und Leerstände zunehmen, nehmen die Entwicklungsimpulse an den Sied
lungsrändern zu. Folgende Entwicklungen von Zentrum und Siedlungsrand sind
dafür mitverantwortlich:
as Zentrum steht unter Druck: Wichtige Funktionen der Daseinsvorsorge
• D
befinden sich im Zentrum, im Idealfall im Rathaus, in der Kirche und kulturel
len Treffpunkten, die sich um den zentralen öffentlichen Raum anordnen. Die
Bausubstanz ist hier meist kleinteilig und die Grundstückszuschnitte haben
sich über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte entwickelt. Die kontinuierliche
Transformation ging vielfach mit erheblichen Um- und Anbauten einher. Eine
zeitgemäße Weiterentwicklung dieses Zentrums u.a. mit Umnutzung und
Nachverdichtung erfordert häufig veränderte Grundstückszuschnitte, die zu
sammen mit der kleinteiligen Eigentümerstruktur ein Entwicklungshindernis
des dörflichen Zentrums mit sich bringen kann.
eubauflächen am Siedlungsrand machen Konkurrenz: Werden von Kom
• N
munen erschlossene Flächenangebote für Wohn- oder Gewerbenutzungen
am Siedlungsrand geschaffen, kann dies die Entwicklungsmöglichkeiten des
Zentrums benachteiligen. In der Konsequenz kann nicht nur der Kern ver
öden, sondern perspektivisch auch die um den Kern herum liegenden Zonen,
die meist mit älteren Einfamilienhäusern oder ehemals landwirtschaftlich ge
nutzten Gebäuden besiedelt sind.
37
3
38
Fuchsmühl, Markthaus
Auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie
wurde das Markthaus in der Gemeinde
Fuchsmühl mit den Freianlagen umgesetzt
Vorrangig gilt es, die vorhandenen Potenziale (Baulandreserven, Nachverdich
tung, Brachflächen und leerstehende Bausubstanz) in den Siedlungsgebieten
durch einen sensiblen Erneuerungsprozess zu aktivieren und flächensparende
Siedlungs- und Erschließungsformen umzusetzen. Grundlage einer städtebau
lichen Strategie bildet ein verbindlich beschlossenes Städtebauliches Entwick
lungskonzept, das mit dem Ziel der konsequenten Konzentration von Entwick
lungsimpulsen auf den Kern, Maßnahmen zur Sicherung des Ortsmittelpunkts
als Versorgungsstandort vorbereitet und die Akzeptanz und Mitwirkung der
Bürger und Eigentümer generiert.
Praxisbeispiel: Markthaus Fuchsmühl
Die Vitalität einer kleinen Gemeinde hängt wesentlich von der Sicherung
einer wohnortnahen Versorgung ab. Das oberpfälzische Fuchsmühl hat bür
gerschaftliche, unternehmerische und interkommunale Potenziale gebündelt,
um 2014 ein im Zentrum, in direkter Nachbarschaft zur Kirche gelegenes,
leer stehendes Gebäude zu erwerben und zu einem „Markthaus“ umzunut
zen. Die Umnutzung schaffte Raum für einen Metzger, einen Dorfladen, eine
Steuerkanzlei, für die Geschäftsstelle des Naturparks Steinwald und des Bund
Naturschutzes sowie für einen Geldautomaten der örtlichen Sparkasse und ist
heute wichtiger Identifikationsort von Fuchsmühl.
Kleinstadt
Karlsfeld, „Neue Mitte“
In der Stadt Karlsfeld fehlte bislang ein
identitätsstiftendes Ortszentrum für die
Bewohnerschaft. Dieses konnte 2016 mit
der „Neuen Mitte“ ergänzt werden.
In den 496 bayerischen Kleinstädten wohnen 34 % der Bayerischen Bevölke
rung. 356 Kleinstädte befinden sich im ländlichen und 140 Kleinstädte in den
Verdichtungsräumen. In ländlichen Regionen sollen diese Kommunen mit
5.000 bis 20.000 Einwohnern wichtige regionale Versorgungsfunktionen über
nehmen. In Verdichtungsräumen hingegen werden die Funktionen wesentlich
auch von der Entwicklung einer Kernstadt mitbeeinflusst.
In der Ortsmitte entscheidet sich die
Zukunft der Kleinstadt
Die Vitalität einer Kleinstadt hängt von ihrer
Ortsmitte ab. Weist der Kern eine hohe Anzie
hungskraft als Versorgungs-, Dienstleistungs-,
Freizeit- und Wohnstandort auf, so strahlt das
häufig auf die gesamte Entwicklung der Ge
meinde aus. In Regionen, die von Schrumpf
ungsprozessen und einem Einzelhandelsrück
gang betroffen sind, gehen insbesondere im
Kern der Kleinstädte häufig wichtige Bünde
lungsfunktionen verloren. Besondere städte
bauliche Aufgabe ist es, Investitionsimpulse
in der Ortsmitte zu zentrieren und mit Einzel
handelsangeboten, Gastronomie und Kino, ggf.
Schulen und Hochschule sowie innerstädti
schem Wohnen die Mitte neu zu beleben. Wo
das gelingt, entwickelt sich mit einer angemes
senen Dichte bei gleichzeitig geringer räumli
cher Ausdehnung eine besondere Form „über
schaubarer“ Urbanität.
Siedlungsstruktur in Bayern
39
Kleinstädte in peripherer Lage mit ihrer Aufgabe
der Bündelung von Funktionen für die Region
stehen vor der Herausforderung, eine beste
hende Ortsmitte zu einem urbanen, multifunk
tionalen Zentrum weiterzuentwickeln.
Ganz anders ist die Situation von Kleinstädten
rund um die Ballungszentren, wie beispielswei
se München, Nürnberg, Regensburg oder Ingol
stadt. Der hohe Wachstumsdruck führt zu hoher
Nachfrage, insbesondere von Wohnraum in den
suburban gelegenen Kleinstädten. Das Einwoh
ner- und Flächenwachstum ist hoch. Die beson
dere Herausforderung liegt darin, dem Wachs
tum eine zukunftsfähige städtebauliche Ordnung
zu geben. Damit einher geht in der Regel ein
Klärungsprozess, welche Rolle die Kommune
jenseits des Wohnentlastungsstandortes für die
Kernstadt übernehmen will. Das durch den Ein
wohnerzuwachs verursachte Flächenwachstum
hat die – oft dörfliche – städtebauliche Grundstruktur überformt und zur Folge,
dass vielen dieser Stadtrand-Kleinstädte eine städtebauliche Mitte fehlt, in der
Funktionen gebündelt sind und mit der sich die Bewohner identifizieren. In die
sen Kommunen können neue Ortsmitten die städtebauliche Antwort sein.
Tirschenreuth, Innenstadt
Mit der Neugestaltung des Stadtteiches als
innenstadtnaher Erholungsbereich sowie der
Umgestaltung des zentralen Marktplatzes
(siehe unten) konnte die Stadt Tirschenreuth
Praxisbeispiel: Schaffung „Neuen Mitte“ in Karlsfeld
attraktive Aufenthaltsräume für ihre Bürgerinnen und Bürger schaffen
Die Einwohnerzahl von Karlsfeld im Landkreis Dachau ist zwischen 1970 und
2019 um 80 % gestiegen. Weil der Stadt ein identifizierbares Zentrum fehlte,
hat Karlsfeld als Scharnier zwischen dem Altort und einer neu geschaffenen
Wohnsiedlung im Jahr 2016 eine „Neue Mitte“ realisiert. Dort sind neben einem
Marktplatz als Begegnungsraum, auch Einzelhandel, eine Gaststätte und ein
Kindergarten entstanden. Der sehr urban wirkende Entwurf nimmt Bezug auf
die in der Nachbarschaft entstandenen Neubauten.
Praxisbeispiel: Transformation der Alten Mitte in Tirschenreuth
Der Einzelhandel am prägnanten, historischen Marktplatz – 45 m breit und 230 m
lang – kämpfte seit Anfang der 2000er Jahre um seine Wettbewerbsfähigkeit.
Da entschied der Stadtrat, nach erheblichem Widerstand durch einen Bürgerent
scheid bestätigt, die umfassende Umgestaltung des Marktplatzes. Aus einem
vom (ruhenden) Verkehr geprägten Raum wurde ein attraktiver Aufenthaltsort
mit Promenade in seiner Mitte. Diese Neuposi
tionierung hat einen zentralen Begegnungsraum
für die Stadtbevölkerung und einen attraktiven
Rahmen für Einkauf und Gastronomie geschaf
fen. Ergänzt wird diese Zentrenstärkung durch
hochwertige Wohnangebote im Neu- und Altbau
in unmittelbarer Nähe, durch ein Museumsquar
tier und die fußläufige Erschließung einer Teich
landschaft als Erholungsraum. Mit der Integra
tion der Neuansiedlung einer Außenstelle der
Hochschule Nürnberg im Fach Soziale Arbeit im
Altbauquartier erfolgt eine weitere Belebung, die
den Eindruck einer spezifischen Kleinstadt-Urba
nität vermittelt.
3
40
Mittelstadt
Bayern verfügt über 66 Mittelstädte mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern, die
sich hälftig auf den ländlichen Raum und den Verdichtungsraum verteilen. Die
Einwohnerentwicklung der Mittelstädte liegt über dem bayerischen Durch
schnitt. Besonders günstige Entwicklungen weisen die neun großen Mittel
städte mit über 50.000 Einwohnern auf.
Mittelstädte als attraktiver Kompromiss zwischen Überschaubarkeit
und urbaner Dichte
Bayreuth, St. Georgen
Die Stadt Bayreuth hat für den Stadtteil
Stadtstrukturell sind Mittelstädte nicht so stark auf das Zentrum ausgerich
tet und von dessen Impulswirkung nicht so abhängig wie die Kleinstadt von
ihrer Ortsmitte. Gleichzeitig sind die Stadtstrukturen der Mittelstadt nicht so
komplex ausdifferenziert in Stadtteile oder auch Zentrenhierarchien wie in
Großstädten. Viele mittelgroße Städte verbinden für ihre Bewohner in attrak
tiver Form Überschaubarkeit und Nachbarschaft mit urbaner Bündelung und
Funktionsdichte. Befragungen belegen, dass die Wohnzufriedenheit in diesem
Stadttyp hoch ist. Dies liegt unter anderem auch daran, dass sich viele Mittel
stadt-Bewohner Wohneigentum leisten können. Auch die günstige wirtschaft
liche Lage mit wachsender Anzahl von Arbeitsplätzen in bayerischen Mittel
städten steigert deren Attraktivität.
St. Georgen einen Rahmenplan mit Darstellung von Entwicklungsschwerpunkten erstellt
Lebendige Nebenzentren sichern die Anziehungskraft der Mittelstadt
Die städtebauliche Herausforderung für Mittelstädte liegt also gerade darin,
überschaubare Stadtstrukturen zu schaffen, die gleichzeitig urbane Funktions
dichte gewährleisten. Dies kann insbesondere dann gelingen, wenn neben ei
ner lebendigen City nutzungsgemischte Nebenzentren entwickelt werden, die
dem Bewohnerinteresse nach überschaubarer Urbanität entgegenkommen.
Viele Mittelstädte in Bayern haben die Investitionsimpulse und Flächenpoten
ziale der jüngeren Vergangenheit zur Weiterentwicklung von Nebenzentren
genutzt. Bei einem Teil davon handelt es sich um Stadterneuerungsprojekte,
in deren Rahmen Bestandsquartiere zu attraktiven Subzentren weiter quali
fiziert werden. Diese Qualifizierung nimmt viel Zeit in Anspruch, weil sie nur
in enger Kooperation mit Eigentümern gelingt und teilweise Grundstücksneu
ordnungen erfordert. Der Wachstumsdruck in vielen Mittelstädten führt aber
auch dazu, dass neue Stadtteile – häufig durch Umnutzung von Brachflächen
– entstehen. Den Planungen für diese neuen Stadtviertel ist der Anspruch zu
entnehmen, nicht nur Wohnquartiere, sondern auch nutzungsgemischte Are
ale zu entwickeln.
Praxisbeispiel: Qualifizierung eines Nebenzentrums im Bestand –
Bayreuth St. Georgen mit Wohnsiedlung „Insel“
Das Zentrum des Bayreuther Stadtteils St. Georgen ist von einem weitgehend
erhaltenen, barocken Straßenmarkt geprägt. In Nachbarschaft dazu haben sich
Anfang des 20. Jahrhunderts Industrieunternehmen angesiedelt. In der Folge
wurden für deren Arbeiter in den 1930er Jahren Einfachstwohnungen in der
Wohnsiedlung „Insel“ zwischen dem Straßenmarkt und den Industrieunterneh
men, errichtet. Die Industrieareale fielen in den 1990er Jahren brach und die
273 Wohnungen im Eigentum der städtischen Wohnungsgesellschaft waren
sanierungsbedürftig. Anfang der 2000er Jahre entwarf die Stadt Bayreuth ei
nen umfassenden Erneuerungsprozess, bei dem die Wohnsiedlung innerhalb
von 15 Jahren durch Sanierung sowie Rück- und Neubau ein völlig neues Ge
sicht erhalten hat. Eine Reduzierung der Wohneinheiten schaffte großzügiges
wohnungsnahes Grün, zwei kleine Parkanlagen entstanden auf ehemaligen
Siedlungsstruktur in Bayern
41
Industrienutzungen, in die alte Schokofabrik zog ein selbst
organisiertes Kulturzentrum mit Skaterhalle ein. Die Auf
enthaltsqualität des barocken Straßenmarktes wurde ver
bessert und Eigentümer durch finanzielle Förderung an
geregt, in die historische Bausubstanz zu investieren. Mit
Einsatz der kommunalen Wirtschaftsförderung konnte der
Standort für Einzelhandel und Kleingewerbe gesichert wer
den. Auf der Basis eines integrierten Konzeptes ist es in St.
Georgen gelungen, ehemals wenig verbundene Industrieund Wohngebiete mit einem barock geprägten Quartier zu
einem nachgefragten, nutzungsgemischten Wohnstand
ort weiterzuentwickeln.
Praxisbeispiel: Neubau eines neuen Stadtviertels
als Nebenzentrum – Landsberg am Lech
Von der Innenstadt von Landsberg am Lech durch den Fluss getrennt, wur
den auf einem Industrieareal von 5,7 ha ehemals Papier geschürft, danach
über 100 Jahre Landmaschinen gebaut. Seit Aufgabe der letzten indus
triellen Nutzung 2011 plant die Stadt mit einem Investor „urbanes Leben
am Papierbach“. 16 Wettbewerbsverfahren haben unter intensiver Beteiligung
der Bürgerschaft zu einem Konzept geführt, das mit 600 Wohneinheiten, Nah
versorgung, Gewerbe, einem Boardinghaus und zwei Kindertagesstätten ein
nutzungsgemischtes Stadtquartier zum Ziel hat. Multimodale Mobilitätsange
bote und ressourcenschonende Energieversorgung leisten einen zeitgemäßen
Beitrag zum Klimaschutz. Das Quartier am Papierbach, seit 2018 im Bau, wird
in Zukunft durch eine Rad- und Fußgängerbrücke mit der historischen Altstadt
von Landsberg verbunden. Das moderne nutzungsgemischte Stadtviertel er
gänzt neue Angebotsformen urbanen Lebens in der von starkem Wachstum
geprägten Mittelstadt.
Landsberg am Lech, Quartier am Papierbach
In den Visualisierungen sind die Ideen für das
neue Stadtquartier in Landsberg am Lech dar
gestellt. Im Baufeld A1 (siehe unten) soll ein
Gebäude als markanter Kopfbau mit sieben
Geschossen und einem zweigeschossigen
Zwischenbau entstehen. Darin sollen 14 Woh
nungen, zwei Gewerbeeinheiten sowie die
Energiezentrale, welche künftig das gesamte
Quartier mit Wärme versorgt, untergebracht
werden. Im nördlichen Abschnitt des Bau
feldes werden weitere 48 Wohnungen und
9 Gewerbeeinheiten entwickelt.
3
42
Großstadt
Augsburg, Sheridan Kaserne
Mit den Ergebnissen einer Bürgerwerkstatt
wurde der Prozess zur Umnutzung des
ehemaligen, ca. 70 ha großen Militärareals
Während die acht Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, davon München
und Nürnberg mit mehr als 500.000 Einwohnern, noch bis in das Jahr 2000
deutlich an Einwohnern verloren haben, konnten sie in den vergangenen Jahren,
insbesondere seit 2010, ein besonders starkes Wachstum verzeichnen. So stieg
die Zahl der Einwohner zwischen 2010 und 2019 beispielsweise in Regensburg
um mehr als 12 % und die Arbeitsplätze in Ingolstadt um mehr als 30 %. Heute
lebt knapp ein Viertel der Bevölkerung in den bayerischen Großstädten. Mit der
spezifischen Dichte, der engen Vernetzung mit dem Umland und der Konzentra
tion von fachlichen wie wirtschaftlichen Mitteln bestehen hohe Potenziale, neue
innovative Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen.
in der Stadt Augsburg eingeleitet
Das obere Luftbild zeigt die Bebauung im
Jahr 2005, auf dem unteren Foto ist die
Bebauung im Jahr 2020 dargestellt
Mit Blick auf das anhaltende Wachstum ist es eine besondere Herausforde
rung, bezahlbaren Wohnraum in Städten zu schaffen, in denen kaum noch un
bebaute Flächen zur Verfügung stehen und Flächenbedarfe und Kapitalinteres
sen miteinander konkurrieren.
Kreativität bei der Umnutzung und Nachverdichtung
Flächenbedarfe können in den Großstädten fast nur noch durch Umnutzung
und erhöhte Nutzungsdichte gedeckt werden. Im Hinblick auf Umnutzungs
potenziale boten die Umstrukturierungsprozesse bei der Bundeswehr und
der Abzug der alliierten Streitkräfte in den letzten 30 Jahren große Flächen
potenziale durch Konversion ehemals militärisch genutzter Flächen.
Nahezu jede bayerische Großstadt hat davon profitiert, ebenso von der Auf
gabe von Güterarealen, Gleisen und teilweise Bahnhöfen der Deutschen
Bahn. Diese Umstrukturierungsprozesse sind aber nahezu abgeschlossen.
Siedlungsstruktur in Bayern
43
In Zukunft werden Umnutzungen gewerblich
und industriell genutzter Flächen konsequen
ter auf den Prüfstand zu stellen sein.
Die Umnutzungsaufgabe wird mühsamer und
kleinteiliger. Ebenso mühsam und kleinteilig ist
die Suche nach Nachverdichtungspoten
zialen:
Welche Nutzungen sind ergänzbar durch Aufsto
ckung von einstöckigen Einzelhandelsbauten?
Welche Zusatzflächen sind durch Überbauung
von Parkplätzen erschließbar? Vertragen Wohn
siedlungen der Nachkriegszeit Ergänzungs
bauten oder Aufstockung? Flächenpotenziale
sind ggf. auch erschließbar durch eine andere
Organisation der Nutzung. So wird in der Res
trukturierung von industrieller Produk
tion auf
mehreren Stockwerken schon lange eine große
Chance für „urbane Produktion“ gesehen. Dafür finden sich aber bislang nur
wenige Beispiele. Flächen sind aber auch da erschließbar, wo dem PKW weni
ger Platz eingeräumt wird.
München, Schwabinger Tor
Die Gewerbekonversion mit fast 5 ha wurde
über einen städtebaulichen Wettbewerb wei
terentwickelt und ein gemischtes Quartier mit
Die bei Neubauvorhaben zunehmend eingesetzten Mobilitätskonzepte als Kom
pensation für Stellplatznachweise können Stellplatzflächen erheblich reduzieren,
die dann wiederum für eine produktivere Flächennutzung zur Verfügung stehen.
Statt großer Umnutzungspotenziale sind in der Großstadt für die Zukunft also
eher kleinteilige Strategien der Nachverdichtung zu erwarten. Die städtebau
lich-funktionalen Fehler, die man in den 1960er und 70er Jahren gemacht hat, als
man „Urbanität durch Dichte“ zum Leitbild erhob, müssen bei heutigen Nach
verdichtungsansätzen natürlich vermieden werden.
einer dichten Bauweise (GFZ 2,8) realisiert
München, Wohnen am Dantebad
Durch die Überbauung eines öffentlichen
Parkplatzes konnten in München 100 zusätz
liche Wohnungen geschaffen werden
Praxisbeispiel: Verdichtung durch Überbauung eines
öffentlichen Parkplatzes
Flächenpotenziale im dichten Gebäudebestand zu erschließen, erfordert Krea
tivität. Am Münchner Dantebad wurde eine bereits versiegelte Fläche doppelt
genutzt. Auf einem 4.200 m² großen Parkplatzareal wurde ein knapp 110 m lan
ger und rund 12 m tiefer viergeschossiger Holzhybridbau mit einer nach Süden
orientierten Laubengangerschließung auf Ständern erstellt. 100 Wohnungen
entstanden und 107 von ehemals 111 Stellplätzen blieben erhalten. Das Haus
berührt den Grund nur mit zwei Treppenhäusern und den beiden Kopfbauten mit
Technik- und Lagerräumen.
Nürnberg, Nachverdichtung
Im Rahmen der Aufstockung eines inner
städtischen, teilzerstörten Mehrfamilien
hauses wurde auch ein integrierter urban
Rooftop Garden geschaffen
3
44
Praxisbeispiele
Vom Konzept zur
Umsetzung
Praxisbeispiele
Gute Beispiele können kommunalen Praktikern aus Verwaltung und Politik hilf
reiche Anregungen für städtebauliche Problemlösungen liefern. Das folgende
Kapitel enthält daher Praxisansätze aus 20 bayerischen Kommunen oder inter
kommunalen Kooperationen, in denen jeweils spezifische Aufgabenstellungen
des Städtebaus beispielhaft gelöst wurden. Diese Aufgabenstellungen nehmen
Bezug auf die Vielfalt der Themen aus Kapitel 2 und reichen von der Innenent
wicklung über die Digitalisierung bis zur Mobilität.
Die Auswahl der Beispielkommunen berücksichtigt Groß-, Mittel- und Kleinstäd
te, aber auch Landgemeinden. Sie liegen im ländlichen Raum und im Verdich
tungsraum und verteilt über alle Regierungsbezirke. In der Regel werden die
kommunalen Praxisansätze auf zwei Seiten vorgestellt und ihre Erfahrungen
wenn möglich in einem Schaubild verdeutlicht. Die Dokumentation von drei Ge
meinden – Buch am Erlbach, Freyung und Schweinfurt – erfolgt ausführlicher,
weil sie umfassendes Material für die Vorstellung integrierter Städtebaustrate
gien über einen längeren Zeitraum bieten. Die ausführliche Praxisdokumenta
tion hat zum Ziel, Anregungen aus Kommunen in Bayern für den Erfahrungs
transfer bzw. auch zur Weiterentwicklung aufzuzeigen.
45
4
46
Buch am Erlbach
Demografiegerechte
Ortsentwicklung
Ein Integriertes Entwicklungskonzept schafft die Grundlage
Ländlicher Raum
Grundzentrum
Einwohner (2019): 3.980
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: + 23,3 %
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
In räumlicher Nähe zum Verdichtungsraum München und zur Stadt Landshut
gelegen, muss Buch am Erlbach trotz eines Einwohnerwachstums dem demo
grafischen Wandel begegnen. Viele junge Menschen aus der Altersgruppe 18
bis 25 Jahre wandern ab, Wanderungsgewinne gibt es vor allem bei älteren Ge
nerationen. Die Folge: Die Bedarfe an altersgerechtem Wohnraum nehmen zu,
während gleichzeitig der Rückgang der jüngeren Bevölkerung die Tragfähigkeit
von Bildungseinrichtungen gefährdet.
Die Gemeinde entschied sich 2012, unter intensiver Bürgerbeteiligung, das
Integrierte Entwicklungskonzept „Demografiegerechtes Buch am Erlbach“ zu
erarbeiten. In einer Auftaktveranstaltung, zwei Zukunftskonferenzen, zwei Orts
spaziergängen, einem Runden Tisch und zwei Expertenrunden waren die Bür
gerinnen und Bürger aufgefordert, die Zukunft von Buch am Erlbach aktiv mit
zugestalten und machten davon intensiv Gebrauch. Dabei wurde klar, dass die
unterschiedlich strukturierten Teilräume der Gemeinde passgenaue Strategien
erfordern. Beispielhaft wurden drei Strukturtypen detailliert betrachtet, deren
Defizite ermittelt und – darauf aufbauend – Ziele und Maßnahmen definiert:
Im Ortskern von Buch am Erlbach, der sich entlang der Hauptstraße entwickelt
hat, konzentrieren sich Einzelhandels-, Gastronomie- und Gesundheitsangebote.
Auch Schule, Kindergarten, Seniorenzentrum und Sportanlagen liegen in unmit
telbare Nähe zur Hauptstraße. Allerdings gibt es keine wahrnehmbare Ortsmitte
und es mangelt an öffentlichen Begegnungsorten. Das Entwicklungsziel lautet
daher: Die Gemeinde benötigt eine barrierearme, soziale und kommunikative
Mitte mit Begegnungsorten hoher Aufenthaltsqualität für alle Menschen. Auch
um die Versorgungsangebote zu halten, sollte sich die bauliche Entwicklung in
Zukunft auf den Ortskern konzentrieren und wichtige Gebäude und Grünstruk
turen gesichert werden.
Die Einfamilienhaussiedlung am Einberg wurde in den 1970er Jahren er
richtet, unweit vom Ortskern entfernt. Die Bausubstanz ist in energetischer,
struktureller und funktionaler Hinsicht nicht mehr zeitgemäß. Die Gemeinde
Praxisbeispiele
Buch am Erlbach – Demografiegerechte Ortsentwicklung
47
Unsere strategische Antwort auf den demografischen
Wandel in unserer Landgemeinde lautet: Integrierte und
flexible Lösungen umsetzen. Konkret heißt das u.a.: neue
Wohnformen, lebendige Ortsmitte, Generationspark,
MINT-Werkstätten in der Grundschule.
Franz Göbl, Erster Bürgermeister a. D., Buch am Erlbach
hat sich entschieden, den Generationswechsel zu unterstützen. Einzelnen Ei
gentümern vermittelt sie daher Anregungen, Häuser zu teilen und barrierefrei
zu gestalten. Eine Umzugsbörse soll helfen, altersgerechte Wohnalternati
ven in Buch am Erlbach zu finden. Kaufinteressenten „lockt“ die Gemeinde,
indem sie Erschließungsstraßen saniert und bislang fehlende öffentliche Räu
me zur Begegnung plant.
Holzen ist ein Weiler im Außenbereich mit zwei landwirtschaftlichen Betrie
ben ohne Infrastrukturangebote. Um die Kirche St. Michael gruppieren sich die
Hofstellen mit fünf Wohnhäusern. Einzelne Gebäude stehen leer bzw. sind ab
bruchreif. Ziel ist die Bestandssicherung des Weilers unter Berücksichtigung der
betrieblichen Belange und der Vermeidung weiterer baulicher Entwicklungen
über die Ortsränder hinaus. Gestalterische Maßnahmen – beispielsweise im
Bereich der denkmalgeschützten Kirche – könnten das Ortsbild aufwerten und
sinnvoll abrunden.
Lage des Ortskerns, der Eigenheimsiedlung
am Einberg und des Weilers Holzen, für die
das Integrierte Entwicklungskonzept Ziele
und Maßnahmen formuliert
Ortskern
Ziele
• städtebauliche und verkehrliche Neuordnung
• Entwicklung einer erlebbaren Ortsmitte
• Aktivierung der Baupotenzialflächen für diverse Wohntypen
und Mischnutzungen, Nachverdichtung in „zweiter Reihe“
• Sicherung wichtiger Gebäude- und Grünstrukturen
Maßnahmen
• Errichtung eines Generationenparks
• Straßenumgestaltung der oberen und unteren Hauptstraße
• Schaffung einer neuen Ortsmitte
Wohnsiedlung am Einberg
Ziele
• Privater Bereich:
Anpassung von Wohngebäuden und Nachverdichtung
• Öffentlicher Bereich:
u.a. Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur (kurzfristig),
Neuschaffung von Wegeverbindungen (mittelfristig),
Schaffung eines zentralen Platzes (langfristig)
Maßnahmen
• Privater Bereich:
Beratung von Eigentümern
• Öffentlicher Bereich:
Instandsetzung und barrierefreier Ausbau des Straßenraumes
Weiler Holzen
Ziele
• Bestandssicherung unter Berücksichtigung der
landwirtschaftlichen Belange
• Aufwertung des Ortsbildes
Maßnahmen
• gestalterische Maßnahmen im Bereich der Kirche und
an den Ortsrändern
4
48
Demografiegerechtes Buch am Erlbach
Seitdem das Integrierte Entwicklungskonzept 2013 fertig gestellt wurde,
arbeiten Politik, Verwaltung und Bürgerschaft an seiner Umsetzung. Beispiel
haft werden hier vier Maßnahmen beschrieben, die sich strategiekonform im
Bereich des Ortskerns konzentrieren.
Wohnen im Wandel – Buch am Erlbach braucht demografiegerechte
Bauleitplanung
Entwurf der Wettbewerbsgewinner
Eberhard von Angerer, Büro für Architektur
und Stadtplanung + HinnenthalSchaar
Landschaftsarchitekten, München
Eine wichtige Erkenntnis des Integrierten Entwicklungskonzeptes lag darin,
dass in Zukunft ein vielfältigeres Angebot an Wohnformen benötigt wird. Es soll
te möglichst bereits über die Neuausweisung von Baugrundstücken eine hohe
Flexibilität sichergestellt, gleichzeitig aber auch Wohnangebote für umzugswil
lige ältere Personen aus dem Einfamilienhausgebiet am Einberg geschaffen
werden. Die Gemeinde hat daher einen städtebaulichen und landschaftspla
nerischen Realisierungswettbewerb für ein 6 ha großes, zentrumsnahes Areal
ausgelobt. Ziel war es, Wohnungsangebote zu schaffen, die sich den Änderun
gen im Lebenszyklus der Bewohner anpassen können. Gewünscht war auch
ein städtebauliches Umfeld, das Begegnungs- und Aufenthaltsbereiche für ver
schiedene Altersgruppen bietet und trotz der anspruchsvollen Topographie auch
Bewohnern mit Mobilitätseinschränkungen eine gute Vernetzung innerhalb des
Quartiers und mit dem Ortszentrum ermöglicht.
Praxisbeispiele
Buch am Erlbach – Demografiegerechte Ortsentwicklung
49
Der Entwurf des Wettbewerbsgewinners hat die Vorgaben beispielhaft aufge
griffen: Parallel zu einer großzügigen Grünfläche als Zäsur zum Altort ist eine
Haupterschließung ausgebildet, an die sich nach Norden Stiche anfügen. Weil
die Straßen an den Verknüpfungen jeweils versetzt sind, entstehen räumliche
Teilabschnitte mit kleinen Plätzen, die über Treffpunkte mit Spielplätzen mit
einander verbunden sind und gleichzeitig den Zugang zum Grün herstellen.
Die Wohngruppen setzen sich jeweils aus verschiedenen Wohnungs- und Haus
typen zusammen, was eine gute Mischung von Generationen erwarten lässt.
Bauliche Ergänzungen oder Nachverdichtungen sind ebenso möglich wie späte
re Teilungen, wenn z. B. die Kinder ausgezogen sind. Das Grundkonzept wurde
weiterentwickelt, in einen Bebauungsplan überführt und baulich umgesetzt.
Genossenschaft schafft Mehrgenerationenwohnen
In Ergänzung zum städtebaulichen Konzept wurde ein genossenschaftliches
Trägermodell zum Mehrgenerationenwohnen initiiert. Mit einer überregio
nalen, im ländlichen Raum tätigen Genossenschaft wurde eine Wohnan
lage
mit drei Baukörpern um einen Wohnhof errichtet. Das Wohnungsangebot
umfasst Single-Apartments, 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen und großzügige 4- bis
5-Zimmer-Familienwohnungen im geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau.
Dieser Wohnungsmix ist so konzipiert, dass Wohnangebote für verschiedene
Lebensphasen und verschiedene Haushaltstypen vorgehalten werden, ein
schließlich attraktiver Wohnmöglichkeiten für Eigentümer aus dem Einfamili
enhausgebiet am Einberg. Zusätzlich bietet die Wohnanlage gemeinschaftliche
Nutzflächen wie einen Gemeinschaftsraum und Garten.
Mit dem Mehrgenerationenwohnen „Gastorfer
Straße“ setzte die MARO Genossenschaft
für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches
Wohnen eG 26 genossenschaftliche Mietwoh
nungen in verschiedenen Wohnungsgrößen
(1 – 5 Zimmer), davon 16 EOF-geförderte Miet
wohnungen (EOF = Einkommensorientierte
Förderung), um
Impulsprojekt Generationenpark – vom Parkplatz zur Freianlage
für Jung und Alt
Ein attraktiver Ortskern braucht öffentliche Begegnungsorte für alle Genera
tionen. An einem im Zentrum gelegenen Seniorenzentrum wurde daher mit
Unterstützung aus dem Bayerischen Städtebauförderprogramm ein bisher
als Mitarbeiterparkplatz genutztes Gelände in Wert gesetzt. Durch eine Neu
ordnung der Stellplätze wurde Freiraum für eine kleine Parkanlage gewonnen.
Der Holzhäuselner Graben, der zuvor am Rand des Grundstücks verlaufende
und teilweise verrohrte Bachlauf, wurde mäandrierend durch die neue Anlage
verlegt und als zentrales Gestaltungselement genutzt. Gefasst von zwei neuen
4
50
Ein attraktiver Begegnungsort im Zentrum
Buch am Erlbachs – der Generationenpark
Brücken, bildet ein Aufenthaltsbereich den Mittelpunkt der Parkanlage. Die fla
che Uferzone ermöglicht den Zugang zum Wasser.
Mit dem neuen Generationenpark und 15 Infosäulen entlang der Wege, die die
Geschichte des Ortes beschreiben und bei Nacht gleichzeitig die Parkanlage
beleuchten, besitzt Buch am Erlbach seit 2014 ein Aufenthaltsangebot im Zen
trum, das die generationenübergreifende Begegnung der Bürgerschaft weiter
befördert.
„MINT-Werkstatt “ in der Grund- und Mittelschule Buch am Erlbach
Gute Bildung ist ein wichtiges Ansiedlungsmotiv von Eltern mit Kindern. Mit
der 2014 gestarteten und ehrenamtlich betriebenen MINT-Werkstatt ergänzt
Buch am Erlbach bestehende Bildungsangebote und kommt dem Ansatz der
demografiegerechten Gemeindeentwicklung sowie der Vermittlung von digi
talen Technologien nach. Einmal im Monat können Kinder und Jugendliche in
den Bereichen der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik
(MINT) mit beispielsweise kleinen Robotern oder 3D-Druckern experimentie
ren und Projekte entwickeln.
Die MINT-Werkstatt findet jeden dritten Samstag im Monat statt und erfreut
sich mit bis zu 60 Teilnehmern einer großen Beliebtheit. Sie wird durch das gro
ße ehrenamtliche Engagement Einzelner ermöglicht. Das ist ein Beleg dafür,
wie vital kleine Gemeinden im ländlichen Raum sind.
Praxisbeispiele
Buch am Erlbach – Demografiegerechte Ortsentwicklung
51
Von Buch am Erlbach lernen:
Bestandserneuerung und Wohnungsneubau im
System entwickeln!
Anstatt Wohnflächen für Einfamilienhäuser auszuweisen, verbindet
Buch am Erlbach systematisch Bestandserneuerung und Wohnungsneubau.
älteres
Einfamilienhausgebiet
„Empty nesters“
Beratung durch
Kommune
Erwerb
Verkauf
Umbau
Schaffung differenzierter
Wohnangebote im Neubau
urch Beratung werden in den
D
1970er Jahre-Eigenheim-Sied
lungen die kleiner und älter ge
wordenen Eigentümerhaushalte
davon überzeugt, dass je nach
Situation, eine bauliche Anpas
sung ihres Hauses oder ein Um
zug in der Gemeinde eine echte
Alternative sein kann.
urch ein neues Baugebiet am
D
Rande des Ortskerns sowie
Angebote barrierefreier, genos
senschaftlicher Mietwohnungen
und weiterer vielfältiger Mietund Eigentumswohnungsmodel
le wird ein Umzug attraktiv.
Die Beratung jüngerer und grö
ßerer Haushalte mit Interesse
an einem Einfamilienhaus dient
wiederum dazu, Erwerber für
die Bestandsgebäude oder Teile
von ihnen zu gewinnen und den
älteren Eigentümern eine Verän
derung zu ermöglichen.
4
52
Greifenberg
Neues Wohnen auf
dem Land
Greifenberg – eine dynamische Gemeinde in attraktiver Lage
Seit dem Ende der 1980er Jahre ist die Einwohnerzahl Greifenbergs um mehr
als 80 % gewachsen. Ausschlaggebend war die Lagegunst der Gemeinde
40 km westlich von München. Die Siedlungsstruktur ist mit mehr als 90 % aller
Wohngebäude von Ein- oder Zweifamilienhäusern geprägt. An bezahlbarem
Wohnraum, kleineren Wohnungen und flexibel nutzbaren, auch barrierefreien
Wohneinheiten fehlt es.
Ländlicher Raum
Ohne zentralörtliche
Einstufung
Einwohner (2019): ca. 2.260
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 21,1 %
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
(Interkommunale Kooperation
„Ammersee Nord-West“)
Lageplan
Hofhäuser – ein privates Projekt mit Innovationskraft
Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „Hofhäuser Greifenberg“ von einem
privaten Bauherrn im Jahr 2012 auf einem ursprünglich zur Errichtung eines Ein
familienhauses vorgesehenen, 1.000 m² großen Grundstücks entwickelt. Das
Hofhaus-Ensemble setzt einerseits städtebaulich einen neuen, attraktiven Ak
zent und hat gleichzeitig das Wohnangebot im Ort erweitert, indem es gemein
schaftsfördernden Wohnraum für unterschiedliche Haushaltstypen und Alters
gruppen bereitstellt.
Drei Wohnhäuser mit einer Nutzfläche von insgesamt 540 m² gruppieren sich
um einen gemeinschaftlich genutzten Innenhof. Dieser erfüllt nicht nur Erschlie
ßungsfunktionen sondern ist gleichzeitig Aufenthalts- und Kommunikationsort.
Durch eine geschickte Anordnung der dreigeschossigen Gebäude verfügen alle
Häuser rückseitig über geschützte Rückzugsräume mit Loggien und Terrassen.
Verglichen mit einem freistehenden Einfamilienhaus ist der Aufwand für die Er
schließung der Gebäude relativ gering.
Das Sockelgeschoss als Flexibilitätsreserve
Die in leichter Hanglage in Massivholzbauweise errichteten, energieeffizien
ten Hofhäuser ruhen jeweils auf einem massiven, flexibel nutzbaren Sockelge
schoss. Neben der Diele mit Eingang und Treppe zu den oberen beiden Ebenen
befindet sich im Sockel jedes Hauses eine Ausbauoption von etwa 30 m². Sie
steht je nach Bedarf für ergänzende Nutzungen, wie beispielsweise Home-
Praxisbeispiele
Greifenberg – Neues Wohnen auf dem Land
53
4
Office oder als barrierefreie Einliegerwohnung zur Verfügung und trägt damit
zur Anpassungsfähigkeit für unterschiedliche Nutzergruppen oder auch über
mehrere Lebensphasen bei. In der Praxis hat sich dieses Konzepts als tragfähig
erwiesen. In den ersten Jahren hat sich das Gebäudeensemble bereits in meh
reren unterschiedlichen Mieter- und Haushaltskonstellationen bewährt.
Nachverdichtung eines gewachsenen Einfamilienhausgebietes
Damit das Vorhaben einen Beitrag zur Nachverdichtung in einem gewachse
nen Wohngebiet leisten konnte, hat der Gemeinderat eine Abweichung vom
Bebauungsplan beschlossen, u.a. hinsichtlich der internen Abstandsflächen
der Gebäudekörper.
Durch die Gebäudetypologie oberbayerischer Dörfer und die Verwendung regio
naltypischer Baumaterialen fügt sich das Ensemble trotz des experimentellen
Charakters und seiner Dichte gut in das Ortsbild ein. Aufgrund der flächen- und
ressourcensparenden Bauweise, der flexiblen Nutzungsmöglichkeiten und der
Verbindung von gemeinschaftsfördernden Frei- und privaten Rückzugräumen
kann der Ansatz der Hofhäuser speziell in kleineren ländlichen Gemeinden zu
einem zukunftsweisenden, vielfältigeren Wohnangebot beitragen.
In dem derzeit in der Erarbeitung befindlichen interkommunalen Integrierten
Städtebaulichen Entwicklungskonzept der Gemeinde Greifenberg kommt der
Entwicklung vielfältiger Wohnangebote für unterschiedliche Nutzergruppen eine
hohe Bedeutung zu.
Der Innenhof des Wohnhausensembles dient
der Erschließung und kann als Aufenthalts- und
Kommunikationsort genutzt werden
Systemskizze Hofhäuser Greifenberg
Angepasste Nutzungsmöglichkeiten eines Hauses
gemeinschaftlicher Innenhof
Wohnen
+
flexible Nutzung
gemeinschaftlicher Garten
Wohnnutzung
Hobby
privater Außenbereich
Ausbauoption / Flexible Nutzung EG
Arbeiten
Barrierefreies Wohnen
Single Wohnung
54
Steinwald-Allianz und Spiegelau / Frauenau
Digitales auf dem Land
Steinwald-Allianz
Ländlicher Raum
Mittelzentrum (Erbendorf,
Kemnath, Windischeschen
bach); Grundzentren (Brand,
Ebnath, Neusorg, Pullen
reuth,Wiesau) keine zentralört
liche Funktion (Waldershof,
Fuchsmühl, Friedenfels, Fal
kenberg, Reuth b. Erbendorf,
Krummennaab, Kastl, Kulmain,
Immenreuth)
Einwohner (2019): ca. 39.670
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 9,3 %
Spiegelau / Frauenau:
Ländlicher Raum
Grundzentren
Einwohner (2019): ca. 6.580
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 9.7 %
Bayerisches und Bund-LänderStädtebauförderungsprogramm
Integrierte Ländliche Entwick
lung, Dorferneuerung
Modellprojekt „Digitales Dorf
Bayern“
Der Einkauf oder der Arztbesuch sind in peripher gelegenen ländlichen Räumen
für Bewohner kleiner Gemeinden häufig mit einem hohen Aufwand verbunden.
Wer keinen PKW zur Verfügung hat, muss teilweise erhebliche Einschränkungen
in Kauf nehmen. Große Hoffnungen werden daher in die Potenziale zunehmen
der Digitalisierung gesetzt. Im Rahmen der Initiative „Digitales Dorf Bayern“
(www.digitales-dorf.bayern.de) werden digitale Anwendungen zur Verbesserung
der Versorgungssituation auf dem Land in fünf Modellprojekten entwickelt und
erprobt. Das Pilotprojekt wird über die Bayerische Staatsregierung unter Feder
führung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung
und Energie sowie über die Fraunhofer-Gesellschaft und weitere Partner geför
dert.
Eines der ersten Umsetzungsbeispiele ist der „mobile Dorfladen“ in der Stein
wald-Allianz. Ziel ist, den altbekannten rollenden Verkaufswagen zu digitalisieren
und sein Angebot zu regionalisieren. Mit dem Smart-Phone soll der Kunde aus
einem Warenangebot von 400 Produkten wählen können, dessen Lager an ei
nen bestehenden Dorfladen angegliedert ist. Viele Frische- und Fleischprodukte
stammen von Bauernhöfen aus der Region. Die Kombination von Shop- und
Warenlogistiksystem soll es ermöglichen, die Fahrten des „mobilen Bauern
ladens“ so zu optimieren, dass er Verkaufsorte (also Endkunden) und Höfe
(also Lieferanten) mit einer Tour abfährt. Zweimal pro Woche werden je drei
Touren gefahren und dabei 31 Dörfer und somit mehr als 50 Einwohner und
25 Landwirte erreicht. Waren können an zentralen Haltepunkten abgeholt wer
den. Neben Alltagsprodukten bietet der Verkaufswagen die Möglichkeit, Bargeld
abzuheben. Weitere Dienstleistungen wie Post und Apotheke sollen folgen.
Digitalisierung bietet aber auch die Chance, medizinische Versorgung auf dem
Land zu sichern, ohne dass der Arzt oder der Patient lange Wege zurücklegen
müssen. Bei einem Pilotprojekt „MeDiLand“ in der Pilotregion Spiegelau / Frau
enau (Niederbayern) berät der Hausarzt mit einer Kamera und audiovisueller
Kommunikationssoftware von seiner Praxis aus, wenn die Pflegekraft oder spe
ziell ausgebildete Arzthelferin den Patienten vor Ort unterstützt. Um derartige
Anwendungen zu erweitern, werden in der Pilotregion Hausärzte, Fachärzte und
Krankenhäuser digital vernetzt, um regionale Medizinkompetenz für telemedizi
nische Beratung zu bündeln.
Praxisbeispiele
Steinwald-Allianz und Spiegelau / Frauenau – Digitales auf dem Land
55
4
Die Entwicklung digitaler Lösungen für eine komfortablere Versorgung in klei
nen Gemeinden ist erfolgreich, wenn die Bürgerinnen und Bürger eng einge
bunden werden. Das fördert die Akzeptanz, bindet aber insbesondere auch die
lokale Expertise ein. Informationsveranstaltungen, Entwicklerworkshops mit
den Menschen vor Ort, Bürgerbefragungen – diese Mitwirkungsinstrumente
sind Voraussetzung für gute Ergebnisse. Manchmal sind auch Zwischenschrit
te hilfreich, um Akzeptanz für den größeren Innovationssprung zu schaffen.
Beispiel „DorfBus“ Spiegelau: Mittelfristig soll eine Dorfbus-App die Fahr
tenkoordination des bedarfsorientierten ÖV-Angebots übernehmen.
Vorab wurden aber zur optimierten Streckenführung und Haltestellenauswahl
die Bürgerinnen und Bürger in Workshops befragt und das System bewusst
ohne App eingeführt, um die Einstiegshürde für die häufig älteren Nutzer ge
ring zu halten. Demnächst folgt die „DorfBus“-App als Teil eines Gemeindepor
tals „Dahoam 4.0“ in Spiegelau, das immer mehr Services aus den Bereichen
Mobilität, Medizin, Gemeindeverwaltung, Bildung und Wohnen integriert.
Nutzeroberfläche der
Smartphone-App „Dahoam 4.0“
Das digitalisierte Logistikprinzip des „mobilen Bauernladens“
digitales Netzwerk
Warenfluss
Geldfluss
Verkaufsstelle
Erzeuger / Landwirt
Grundsortiment
bestellte Güter
Waren für Dorfladen
Bargeld
Tourplanung
Kommunikation
Kassenabgleich
Warenkorb
Bestellung
Kommunikation
Bargeldanforderung
Anforderung
Angebotsübermittlung
Kommunikation
Zentrale digitale Platform
Abgleich
Dorfladen / Lager
56
Langenfeld
Versorgung auf dem Land
Noch vor einigen Jahren mussten die Langenfelder zum nächsten Supermarkt
10 km weit fahren. Die Bäckerei, in der man das Nötigste hatte kaufen kön
nen, ging insolvent, das Gasthaus stand leer und Banken schlossen ihre Filialen.
Der Ortskern wurde zusätzlich durch verlassene Hofstellen beeinträchtigt.
Langenfeld nimmt sein Schicksal in die eigene Hand
Ländlicher Raum
Keine zentralörtliche Funktion
Einwohner (2019): ca. 1.060
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 5,1 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Um dem Versorgungs- und Angebotsdefizit entgegenzuwirken, nahmen die
Langenfelder das Heft des Handelns selber in die Hand: Gemeinsam mit den
Bürgerinnen und Bürgern und privaten Akteuren ist die Gemeinde zur Unter
nehmerin geworden und hat mit der „Dorflinde“ und dem „Dorfladen“ zwei
Projekte umgesetzt, die mitten im Ort ein vielseitiges und zukunftsfestes Ver
sorgungsangebot bieten.
Das Mehrgenerationenhaus „Dorflinde“ wurde 2006 auf einem verlassenen
Hofgrundstück im Ortskern entwickelt. Mit Hilfe von Städtebaufördermitteln,
regionalen Sponsoren sowie Geld- und Sachspenden von Bürgerinnen und Bür
gern und Betrieben wurde die ehemalige Scheune entkernt, saniert und um
einen gläsernen Neubau ergänzt. Es entstand ein architektonisch hochwertiger
Bau, der Altes und Neues geschickt kombiniert. Die „Dorflinde“ trägt mit ihrem
gastronomischen Angebot (auch mit Lieferung nach Hause), Sport-, Integra
tions- und Bildungsangeboten sowie haushaltsnahen Dienstleistungen zum ge
sellschaftlichen Miteinander und einer deutlichen Belebung des Dorfkerns bei.
Lageplan
Die „Dorflinde“ war der Ausgangspunkt für weitere Projekte
Die „Dorflinde“ sendete das Signal aus: In Langenfeld tut sich etwas! Dies gab
dem Gemeinderat die Zuversicht und den Mut, weitere Projekte im Ortskern
zu wagen (ein Neubau für 17 Tagespflegegäste und mit 4 Wohnungen und die
Revitalisierung der ehemaligen Gastwirtschaft – beides wird privat betrieben)
und erregte die Aufmerksamkeit privater Entwickler (u.a. entstand so ein Bau
mit zwölf Einheiten für ambulant betreutes Wohnen).
Gemeinsamer Unternehmergeist zur Schaffung des Dorfladens
Als die Bäckerei insolvent und damit der letzte Versorger im Ort weggefallen
war, bildete sich ein Arbeitskreis mit 20 Freiwilligen, der mit Hilfe professioneller
Praxisbeispiele
Langenfeld – Versorgung auf dem Land
57
4
Begleitung einen neuen Dorfladen aufbaute. Dabei entwickelte sich ein bei
spielhafter Unternehmergeist, der schließlich in der Gründung der „Dorfladen
Unternehmergesellschaft“ – kurz „Dorfladen Langenfeld UG“ – mündete, in
die inzwischen 294 stille Teilhaber Einlagen im Wert von 140.000 € eingebracht
haben. Der Arbeitskreis kümmerte sich um die betriebswirtschaftliche Orga
nisation, mögliche Geld- bzw. Fördergeber, einen Lieferanten für Lebensmittel
sowie um Ankauf und Herrichtung einer geeigneten Fläche. Dazu wurden insge
samt elf mögliche Standorte in Augenschein genommen. Die Wahl fiel auf das
Grundstück einer ehemaligen Zimmerei in direkter Nachbarschaft zum Ortskern
und guter Zuordnung zu den Siedlungsgebieten.
Die meisten Gebäude wurden abgerissen, einige Gebäudeteile konnten jedoch
auch hier erhalten und in einen Neubau integriert werden. Dabei galt es, nicht
bloß einen Laden mit 600 m² Fläche zu errichten, dessen Betreiberin die Dorfla
den Langenfeld UG ist, sondern Partner für weitere, räumlich integrierte Ange
bote mit ins Boot zu holen: So haben VR-Bank und Sparkasse Geldautomaten
aufgestellt, es gibt eine DHL-Paketstation und eine Bäckerei mit Café (75 m²) ist
eingezogen. Zahlreiche regionale Lieferanten – vom Weingut bis zum Geflügel
hof – ergänzen das Lebensmittelangebot. Überdies bietet der Dorfladen Mobili
tätsservices, wie die Lieferung der Einkäufe nach Hause, Abholung der Kunden
von zu Hause und eine E- Ladestation. In weiteren Räumlichkeiten, die baulich
flexibel gehalten sind und daher schnell an verschiedene Nutzeranforderungen
angepasst werden können, wurden eine Arztpraxis (auf 123 m²) und eine Phy
siotherapie-Praxis (auf 67 m²) integriert.
Das Investitionsvolumen betrug insgesamt 1,3 Mio. € für Gebäude und Technik
sowie 200.000 € für die Ausstattung des Dorfladens. Für den Dorfladen wurden
Städtebauförderungsmittel eingesetzt. Für die Nutzung der anderen Gebäude
teile erhält die Gemeinde eine Pacht, aus der Rücklagen für spätere Sanierungen
gebildet bzw. Teile der Investitionssumme refinanziert werden.
Die Vielfalt der Angebote im Dienstleistungszentrum macht den Ort zu mehr als
nur einem Nahversorger: Er ist auch Treffpunkt sowie Austausch- und Markt
platz für die Langenfelder und die Kunden aus den umliegenden Gemeinden.
Der Ortskern hat städtebaulich und funktional eine Zukunft bekommen. Es ist
gelungen, architektonisch hochwertige Ensembles ohne zusätzliche Flächen
inanspruchnahme zu schaffen. All diese aufeinander abgestimmten Projekte
tragen dazu bei, Langenfeld als lebenswerten Wohnstandort im ländlichen
Raum attraktiv zu halten.
Projekte und Instrumente zur Stärkung des Ortskerns in Langenfeld
Bürger
Unternehmen
Region
Fehlende Nahversorgung
Demografischer Wandel
Dorfladen
(Dienstleistungszentrum)
Arbeitskreis Dorfladen
· Regionale Akteure gewinnen
Kräfte
bündeln
Weitere Projekte
Der Ortskern heute:
· Mehrgenerationenhaus „Dorflinde“
· Nahversorgung gesichert –
Angebote ergänzt
· Tagespflegeplätze
· Treffpunkte geschaffen –
Leerstände beseitigt
· Lokale Unterstützer gewinnen
· Gründung einer Unternehmergemeinschaft
· Gemeinsam finanzieren!
· 40 Ehrenamtliche
· Gasthaus
· Gemeinsam organisieren!
· Kooperationen mit
lokalen Unternehmen
· Betreutes Wohnen
Dorfladen UG
· Vielseitiges Aangebot
Fehlende Treffpunkte
· Mobilitätsservices ergänzt –
Auslastung erhöht
· Verantwortung geteilt – Gemeinsinn gestärkt
Leerstände im Ortskern
Politik
Verwaltung
Investoren
Instrumente
Bürgerversammlungen / ehrenamtl. Engagement / Fördermittelmanagement
58
Wildpoldsried
Ortsentwicklung mit
regenerativer Energie
In Wildpoldsried im Landkreis Oberallgäu ist bereits heute zu sehen, wie die
Energieversorgung kleiner Landgemeinden in der Zukunft aussehen kann. Vor
rund 20 Jahren wurde unter dem Motto „W I R Wildpoldsried Innovativ Rich
tungsweisend“ damit begonnen, die Energieversorgung im gesamten Ort um
zustellen. Grundlage war ein 1999 mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbei
tetes ökologisches Gemeindeprofil mit dem Leitziel, bis 2020 den gesamten
Energiebedarf für das Dorf regenerativ zu erzeugen.
Ländlicher Raum
Keine zentralörtliche Funktion
Einwohner (2019): 2.570
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: + 6,7 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Einzelförderung Windstütz
punkt, Förderprogramm BioKli
ma, PV-Speicher-Programm
(Förderprogramme des
StMWi)
Die ersten Schritte auf diesem Weg bestanden in öffentlichen und privaten
Einzelmaßnahmen zur regenerativen Energiegewinnung wie Photovoltaik-,
Windkraft- und Biogasanlagen. Mitunter waren auch „zufällige Nebenpro
dukte“ darunter, wie die „Dorfheizung“: Bei einem öffentlichen Neubau im
Ortskern wurde unerwartet ein Keller notwendig und man entschied kurzer
hand, dort die bereits geplante Biomasseheizung unterzubringen, die mehrere
öffentliche Gebäude sowie über 100 Privatwohnungen und fünf Gewerbebe
triebe versorgt. Mit den Jahren stiegen immer mehr Bürgerinnen und Bürger
als Betreiber oder Anteilseigner regenerativer Energiequellen ein, z. B.:
ier Landwirte betreiben Biogasanlagen als GbR oder als Genossenschaft.
• V
Letztere speist Strom und Wärme ins Netz und versorgt über kleine Block
heizkraftwerke 14 Anwesen und ein Gewerbegebiet.
nde 2019 waren auf Wildpoldsrieder Dächern insg. ca. 2.300 m² Solarthermie
• E
anlagen bzw. ca. 300 Photovoltaikanlagen mit gesamt 5.376 kWp installiert.
• Im Flächennutzungsplan wurden Windkraftstandorte auf einem
Höhenrücken am Ortsrand festgelegt. Zahlreiche Wildpoldsrieder haben
Anteile erworben, so dass inzwischen neun Bürgerwindkraftanlagen
errichtet wurden.
eizen mit Erdwärme wird in fünf Anlagen im Ort praktiziert und zwei
• H
Bürger erzeugen Energie mithilfe von Wasserkraft.
Inzwischen profitieren auch Wirtschaft und Fremdenverkehr in Wildpoldsried
von der Marke Energiedorf. Unternehmen aus dem Kontext der regenerativen
Energien siedeln sich gezielt an und es kommen viele Fachtouristen aus aller
Welt zu Besuch, um sich über die Entwicklung im Bereich erneuerbarer Ener
gien (vor allem zur Windenergie) zu informieren, seit Wildpoldsried im August
2012 zu einem (von insgesamt vier) bayerischen Windstützpunkten ernannt wur
de. Die jährlich ca. 100 internationalen Besuchergruppen übernachten in Wild
poldsried natürlich CO2-frei im ökologischen Bildungszentrum.
Bürgerschaft
nutzt und liefert Energie
finanziert und betreibt
informiert sich und setzt um
profitiert
(Bildung; Fachtourismus)
Maßnahmen
Nahwärmenetz
Erneuerbare Energieträger
Windkraft, Erdwärme, Biogas, Wasserkraft,
Photovoltaik, thermische Solaranlagen
Energiesparen
Energie-Bildung
Wirtschaft
nutzt und finanziert
30.000
20.000
15.000
10.000
5.000
Biogas
9.995
25.000
Photovoltaik
5.176
Längst ist Wildpoldsried auch zum Forschungsobjekt geworden: Mit dem Pro
jekt „IRENE“ wurden bis 2013 ein intelligentes Netz mit Messtechnik und einem
stationären Batteriespeicher aufgebaut. Das Folgeprojekt „IREN2“ erforschte
die Gewährleistung einer stabilen Stromversorgung trotz der Schwankungen
einzelner regenerativer Energieträger. 2018 wurde mit dem Forschungsvorha
ben „Pebbles“ das Verteilnetz so angepasst, dass Lastschwankungen mög
lichst abgefangen werden. Dies geschieht durch Nutzung einer lokalen Strom
handelsplattform und durch Verwendung der Blockchain-Technologie.
35.000
Wasserkraft
51
Diese Marke wird auch im Zuge von Neubauten gelebt: So wurde im Neubauge
biet St. Cyprian-Ost denjenigen Bauherren, die sich für ein Passivhaus entschie
den, von der Gemeinde 15 € je m² Baugrundstück zurückerstattet. Hier wird
wie bei allen Aktivitäten deutlich, dass die Gemeinde nie Zwang ausübt, alle
Aktivitäten erfolgen auf Angebotsbasis.
MWh
Verbrauch insgesamt
6.131
Zusätzlich gab es energieeinsparende Angebote im Ort, z. B. die Thermogra
fie-Aktion für Hauseigentümer oder die „Pumptauschaktion“, bei der 2009
215 veraltete Heizungspumpen in Privathäusern erneuert wurden. Das ursprüng
liche Ziel einer 100%ig regenerativen Energieerzeugung wurde bereits 2013
erreicht und inzwischen um ein vielfaches übertroffen: 2018 wurden in Wild
poldsried 759% der verbrauchten Strommenge aus regenerativen Quellen (Was
ser- und Windkraft, Photovoltaik und Biomasse) gewonnen! Auf der Grundlage
dieses Erfolges entwickelte sich sukzessive eine vielfach preisgekrönte Marke:
Das Energiedorf Wildpoldsried.
59
9 Wind-Anlagen
31.324
Praxisbeispiele
Wilpoldsried – Ortsentwicklung mit regenerativer Energie
0
Stromverbrauch und -erzeugung aus
regenerativen Quellen in Wildpoldsried 2018
Maßnahmen und Zuständigkeiten
im Energiedorf
Kommune
betreibt und nutzt
genehmigt
(bei Photovoltaik und
thermischen Solaranlagen auch:
finanziert und betreibt)
berät und schafft Anreiz
finanziert, betreibt und verkauft
Forschungseinrichtung
Forschung
intelligente Netze, Speicher, Handel
nutzt und liefert Erkenntnisse
4
60
Weyarn
Mehrgenerationenwohnen
am Klosteranger
Bürgerbeteiligung und Klosterrevitalisierung als Impulsgeber
der Ortsentwicklung
Regierungsbezirk
Oberbayern
Ländlicher Raum
Ohne zentralörtliche
Einstufung
Einwohner (2019): ca. 3.900
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 26,7 %
Die 30 km südlich von München gelegene Gemeinde Weyarn stand vor der
Jahrtausendwende vor schwierigen städtebaulichen und strukturellen Heraus
forderungen: In zentraler Ortslage befand sich ein aufgelassenener und teils ver
fallener Klosterkomplex mit Wurzeln aus dem 12. Jahrhundert. Gleichzeitig be
lastete das Wegbrechen der örtlichen Infrastrukturen und Versorgungsangebote
sowie die zunehmende Verkehrsbelastung im Ortsbereich die Wohnqualität. In
einem langwierigen, schrittweisen Prozess sind die Herausforderungen konst
ruktiv als Chance für die Innenentwicklung genutzt worden. Neben modernem
Wohnraum für unterschiedliche Lebensphasen wurden auch neue attraktive
Infrastrukturangebote geschaffen.
Indem der zuvor in Frankfurt beheimatete „Deutsche Orden“ den Großteil
des ehemaligen Klosters erwarb, gelang bereits 1998 der erste Schritt zur
Wiederbelebung des Ortskerns. Etwa zehn Jahre später reifte die Überle
gung, den im Gemeindeeigentum befindlichen Klosteranger zu entwickeln,
von dem aus die örtliche soziale Infrastruktur fußläufig erreichbar ist. Ein wich
tiger Erfolgsfaktor dieses Prozesses war das seit 2008 in einer Satzung ver
ankerte „Weyarner Modell“, einer intensiven Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger an politischen Entscheidungsprozessen.
Bürgerarbeitskreise planen mit
Weil eine Umfrage des Bürgerarbeitskreises „Altersplanung“ den dringenden
Bedarf an kleineren, barrierefreien (Geschoss-)Wohnungen aufzeigte, um der
Vereinsamung älterer Menschen entgegenzuwirken, entstand bald die Idee ei
nes Mehrgenerationenprojekts auf dem Klosteranger. Um das Angebot mög
lichst gut auf die Bedarfe vor Ort zuzuschneiden, wurde neben verschiedenen
Bürgerarbeitskreisen auch die Stiftung Liebenau eng in die Planungen der Ge
bäude und des Freiraums eingebunden. Sie erbringt in Weyarn das gemeinde
weite Quartiersmanagement mit Schwerpunkt Altenarbeit.
Praxisbeispiele
Weyarn – Mehrgenerationenwohnen am Klosteranger
61
4
Überblick über das Gesamtvorhaben
Supermarkt
Klosteranger
Generationengarten
Streuobstwiese
Rosengarten
Klostercafé
Seminarhof
ehemaliger Kräutergarten
Karpfenteiche und Färberei
Mangfall
62
Mehrgenerationenhaus mit großzügigem
Treppenhaus. Der sogenannte „Fletz“ dient
auch als verbindender Kommunikationsraum.
Das Projekt „Wohnen am Klosteranger“ wurde ab 2014 durch einen regionalen
Investor umgesetzt, nachdem dieser mit der behutsamen Sanierung der benach
barten Klosterbrauerei einen ermutigenden Entwicklungsimpuls für das Areal ge
setzt hatte. In dem Baudenkmal eröffnete ein Café und mit dem „Bürgergewölbe“
erhielt die Öffentlichkeit einen Veranstaltungsraum für vielfältige Nutzungen.
Gesamtkonzept mit differenzierten Wohnangeboten, öffentlichem
Grünraum und Nahversorger
Insgesamt sind auf der Freifläche von 5 ha 133 Wohneinheiten realisiert wor
den. Alleine 70 Eigentumswohnungen mit differenzierten Grundrissen und
Wohnungsgrößen von 44 m² bis 113 m² befinden sich in Mehrfamilienhäusern
mit jeweils zehn barrierefreien Wohneinheiten. Sie befördern die Mischung
unterschiedlicher Haushaltstypen und Altersgruppen. Das großzügige und gut
belichtete zentrale Treppenhaus der Mehrgenerationenhäuser kann nach dem
Vorbild des „Fletz“ – der Diele in alten Bauernhäusern – als Gemeinschaftsraum
genutzt werden. 45 weitere Wohneinheiten mit dem Fokus Familienwohnen
wurden als Eigentumswohnungen in Reihen- und Doppelhäusern errichtet. Teil
weise werden die Wohnungen auf dem Mietmarkt angeboten.
Die Gebäude sind ebenso wie Rathaus und Kloster an ein Nahwärmenetz
angeschlossen, das durch regionale Forstabfälle gespeist wird. Ein autofreier
öffentlicher Grünraum inmitten des Areals fällt nach Abschluss der Maßnah
me zurück an die Gemeinde. Er verbindet mit geschwungenen Wegen u.a. eine
Streuobstwiese, einen Generationengarten zum gemeinschaftlichen Gärtnern
und Kinderspielplätze.
Praxisbeispiele
Weyarn – Mehrgenerationenwohnen am Klosteranger
63
4
Ortsentwicklung Weyarn
Herausforderung
Soziale Vereinsamung älterer
Menschen auf dem Land
Ausdünnung des Infrastrukturund Versorgungsangebots
Intensive Bürgerbeteilgung
Strategien und
Handlungsansätze
Wirkung
Quartiersmanagement
(Fokus Altenarbeit)
Hohe
Identifikation
der Bürger/innen
mit den Vorhaben
Leerstand und städtebauliche
Missstände im Ortskern
Strategien und Maßnahmen
Neubauvorhaben auf dem
Klosteranger
Mehrgenerationenwohn
häuser, Familienwohnungen,
Supermarkt und Grünanlage
Lebendiger Ortskern,
Wohnangeboten für
Generationen und Infrastruktur
Sanierung und Revitalisierung
historischer Gebäudebestand
Generations
wechsel im
Gebäudebestand
Behebung
städtebaulicher
Missstände
Der ganzheitliche Planungsansatz wird durch die Ansiedlung eines Supermarktes
am Nordrand des Areals vervollständigt, der die Nahversorgung im Ortskern er
heblich verbessert hat. Indem der Markt in Richtung der Siedlung übergrünt
wurde, wird er nicht als städtebaulicher Fremdkörper wahrgenommen.
Die Entwicklung im Weyarner Ortskern veranschaulicht, dass großflächige
Revitalisierungen einen langen Atem und tragfähige, auf die lokalen Anfor
derungen angepasste, idealerweise im Schulterschluss mit den Bürgerinnen und
Bürgern entwickelte Konzepte erfordern. Neu geschaffene, barrierefreie Wohn
angebote ermöglichen Älteren, dauerhaft im angestammten Ort zu bleiben.
Kirche Sankt Peter und Paul, rechts die
sanierte Klosterbrauerei mit Klostercafé
und Bürgergewölbe
Sammeltaxi (Ridepooling)
Rufbus
MF
Fahrgemeinschaften
(Carpooling)
kommunales Carsharing
Mitfahrbank
privates Carsharing
Heimenkirch, Wiesenfelden und Freyung
Flexibel, geteilt und elektrisch
Wer über keinen eigenen Pkw verfügt, hat es im ländlichen Raum in der Re
gel schwer, flexibel und mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand zum Ziel zu
kommen. Leistungsfähige Mobilitätsangebote zählen daher gerade angesichts
der Ausdünnung von Versorgungs- und Infrastrukturangeboten zu den wichtigs
ten Standortfaktoren, um allen Bevölkerungsgruppen eine angemessene Teilha
be am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Ländlicher Raum
Mittelzentrum (Freyung);
Grundzentrum (Heimenkirch)
bzw. ohne zentralörtliche
Einstufung (Wiesenfelden)
Einwohner (2019):
Wiesenfelden: ca. 3.780,
Freyung: ca. 7.170,
Heimenkirch: ca. 3.580
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019:
Wiesenfelden: ca. + 6,6 %,
Freyung: ca. - 2,5 %,
Heimenkirch: ca. + 0,2 %
Heimenkirch:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Freyung:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Wiesenfelden:
Dorferneuerung
Wie drei Praxisbeispiele zeigen, können neben bewährten Konzepten, wie bei
spielsweise Rufbus oder Sammeltaxi, neue Technologien und innovative Mo
bilitätskonzepte in Ergänzung zum klassischen motorisierten Individualverkehr
(MIV) und ÖPNV dazu beitragen, die Lebensqualität in ländlich strukturierten
Regionen durch mehr Autonomie und Flexibilität zu erhöhen.
Carsharing: Geteiltes Fahrzeug statt Zweitwagen – Kommune und Bürger
nutzen Fahrzeuge gemeinsam
Die grundlegende Idee ist denkbar einfach: Die Kommune erhöht die Auslas
tung ihrer Dienstfahrzeuge, indem sie diese ihren Bürgerinnen und Bürgern zur
Verfügung stellt, wenn sie sie selber nicht benötigt. Auf diese Weise kann die
Kommune ein Carsharing-Angebot vorhalten, das ausschließlich durch private
Buchungen vermutlich nicht tragfähig wäre. Indem das Fahrzeugmanagement
an externe Dienstleister ausgelagert wird und Rückvergütungen für private Bu
chungen erfolgen, kann die Gemeinde überdies Kosten und Verwaltungsauf
wand reduzieren. Durch die flexibel nutzbaren Fahrzeuge soll zudem die Zahl
der nur sporadisch benötigten privaten Zweitfahrzeuge reduziert werden.
Ein ähnliches Konzept verfolgt die Gemeinde Wiesenfelden. Aufbauend auf er
mutigenden Erfahrungen im Verbundvorhaben „E-Wald – Elektromobilität Bay
erischer Wald“ wird den Bürgern über ein Online-Buchungssystem ein 9-Sitzer
mit Elektroantrieb im Carsharing zur Verfügung gestellt. Er wird gemeindeseitig
u.a. für die Auslieferung des Mittagessens für Kita und Schule eingesetzt.
Im schwäbischen Markt Heimenkirch werden derzeit zwei Fahrzeuge – ein PKW
mit Elektroantrieb und ein vorwiegend von Vereinen genutzter 9-Sitzer – im
Carsharing bereitgehalten. Die Fahrzeuge sind am Rathaus positioniert und kön
nen über die Gemeinde gebucht werden. Die Erarbeitung eines interkommuna
len städtebaulichen Entwicklungskonzeptes und die Reaktivierung des Bahn
Praxisbeispiele
Heimenkirch, Wiesenfelden und Freyung – Flexibel, geteilt und elektrisch
65
4
halts in der Ortsmitte hatten in Heimenkirch den Anstoß gegeben, sich intensiv
mit der Verbesserung der Mobilitätsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.
Carpooling – Mitfahrbänke
In diesem Zusammenhang ist eine Reihe von Aktivitäten angestoßen worden,
so z. B. das Pilotprojekt „I muss nach Bänkle“ – hochwertig gestaltete Haltestel
len für lokale Mitfahrgelegenheiten – und die Einrichtung reservierter Parkplätze
im Ortszentrum für Fahrzeuge mit mindestens zwei Insassen. Weil die Mitfahr
bänke noch nicht wie erhofft genutzt werden, wird nun die Ergänzung über eine
App zur Koordination der Fahrten geprüft.
Ridepooling – ein innovatives ÖPNV-Angebot in der Kleinstadt
Die Kleinstadt Freyung hat 2018 in Kooperation mit einem Startup-Unterneh
men, das die technische Infrastruktur bereitstellt und einem lokalen Busun
ternehmen das Mobilitätsangebot „freyFahrt“ eingeführt – die bundesweit ers
te als Linienverkehr genehmigte Personensammelbeförderung auf Abruf im
ländlichen Raum. Mit Hilfe einer App kann ein Fahrgast den Startpunkt und
das Ziel seiner Fahrt selbst festlegen. Die Fahrt im Kleinbus teilt der Kunde
mit anderen Fahrgästen, deren individuelle Ziele ebenfalls auf dem Fahrweg
liegen. „freyFahrt“ kommt dabei völlig ohne Fahrplan und feste Routen aus.
Die zugrunde liegende Technologie kalkuliert die optimalen Fahrtwege und den
besten Einsatz der Flotte, so dass sich Passagiere mit ähnlichen Routen die
Fahrten teilen. Damit befördert der Service die Fahrgäste effizient, schnell, um
weltschonend und flexibel zum ÖPNV-Tarif von 2,90 €.
Mobilitätsentwicklung Markt Heimenkirch
Reaktivierung und gestalterische Auf
wertung des Bahnhalts sowie Entwicklung
ansprechender Mitfahrbanken
Innovative Ansätze mit Potenzial – aber ohne Erfolgsgarantie
Allen vorgestellten Beispielen lassen noch keine Aussagen über eine langfristige
Tragfähigkeit zu. Sie zeigen jedoch, dass die aktuellen Trends in Richtung E-Mo
bilität, Digitalisierung und autonomes Fahren gerade für ländliche Regionen
vielfältige Anknüpfungspunkte für flexible Mobilitätsansätze bieten, die bislang
höchstens im städtischen Umfeld vorstellbar schienen.
Mobilitätsangebot
„freyFahrt“ in Freyung
Carsharing-Angebote brauchen auf dem Land dauerhafte
Grundauslastung durch Kommune oder/und Unternehmen
Kommunaler Fuhrpark unter
Einsatz von Carsharing-PKW:
CA
S
NU
O
TZ U N G
L
NG
A RI N G-P
Z
AT
TU
H
RS
O
AS
Grundauslastung durch Fahrten von
Gewerbebetrieben oder sozialen Einrichtungen (z. B. Transportwege, Essen
auf Rädern etc.)
SL
Fuhrpark von Unternehmen
und sozialen Einrichtungen mit
Carsharing-PKW:
G RU N DAU
Grundauslastung durch Fahrten der
Gemeinde (z. B. kommunaler Außendienst, Kita-Kinder etc.)
ZU
Bürgerinnen und Bürger als
zusätzliche Carsharing-Nutzer:
Sie nutzen Carsharing nachmittags
und abends, wenn die Kommune und
Unternehmen geringen Bedarf haben.
66
Arzberg, Kirchenlamitz, Röslau, Schwarzenbach
Interkommunale Revitali
sierung von Industriebrachen
1999 meldete das damals viertgrößte Porzellan-Unternehmen in Deutschland –
die Winterling AG – Insolvenz an. Für die vier benachbarten Kommunen Arzberg,
Kirchenlamitz, Röslau und Schwarzenbach an der Saale glich das einer Katast
rophe. Auf einen Schlag gingen in ihren Porzellanwerken über 1.000 Arbeitsplät
ze verloren. Gleichzeitig entstanden an den vier Standorten Brachflächen mit
190.000 m² Geschossfläche, für die jegliche Nachfrage fehlte.
Zuerst alleine, ab 2014 interkommunal
Ländlicher Raum
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Die vier Kommunen suchten anfangs nach Einzellösungen für die brach ge
fallenen Industrie-Areale. 2010 reifte der Gedanke, die großen Herausforde
rungen der Brachenrevitalisierung in interkommunaler Zusammenarbeit an
zugehen. Weil es sich um vergleichbare Vornutzungen in benachbarter Lage
handelte, sahen die Bürgermeister große Synergiepotenziale in Planung,
Neuordnung, aber auch Vermarktung und Vermietung. 2013 gründeten sie das
gemeinsame Kommunalunternehmen Winterling Immobilien (gKU) als Anstalt
des öffentlichen Rechts, erwarben im Jahr 2014 die vier Industriebrachen aus
der Insolvenzmasse und starteten den Revitalisierungsprozess. Mit der Wie
derbelebung von Industriebrachen in interkommunaler Regie betraten die vier
Kommunen Neuland.
Europäischer Fonds für
Regionale Entwicklung (EFRE)
Masterpläne zeigen den Weg auf
Grundzentrum
Einwohner (2019):
insgesamt ca. 17.370
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019 im
Durchschnitt: ca. - 18,6 %
Arzberg:
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Kirchenlamitz, Röslau,
Schwarzenbach a.d. Saale:
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Die Kommunen sahen im Hinblick auf eine zukunftsfähige Vermarktung große
städtebauliche Herausforderungen. Die Industrie-Areale entsprachen den Be
darfen der Porzellanproduktion, sie mussten allerdings auf die aktuelle Nachfra
ge von Produktions- und Dienstleistungsunternehmen angepasst werden. Dies
galt u.a. für die verkehrliche Erschließung, für das Logistikkonzept, für den Zu
schnitt und die Ausstattung von Räumen sowie für die Brandschutzanforderun
gen und das Umfeld. Für alle vier Standorte wurden städtebauliche Masterplä
ne erarbeitet. In Röslau hat ein regionales Unternehmen zunächst bestehende
Hallen gemietet und dann rund 34.000 m² Fläche erworben. Das gKU sorgte
für den Abbruch eines Gebäudeteils. Hier wird eine neue Erschließungsstraße
zwischen den Bestandsgebäuden gebaut.
Praxisbeispiele
Azberg, Kirchenlamitz, Röslau, Schwarzenbach – Interkommunale Revitalisierung von Industriebrachen
67
Der Prozess in Schwarzenbach an der Saale als Beispiel
Kirchenlamitz und Schwarzenbach hatten schon 2006 einen städtebaulichen
Ideen- und Realisierungswettbewerb gestartet, der Entwicklungsoptionen auf
zeigte. Allerdings fehlte damals eine handlungsfähige Organisationseinheit für
Erwerb, Umbau, Vermarktung und Verkauf. Mit der Gründung des gKU Win
terling konnte durch interkommunale Zusammenarbeit ein Aufgabenvolumen
geschaffen werden, das eine eigene Organisationsform rechtfertigt. Der Erfolg
stellte sich schnell ein: Große Flächenanteile konnten vermietet werden, wäh
rend parallel dazu 2018 ein Masterplan zur langfristigen Neuordnung des Areals
entwickelt wurde. Dieser stellt die Leitlinie für die Neunutzung dar. Ziel ist eine
wirtschaftliche Nutzung des gesamten Areals und der Gebäude mit 40.000 m2
Geschossfläche zu erreichen. Dies kann nur gelingen, wenn ein zusammenhän
gender Bestand so weiterentwickelt wird, dass er durch mehrere Unternehmen
flexibel nutzbar wird. Knapp 9.500 m² Bruttogeschossfläche werden daher an
den Rändern abgebrochen und machen Platz für LKW-Anlieferung, Stellplätze
und Grünanlagen. Raum-Angebot für Existenzgründer und ein zum Veranstal
tungsraum umfunktionierter Turm machen das ehemalige Winterling-Gelände
in Zukunft zu einem besonderen Standort.
Masterplan für die Umgestaltung der Winterling-
Das gemeinsame Kommunalunternehmen (gKU) als Grundlage
der Zusammenarbeit
Brache in Schwarzenbach an der Saale
Die vier Kommunen haben sich für die Rechtsform eines gKU entschieden.
Laut Satzung ist Gegenstand des Unternehmens der Erwerb, die Instandhal
tung, die Sanierung und die Verwertung der Immobilien des ehemaligen Winter
lingkonzerns. Zu den Aufgaben zählen die Bewirtschaftung, Vermarktung, Ver
mietung, Verpachtung und städtebauliche Entwicklung der Immobilien sowie
die Abwicklung der dazugehörigen Fördermaßnahmen. Ein mindestens viermal
jährlich tagender Verwaltungsrat mit je drei stimmberechtigen Mitgliedern aus
jeder Kommune fasst die strategischen Entscheidungen, das operative Geschäft
führt ein durch den Verwaltungsrat eingesetzter Vorstand. Dieser angestellte
Ein-Personen-Vorstand wird durch ein Sekretariat, einen Ingenieur und vier Haus
meister unterstützt. Mit dieser Organisationsform ist es gelungen, innerhalb von
4 Jahren 60 Mieter und 112.000 m² vermietete Geschossfläche zu halten bzw.
zu gewinnen, 44.000 m² Grundstücksflächen zu verkaufen und 390 Arbeits
plätze zu schaffen.
Lage der vier Kommunen mit Brachflächen
der ehemaligen Winterling AG
Grundprinzip der interkommunalen Zusammenarbeit in dem gemeinsamen
Kommunalunternehmen zur Revitalisierung der Winterling-Brachen
Industriebrache
Arzberg
Industriebrache
Kirchenlamitz
Industriebrache
Röslau
Industriebrache
Schwarzenbach
Winterling gKU als interkommunales Unternehmen
Masterpläne für Industriebrachen
Verwaltung,
Vermietung
Umbau der
Gebäude und
Erschließung
Vermarktung
Verkauf
4
68
Freyung
Antrieb Ortsmitte
Freyung liegt im Bayerischen Wald, grenznah und knapp 40 km von Passau
entfernt. Die Entwicklung Freyungs war seit Ende der 1990er Jahre wegen
des Abbaus von Arbeitsplätzen und zunehmender Abwanderung – insbeson
dere auch jüngerer Bevölkerungsteile – von Schrumpfung geprägt. Zusätzlich
brachte die Verkleinerung des Garnisonsstandortes Kaufkraftrückgang und Ein
wohnerverlust mit sich.
Ländlicher Raum
Mittelzentrum
Einwohner (2019): ca. 7.170
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 2,5 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Seit den 1990er Jahre führte dieser Strukturwandel auch in der Ortsmitte zu
erheblichen Funktionsverlusten mit Leerstand und Investitionsstau. Zwischen
2000 und 2007 mussten 30 Einzelhandelsgeschäfte in der Ortsmitte schließen.
Diese Entwicklung erfuhr eine Beschleunigung dadurch, dass Einzelhandel und
Wohnnutzung zunehmend vom Zentrum in die Peripherie gewandert waren
und die Ortsmitte unter erheblicher Verkehrsbelastung litt. Eine Bestandsauf
nahme 2011 kam zu dem Ergebnis, dass von insgesamt 173 (Haupt-) Gebäuden
43 Häuser ganz oder teilweise leer standen (25 %). Diese Ausgangslage war
maßgeblicher Grund für die Aufnahme der Stadt in das Städtebauförderungs
programm „Stadtumbau- West“ das den folgenden Umstrukturierungsprozess
über die Jahre mit erheblichen Fördermitteln unterstützte.
Freyungs Ortsmitte als Platzfolge hat besondere städtebauliche Qualitäten
Die historische Mitte von Freyung besitzt keinen „klassischen Marktplatz“, son
dern ist durch bauliche Rekonstruktion nach einem verheerenden Brand 1872
von einer Abfolge von platzartigen Aufweitungen geprägt. Durch ein dicht ge
reihtes Fassadenband bildet diese Platzfolge klare öffentliche Freiräume und
Platzsituationen aus. Die besondere Stellung der Pfarrkirche und des histori
schen Gebäudes Gasthof „Veicht“ am Stadtplatz gliedert die historische Mitte
abwechslungsreich in zwei Zonen. Zahlreiche ortsbildprägende Gebäude ma
chen das Zentrum unverwechselbar.
Freyungs Ortsmitte 2019: der Turnaround ist geschafft
Nach zehn Jahren konzentrierter Investitionstätigkeit in die Ortsmitte besteht
die begründete Hoffnung, dass die Funktionsverluste mittelfristig überwunden
werden können. Leerstände am Stadtplatz gibt es kaum noch, ein großer Teil
der historischen Gebäude ist saniert. Die Sanierungen haben Platz gemacht für
neue Einzelhandels- und Dienstleistungsangebote. Mit einem Vollsortimenter
Praxisbeispiele
Freyung – Antrieb Ortsmitte
69
4
Die erfolgreiche Belebung der Ortsmitte von Freyung ist
das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit der Stadt
mit Gebäudeeigentümern, lokalen Investoren, Einzelhändlern, Gastronomen und den Bürgerinnen und Bürgern
unserer Stadt.
Dr. Olaf Heinrich, Bürgermeister, Stadt Freyung
im Stadtplatzcenter hat sich ein Magnet angesiedelt. Als Magnet wirken auch
das Gasthaus „Veicht“ mit seiner Gastronomie und das Kino mit vier Sälen.
Mit dem positiven Votum der Bürgerschaft für den Bau der Süd- und Westtan
gente – 2013 durch ein Ratsbegehren entschieden – wird der Stadtplatz auch
mittelfristig vom Durchgangsverkehr entlastet werden können. Die Freyunger
Innenstadt wurde aber auch als Wohnstandort wieder entdeckt. Mit der An
siedlung eines Pflegeheims auf einer innerstädtischen Brache 2013 und durch
Sanierung diverser Wohngebäude wird die zunehmende Anziehungskraft der
Innenstadt als Wohnstandort deutlich. Freyung macht Mut, zumal nicht zuletzt
die Aufwertungserfolge in der Ortsmitte dazu geführt haben dürften, dass die
Stadt wieder leicht an Einwohnern wächst.
Luftbild von der Ortsmitte mit der
Dokumentation größerer Investitionen
1
1
Neubau Pflegeheim
2
Neubau StadtplatzCenter mit Kino
3
Sanierung und
Neubau VolksmusikAkademie
4
Umbau Mehrgenera
tionenhaus
5
Durch Abriss des
Saalanbaus
geschaffener Platz
6
Sanierung Gasthaus
„Veicht“
7
Neubau Busbahnhof
2
3
5
(nicht im Bild)
Sanierung und Anbau
Europahaus
7
6
4
70
Eng verzahnte politische Beschlüsse, informelle Planungskonzepte und
formelle Planungsinstrumente schafften den Turnaround
Eng verzahnte Beschlüsse, Planungs
konzepte und Planungsinstrumente in der
Startphase der Ortsmittenstärkung
zwischen 2007 und 2013
Grundsatzbeschluss
2007
Aufbauend auf dem ISEK ließ die Stadt 2011 einen Rahmenplan „Innenstadt“
erarbeiten. Grundlage des Rahmenplans bildete eine detaillierte städtebauliche
Analyse der Innenstadt. Die konzeptionelle Konkretisierung erbrachte eine gro
ße Anzahl teilweise parzellenscharfer Maßnahmenvorschläge für Gebäude, Flä
chen und den Verkehrsraum. Diese Grundlagenarbeit war schon 2011 die Basis
für den Beschluss einer Gestaltungssatzung und ist noch heute die Richtschnur
für die Prioritätensetzung im Prozess der Ortsmittenstärkung. Klimaschutz- und
Verkehrskonzept rundeten den konzeptionellen Rahmen ab. Im Bedarfsfall ka
men flächenbezogen ergänzende Konzepte aus städtebaulichen Wettbewerben
hinzu, einzelne Umsetzungsmaßnahmen wurden durch Bebauungsplanverfah
ren abgesichert.
Informelle Planungskonzepte
Formelle Planungsinstrumente
„Innenentwicklung vor
Außenentwicklung“
2008
Integriertes Stadtentwicklungskonzept
2011
Rahmenplan „Innenstadt“
Kommunales Klimaschutzkonzept
Gestaltungssatzung „Innenstadt“
2012
Gesamtstädtisches Verkehrskonzept
(aktualisiert)
Bebauungsplan „Stadtplatz-Center“
2013
Ideen- und Realisierungswettbewerb
„Froschau“-Gelände
Bebauungsplan „Froschau“
2017
Ideen- und Realisierungswettbewerb zur
Neugestaltung des Kernbereichs des „Höhenparks
Geyerberg“ (Landesgartenschau)
Der konzeptionelle Rahmen der Ortsmittenstärkung Freyungs ist im Ziel klar und
verbindlich, in den Umsetzungsmaßnahmen aber flexibel. Damit bietet er eine
Antwort auf die zunehmende Unsicherheit rahmensetzender Entwicklungen
und die notwendige Flexibilität, wenn die Mehrzahl notwendiger Maßnahmen
nur in Zusammenarbeit mit privaten Gebäude- und Flächeneigentümern umge
setzt werden kann.
Stadt als Investor: Klug konzipierte Starterprojekte verändern die Stimmung
Gasthaus „Veicht“ nach Umbau mit neu
angelegtem Vorplatz mit Gastgarten
Als der Ortsmitten-Prozess 2008 startete, gab es weder Investitions- noch
Kooperationsbereitschaft der Eigentümerschaft. Im Verlauf der über 10-jährigen
Phase des Niedergangs der Freyunger Innenstadt hatten die meisten Eigentü
mer ihr Vertrauen in den Standort verloren. 2009 wurde daher mit dem Umbau
eines ehemaligen Wohnhauses mit Arztpraxis zum Mehrgenerationenhaus ein
Starterprojekt mit großer Impulswirkung konzipiert. Die stadtplatznahe Einrich
tung belebte die Innenstadt, indem Räume für Vereine, Jugendliche, Senioren,
die „Freyunger Tafel“ und den Kreisjugendring geschaffen wurden. Damit gab
es wieder einen Begegnungsort in der Innenstadt, von dem viele profitierten.
Dieses Innenstadt belebende Element machte neugierig auf mehr. Nun muss
ten die Eigentümer angesprochen werden. Dazu wurde ein kommunales Fassa
denförderprogramm aufgelegt.
Praxisbeispiele
Freyung – Antrieb Ortsmitte
71
Blick auf das neu errichtete
Stadtplatz-Center (links)
Leuchtturmprojekte unterstreichen den Qualitätsanspruch der
Ortsmittenstärkung
Nach dem Stimmungsumschwung durch Mehrgenerationenhaus und Fassaden
programm waren Politik, Verwaltung und ein Investor bereit zum ersten koopera
tiven Leuchtturmprojekt am Stadtplatz. Das weit über Freyung hinaus bekannte
Gasthaus „Veicht“ stand bereits länger leer. Als sich die Gelegenheit ergab, er
stellte die Stadt ein Sanierungs- und Nutzungskonzept und ein Investor erwarb
das Gebäude, sanierte es unter Einsatz des Fassadenprogramms und nutzte
es zu Gastronomie und Büros um. Der Rückbau eines ehemaligen Saalanbaus
ermöglichte 2011 die Anlage einer attraktiven Platzsituation, der dem Stadt
platz eine völlig neue Verweilqualität und dem neu geschaffenen Gastrono
mieangebot Außenplätze verschafft. Es folgte mit dem Stadtplatz-Center das
nächste Großprojekt: Eine Freyunger Investorengruppe hatte die ehemaligen
„Huber-Häuser“ am Stadtplatz erworben und ein Konzept für ein Stadtplatz-
Innenhof der Volksmusikakademie: Hier finden bei Konzerten bis zu 450 Personen Platz
4
72
Stabsstellen als Organisationsmodell für die Umsetzung von großen Investitionsprojekten in Freyung
Bürgermeister
Einzelprojekte
Beispiel:
„freyFahrt“
Beispiel:
Volksmusikakademie
Beispiel:
Landesgartenschau
Stabsstellen
Bauamt
Umwelt
Haushalt
Verkehr
Klimaschutz und
Sanierung
Konversionsmanagement
Touristische
Produktentwicklung,
Projektmanagement,
Marketing,
Kommunikation
Center mit Ersatzneubau entworfen. Dieses Center wurde im Oktober 2013
eröffnet und beherbergt einen Vollsortimenter, ein Modegeschäft, Büros und
Arztpraxen sowie ein Kino. Das Angebot erstreckt sich auf 4.000 m² Fläche,
davon 1.000 m² für vier moderne Kinosäle. Zum Gebäudekomplex gehören 185
Tiefgaragenparkplätze, 138 dieser Stellplätze wurden öffentlich gewidmet und
mit finanzieller Unterstützung u.a. der Stadt Freyung erstellt. Mit diesem Pro
jekt wurden die Synergien besonders deutlich: Einzelhandelskunden werden zu
Kinobesuchern, Kinobesucher besuchen die Gaststätten.
Die Leuchtturmprojekte schafften ein Investitionsklima, das vieles möglich
machte: Mehrere Aufwertungen von Wohn- und Geschäftshäusern, der Neu
bau eines Pflegeheims auf einer innerstädtischen Brachfläche, die Neuan
lage eines Busbahnhofs, die Gründung eines „Europazentrums“ in einem
sanierten Altbau mit Anbau. Das jüngste Innenstadtprojekt ist die Gründung
einer Volksmusikakademie in Bayern im historischen Langstadl (1840), die seit
Frühsommer 2019 Lehr-, Probe- und Aufführungsräume für Musiker sowie für
Fortbildungen, Treffen und Konzerte bereitstellt.
Praxisbeispiele
Freyung – Antrieb Ortsmitte
73
Große Projekte brauchen Steuerung –
projektorientierte Teambildung als Lösung
Die Stadt Freyung hat in den letzten 10 Jahren nicht nur einen systematischen
Ortsmittenprozess, sondern auch zahlreiche große Bauprojekte gesteuert.
Die verantwortliche Steuerung des Gesamtprozesses hat von Anfang an der
Bürgermeister übernommen. In der Startphase des Prozesses stand ihm ein
Stadtumbau-Manager zur Seite, im weiteren Prozess wurden zur Unterstüt
zung der Steuerung Stabsstellen gegründet, die jeweils verantwortliche Ko
ordinierungsaufgaben für die Umsetzung von großen Investitionsaufgaben
übernehmen. Die Stabsstellen, die jeweils mit einer Person besetzt sind, la
den in enger Abstimmung mit dem Bürgermeister regelmäßig zu projektbezo
genen Jour fixes den Personenkreis ein, der mit den anstehenden Aufgaben
unmittelbar befasst ist. So wird z. B. bei Fragestellung der Bauleitplanung der
Bauamtsleiter hinzugezogen oder bei Liegenschaftsangelegenheiten der Ge
schäftsleiter. Um sparsam mit den beschränkten Personalressourcen umzu
gehen, wechselt die Zusammensetzung also je nach konkreter Aufgabe. Mit
dieser Organisationsstruktur gelingt es auch, die für 2023 geplante Landes
gartenschau zu realisieren.
Bild oben: Aus dem vor 20 Jahren durch die
Stadt erworbenen, rund 150 Jahre alten Pferdestall der Brauerei Lang wurde die erste
Volksmusikakademie in Bayern
Bild unten: Der östliche Teil des ortsbildprägenden Gebäudes wurde abgerissen und
wiedererrichtet. Er sieht heute wieder wie
ein regionstypischer Stadl aus.
4
74
Bad Berneck, Murnau, Dießen am Ammersee
Neues Arbeiten auf dem Land
Ländlicher Raum
Mittelzentrum (Murnau),
gemeinsames Mittelzentrum
(Bad Berneck), Grundzentrum
(Dießen am Ammersee)
Einwohner (2019):
Bad Berneck: ca. 4.340,
Murnau: ca. 12.180,
Dießen: ca. 10.530
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019:
Bad Berneck: ca. - 10,6 %,
Murnau: ca. + 4,4 %,
Dießen: ca. + 10,4 %
Bad Berneck:
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Murnau:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Dießen:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
In den großen Metropolen sind Coworking Spaces – flexibel und temporär nutz
bare, mit moderner Infrastruktur ausgestattete Büroflächen – schon seit einiger
Zeit etabliert. Vor allem Freiberufler, Kreative und Gründer wissen die Flexibilität
und anregende Atmosphäre zu schätzen. Wenn Lebensqualität an Bedeutung
gewinnt und gleichzeitig Standortflexibilität wächst, liegen die Potenziale des
Coworking-Ansatzes für ländliche Kommunen auf der Hand: Wer Coworking-An
gebote nutzt, kann sich den hohen Mieten und Immobilienpreisen und dem
aufreibenden Arbeitsweg in den Metropolen entziehen, ohne auf sozialen Aus
tausch und zeitgemäße Infrastruktur verzichten zu müssen. Ländliche Kommu
nen werden attraktiv für Gründer und Kreative.
Spezifische Ausgangsbedingungen erfordern maßgeschneiderte Ansätze
Was ist nun das Spezielle des Coworking auf dem Land? Unter welchen Rah
menbedingungen ist es erfolgsversprechend? Welche Immobilien und Standor
te eignen sich und von wem sollten Projekte initiiert werden? Drei unterschied
lich gelagerte Praxisbeispiele verdeutlichen Erfolgsfaktoren und Potenziale.
Bad Berneck: Coworking in der Schaltzentrale
In ländlichen Regionen spielt häufig die Behebung von strukturellem Leerstand
eine Rolle, wenn Coworking-Ansätze initiiert werden. So auch bei dem 2019
in einer ehemaligen Schalterfabrik wiedereröffneten Vorhaben „Coworking in
der Schaltzentrale“ im 15 km nordöstlich von Bayreuth gelegenen Kurort Bad
Berneck. Bereits im 2016 fertiggestellten Konzept der „ILE Gesundes Fichtelge
birge“ ist Coworking als Entwicklungspotenzial beschrieben. Zentraler Akteur ist
ein Kreativunternehmer-Netzwerk (Künstlerkolonie Fichtelgebirge). Es hat sich
aktiv in die Umsetzung eingebracht und stellt einen Großteil der Nutzer, vorwie
gend Künstler und Kreativschaffende aus dem Bayreuther Raum. Der Inhaber
der untergenutzten Gewerbeimmobilie erkannte die Chancen des Coworking
und stellte zu günstigen Konditionen Flächen für eine „Kreativ-Etage“ zur Verfü
gung im Verwaltungsgebäude.
Das IQ-Murnau im stillgelegten Krankenhaus
Auch in Murnau war ein Leerstand – ein stillgelegtes Krankenhaus mit 140 Zim
mern und 5.000 m² Nutzfläche – Impulsgeber für Coworking. Ziel des 2017 als
Praxisbeispiele
Bad Berneck, Murnau, Dießen am Ammersee – Neues Arbeiten auf dem Land
kommunale Einrichtung eröffneten „IQ Murnau“ war es, einen Kristallisations
ort für Gründer und Freiberufler aus der Kreativwirtschaft und dem IT-Bereich zu
schaffen und der Abwanderung junger Menschen aus der Stadt zu begegnen.
Indem Funktionalität und technische Ausstattung im Fokus standen, konnte der
Umbau kostenbewusst realisiert werden. Neben Coworking-Arbeitsplätzen wer
den im „IQ Murnau“ auch klassische, dauerhaft vermietete Flächen bereitge
halten. Angesichts des großen Interesses an kleinen, abgeschlossenen (Büro-)
Einheiten erwies sich die Kleinteiligkeit des ehemaligen Krankenhauses als ideal.
Das „IQ Murnau“ hat sich von Anfang an dynamisch entwickelt und beachtliche
wirtschaftliche Impulse bewirkt. Hervorzuheben ist zudem ein fruchtbarer Aus
tausch zwischen Coworking, Kleinst-Büros und dem sogenannten Maker-Lab,
einem ehrenamtlich organisierten „Tüftler-Treff“ vor allem für Jugendliche.
Genossenschaftliches Coworking im „Ammersee Denkerhaus“ in Dießen
Bereits 2013 hat das genossenschaftlich organisierte „Denkerhaus“ in Dießen
am Ammersee eröffnet. In einer ehemaligen Polizeistation werden derzeit sechs
Arbeitsplätze und sechs kleine Büros angeboten. Die Initiative ist schon 2009
von vorwiegend in der IT-Branche tätigen Freiberuflern und Selbständigen aus
gegangen. Inzwischen wird aufgrund der guten Auslastung die Entwicklung
weiterer Standorte in der Region geprüft. Dabei werden auch Kooperationen
mit großen Arbeitgebern in München angestrebt. Die Idee dahinter: Die Unter
nehmen bieten Mitarbeitern aus der Region dezentrale Coworking-Arbeitsplätze
oder -Büros in sogenannten Pendlerstationen an, um ihnen mehr Flexibilität zu
ermöglichen und Fahrtaufwand zu reduzieren.
Die drei Beispiele zeigen die vielfältigen Potenziale des Coworking-Ansatzes für
ländliche Kommunen auf. Sie reichen von der Behebung von Leerständen über
die Stärkung und Vernetzung der lokalen Wirtschaft bis hin zur Verkehrsvermei
dung und mehr (Bleibe-)Perspektiven für junge Menschen. Im Idealfall bietet der
Coworking-Space einen Mix aus Großraum-Arbeitsplätzen und Kleinstbüros, flan
kiert von Konferenzräumen, Gemeinschaftsbereichen und Gastronomie und wird
durch ein sogenannten Community-Management unterstützt, das insbesondere
die digitale Vernetzung der Akteure fördert. Neben der integrierten oder zumin
dest gut erreichbaren Lage zählt eine sehr gute technische Anbindung zu den zen
tralen Standortanforderungen. Vielfach drückt sich der experimentelle, kreative
Ansatz des Coworking auch durch interessante Gebäudeumnutzungen aus.
Projekt
(Gründung)
Coworking in der „Schaltzen
trale“ Bad Berneck (2019)
„IQ-Murnau“
(2017)
„Denkerhaus“ Dießen
(2013)
Gebäude / Standort
Verwaltungsgebäude einer
leerstehenden Schalterfabrik,
Gewerbegebiet / Ortsrand
Ehemaliges Gemeinde
krankenhaus / Ortskern
Zuletzt als Arztpraxis
genutzte ehemaligen
Polizeistation / Ortsmitte
Initiator / Träger
Unternehmer (Vermieter),
initiiert durch Kreativnetzwerk,
Basis ILE-Konzept
Markt Murnau,
Wirtschaftsförderung
Genossenschaft von
Initiatoren / Nutzern
Investitionsvolumen
75.000 €
ca. 100.000 €
für Coworking-Bereich
40.000 €
Fläche / Arbeitsplätze
Kreativ-Etage: ca. 350 m² mit
12 Coworking-Arbeitsplätzen,
5 günstige Kleinbüros
Gesamtnutzfläche 5.000 m²,
davon 600 m² / 40 CoworkingArbeitsp lätze
176 m² (Gesamtgebäude),
6 Coworking-Arbeitsplätze,
6 kleine Büros
Besonderheiten
Initiierung durch Kreativnetz
werk und Unternehmer
zusätzlich fest vermietete
Büros, Wirtschaftsberatung,
Angebote für Jugendliche
private Initiative,
Expansionsüberlegungen
75
4
76
Miltenberg
Hochwasserschutz und
städtebauliche Aufwertung
Lange Geschichte mit vielen Hochwassern
Ländlicher Raum
Mittelzentrum
Einwohner (2019): ca. 9.300
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 4,4 %
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Miltenberg blickt auf eine lange Geschichte zurück: Schon die Römer nutzten
den Ort am linken Mainufer als Grenzposten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde
die heutige Stadt immer wieder von verheerenden Hochwassern heimgesucht.
Die eingeengte Lage der historischen Altstadt zwischen einer rund 2 km langen
Außenkurve des Mains und den Hängen des Odenwalds birgt eine besondere
Hochwassergefahr – nicht zuletzt in Zeiten sich häufender Wetterextreme als
Folgen des Klimawandels.
Zwischen 1999 und 2016 wurden daher die Hochwasserschutzanlagen am
Miltenberger Mainufer in zwei Abschnitten erneuert und erhöht. Es entstanden
neue attraktive Aufenthaltsbereiche am Wasser, historische Verbindungen und
Sichtachsen zwischen Altstadt und Main wurden gesichert und ausgebaut. Wie
ist das gelungen?
Verbindung von Technik und Ästhetik
Die Grundlage für die Verbindung von Hochwasserschutz und städtebaulicher
Aufwertung bildet eine zugleich massive aber flexible Stahlbetonwand auf einer
Länge von über 1.900 m entlang des Mains. Sie gründet in durchschnittlich 8 m
Tiefe auf Felsen, tritt aber äußerlich nur als 90 cm hohe Brüstung in Erschei
nung. Diese Mauer schützt die Altstadt vor einem 25-jährlichen Hochwasser.
Im Falle eines Jahrhunderthochwassers kann sie durch das Aufschrauben von
220 Stahlstützen und durch 2.600 Aluminiumbalken um 1,40 m erhöht werden.
Ergänzt wird das technische Bauwerk um eine Spundwand im Boden, eine
Dränageleitung und ein Pumpwerk, die den Grundwasserstand niedrig halten
und so eine Flutung durch Grundwasser verhindern können. Zusätzlich leitet ein
Schöpfwerk anfallendes Oberflächenwasser ab, das durch die Hanglange der
Altstadt eine gefährliche Größenordnung erreichen kann.
Der sichtbare Teil der Hochwasserschutzmauer ist mit ortstypischen Sandstei
nelementen verkleidet und fügt sich daher gut in das Stadtbild ein. Die Mauer
teilt die Flächen im Uferbereich in zwei Ebenen: Eine tief liegende Ebene direkt
Praxisbeispiele
Miltenberg – Hochwasserschutz und städtebauliche Aufwertung
77
4
am Main und eine höher liegende Ebene auf der Stadtseite. Die Mauer verläuft
nicht gradlinig, sondern besteht aus partiell gegeneinander versetzten Teilstü
cken. Dadurch entstehen neue Räume, die vorher nicht dagewesene Aufent
haltsqualitäten schaffen – bislang bestand der Uferbereich zumeist aus einer
schmalen asphaltierten Fläche, die zum Teil als Parkplatz genutzt wurde. In den
Versatzlücken zwischen den Mauerteilen sind Treppen oder Rampen eingefügt,
über die von einer zur anderen Ebene gewechselt werden kann.
Diese Verknüpfung von technischem Bauwerk und städtebaulicher Aufwertung
hat der Miltenberger Altstadt einen mehrfachen Gewinn beschert: Die attraktive
Lage am Main wurde durch neue Aufenthaltsqualitäten aufgewertet, was den
Freizeitfaktor für die Innenstadt insgesamt erhöht. Möglich wurden diese Syn
ergien, weil zum einen das zuständige Wasserwirtschaftsamt (WWA) Aschaf
fenburg von Beginn an den Ansatz einer städtebaulich verträglichen Lösung
mitgetragen hat. So sind z. B. Vertreter vom WWA und der Stadt im Vorfeld der
Maßnahme gemeinsam in andere Kommunen gereist, um sich von bereits um
gesetzten städtebaulich integrierten Hochwasserschutzmaßnahmen inspirieren
zu lassen. Zudem hat das beauftragte Architekturbüro einen – zunächst in der
Bevölkerung umstrittenen, aber im Nachhinein überzeugenden und preisge
krönten – Entwurf geliefert. Zum anderen wurde die Finanzierung des städte
baulichen, jedoch technisch nicht erforderlichen Teils der Anlage von der Städte
bauförderung unterstützt.
Erhöhung der Schutzmauer als Vorbereitung
auf ein Hochwasserereignis
In Miltenberg zeigt sich, dass Klimaanpassungsstrategien das Potenzial haben,
städtebauliche Mehrwerte zu generieren und Stadträume aufzuwerten, wenn
sie als integrierte Maßnahmen und nicht allein als technisch-funktionales Bau
werk konzipiert werden.
Städtebaulich integrierte
Hochwasserschutzmaßnahmen
• Schaffung von Aufenthaltsqualitäten
• Erhöhung Freizeitwert Innenstadt
• Schutz vor Hochwasser
Altstadt
Promenade
Fluss
Flexibler
Hochwasserschutz
78
Selb
Wohnungsneubau macht
die Innenstadt attraktiv
Ländlicher Raum
Gemeinsames Oberzentrum
mit Asch (Tschechien)
Einwohner (2019): ca. 14.900
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: - 18,3 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Rosenthal, Hutschenreuther, Villeroy & Boch: Alle bekannten Porzellanherstel
ler haben einmal in Selb produziert. Der Strukturwandel der Porzellanindustrie
hat Selb dann in die Krise geführt: Auf Arbeitsplatzverluste folgte Einwohner
schwund. Mittlerweile hat sich Selb wirtschaftlich erholt. Einige ansässige mit
telständische Unternehmen haben sich in zukunftsfähigen industriellen Märkten
weltweit etabliert, in der jüngeren Vergangenheit viele neue Arbeitsplätze ge
schaffen und damit die Arbeitsmarktsituation zum Positiven gewendet. Trotz
dem hat die Stadt zwischen 2000 und 2019 insgesamt über 18 % ihrer Einwoh
ner verloren. Anhaltende, ausbildungsbedingte Abwanderung junger Menschen
und hohe Sterbeüberschüsse sind dafür verantwortlich. Die leichten Einwohner
zugewinne seit 2016 sind da eine große Hoffnung.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft ergreift die Initiative für
Wohnungsneubau in der Innenstadt
Die Stadt Selb betreibt seit 2004 auf der Grundlage eines Integrierten Stadt
entwicklungskonzeptes mit großem Engagement Stadtumbau. Dazu gehören
insbesondere auch die Transformation von 1950er-Jahre-Wohnsiedlungen und
die Revitalisierung von Industriebrachen der Porzellanindustrie. So beherbergt
beispielsweise ein Teil der ehemaligen, unter Denkmalschutz stehenden Rosen
thal Porzellanfabrik das staatliche Museum für Porzellan in Selb. Im Mittelpunkt
steht aber die Wiederbelebung der Innenstadt, mit ihrem, in Teilen sanierungs
bedürftigen Gebäudebestand. Gerade auch die Wohnangebote entsprechen
vielfach nicht den heutigen Wohnwünschen.
Weil private Gebäudeeigentümer oftmals nur zögerlich in ihre Wohngebäude
investieren, ergriff man in Selb mit dem Bau neuer und attraktiver Wohnungen
eine zusätzliche Chance für die zukunftsorientierte städtebauliche Entwicklung.
Ziel ist es, mehr und kaufkräftige Innenstadtbewohner zu gewinnen. Privaten
Investoren fehlte anfangs der Mut, innerstädtischen Wohnungsneubau zu rea
lisieren, weshalb die städtische Wohnungsbaugesellschaft SelbWERK GmbH
2010 die Pionierrolle übernahm.
Praxisbeispiele
Selb – Wohnungsneubau macht die Innenstadt attraktiv
Innenstadtwohnen
Grundlage war die Annahme, dass fehlende Angebote an zeitgemäßen, heutigen
Wohnbedürfnissen entsprechenden Mietwohnungen Interessierte von einem
Zuzug nach Selb bzw. ins Selber Zentrum abhalten. Die Schaffung von neuem
Wohnraum kann hier Anreize bieten. Durch Rückbau und Neubau innerstädtischer
Wohnanlagen mit bezahlbaren Mietwohnungen für alle Altersgruppen sollten über
SelbWERK neue attraktive Wohnungen geschaffen werden.
Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept formulierte die Stadt die Bedeutung
innerstädtischen Wohnens sowie des Umgangs mit Grün- und Freiflächen für
eine Kleinstadt wie Selb. Es wurden Impulsprojekte für die Wohn- und Grünraum
entwicklung im Innenstadtbereich entwickelt. Für den Bereich der zentralgelege
nen Wittelsbacherstraße wurde beispielsweise die Schaffung von Geschosswoh
nungsbau für ältere Bevölkerungsgruppen vorgeschlagen.
Ansicht des Innenstadtwohnens für
Senioren in der Sedanstraße
Die SelbWERK hat in der Sedanstraße zwei Neubauten im Passivhausstandard
mit insgesamt 32 Wohneinheiten für ältere Menschen aus Selb, denen ein
attraktives Zuhause mit bedarfsgerechtem Wohnen im Alter geschaffen werden
sollte, umgesetzt. Barrierefreie Wohnungen mit einem entsprechenden Umfeld
bei Wohnungsgrößen zwischen 40 und 85 m² waren für Senioren aus Selb so
anziehend, dass die Erstbelegung fast 80 % Mieter über 70 Jahre aufwies. Weite
re Neubauvorhaben mit fast 30 Wohneinheiten für familienfreundliches Wohnen
wurden in direkter räumlicher Umgebung umgesetzt.
Die realisierten Wohnbauprojekte tragen mit der ansprechenden Gestaltung, den
großzügigen Spiel- und Freiflächen, dem Ausbau des Wegenetzes oder der Frei
legung eines Bachlaufs, wesentlich zu einer Aufwertung der Innenstadt bei. Mit
der Umsetzung zahlreicher weiterer Projekte, wie beispielweise eines Jungend
zentrums oder des Hauses der Tagesmütter haben die Projekte der SelbWERK der
Innenentwicklung deutliche Impulse gegeben. Das städtebauliche Konzept für das
Wohnen für Senioren in der Sedanstraße und das Haus der Tagesmütter basiert auf
dem Konzept des 1. Preisträgers eines Europanwettbewerbs (Europan 9).
Haus der Tagesmütter
In der Folge interessieren sich auch private Investoren
Die Pioniertätigkeit der SelbWERK, mit Unterstützung der Wohnraum- und
Städtebauförderung, führte zu einer hohen Nachfrage nach innerstädtischen
Neubauwohnungen. Private Investoren schaffen in zwei Neubauprojekten über
50 weitere Wohnungen in der Innenstadt mit differenziertem Grundrissangebot
und attraktivem Wohnumfeld.
Durch eine aktive Grundstückspolitik kann die Stadt als Eigentümerin von
Grundstücken über Kaufverträge Einfluss auf die Qualität der Wohnungsneu
bauten nehmen.
Selb: Wie Kommunen innerstädtische Wohnprojekte initiieren können
Demografischer Wandel und veränderte Wohnwünsche
Wohnen im Zentrum nicht marktgerecht: nicht modernisierter Altbau, fehlender Neubau
Initiierung von Pionierprojekten im Zentrum durch Kommune
Wohnungsbaugesellschaft
Städtebaulicher Vertrag mit Privatinvestor
79
4
80
Schweinfurt
Vom Industrie- zum
Kulturstandort
Ländlicher Raum mit
Verdichtungsansätzen
Oberzentrum
Einwohner (2019): ca. 53.430
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 1,7 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
EU Ziel-2-Programm
Schweinfurt wurde als Reichsstadt im frühen Mittelalter gegründet. Teilweise
noch erhaltene Stadtmauerreste belegen noch heute die mittelalterliche Be
deutung der Stadt. Mit der Industrialisierung seit Mitte des 19. Jahrhunderts
entwickelte sich Schweinfurt zum weltweit bekannten Industriestandort für
Kugel- und Wälzlager. Es entstanden typische Gründerzeitquartiere mit Fa
brikantenvillen und Verwaltungsgebäuden. Nach dem kriegsbedingten Wie
deraufbau folgte eine wirtschaftliche Blütezeit der ortsansässigen metallver
arbeitenden Unternehmen. Industrie und ihre Beschäftigten hatten große
Flächenbedarfe, die an den Rändern der Stadt befriedigt wurden. Der im
Grundriss noch erhaltene mittelalterliche Kern wurde völlig vernachlässigt. Das
äußerte sich auch im Verlust an Einwohnern: Wohnten 1950 mit 7.934 noch
17 % der Bevölkerung in der Altstadt, so waren es 1980 nur noch 5,5 % (2.851
Personen).
Anfang der 1970er Jahren startete die von Großunternehmen wie FAG, Fichtel
& Sachs und SKF geprägte Industriestadt mit der Wiederbelebung der Altstadt,
die bis heute weit fortgeschritten, aber noch nicht vollständig abgeschlossen
ist. Die Strukturkrise der ortsansässigen Industrie in den 1990er Jahren und
der Verlust von über 9.000 Arbeitsplätzen innerhalb von nur drei Jahren führten
zu einer bundesweit einmalig hohen Arbeitslosenquote von fast 20 %. In der
Folge veränderte die traditionsreiche Industriestadt ihr städtebauliches Leit
bild. Das Ziel einer Dienstleistungsstadt mit hoher Lebens- und Freizeitqualität
bedeutete einen völligen Paradigmenwechsel. 2008 kündigte die US-Armee
an, Schweinfurt zu verlassen. Ein weiteres Erneuerungskapitel konnte aufge
schlagen werden.
Heute hat Schweinfurt den Ruf eines Dienstleistungsstandortes mit attrakti
vem Mainufer, innerstädtischem Grün, guten Einkaufsgelegenheiten und viel
Kunst. Der Weg dahin bedurfte mehrerer Jahrzehnte systematischer Stadter
neuerung und kann in drei Phasen mit auf die jeweilige Aufgabenstellung opti
miertem planerischen Instrumenteneinsatz untergliedert werden:
Praxisbeispiele
Schweinfurt – Vom Industrie- zum Kulturstandort
81
Der konsequente Einsatz von Integrierten Entwicklungskonzepten und städtebaulichen Wettbewerben mit Planungs- und
Sanierungsrecht hat wesentlich dazu beigetragen, die Transformation von der Industriestadt Schweinfurt zum Dienstleistungsstandort mit hoher Wohn- und Freizeitqualität zu entwickeln.
Ralf Brettin, Baureferent der Stadt Schweinfurt
Phasen der städtebaulichen Neupositionierung
mit Gebietskulissen und Instrumenten
PHASE 1
1972
Altstadt als Wohnstandort reaktivieren
Gebietskulisse: Altstadt
Instrumente: Vorbereitende Untersuchung (VU), Sanierungsrecht, Wettbewerbe,
(Zwischen)Erwerb, Gebäudesanierung, Neuordnung, Aufwertung öffentlicher Räume
PHASE 2
2000
Grün und Kunst sichtbar machen
Gebietskulisse: Altstadt und Mainufer
Instrumente: VU, Sanierungsrecht, ISEK, Wettbewerbe, (Zwischen)Erwerb,
Gebäudesanierung, Neuordnung, Aufwertung Grünverbindung
PHASE 3
2019
Konversion Gebietskulisse:
ehemalige Militärareale
Instrumente: VU, ISEK, Wettbewerbe, Erwerb, Gebäudesanierung,Neuordnung, Aufwertung Grünverbindung
Phase 1: Altstadt als Wohnstandort reaktivieren – die Sanierungsstelle als
Erfolgsinstrument
Eine 1973 vorgelegte Strukturuntersuchung sowie Vorbereitende Untersuchung
en testierten der Altstadt umfassende städtebauliche Missstände und schlugen
die Ausweisung von Sanierungsgebieten vor. Die kleinteilige Bebauung mit zweiund dreistöckigen, meist traufständigen Gebäuden litt damals unter massivem
Sanierungsstau und den Folgen von Kriegsschäden. Gewerbebetriebe dehnten
sich teilweise aus und führten zusammen mit dem steigenden Autoverkehr zu
unzumutbaren Verkehrs- und Stellplatzproblemen in den mittelalterlich gepräg
ten Gassen. Gleichzeitig fehlten Plätze und Grün, moderner Wohnstandard war
ebenso wenig wie attraktive Einkaufsmöglichkeiten zu finden.
Vor dem Hintergrund dieser Problemlagen verfolgte die Stadtverwaltung das
Ziel, die Altstadt zu einem attraktiven Wohnstandort zu entwickeln. Die Grund
lage der erfolgreichen Sanierung bildete die aktive Grundstückspolitik der Stadt
in Verbindung mit Sanierungsverfahren nach § 142 BauGB. In einem mittlerwei
le als „Schweinfurter Modell“ bekannten Vorgehen identifiziert die Stadt die
besonders sanierungsbedürftigen Objekte („hoffnungslose Fälle“) in einem
Sanierungsgebiet, erwirbt sie, macht sie durch Grundstücksneuordnung, Abris
4
82
se von Nebengebäuden, Grund- oder Teilsanierungen und geprüfte Nutzungs
vorschläge attraktiv und sorgt für ein überschaubares Risiko beim Kauf durch
private Investoren. Konkret kann das in Einzelfällen bedeuten (vgl. 11 SchritteVerfahren), dass die Stadt Wertgutachten erstellen lässt, Grundbuchrechte wie
z. B. Wege- und Lichtrechte bereinigt, statische und restauratorische Untersu
chungen vornehmen lässt oder ein Planungskonzept mit Kostenschätzung er
stellt. Diese Leistungen koordiniert eine eigens dafür eingerichtete Sanierungs
stelle, in der Mitarbeiter der Stadt arbeiten und die in den letzten 40 Jahren
nicht zuletzt durch hohe personelle Kontinuität eine große Kompetenz bei der
Altstadtsanierung sammeln konnte. Die Sanierungsstelle nutzt nahezu jede
sich bietende Gelegenheit, Gebäude und Grundstücke zu erwerben. In vielen
Fällen veräußert sie die Immobilien an Interessierte weiter, die Wohngebäude
sanieren und als Selbstnutzer einziehen. Solche Pioniere – z. B. in der Juden
gasse – haben wesentlich dazu beigetragen, das Wohnen in der Altstadt wieder
attraktiv zu machen.
Die Flächenankäufe dienen aber nicht nur dem Zwischenerwerb, sondern z. B.
auch, um Anwohnergaragen zu errichten, die die sanierten Gassen vom Verkehr
befreien. Andere erworbene Grundstücke nutzte die Stadt, um Quartiersplätze
anzulegen oder öffentliche Einrichtungen als Anziehungspunkte anzusiedeln.
Ganz besondere Wohnqualitäten schafften die Neuordnungen von größeren,
ehemals gewerblich genutzten Arealen, in denen kleinteiliger Wohnungsneubau
mit der Sanierung von Altbauten kombiniert wurde.
Phase 2: Stadtmitte als attraktiven Freizeit- und Kulturstandort
entwickeln – Grün, Kunst und Kultur sichtbar machen
Von privaten Investoren sanierte
Wohngebäude in der Judengasse
in der Schweinfurter Altstadt
Ein besonderer Schwerpunkt der öffentlichen Investitionstätigkeit richtete sich
ab den 1990 Jahren darauf, Schweinfurt als Standort der Kunst, Kultur und ho
her Freiraumqualitäten zu etablieren. Für eine Industriestadt wie Schweinfurt
stellte das eine Neuorientierung dar, die wesentlich durch städtebauliche Pro
jekte sichtbar wurde und bei der – nicht zuletzt durch Wettbewerbe gesichert –
hohe planerische Qualität eine bedeutsame Rolle einnahm. Mit der räumlichen
Konzentration auf die Innenstadt und innenstadtnahe Main-Bereiche ergänzte
diese Strategie die gelungene Etablierung der Altstadt als attraktiven Wohnort.
Besondere Wirkung, auch auf die überregionale Wahrnehmung Schweinfurts,
hatten folgende Vorhaben:
useum Georg Schäfer: Der Industrielle Georg Schäfer leitete über Jahr
• M
zehnte das in Schweinfurt ansässige Unternehmen FAG Kugelfischer und
war passionierter Kunstsammler. Für dessen bedeutende Privatsammlung
errichtete der Freistaat Bayern auf der Grundlage eines Wettbewerbser
gebnisses ein Museumsgebäude, das von der Stadt Schweinfurt betrieben
wird. Der am südlichen Eingang der Altstadt gelegene und von der Max
brücke über den Main gut sichtbare, markante Kubus des Gebäudes wirkt
wie eine Skulptur. Der Kubus steht auf dem Sockel einer Tiefgarage, die im
Rahmen der Sanierung zur verkehrlichen Entlastung der Altstadt entstanden
war. Mit dem in unmittelbarer Nähe zur Stadtbücherei umgenutzten Renais
sance-Bau „Ebracher Hof“ bildet das Museum nicht nur ein kulturelles
Zentrum, sondern schafft auch einen städtebaulich besonders spannenden
Altstadteingang aus neu und alt.
unsthalle im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad: Die „Kunststadt Schwein
• K
furt“ ist eng mit ihrer industriellen Vergangenheit verbunden. In den 1930er
Jahren stiftete der damalige Eigentümer von Fichtel & Sachs der Stadt
Praxisbeispiele
Schweinfurt – Vom Industrie- zum Kulturstandort
83
4
Schweinfurt ein Hallenbad, das sich durch einen Übergangsstil von Historis
mus zur Moderne auszeichnet. Das Hallenbad wurde zur Kunsthalle umge
baut mit der einstigen Schwimmhalle als Kernstück der Ausstellungsfläche.
ulturforum Martin-Luther-Platz: Alt und neu intelligent zu verbinden war
• K
die Aufgabe eines Wettbewerbs, auf dessen Basis bis 2022 das Stadtmuse
um und ein Veranstaltungssaal ihre Heimat in drei historischen Gebäuden –
Altes Gymnasium, Stadtschreiberhaus und Alte Reichsvogtei – und einem
Neubau finden werden.
Das 11 Schritte-Verfahren:
vorbereitende Schritte bis zur Modernisierung durch private Investoren
Grunderwerb
•
•
Erwerb von sanierungsbedürftigen Baudenkmälern und vom Verfall bedrohter Gebäude
Erstellung von Wertgutachten als Basis für Ankauf durch Gutachterausschuss
Grundstück
•
•
gf. Neuordnung des oder der Grundstücke
g
Bereinigung von Grundbuchrechten
Abbrüche
•
•
ggf. Abbruch desolater Nebengebäude
Sicherung von Gebäuden
Planungs
vorbereitungen
•
•
Untersuchung der Bausubstanz
statische, restauratorische und dendrochronologische Untersuchung
Planungskonzept
•
•
Erstellung eines Planungskonzeptes mit Kostenschätzung
Erstellung eines Exposés für die Investorensuche
•
Festsetzung des Kaufpreises zum Neuordnungswert durch den Gutachterausschuss
•
Investorensuche
•
Übernahme der Kosten für die vorbereitenden Maßnahmen durch die Kommune
•
•
Wirtschaftlichkeitsberechnung auf Basis des Planungskonzepts
ggf. Berechnung Zuschuss Städtebauförderung (z. B. Machbarkeitsstudie, Beseitigung von Investitionshemmnissen)
•
Grundstücksverkauf durch Beschluss des Stadtrats
•
Abschluss einer Modernisierungsvereinbarung zwischen Stadt und Erwerber
Kaufpreis
Investoren
Kosten der
Vorbereitung
Finanzierung
Grundstücksverkauf
Modernisierung
84
Mit welcher Beharrlichkeit die Stadt Schweinfurt wiederum Grünräume und
Wasserlagen als innerstädtische Qualitätsmerkmale entwickelt, belegt die
Grünverbindung am östlichen Rand der Altstadt, die die ehemalige mittelalter
liche Stadtbefestigungsanlagen einbezieht. Über 25 Jahre mit weitsichtigem
Grundstücksankauf benötigte die Stadt, um in mehreren Bauabschnitten ei
nen zusammenhängenden innerstädtischen Aufenthaltsbereich mit vielfältigen
Spiel-, Bewegungs- und Sitzmöglichkeiten zu schaffen. Zuletzt bot sich durch
Unterquerung einer Ringstraße, die die Innenstadt umschließt, die Chance der
Einbindung des Mainufers und damit attraktiver Wasserlagen. Die Erarbeitung
eines Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) 2007 hat wesentlich dazu
beigetragen, die Grünverbindung mit Mainufer in eine gesamtstädtische Ent
wicklungsstrategie zu integrieren.
Phase 3: Ehemalige Militärareale als neue Stadtteile entwickeln – ISEK
mit Wettbewerben und Bauleitplanung eng verschränken
2014 zogen die US-Streitkräfte aus Schweinfurt ab und hinterließen über 100 ha
Konversionsflächen. Die Stadt war auf den Abzug vorbereitet und hatte schon im
ISEK 2007 die Flächenfreigabe als Chance für die Stadtentwicklung bewertet. Im
Mittelpunkt der Fortschreibung des ISEK, die 2014 startete, stand folgerichtig die
Umnutzung von drei ehemaligen Militärarealen. Eine wichtige Aufgabe des ISEK
lag darin, die Anbindung der neuen Wohnstandorte und eines geplanten Hoch
schulstandortes an die Innenstadt und den Bahnhof zu klären. Ein räumliches Leit
bild, das die Einbindung der drei Konversionsstandorte in ihre Nachbarschaft, ein
neues Freiraumnetz als Verbindung zur Altstadt und verbesserte Rad- und Fußver
bindungen zur Altstadt und zum Bahnhof hervorhebt, ist städtebauliche Leitidee
des ISEK, die dort in Rahmenkonzepten konkretisiert wird.
Gleichzeitig städtebauliche Erneuerung und
Neupositionierung als „Stadt der Kunst“:
Altstadteingang mit Museum Georg Schäfer
und zur Kunsthalle umgebautes
Ernst-Sachs-Bad (oben).
Praxisbeispiele
Schweinfurt – Vom Industrie- zum Kulturstandort
85
4
Von privaten Investoren sanierte
Wohngebäude in der Judengasse in
der Schweinfurter Altstadt
Parallel zur ISEK-Erarbeitung wurden Nutzungsvorstellungen entwickelt. Zwei
Gebiete sollen zukünftig dem Wohnen und ein Areal der Hochschule sowie
hochschulnahen Nutzungen dienen. Anknüpfend an diese Nutzungsüberle
gungen hat die Stadt die städtebaulichen Konzepte dafür konsequent konkre
tisiert: Städtebauliche Wettbewerbe starteten den Prozess in zwei von drei Ge
bieten, darauf aufbauend eine Rahmenplanung, anschließend Erarbeitung eines
Bebauungsplans und ggf. einer Vorbereitenden Untersuchung als konzeptionel
ler Arbeitsschritt vor Beschlussfassung über ein Sanierungsgebiet. Angesichts
des Ausmaßes der Flächenpotenziale war von vornherein klar, dass die Flächen
bereitstellung zeitlich zu strecken ist. Dieser Flächenvorrat, verbunden mit der
Chance auf hohe Aufmerksamkeit, ermutigte Schweinfurt zur Bewerbung für
die Austragung der Landesgartenschau 2026.
Neu gestaltete Freiräume entlang der
Das Beispiel Schweinfurt belegt, wie hilfreich es sein kann, das informelle und
formelle städtebauliche und planerische Instrumentarien aufgabenbezogen zu
verknüpfen. Ein ISEK schafft eine gesamtstädtische, städtebauliche Orientie
rung und wird bei veränderten Rahmenbedingungen fortgeschrieben. Wettbe
werbe und Rahmenpläne dienen zur Konkretisierung der Zielvorstellungen, die
Bauleitplanung schafft dann die rechtlichen Grundlagen. Bei der Altstadtsanie
rung reicht die Bauleitplanung zur Steuerung nicht. Mit dem Sanierungsrecht
steht ein Instrument zur Verfügung, mit dem eine Kommune die notwendige,
aktive Grundstückspolitik umsetzen kann.
Uferpromenade (Bild oben) sowie attraktive
Grünverbindungen zum Main (Bild Mitte)
Räumliches Leitbild im ISEK zur Integration
der Konversionsgelände in den Stadtraum
Yorktown Village, Kessler Fields,
zukünftig Wohnen
Ledward Barracks,
zukünftig Hochschule,
Park und Stadthalle
Ledward Barracks,
zukünftig Wohnen
Altstadt
Bahnhof
86
Garmisch-Partenkirchen
Innerörtliche
Quartiersentwicklung
Der Markt Garmisch-Partenkirchen ist in hohem Maße durch den alpinen Tou
rismus geprägt und verzeichnet als beliebter Altersruhesitz viele überregionale
Zuzüge älterer Personen. Nachdem eine großdimensionierte Hotelplanung auf
einer Krankenhausbrache am Rand des historischen Ortskerns von Garmisch
im Jahr 2008 durch einen Bürgerentscheid gestoppt wurde, ist auf dem fast
ein ha großen Areal eine nutzungsgemischte und ortsbildverträglich verdichtete
Bebauung entwickelt worden. Ortstypische Altbauten wurden erhalten und in
das Quartier integriert.
Ländlicher Raum
Oberzentrum
Einwohner (2019): ca. 27.220
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: + 3,2 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Zentrales Ziel: Wohnraum für den lokalen Bedarf schaffen
Vorrangiges Ziel des 2018 mit dem Preis für Baukultur der Metropolregion Mün
chen ausgezeichneten Vorhabens war es, im sogenannten „historischen Viertel“
von Garmisch in ortsangepasster Bauweise modernen Wohnraum für verschie
dene Altersgruppen und Haushaltstypen zu schaffen. Aufgrund des durch den
überregionalen Zuzug angespannten Immobilienmarkts sollten vor allem vor Ort
verwurzelte Haushalte eine Chance zur Wohneigentumsbildung erhalten. Auch
der Gemeinschaftsgedanke sollte durch die Architektur unterstützt werden. Das
Vorhaben wurde durch eine örtliche Baugruppe initiiert und umgesetzt, die im
Kern aus der Initiative hervorgegangen ist, die sich für den Verzicht auf die Ho
telbebauung eingesetzt hatte.
Qualitätsorientierung durch städtebaulichen Ideenwettbewerb
und Konzeptvergabe
Die gerade mit Blick auf das historische bauliche Umfeld formulierten Qua
litätsanforderungen veranlassten den Markt 2011 dazu, mit Mitteln der Städ
tebauförderung zunächst einen städtebaulichen Ideenwettbewerb auszuloben.
Eine nachhaltige Bauweise aus Holz war bereits in der Ausschreibung festge
schrieben. Bei der späteren Ausschreibung des Grundstücks orientierten sich
die Vergabekriterien vor allem an der Qualität des Nutzungskonzepts. Die Bau
gruppe legte als einzige Bewerberin ein qualifiziertes Konzept für das gesamte
Areal vor und erhielt den Zuschlag.
Praxisbeispiele
Garmisch-Partenkirchen – Innerörtliche Quartiersentwicklung
87
Beschleunigte und individuell angepasste Umsetzung durch
intelligentes Planungskonzept
Das 2016 fertiggestellte städtebauliche Ensemble besteht aus einem Hotel mit
Tagungsräumen, Restaurant und Gewerbeeinheit sowie sechs unterschiedlich
langen Riegeln, giebelständig zum öffentlichen Raum ausgerichteter Ein-, Zweiund Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 27 Wohneinheiten. In ihrem Zentrum
bilden die Bauten einen halböffentlichen, gemeinschaftlich genutzten Anger von
etwa 1.500 m², unter dem sich die Tiefgarage befindet.
Ausgehend von zwei unterschiedlich breiten Basis-Grundrissen entwickelten
die Architekten für die Eigentümer passgenaue Detailplanungen. Ein schmale
rer Haustyp ist als klassisches Einfamilienhaus über drei Etagen konzipiert. Auf
dem breiteren Grundriss finden zwei vertikal oder horizontal voneinander ge
trennte Wohneinheiten Platz. Durch die Verwendung vorgefertigter Elemente
in Holztafelbauweise konnte das Vorhaben innerhalb etwa eines Jahres fertig
gestellt werden. Eigentumsrechtlich ist die Baugruppe eine Wohnungseigentü
mergemeinschaft.
Ein mit der historischen „Villa Friedheim“
verbundener Hotelneubau schließt die Bebauung
zur Hauptstraße ab
Umsetzungsschritte
2008
Stopp des Hotelprojekts durch
Bürgerentscheid
2011
Städtebaulicher Ideenwettbewerb
Die Quartiersentwicklung zeigt, dass eine bürgerschaftliche Initiative konstruk
tiv als Motor für qualitätsvolle und ortsangepasste Innenentwicklung wirken
kann. Mit dem Anger im Zentrum des Areals wurde eine städtebauliche Lösung
für eine gemeinschaftsorientierte Wohnform gefunden, die sich potenziell auch
gegenüber dem öffentlichen Stadtraum öffnet.
2012
Ausschreibung des Areals,
Verkauf an Baugruppe
2013
Bebauungsplan erlangt Rechtskraft
2015
Baubeginn
Durch die Verwendung vorgefertigter Holzelemente und ein auf zwei unter
schiedlichen Basis-Grundrissen basierendes Planungskonzept konnten Flexibili
tät und Schnelligkeit in der Ausführung erreicht werden, ohne das qualitätsvolle
und einheitliche Erscheinungsbild zu gefährden.
2016
Fertigstellung des Bauvorhabens
Das Hotel bildet den Abschluss des Ensembles zur Hauptstraße im Süden. Es
verbindet eine sanierte historische Villa, in der Empfang und Gastronomiebereich
untergebracht sind, mit einem angelagerten neu errichteten Apartmentkomplex.
Qualitativ hochwertige und zeitsparende Umsetzung durch individuell
angepasste Basisgrundrisse und vorgefertigte Holzelemente
Fertigelemente
Intelligentes
Planungskonzept
Drei
Basistypen
beschleunigend
kostensenkend
individuell
Funktion
Passgenaue
Einzelplanung
Raumaufteilung
Ausstattung
Technik
4
88
Coburg
Die digitalisierte Stadt
In Coburg wurde bereits 2001 festgestellt, dass die Digitalisierung kein
Phänomen ist. In jenem Jahr wurde die Stelle eines Onlinemanagements
ausgeschrieben mit der ausdrücklichen Aufgabe, eine umfassende, an der
Lebens- und Arbeitspraxis der Menschen orientierte Digitalisierungsstrategie
zu erarbeiten und umzusetzen.
Ländlicher Raum mit
Verdichtungsansätzen
Oberzentrum
Einwohner (2019): ca. 41.070
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. - 3.9 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Um zunächst die Möglichkeiten der Nutzung von IT-Anwendungen zur Optimie
rung des Verwaltungshandels auszuloten, wurde ein „E-Government-Master
plan“ erarbeitet und von 2006 bis 2012 sukzessiv unter Leitung des Online
managements (heute: Amt für Digitalisierung und Kommunikation) umgesetzt.
Dabei sind digitale Anwendungsprozesse u.a. in den Bereichen Information
sowie Bürger- und Serviceorientierung im städtischen Verwaltungshandeln
etabliert worden.
Parallel erreichte Coburg im Rahmen eines 2006 ausgelobten Städtewettbe
werbs zu den Chancen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien
die Endrunde. Mit mehr als 20 hinterlegten Einzelprojekten aus allen Lebens
bereichen und für alle Altersstufen wurde die Bewerbung zum Meilenstein für
den Digitalisierungsprozess, weil das Thema aus dem Rathaus heraus in die
Stadtgesellschaft transportiert wurde. Im Wettbewerbsbeitrag wurden die
Chancen und Potenziale digitaler Anwendungen über die ganze Stadt mit all ih
ren Themen erdacht und konnten – auch dank der Anerkennung in Höhe von
50.000 € für das Erreichen der Endrunde – im „städtischen Reallabor“ erprobt
werden. Als Projektpartner und Multiplikatoren wurden Bürgerinnen und Bür
ger gewonnen, die die Verantwortung für einzelne Projekte übernahmen und
als Digitalisierungsbotschafter auftraten. Dadurch wurde die Akzeptanz für
die Potenziale neuer Technologien erhöht und anfängliche Skepsis im Hinblick
auf die Nutzerfreundlichkeit oder Kosten überwunden. Der Begriff des „Städ
tischen Reallabors“ wurde durch die Teilnahme der Stadt Coburg an weiteren
Wettbewerben und Modellvorhaben zusätzlich mit Leben gefüllt. Z. B. zwi
schen 2015 bis 2018 als eine von drei Kommunen im bayerischen Modellvorha
ben „Digitale Einkaufsstadt“: In diesem Rahmen wurde u.a. das Online-Portal
„IchKaufInCoburg“ entwickelt, auf dem mehr als 400 Coburger Einzelhändler
vertreten sind.
Von 2013 bis 2018 wurde der „E-Government-Masterplan II“ umgesetzt. Hand
lungsschwerpunkt war die Fortentwicklung digitalisierten Verwaltungshandelns,
Praxisbeispiele
Coburg – Die digitalisierte Stadt
89
4
das sich nun stärker am Nutzer orientieren sollte. Dabei ging es z. B. um die
Anpassung des Angebots an die mobile Nutzung (inzwischen nutzen mehr als
50 % der User die Angebote über das Smartphone) oder die Implementierung
neuer rechtlicher Rahmenbedingungen (z. B. DSGVO) in die Digitalisierungsstra
tegie. Drei konkrete Beispiele für die Mehrwerte digitaler Anwendungen im all
täglichen Verwaltungshandeln sind:
er Baublog berichtet tagesaktuell über alle Bau- und Stadtentwicklungsvor
• D
haben und macht diese frühzeitig transparent. Mit der Einrichtung wurde eine
Kommunikationsplattform geschaffen, von der Bürger und Verwaltung profi
tieren. Bei der Fortschreibung des ISEK konnte über komplexe Sachverhalte
informiert und die Möglichkeit zur Beteiligung und Diskussion gegeben und
zielorientierter durchgeführt werden. Die Beschwerden von Händlern oder
Anwohnern über Baustellen sind seit der Einrichtung spürbar zurückgegangen.
ie Zentrale Online-Vormerkung für alle Kindertageseinrichtungen reduziert
• D
Mehrfachanmeldungen und kann so die Planungssicherheit beim Um- und
Ausbau der Angebote steigern.
ie städtische Online-Wohnungsbörse vermittelt Vermiet- und Mietwillige
• D
insbesondere im Segment des niedrigpreisigen Wohnens. Die Veröffentli
chung und Aktualisierung angemessener Kosten verhilft potenziellen Vermie
tern dabei zu einer höheren Sicherheit.
Bei der Bürgerbeteiligung zur Entwicklung des
Rahmenplans „Itzauen“ konnten Anregungen auf
einer digitalen Karte erfolgen und damit leichter
verortet werden
Aktuell ist die „Digitale Agenda Coburg“ gestartet, eine Art Evaluierungs- und
Beteiligungsprozess der Querschnittsaufgabe Digitalisierung. Ziel ist es, unter
Einbezug der gesamten Stadtgesellschaft eine realistisch umsetzbare Weiter
entwicklung des besonderen „Coburger Weges“ zu skizzieren, indem systema
tisch Anwendungsmöglichkeiten digitaler Prozesse in zahlreichen Handlungsfel
dern aufgezeigt werden.
Eines ist bereits heute erkennbar: Das Image als digitale Stadt scheint wahr
genommen zu werden. In Verbindung mit der Hochschule und Projekten wie
der Schlachthof-Villa (eine ehemalige Fabrikantenvilla, die zum Coworking-Space
für StartUps umgebaut wurde) schafft es Coburg trotz seiner peripheren Lage
eine gewisse Anziehungskraft auf junge Menschen auszuüben. Die im ISEK von
2007 skizzierten demografischen Prognosen – Bevölkerungsrückgang und deut
liche Alterung – zeigen sich wesentlich günstiger als prognostiziert.
Der Werdegang der „Digitalen Stadt“ Coburg im Zeitverlauf
· www.coburg.de
· Intranet
· Digitale Akte
· Digitale Rechnung
· Kulturvernetzung
Online-Management
Coburg
Konzeptionelle Steuerung und
Kontrolle der Zielerreichung bei
digitalen Projekten
2001
2006
IT-Strategie
T-City
2009
2010
Eingebundene Geschäftsbereiche:
· IuK (Informations- und
Kommunikationstechnologie)
· Organisation
· Personal
· Fachämter
· Recht / Datenschutz Personalrat
· Wohnungsbörse
· Web 2.0
· Online-Marketing
· Digitales Stadtgedächtnis
2011
2013
2014
E-Gov. Masterplan 2
(Strategie 2013 – 2018)
E-Gov. Masterplan 1
(Strategie 2006 – 2012)
eGov. Wettbewerb
Co Medienpreis
Land der Ideen
OpenGov. Hero
eTown Award
2018
Digitale Agenda
(2018)
90
Kempten (Allgäu)
Klimaschutz gemeinsam
gestalten
Die Stadt Kempten (Allgäu) möchte ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und
hat 2009 den Klimaschutz als eines von fünf strategischen Leitzielen der Stadt
entwicklung benannt. Als Leitstrategie wird das Thema systematisch und um
fassend angegangen und mit konkreten wie ambitionierten Zielen hinterlegt.
Die Masterplan-Formel: „Energieverbrauch - 50 % + CO2-Emissionen - 95 %
= 100 % Klimaschutz bis 2050“
Ländlicher Raum mit
Verdichtungsansätzen
Oberzentrum
Einwohner (2019): ca. 69.150
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 12,6 %
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
2012 wurde Kempten (Allgäu) eine „Masterplan-Kommune“ im Rahmen der Na
tionalen Klimaschutzinitiative des Bundes, ein Jahr darauf war der „Masterplan
2050“ fertiggestellt, der nun die Grundlage für die Klimaschutzanstrengungen
der Stadt Kempten (Allgäu) bildet. Zur Koordinierung und Umsetzung von Maß
nahmen zum Klimaschutz wurde im Referat für Planen, Bauen und Verkehr die
Stabsstelle Klimaschutz (kurz: Klimaschutzmanagement) eingesetzt.
Der Masterplan bündelt Strategien, Maßnahmen und Zielszenarien mit mess
baren Indikatoren in vier Kategorien („Konsum / Ernährung“, „Mobilität / Verkehr“,
„Wohnen / Strom /Wärme“ sowie „Erneuerbare Energien“), die zur Erreichung
des „100 %-Ziels“ bis 2050 beitragen sollen. Die Bandbreite der Maßnahmen
reicht von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit mit Vorschlägen zur alltäglichen,
klimagerechten Verhaltensoptimierung, über die Stärkung des Umweltverbun
des im Verkehr bis hin zu baulichen Entwicklungen.
Qualifizierte Baubegleitung mit Punktesystem
Ein wesentlicher Baustein zur Energieeinsparung ist in Form des Förderpro
gramms „Qualifizierte Baubegleitung“ 2018 gestartet: Es soll Hausbesitzer
bei der Planung und Umsetzung energetischer Sanierungen unterstützen. Da
Kempten (Allgäu) eine Stadt mit sehr alter Bausubstanz ist, birgt das Thema
besondere Herausforderungen in Hinblick auf städtebauliche und denkmal
schutzrechtliche Verträglichkeiten. In Zusammenarbeit mit dem Energie- und
Umweltzentrum Allgäu, einer gemeinnützigen GmbH, getragen von Kommu
nen, Wirtschaft und Initiativen der Region Allgäu, werden die Eigentümer von
ausgewiesenen Fachleuten beraten, die zugleich auf ein Netzwerk an beson
Praxisbeispiele
Kempten (Allgäu) – Klimaschutz gemeinsam gestalten
91
4
ders geschulten Handwerksbetrieben zurückgreifen können. Sowohl für die
Baubegleitung als auch für die Ausführung können die Bauherren KfW-För
dermittel und ergänzend kommunale Fördermittel in Anspruch nehmen. Die
Förderhöhe ist eng mit einem Punktekatalog verknüpft: Je mehr Kriterien bei
der Sanierung erfüllt werden – z. B. Inanspruchnahme von Beratungs- und
Planungsleistungen, Umfang der Maßnahme, Verwendung regionaler Bau
stoffe, Beauftragung regionaler Handwerker etc. – desto höher die Punktzahl.
Für jeden Punkt gibt es 100 € Förderung (max. 4.000 €). Mit regionalen Be
trieben und Materialien werden zugleich Aspekte regionaler Wertschöpfungen
und Einsparungen bei Folgeemissionen verknüpft.
Öffentliche Investitionen: Low Tech-Gebäude und neuer Fuhrpark
Tagungszentrum „S4“ der städtischen
Wohnungs- und Städtebau GmbH
Die Stadt selbst geht auch mit gutem Beispiel voran und ersetzt beispielsweise
seit 2013 peu à peu ihren Fuhrpark durch Fahrzeuge mit umweltfreundlichen An
triebsformen. Öffentliche Neubauten werden nach Möglichkeit im Passivhaus
standard errichtet – so z. B. die Kindertagesstätte „Oberlinhaus“, die 2013 fertig
gestellt wurde und ein Gebäude aus den 1970er Jahren ersetzte. Ein weiteres
Beispiel ist das von der städtischen Wohnungs- und Städtebau GmbH direkt an
der historischen Stadtmauer errichtete erste Bürogebäude im Passivhausstan
dard, das „S4“: Der Bau umfasst knapp 9.000 m² Bürofläche, ein Café und ein
flexibles Tagungszentrum. Dank modernster Haustechnik, Dämmung und Ge
bäudeausrichtung sowie Wärmerückgewinnung konnte der Energieverbrauch
auf ein Minimum reduziert werden. Beide Beispiele zeigen, wie eine Symbiose
aus städtebaulichen Qualitäten und Klimaschutz gelingen kann. Insgesamt hat
die Stadt Kempten (Allgäu) 2019 bei allen städtischen Gebäuden eine 80 %ige
Energieeinsparung gegenüber 1999 erreicht.
Die Nutzung städtebaulicher Potenziale und die Stärkung erneuerbarer Energien
konnte mit den Neubauten der Wasserkraftwerke „Keselstraße“ und „Kaufbeurer
Straße“ an der Iller gelingen: Die Architektur der Anlagen passt sich den komple
xen örtlichen Anforderungen beispielhaft an. Es wurden Aspekte des Hochwas
serschutzes baulich integriert, ebenso eine Fischtreppe, um den Belangen der
Flussfauna Rechnung zu tragen. Mit einem Café und einer Sommerterrasse so
wie Sitzstufen wurden darüber hinaus an der Kaufbeurer Straße auf dem „Dach“
des Kraftwerks ganz neue Aufenthaltsqualitäten geschaffen.
Neues Wasserkraftwerk „Kaufbeurer Straße“
Klimaschutz in Kempten (Allgäu)
1992
1998
Weltkonferenz
der Vereinten
Nationen
als Impulsgeber
für den Beginn
einer nachhaltigen Entwicklung Kemptens
Gründung des
Energie- und
Umwelt
zentrums
Allgäu (eza!)
1999
2009
2011
2012
2013
Einstellung
eines kommunalen Energiemanagers
,,Klima
schützen‘‘ als
eines von 5
strategischen
Zukunftszielen
für das Jahr
2020
Gründung
städtisches
Energieteam,
seit 2014
KIimaschutzbeirat
Auszeichnung
mit dem Euro
pean Energy
Award (eea)
Kempten wird
Klimaschutz
pilotkommune,
Beschluss des
Masterplan
Konzeptes
1996 – 2007
Lokale Agenda 21 – Gruppen gestalten den
Weg in eine umweltverträgliche Zukunft
Einstellung
eines kom
munalen
KIimaschutz
managers
2015
Umsetzung
diverser
Masterplan
Projekte
92
Regensburg
Wachstum mit hoher
städtebaulicher Qualität
Verdichtungsraum
Regionalzentrum
Einwohner (2019): ca. 153.090
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: + 21,8%
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Regensburg wird in herausragender Weise durch seine im zweiten Weltkrieg
weitgehend von Schäden verschonte, behutsam sanierte und inzwischen als
Welterbe geschützte Altstadt geprägt. Dass auch der Weiterbau der viertgröß
ten und am schnellsten wachsenden Großstadt des Freistaats auf einem ho
hen Gestaltungsniveau stattfindet, ist vorausschauenden Weichenstellungen
zur Qualitätssicherung im Städtebau zu verdanken, die bis in die 1960er Jahre
zurückreichen. Dabei war das Regensburger Vorgehen in mancher Hinsicht bei
spielgebend für andere historisch geprägte Städte, auch über Bayern hinaus.
Aktuell stellt der hohe Nachfragedruck auf dem Wohnungsmarkt – insbesondere
im Segment des „bezahlbaren Wohnens“ – eine der größten Herausforderun
gen für die städtebauliche Entwicklung dar.
Die Altstadtschutzsatzung als Reaktion auf den Verlust
wertvoller Baustruktur
In den ersten Nachkriegsjahren vollzog sich in Regensburg zunächst nur eine
sehr verhaltene Bautätigkeit. Dies änderte sich jedoch in den 1960er Jahren
grundlegend: Angesichts einer Vielzahl größerer Bauvorhaben speziell im Alt
stadtbereich, die teilweise tief in die städtebauliche Grundsubstanz eingriffen,
wurde die dringende Notwendigkeit weitergehender Regelungsbedarfe zum
Schutz des noch weitgehend intakten historischen Stadtbilds deutlich. Infolge
dessen wurde 1975 eine Altstadtschutzsatzung beschlossen, die neben Rege
lungen zur Baugestaltung auch Vorgaben für Werbeanlagen enthielt. Die Satzung
wurde im Jahr 2007 durch eine Neufassung abgelöst, die den zwischenzeitlich
veränderten Anforderungen Rechnung trug. Zu berücksichtigen war insbeson
dere der Trend zur Nutzung der Dachgeschosse zu Wohnzwecken, der mit dem
Ziel des Erhalts der einzigartigen Dachlandschaft der Regensburger Altstadt in
Einklang zu bringen war. Auch für die Errichtung von Balkonen und den Umgang
mit technischen Entwicklungen (z .B. Satellitenempfangsanlagen und Werbe
technik) waren geeignete Regelungen zu finden. Ein reich illustriertes Gestal
tungshandbuch unterstützt Bauherren und Architekten bei der konkreten Um
setzung der Satzung durch vielfältige praktische Beispiele.
Praxisbeispiele
Regensburg – Wachstum mit hoher städtebaulicher Qualität
Der Regensburger Gestaltungsbeirat: erfolgreich durch
Transparenz und Verbindlichkeit
Einen weitreichenden Einfluss auf die behutsame städtebauliche Entwick
lung der Stadt in der jüngeren Vergangenheit besitzt der 1998 gegründete Re
gensburger Gestaltungsbeirat. Als einer der ersten deutschlandweit, war das
„Regensburger Modell“ beispielgebend für viele der inzwischen mehr als 130
Gestaltungsbeiräte im Land. Angeregt von bereits erfolgreich etablierten Beirä
ten in Linz und Salzburg, ging die Initiative für die Gründung des Regensburger
Gestaltungsbeirats vom Regensburger Architekturkreis aus. Ausschlaggebend
waren Wunsch und Anspruch, bei bedeutsamen Bauvorhaben im gesamten
Stadtgebiet neben bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Aspekten auch
baukulturelle Fragen angemessen zu berücksichtigen.
Das Beratergremium setzt sich aus sechs, jeweils für vier Jahre berufene
Experten zusammen. Es wird bei allen für das Stadtbild relevanten Bauvorha
ben im Stadtgebiet zu Rate gezogen. In einer öffentlicher Sitzung werden die
Ablauf einer Befassung im Regensburger Gestaltungsbeirat
Bauherren / Planende
Bauordnungsamt / Referat
Gestaltungsbeirat (GBR)
Schriftliche Bauanfrage
Entscheidung, ob Vorstellung
im GBR
nein
ja
Vorprüfung / Vorbesprechung bauplanungs- und
bauordnungsrechtlicher Fragen
Vorbereitung / Einreichung der Sitzungsunterlagen
Gemeinsame Standort-Begehung
Sitzung des Gestaltungsbeirats mit Empfehlungen
bei Wiedervorlage-Empfehlung
Nachbereitung, ggf. Prüfung
rechtlicher Belange
Bauantrag, Prüfung,
Fachstellenbeteiligung
Baugenehmigung
93
4
94
Standorte der im Regensburger
Gestaltungsbeirat beratenen Vorhaben
Planungen mit den Planenden erörtert, um durch einen fachlichen Austausch
„auf Augenhöhe“ die bestmögliche Lösung für die jeweilige städtebauliche Situ
ation zu finden. Die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats gelten als verbindlich.
Falls Überarbeitungen der Planungen notwendig sind, erfolgt eine Wiedervorla
ge. Damit die Befassung im Beirat nicht durch formale Fragen belastet wird,
werden wesentliche baurechtliche Aspekte vorab durch das Bauordnungsamt
geprüft. Um Interessenskonflikten vorzubeugen, dürfen die Beiratsmitglieder
keinen Geschäftssitz in der Region unterhalten und zwei Jahre vor Beginn ihrer
Tätigkeit und ein Jahr danach keine eigenen Vorhaben in der Stadt durchführen.
Stadtweite Beratungstätigkeit
Politische Rückendeckung, Transparenz, Unabhängigkeit und ausgewiesene
fachliche Expertise der Mitglieder gelten als wesentliche Erfolgsfaktoren des
Regensburger Gestaltungsbeirats, der in hohem Maße zur Vermittlung von Bau
kultur beiträgt. Die Bandbreite der mehr als 350 beratenen Vorhaben reicht von
Neubauten im Altstadt-Ensemble über Einfamilienhäuser in den Stadtteilen bis
hin zu Gewerbebauten, Fassadenneugestaltungen und einer Planung für ein
Schnellrestaurant an einer Ausfallstraße. Um eine möglichst hohe Kontinuität
der Beiratstätigkeit sicherzustellen, ist in der Regel auch bei Architektenwettbe
werben ein Beiratsmitglied im Preisgericht vertreten, ebenso in Beratergremien
bei der Umsetzung von Bebauungsplänen.
Ein Beispiel für ein besonders anspruchsvolles und intensiv beratenes bau
kulturelles Vorhaben ist die 2009 abgeschlossene Sanierung des Parkhauses
Praxisbeispiele
Regensburg – Wachstum mit hoher städtebaulicher Qualität
am Dachauplatz in der Altstadt. Das Gebäude aus den 1970er Jahren wies
bauliche, funktionale und gestalterische Mängel auf, die darüber hinaus auch
Ladenleerstände im Erdgeschoss zur Folge hatten. Durch den in enger Abstim
mung mit Gestaltungsbeirat und Denkmalpflege geführten Planungsprozess
wurde eine Fassade entwickelt, die den Baukörper horizontal und vertikal glie
dert und dadurch die unterschiedlichen Nutzungen andeutet. In der verglas
ten Erdgeschosszone wurden eine Markthalle und gastronomische Angebote
etabliert. Im Untergeschoss konnte ein Teilstück der römischen Lagermauer
erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Einen Beitrag zur Linderung des Mangels an Wohnflächen im Stadtgebiet
leistet eine 2016 fertiggestellte Wohnanlage im westlich der Regensburger
Fassadengestaltung der
Wohnanlage in der Puricellistraße
Altstadt gelegenen Westenviertel. Nach Rückbau eines Parkhauses und ei
nes untergenutzten Gebäudes eines Weiterbildungsträgers sind insgesamt
98 barrierefreie Wohnungen errichtet worden. Das Vorhaben wurde mehr
fach im Gestaltungsbeirat erörtert, wobei insbesondere die Einpassung der
Baukörper in die heterogene Umgebung der verschiedenen Grundstückssei
ten verfeinert wurde. Die Wohnanlage überzeugt überdies durch eine hoch
wertige Fassadenausführung und Freiflächengestaltung und belegt, dass trotz
massiven Baudrucks gestalterische Ansprüche an die Wohnbauentwicklung
gestellt werden.
Mit einer „Wohnbauoffensive“ setzt die Stadt Regensburg seit 2016 zudem
vielfältige Maßnahmen und Aktivitäten um, die die Schaffung von überwiegend
günstigem Wohnraum beschleunigen sollen. Dazu werden im ersten Schritt
geeignete, in der Regel untergenutzte Flächen identifiziert. Seit 2017 wird die
Wohnbauoffensive durch eine städtische Wohnbauflächenmanagerin zent
ral koordiniert. Zielsetzungen und Gestaltungsansprüche einzelner Vorhaben
werden u.a. in einem einmal monatlich stattfindenden Jour fixe ämterüber
greifend abgestimmt. Dabei wird auch festgelegt, ob ein Vorhaben im Gestal
tungsbeirat zu behandeln oder ein städtebaulicher Wettbewerb durchzuführen
ist. Durch eine frühzeitige Rückmeldung an den Vorhabenträger und beschleu
nigte Verfahren mit den beteiligten Fachämtern können unnötige Prozessver
zögerungen vermieden werden. Um den zusätzlichen Flächenverbrauch zu
minimieren, stehen Nachverdichtungs- und Umnutzungspotenziale im Fokus
der Strategie. Entsprechende Flächen werden systematisch erhoben und nach
Kriterien wie Baurecht, Eigentumsverhältnisse und Infrastruktur priorisiert.
95
4
96
Würzburg mit Umlandgemeinden
Mobilität neu denken
Verdichtungsraum und
ländlicher Raum
Regionalzentrum (Würzburg),
Grundzentrum (Gerbrunn,
Rottendorf), ohne zentralörtli
che Einstufung (Randersacker,
Theilheim)
Einwohner (2019): ca. 145.540
(gesamt: Würzburg, Gerbrunn,
Randersacker, Theilheim,
Rottendorf)
Einwohnerentwicklung 2000
bis 2019: ca. + 0,5 % (gesamt)
Würzburg:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Europäischer Fonds für
Regionale Entwicklung (EFRE)
Gerbrunn:
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Randersacker:
Bayerisches Städtebau
förderungsprogramm
Der Abzug der amerikanischen Streitkräfte hat in vielen bayerischen Kommu
nen Flächenpotenziale für große Stadtentwicklungsprojekte freigesetzt. So
auch in Würzburg, wo ein am östlichen Stadtrand gelegenes 95 ha großes, ehe
maliges Militärareal zum neuen Stadtteil Frauenland-Hubland umgenutzt wird.
Bis 2024 entsteht ein Stadtteil mit ca. 2.000 neuen Wohneinheiten für über 4.500
Menschen, mit einem Stadtteilzentrum in den früheren Kasernengebäuden und
5 ha Flächen für forschungsintensives Gewerbe. Das Ansiedlungspotenzial for
schungsintensiver Unternehmen ist auf die unmittelbare Nachbarschaft der Uni
versität zurückzuführen. Herzstück des neuen Stadtteils ist ein lang gezogener
Park, der dort angelegt wurde, wo früher Flugzeuge starteten. Das Parkgelände
war 2018 das Zentrum einer Landesgartenschau.
Neuer Stadtteil mit einem Mobilitätskonzept der Zukunft
Von Anfang an stand fest: Der Stadtteil Hubland wird nicht nur durch einen Tras
senneubau an das Straßenbahnnetz angeschlossen. Er soll auch Erprobungs
raum für neue Mobilitätsangebote werden. Neben Carsharing galt es auch einen
Pedelec-Verleih zu integrieren, da aufgrund der Lage des neuen Stadtteils und
der Topographie in der Region Würzburg, Potenziale des Radverkehrs insbeson
dere in der Verbindung mit einem Elektronantrieb stehen. So entstanden in einer
engen Zusammenarbeit der Stadt, der Wohnungswirtschaft und den städtischen
Verkehrsbetrieben sogenannte Mobilstationen, an denen Carsharing-PKWs,
Fahrrad- und Pedelec-Verleih räumlich gebündelt zur Verfügung stehen und
durch Nähe zu ÖPNV-Haltestellen den Umstieg zwischen verschiedenen Mobi
litätsangeboten erleichtern. Vier neue Mobilstationen auf dem Hubland, die von
der Stadtverkehrs-GmbH als städtischem Tochterunternehmen betrieben wer
den, ergänzen das seit 2015 im Aufbau befindliche Angebot von 17 Stationen in
Würzburg. An jeder Station befinden sich Elektro-Ladestationen, die Buchung
erfolgt durch automatisierten Chipkartenzugang. Um für Wohnungsbauinvesto
ren diese Mobilitätsangebote interessant zu machen, hat die Stadt Würzburg
eine Ablösemöglichkeit für PKW-Stellplätze von bis zu 30 % der erforderlichen
PKW-Stellplätze eingeführt. In einem städtebaulichen Vertrag sichert das Unter
nehmen zu, dauerhaft Carsharing-PKWs an der Mobilstation verfügbar zu halten.
Mindestens von der Startphase bis zur Wirtschaftlichkeit eines Standortes ver
langen Carsharing-Anbieter, die für die Nutzung der Mobilstation Miete zahlen,
einen Zuschuss vom Wohnungseigentümer. Die Erfahrungen zeigen: Frühzeitige
Berücksichtigung von Mobilstationen ermöglicht die Grundstückssicherung für
Praxisbeispiele
Würzburg mit Umlandgemeinden – Mobilität neu denken
97
4
Prinzip der Zusammenarbeit von Stadt, Bauherr, StadtverkehrsGmbH und Carsharing-Unternehmen, um Nutzern Carsharing
als Alternative zu privaten PKW-Stellplätzen anzubieten
Würzburger
Stadtverkehrs-GmbH
Stadt Würzburg
Bau von
Mobilstationen
Betrieb
Mietvertrag
Mobilstation
Systematische Standortwahl der vier Mobilstationen im entstehenden Stadtteil Hubland
Carsharing-Anbieter
Städtebaulicher
Vertrag
Verpflichtung zur
Vorhaltung von
Carsharing
Kooperationsvertrag
(Grundmiete,
Auslastungsgarantie)
Alternative 2
Bauherr
Wohnungsbau
Alternative 1
Stellplatzanlage
oder -ablöse
Ergebnis eines Wettbewerbs: die Gestaltung der
Mobilstation 1 auf dem Hubland
optimale Standorte und hat in einem Fall sogar eine öffentlich zugängliche Stati
on auf privatem Gelände geschaffen.
Radverkehrsnetz mit den Nachbarkommunen als erster Baustein eines
interkommunal abgestimmten Mobilitätssystems
Die Vorbereitung auf die Landesgartenschau 2018 auf dem Hubland bot den An
lass für die Erarbeitung eines interkommunalen Mobilitätskonzeptes für Würz
burg und die vier im Osten gelegenen Stadtrandgemeinden Gerbrunn, Rander
sacker, Rottendorf und Theilheim. Dieses bildet die Grundlage für eine bessere
und klimafreundliche Vernetzung der Stadt Würzburg mit den östlichen Umland
gemeinden. Im Fokus der Bearbeitung stand der Ausbau der Nahmobilität, ins
besondere des Radverkehrs (Fahrrad, Pedelec), des ÖPNV und der Sharing-An
gebote (E-Bike-Sharing, Carsharing). Über zentrale Verknüpfungspunkte wurde
das Mobilitätsnetz überörtlich angebunden und alternative Mobilitätsdienst
leister, wie beispielsweise ein Carsharing-Angebot in Gerbrunn implementiert.
Neben der intermodalen Verknüpfung konnten bis zur Landesgartenschau
Wegeketten optimiert, Wegelücken geschlossen und deren Qualität gesteigert
und der Verdichtungsraum Würzburg enger verbunden werden.
Mit dem interkommunalen Mobilitätskonzept
untersuchten die Stadt Würzburg mit den Umlandgemeinden Gerbrunn, Randersacker, Rottendorf
und Theilheim das gemeinsame Mobilitätsnetz,
insbesondere hinsichtlich der Verbesserung der
zentralen Verknüpfungspunkte sowie des Pedelecund Radverkehrsnetzes (siehe Karte)
98
München
Urbane Mobilität und
Logistik der Zukunft
Regelmäßig werden in Deutschland Stichproben des Mobilitätsverhaltens er
hoben. Diese Untersuchungen belegen die anhaltende Dominanz des PKWs
als Fortbewegungsmittel, aber gerade in Großstädten wie München kommt
Bewegung in die Mobilitätsmuster der Bewohner. Die Wege mit dem Fahrrad
und mit dem ÖPNV nehmen spürbar zu, Carsharing- und Fahrradverleih-Ange
bote erfreuen sich zunehmender Nachfrage. Nicht nur der Klimaschutz, sondern
auch Veränderungen im Verkehrsverhalten legen es also nahe, neue Mobilitäts
ansätze zu erproben.
Verdichtungsraum
Metropole
Einwohner (2019):
ca. 1.484.230
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 22,6 %
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Für jeden Zweck können Bewohner des
Domagkparks an der Mobilitätsstation
Elektrofahrzeuge mieten, vom Lastenrad
über den Roller bis hin zum Auto
Mobilitätsstationen mit zusätzlichen Logistikangeboten in
Neubau- und Bestandsquartieren
Auf die zunehmende Bereitschaft auf Alternativen zur PKW-Nutzung in Groß
städten zurückzugreifen, reagieren Münchner Modellprojekte mit einer Auswei
tung der Angebote bspw. an Mobilitätsstationen. Diese bieten Carsharing-Autos,
Lastenräder und Fahrräder sowie Roller zum Smartphone gesteuerten Verleih
an. München konzentriert sich dabei in seinen Pilot-Stadtteilen auf Elektroan
triebe. Daneben haben die Entwickler aber auch die Stadtlogistik im Blick: Im
Stadtteil Neuaubing-Westkreuz am westlichen Stadtrand stehen neben zwei der
Mobilitätsstationen Quartiersboxen. Fächer dieser Box können stundenweise
gebucht werden, um dort Lebensmittel (es gibt auch gekühlte Fächer), Pakete
oder Gegenstände aller Art auszutauschen. Die Kooperation mit einem Lebens
mittelanbieter macht das Angebot besonders attraktiv und hat u.a. zum Ziel, den
Verkehrsaufwand für die sogenannte „letzte Meile“ von Kurier-, Express- und
Paketdiensten (KEP) zu reduzieren.
Im Neubauviertel Domagkpark verfolgt die Stadt dasselbe Ziel mit einem Con
cierge-Dienst: In einem zentral gelegenen Ladenlokal werden neben diversen
Dienstleistungen rund um das Wohnen (z. B. Wäsche- und Reparaturservice)
gegen ein monatliches Pauschalentgelt auch Pakete entgegen genommen,
mit dem Nebeneffekt, dass sich das Concierge-Büro zum beliebten Treff der
Neu-Bewohner entwickelt.
Praxisbeispiele
München – Urbane Mobilität und Logistik der Zukunft
99
Digitale Vernetzung erschließt Mehrwerte
Mit einer App, der „München SmartCity App“ wird ein zentraler Zugang zu allen
wichtigen Quartiersinformationen geschaffen: Wann kommt die nächste Tram?
Kann ich jetzt ein Lastenrad für einige Stunden buchen? Und bald, wenn ein
soeben entwickelter, intelligenter Lichtmast die Daten liefert: Wie hoch ist das
Verkehrsaufkommen im Quartier? Digitale Informationsgebote dieser Art bilden
damit die Chance, vom „eigenen“ Verkehrsmittel auf geteilte Angebote umzu
steigen und damit der „Sharing-Ökonomie“ zum Durchbruch zu verhelfen. Der
nächste Schritt wäre dann die Flatrate für alle Mobilitätsangebote. Die Stadtwer
ke Augsburg erproben dieses Konzept: Für 75 € im Monat können sich Testper
sonen im ÖV-Netz der Stadt bewegen, bis zu 30 Stunden Carsharing-PKWs und
ständig bis zu 30 Minuten ein Leihrad nutzen.
Integrierte Mobilitäts- und Logistikansätze
in Neuaubing und im Domagkpark
Neuaubing-Westkreuz
(Bestandsquartier, Stadtrand)
Domagkpark
(Neubau, zentrale Lage)
Elektro-Carsharing
Elektro- und konventionelles Carsharing
Miet-Fahrrad
Elektro-Roller
Elektro-Lastenrad
Elektro-Lastenrad
Elektro-Fahrrad
Elektro-Fahrrad
Quartiersbox
Concierge
Angebot der Mobilitätsstation
Angebot der Quartierslogistik
Planerische
Umsetzungsinstrumente
Mobilitätskonzepte der
Wohnungsunternehmen
Mobilitätskonzepte von Investoren neuer Wohnanlagen können den Stell
platzbedarf reduzieren und autoarme Mobilität fördern
Ein besonders großes Potenzial für Veränderungen im Verkehrsverhalten liegt im
Stellplatzangebot. In München lässt die Stellplatzsatzung seit 2016 bei Neubau
ten eine Variabilität zwischen 0,5 und einem Stellplatz pro Wohnung zu. Seitdem
arbeiten Wohnungsunternehmen an Mobilitätskonzepten, die durch das Ange
bot von Mobilitätsservices für ihre Bewohner den Stellplatzbedarf reduzieren.
Im Domagkpark halten Wohnungsgenossenschaften und die städtische Woh
nungsbaugesellschaft in ihren Baufeldern beispielsweise Mobilitätsstationen,
übertragbares ÖV-Ticket, Paketshop, Fahrradladen aber auch Fahrradabstellan
lagen vor und reduzieren dabei den Stellplatzansatz pro Wohneinheit. Dies tut
dem neuen Stadtviertel gut: weniger Stellplätze, mehr nutzbarer öffentlicher
Raum, mehr Begegnung. Der Mehrwert veränderten Mobilitätsverhaltens wird
damit für jeden Bewohner unmittelbar erlebbar. Auf wirtschaftlicher Ebene wer
den Baukosten und Bauzeiten reduziert, auf kommunaler Ebene reduzieren sich
die Flächeninanspruchnahme und langfristig gesehen Folgekosten, die durch
ein Neubaugebiet verursacht werden.
Standort
Mobilitätsstation
Mobilitätskonzepte zur Reduzierung von
Stellplätzen machen aus dem Domagkpark
ein autoarmes Quartier
4
100
Nürnberg
Rundum-Erneuerung einer
1960er Jahre Wohnsiedlung
Regierungsbezirk
Mittelfranken
Verdichtungsraum
Oberzentrum
Einwohner (2019):
ca. 518.370
Einwohnerentwicklung
2000 bis 2019: ca. + 6,1 %
Bund-Länder-Städtebau
förderungsprogramm
Wohnraumförderung
Die großen Wohnanlagen des sozialen Wohnungsbaus der Nachkriegszeit sind
in die Jahre gekommen. Sie wurden entwickelt, um den Wohnungsbedarf in den
1950er und 1960er Jahren zügig decken zu können. Das konnte nur durch die
einheitliche Planung von Wohnsiedlungen mit über 1.000 Wohneinheiten und
Wohnkonzepten für die damals bezahlbare Nachfrage gelingen. Heute gelten
die Wohnungen vielfach als zu klein und mit geringem Ausstattungsstandard,
die Gebäude bedürfen der energetischen Sanierung und die öffentliche Infra
struktur zeigt Modernisierungsbedarf. Wie kann eine solche Siedlung rundum
erneuert werden?
Eine denkmalgeschützte Siedlung in der Erneuerung
Die von Prof. Hans Bernhard Reichow im Auftrag der wbg zwischen 1962 und
1966 erbaute Wohnsiedlung „Parkwohnanlage West“ mit ursprünglich 1.030
Wohneinheiten stellt das einzige konsequent umgesetzte Beispiel der soge
nannten organischen Stadtbaukunst und Architektur in Bayern dar und wurde
daher 2007 als Ensemble in die Denkmalliste eingetragen. Reichow prägte
den Begriff der „Stadtlandschaft“ und meinte damit eine neue städtebauliche
Ordnung und Gestaltung, die die lokalen Besonderheiten aufnimmt und zu
gleich eigene kleine Mikrokosmen mit kompletter Infrastruktur für ihre Bewoh
ner entstehen lässt. Dieses Verständnis spiegelt die „Parkwohnanlage West“
wider.
Das Gebiet wird durch sackgassenartige Straßenarme, an denen drei- und
viergeschossige Reihenbauten fächerartig aufgereiht sind, erschlossen. Am
Ende der Straßenarme schließen neungeschossige Punkthäuser das Sied
lungsgebiet ab. Die Fußwege zu den Hauseingängen sind von den Fahr
straßen strikt getrennt und führen durch die parkartig angelegten, großzügi
gen Grünflächen. Zur Wohnanlage gehört auch die von Reichow entworfene
Carl-von-Ossietzky-Schule.
Praxisbeispiele
Nürnberg – Rundum-Erneuerung einer 1960er Jahre Wohnsiedlung
101
Das Fünf-Stufen-Modell als Rundum-Erneuerung von 2011 bis 2032
Die wbg Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen (wbg) hat mit ihrem lang
fristig angelegten Fünf-Stufen-Modell einen beispielhaften Weg für die RundumErneuerung einer Großsiedlung gefunden. Die fünf Stufen spiegeln unterschied
liche Sanierungsstandards wider, die für Wohngebäude angestrebt werden.
Die Mischung der Standards verhindert bei der Sanierung eine Verdrängung
von langjährigen Mietern und gewährleiste auch in der Zukunft eine soziale
Mischung. Darüber hinaus entsteht durch Grundrissanpassungen und den
Anbau von Aufzügen in ausgewählten Bestandsgebäuden zukunftsfäghiger und
barrierearmer Wohnraum.
Grundlage des Fünf-Stufen-Modells sind umfassende Untersuchungen des
Wohnungsbestandes im Hinblick auf u.a. Bautypologie, Grundrisse, energeti
schen Zustand und Ausbaupotenzial. Wichtige Voraussetzung für eine effiziente
Umsetzungsstrategie war die Erarbeitung von Gebäudetypologien (insgesamt
32) und Gliederung der Häuser (85 dreistöckig mit 510 Wohneinheiten, 38 vier
stöckig mit 304 Wohneinheiten, 3 neunstöckig mit 216 Wohneinheiten) und
Grundrisse. Für jeden Typ wurde eine Beispielsanierung konzipiert und mit der
Denkmalbehörde abgestimmt. Die Untersuchungen sind in einen Rahmenplan
eingeflossen, der die Wohngebäude in folgende Stufen einteilt:
• Basismodernisierung: Bei ausgewählten Wohngebäuden zielt die
wbg auf Werterhalt ohne umfänglichen Sanierungsanspruch, der die
Mieten gering hält.
odernisierung: Bei diesem Sanierungstyp werden die Maßnahmen
• M
auf die energetische Optimierung beschränkt.
mbau: Umbau umfasst eine energetische Vollsanierung und
• U
einen Aufzugsanbau.
ufstockung: Um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, werden
• A
geeignete Wohngebäude ausgewählt, bei denen insgesamt 150 neue
Wohneinheiten durch Aufstockung geschaffen werden können.
Stufe 4 umgesetzt: Grundsanierung und
eubau / Ersatzneubau: Wenige Flächenpotenziale werden für
• N
ergänzende Nachverdichtung durch Neubauten genutzt.
Aufstockung durch Anheben des Pultdachs
und Ergänzung einer Dachgeschossterrasse
4
102
Rundum-Erneuerung nur mit den Mietern
Die Sanierungsmaßnahmen finden teilweise im bewohnten Zustand statt. Das
gelingt nur in enger Abstimmung mit den Mietern. Die wbg informiert daher
betroffene Mieter frühzeitig und ausführlich über die geplanten Maßnahmen
und arbeitet eng mit dem Bürgerverein und weiteren Einrichtungen im Quartier
zusammen. Das im Quartier befindliche Kundencenter ist erste Anlaufstelle für
Fragen der Mieter.
Stufe 5: Nachverdichtung durch ergänzenden
Neubau, teilweise gefördert im Bayerischen
Wohnungsbauprogramm. 2020 ausgezeichnet
mit dem Deutschen Bauherrenpreis.
Damit leistet das Fünf-Stufen-Modell einen Beitrag zu einer angepassten Sanie
rung, die nicht nur den Fokus auf den Erhalt und die Weiterentwicklung von Be
standsquartieren legt, sondern darüber hinaus die Wahrung von baukulturellen
Werten und des Sozialgefüges zum Ziel hat.
Praxisbeispiele
Nürnberg – Rundum-Erneuerung einer 1960er Jahre Wohnsiedlung
103
Der Sanierungsfahrplan „Parkwohnanlage West“ in Nürnberg
Basis-Modernisierung
Umbau
Neubau
Modernisierung
Aufstockung
Ersatzneubau
Instandhaltung
Rundum-Erneuerung einer 1960er Jahre Wohnsiedlung „Nürnberg – Parkwohnanlage West“
Schritt 1: Analyse (Städtebau, Wohnungswirtschaft, Energie, Soziales, …)
Schritt 2: Rahmenplan im Fünf-Stufen-Modell
1
2
3
4
5
Basis
modernisierung
Modernisierung
Umbau
Aufstockung
Neubau
Günstige Mieten
Energ. Optimierung
Energ. Vollsanierung
Zusätzlicher Wohnraum
Zukunftsorientierter
& Werterhalt
2011 – 2032: 442 WE
und Aufzugsanbau
2011 – 2032 : 27 WE
2011 – 2019: 162 WE
2011 – 2032: 256 WE
Wohnraum
2011 – 2019: 111 WE
4
104
Projekt- und Bildnachweis
U1 Dinkelsbühl, Luftbild; Dettendorf, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
U1 / U4 Pfrombach, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
4 Neuburg, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
7 Zusammenhänge städtebaulicher Planung
Grafik: StMB / ISAR 3
8 Donau bei Niederalteich, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
10 Bevölkerungsentwicklung 2038 gegenüber 2018
Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik
www.statistik.bayern.de
11 ISEK Hebertshausen
Planung: Dragomir Stadtplanung GmbH
Förderung: Planungszuschüsse
12 Anwendung informeller, formelle Instrumente in
der städtebaulichen Entwicklung
Grafik: StMB / ISAR 3
13 Auszug aus dem Erreichbarkeitsatlas der
Metropolregion München
Quelle: Büttner, B.; Keller, J.; Wulfhorst, G. (2011): Erreichbar
keitsatlas – Grundlagen für die Zukunft der Mobilität in der
Metropolregion München
14 Strategisches Vorgehen zur Flächenbedarfsermittlung
vgl. Planungshilfen für die Bauleitplanung 2018 / 19
Grafik: StMB / ISAR 3
15 IKEK Allianz Fuchstal
Planung: Dürsch Institut für Stadtentwicklung
Förderung: Planungszuschüsse
16 München, Quartier Baumkirchen
Bauherr: CA Immo Deutschland GmbH / Baumkirchen Mitte
GmbH & Co. KG
Planung Landschaftspark: mahl·gebhard·konzepte Landschafts
architekten BDLA Stadtplaner; Partnerschaftsgesellschaft mbB
Bild: CA Immo / Luftbildfotograf Hajo Dietz
17 Gründachkartierung Nürnberg
Datenquellen: Gründachkartierung Stadt Nürnberg /
EFTAS Fernerkundung; Technologietransfer GmbH
Grundkarte: Bayerische Vermessungsverwaltung
17 Klimacheck
Herausgeber und Bearbeitung: Hochschule für angewandte
Wissenschaften München (Hochschule München, HM),
Fakultät für Tourismus, Schachenmeierstr. 35, 80636 München
www.tourismus.hm.edu
Prof. Dr. Thomas Bausch, Dipl. Geogr. Carolin Scheibel,
Dipl. Geogr. Felix Hörmann
18 Regensburg, Hochwasserschutz Abschnitt D Reinhausen
Planung: HWS Team Regensburg
Förderung: Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE)
Foto: Wasserwirtschaftsamt Regensburg
19 München, Energiezentrale Freiham
SWM – Stadtwerke München
Copyright Foto: SWM
19 Untersuchungsebenen Energiekonzept
Grafik: StMB
20 Neu-Ulm, Vorwerkstraße 21 / 1
Bauherr: Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm (NUWOG)
Planung / Foto: Braunger Wörtz Architekten
Förderung Elefantensiedlung: „LWQ – Lebendige Wohnquartiere
für Jung und Alt“ experimenteller Wohnungsbaus; Wohnraum
förderung
Förderung Vorwerkstraße 21 / 1: bayerisches Wohnungsbaupro
gamm (EOF-Mitteln); KfW (Programm Energieeffizient Bauen)
21 München, Ersatzneubau Konrad-Celtis-Straße
Planung: Büscher Architekten
Förderung: Wohnraumförderung (EOF)
Foto: Astrid Ackermann Fotografie
21 Markt Wolnzach, Städtebaulicher Wettbewerb
„Glandergassleiten“
Planung: delaossaarchitekten gmbh
22 Nürnberg, Nordostpark
Planung / Foto: WGF Objekt Landschaftsarchitekten GmbH
23
ugsburg, Masterplan und Gestaltungshandbuch
A
Innovationspark
Planung: KCAP Architects & Planners
23 Gewerbeflächenpool Wirtschaftsverband A 9
Ein Projekt der interkommunalen Kooperation Wirtschaftsband
A 9 Fränkische Schweiz e.V.
Förderung: Planungszuschüsse
grafische Anpassung: ISAR 3
24 Kahl am Main, Mobilitäts- und Nachverdichtungsstrategie
Planer: arc.grün | landschaftsarchitekten.stadtplaner.gmbh
Förderung: Planungszuschüsse
25 Landsberg am Lech, Visualisierung Lady-Herkomer-Steg
Planung / Visualisierung: Mayr | Ludescher | Partner Beratende
Ingenieure München / Stuttgart mit DKFS Architects, London
Förderung: Städtebauförderung
25 Mobilitätskonzept, Urbanes Leben am Papierbach
Planung / Urheber: BERNARD Gruppe ZT GmbH
grafische Anpassung: ISAR 3
25 Mobilitätspyramide vgl. Netzwerk Slowmotion, München 2010
grafische Anpassung: ISAR 3
26
Augsburg, Lechhausen Stadtteilzentrum „Grüner Kranz“
Planung: Gilg Peer Wolff Architekten
Förderung: Das Plangutachten, dass zur Umsetzung führte, wur
de aus Mitteln der Städtebauförderung bezuschusst
Foto: Manuela Wagner, Stadt Augsburg
27 Hammelburg, Viehmarkt
Planung: capattistaubach Landschaftsarchitekten
Förderung und Plandarstellung: Der Wettbewerb sowie die
Planung und Umsetzung der Platzneugestaltung wurde aus
Mitteln der Städtebauförderung bezuschusst
Foto: capattistaubach Landschaftsarchitekten
28 Starnberg, Georgenbachweg
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Stadt Starnberg
29 Berching, Hans Kuffer Park
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Anikó Kerl
30 Deggendorf, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
31 Deggendorf, Rahmenplan Siedlung Kohlberg
Luftbild: Copyright Bayerische Vermessungsverwaltung,
Bayerisches Landesamt für Digitalisierung, Breitband und
Vermessung 2017
Planung: lab landschaftsarchitektur brenner,
Dömges Architekten AG
Förderung: Planungszuschüsse
31
Perlesreut, Bauherreninformation „Lebendige Nachbarschaft
Perlesreut“
Planer: Arc Architekten Partnerschaft mbB
Förderung: Planungszuschüsse
32 Baunach, Umnutzung einer ehemaligen Brauerei
Planer: Brückner & Brückner Architekten
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Gerhard Hagen Fotografie
32 Nürnberg, Prinzipskizze INSEK
Darstellung Stadt Nürnberg, INSEK Digitales Nürnberg
grafische Anpassung: ISAR 3
34 Raum- und Gemeindestrukturen in Bayern
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
35 Anzahl der Kommunen mit Einwohnerverlust nach Raumtyp
Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2019
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
35 Entwicklung der Einwohnerzahl in % nach Raumtyp
Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2019
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
36 Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur Bayern
Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2019
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner, StMB
38 Markthaus in Fuchsmühl
Förderung: Machbarkeitsstudie zur Entwicklung des
Markthauses sowie die Freianlagen wurden mit Mitteln der
Städtebauförderung bezuschusst.
Foto: Zweckverband Steinwald-Allianz
38 Karlsfeld, Mitte
Foto: Alexander Dacos Photography
39 Tirschenreuth Marktplatz und Stadtteich
Förderung: Umgestaltung des Marktplatzes als auch die
Anlage des Stadtteiches wurden aus Mitteln der Städtebau
förderung bezuschusst
Foto: Stadt Tirschenreuth
40 Bayreuth, Rahmenplan
Planung: AGS-München
Förderung: Städtebauförderung
41 Landsberg am Lech, Visualisierung Quartier am Papierbach
Bauherr / Visualisierung: Ehret und Klein
städtebaulicher Entwurf / stadtbaukünstlerischen Oberleitung:
MORPHO-LOGIC Architektur und Stadtplanung
Visualisierung Baufeld A 1 Süd (Bild unten)
Bauherr: Ehret und Klein
Planung / Visualisierung: Kehrbaum Architekten
Projekt- und Bildnachweis
42 Augsburg, Luftbild Sheridan Kaserne (2005 und 2020)
Foto: Bernd-Ullrich Wagner
43 München, Quartier Schwabinger Tor
Jost Hurler Beteiligungs und Verwaltungs GmbH & Co. KG
Förderung: städtische Mittel aus den Förderprogrammen
München Modell-Miete und städtische EOF
Foto: Sebastian Arlt
43
ünchen, Parkplatzüberbauung Dantebad
M
Förderung: Staatliche und städtische Wohnraumförderung
(EOF)
Bauherr: GEWOFAG
Planung: Florian Nagler Architekten
Foto: Stefan Müller-Naumann
43 Nürnberg, Gartenhaus
Planung / Foto: Bauform
44 Salzachaue, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
46
uch am Erlbach, Luftbild
B
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
47 Buch am Erlbach, räumliche Entwicklungsschwerpunkte
vgl. ISEK EGL GmbH Entwicklung und Gestaltung von
Landschaft, Landshut
grafische Anpassung: ISAR 3
Förderung: Planungszuschüsse
48 Buch am Erlbach, 1. Preis Realisierungswettbewerb
„Gastorferstraße“
Planung: Eberhard von Angerer, Büro für Architektur und
Stadtplanung + Hinnenthalschaar Landschaftsarchitekten in
München
Förderung: Planungszuschüsse
49 Buch am Erlbach, Mehrgenerationenwohnen
Bauherr / Foto: MARO eG, Tania Schmid
Planung: Deppisch Architekten
Förderung: Wohnraumförderung
50 Buch am Erlbach, Mehrgenerationenpark
Planung: raum + zeit / Tobias Nowak und Yvonne Hammes
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Litvai Atelier für Fotografie
51 Buch am Erlbach, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
52 Greifenberg, Hofhäuser
Planung / Foto: Sunder Plassmann Architekten Stadtplaner BDA
52 Greifenberg, Kartendarstellung
Grundlage: © OpenStreeetMap, Open Database Licence
(ODbL) 1.0
grafische Anpassung: ISAR 3
Energiesysteme), 2013, gefördert durch das BMWi
- Pebbles (Peer-to-Peer-Energiehandel auf Basis von Block
chains), 2018, gefördert durch das BMWi
59 Wildpoldsried, Stromverbrauch und- Erzeugung 2018
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
59 Wildpoldsried, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
60 Weyarn, Luftbild
Foto: ArchImage, Meike Hansen
61 Weyarn, Kartendatstellung
Darstellung: Leupold Brown Goldbach Architekten
grafische Anpassung: ISAR 3
62 Weyarn, Quartier am Klosteranger
Planung: Leupold Brown Goldbach Architekten
Foto: ArchImage, Meike Hansen
62 Weyarn, Quartier am Klosteranger, „Fletz“
Planung: Leupold Brown Goldbach Architekten
Foto: ArchImage, Meike Hansen
63 Weyarn, Schema Ortsentwicklung
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
63
Weyarn, Kirche St. Peter und Paul
Foto: ArchImage, Meike Hansen
64 Systemskizze „Auf dem Land Mobil“
vgl. „Zukunftsfähige Mobilität in ländlichen Räumen“
Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen
Wandel (InnoZ) GmbH
grafische Anpassung: ISAR 3
65 Markt Heimenkirch, Bahnhalt
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Alexander Rochau
65 Markt Heimenkirch, Mitfahrbank
Foto: Markt Heimenkirch
65 Freyung, Mobilitätsangebot „Freyfahrt“
Foto: Stadt Freyung
65 Systemskizze „Carsharing auf dem Land“
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
66 Schwarzenbach an der Saale, Porzellanwerk gkU Winterling
Förderung: Städtebaufördermittel für u.a. Abbruchkosten,
Planungsleistungen und kommunalem Entwicklungsfonds
Foto: Fickenscher Architektur+
67 Schwarzenbach an der Saale, Masterplan
Planer: Fickenscher Architektur+
Förderung: Städtebauförderung
53 Greifenberg, Hofhäuser
Planung / Foto: Sunder Plassmann Architekten Stadtplaner BDA
67 gKU Winterling, Kartendarstellung
Grundlage: © OpenStreeetMap, Open Database Licence
(ODbL) 1.0
grafische Anpassung: ISAR 3
53 Greifenberg, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
67 gKU Winterling, Prinzipskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
54 Steinwald-Allianz, Panorama
Foto: Steinwald-Allianz
68 Freyung, Luftbild
Foto: Stadt Freyung
55 Gemeindeportal Spiegelau, „Dahoam 4.0“
Förderung: „Digitales Dorf“, StMWi
Foto: Technologie Campus Grafenau
69 Freyung, Luftbild
Foto: Stadt Freyung
grafische Ergänzung: ISAR 3
55 Steinwald- Allianz, Systemskizze
Förderung: „Digitales Dorf“, StMWi
vgl. Darstellung Zweckverband Steinwald-Allianz
grafische Anpassung: ISAR 3, FORUM Huebner,
Karsten & Partner
70 Freyung, Planungsabfolge seit 2007
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
56 Langenfeld, Dienstleistungszentrum
Planung: Reeg und Spieler Architektur
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Wolfgang Rückert
56 Langenfeld, Kartendarstellung
Grundlage: © OpenStreeetMap, Open Database Licence
(ODbL) 1.0
grafische Anpassung: ISAR 3
57 Langenfeld, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3 , FORUM Huebner, Karsten & Partner
58 Wildpoldsried, Luftbild
Foto: Gemeinde Wilpoldsried
Förderung: Förderprogramme des StMWi
- Windstützpunkt (Einzelförderung)
- Biomasseheizwerke (BioKlima)
- PV-Speicher-Programm
Forschungsprogramme:
- IRENE (Integration regenerativer Energien und Elektromo
bilität), 2011, gefördert durch das BMWi, weitere Beteiligte:
Allgäuer Überlandwerke, Siemens, RWTH Aachen,
Hochschule Kempten
- IREN2 (zukunftsfähige Netze für die Integration regenerativer
70 Freyung, Gasthaus Veicht
Förderung: Städtebauförderung
Foto: ppp planungsgruppe Freyung
71 Freyung, Stadtplatz
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Forum Huebner, Karsten & Partner
71 Freyung, Volksmusikakademie
Foto: Josef Aigner
Förderung: Städtebauförderung
72 Freyung, Organisationsmodell
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
73 Freyung, Volksmusikakademie
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Stadt Freyung, M. Peda, Pedagrafie
73 Freyung, Volksmusikakademie
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Stadt Freyung, M. Peda, Pedagrafie
74
Murnau, Luftbild
Foto: Dominik Bartl, www.newsmediaservice.de
105
106
Projekt- und Bildnachweis
75 Coworking, Projektübersicht
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
89 Coburg, Zeitverlauf
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
76 Miltenberg, Mainpromenade
gestalterische Planung: Holl Wieden Partnerschaft Stadtplaner
und Architekten
Förderung: Städetbauförderung
Foto: Gerhard Hagen
90 Kempten, Wasserkraftwerk Keselstraße
Planung: Becker Architekten
Foto: Bruno Maul
77 Miltenberg, Mainhochwasser
Foto: Stadt Miltenberg
91 Kempten, Tagungszentrum S4
Planung: Architekturbüro Huber
Foto: Rainer Retzlaff
77 Miltenberg, Erhöhung Schutzmauer
Foto: Stadt Miltenberg
91 Kempten, Wasserkraftwerk Kaufbeurer Straße
Planung: F64 Architekten
Foto: Ralf Lienert
77 Miltenberg, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
91 Kempten, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
78 Selb, Luftbild
Foto: Fotoflug.de
92 Regensburg, Parkhaus Dachauplatz
Planung: Dömges Architekten AG
Foto: Stefan Hanke
79 Selb, Sedanstraße
Planung: H2M Architekten + Stadtplaner GmbH
Förderung: Wohnraumförderung
Foto: Selbwerk GmbH
79 Selb, Haus der Tagesmütter
Planung: Gutiérrez–dela Fuente + TallerDe2, Madrid
Foto: Fernando Alda
Feigfotodesign / Selbwerk GmbH
79 Selb, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
80 Schweinfurt, Luftbild
Foto: Nürnberg Luftbild, Hajo Dietz
81
Schweinfurt, Phasen der Neupositionierung
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
82 Schweinfurt, Wohngebäude Judengasse
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Hans Hatos
93 Regensburg, Einbindung Gestaltungsbeirat
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
94 Regensburg, Standorte der beratenden Vorhaben
Darstellung: Stadt Regensburg
95 Regensburg, Puricellistraße 26 – 30
Planung: Wittman Architekturbüro, Regensburg
Foto: Michael Zartner, Wittman Architekturbüro, Regensburg
96 Würzburg, Hubland Mobilitätsstation 3 integriert in das
Technologie- und Gründerzentrums TGZ
Planung: kister scheithauer gross architekten und
stadtplaner GmbH
Foto: Adrien Cochet-Weinandt, Stadt Würzburg
97 Würzburg, Systemskizze Zusammenarbeit Car- Sharing
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
97 Würzburg, Parkhaus Standorte Mobilitätsstationen
Darstellung: Stadt Würzburg
83 Schweinfurt, 11-Schritte Verfahren
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
97 Würtzburg, Mobilitätstation 1 Hubland
Planung / Foto: Deffner Voitländer Architekten
84 Schweinfurt, Kunsthalle
Foto: Peter Leutsch
97 Stadt-Umland-Bereich Würzburg, Interkommunales
Mobilitätskonzept
Planung: SHP Ingenieure, Hannover
Förderung: Planungszuschüsse
84 Schweinfurt, Altstadteingang
Förderung, Städtebauförderung
Foto: Hochbild Design
85
Schweinfurt, Mainlönde
Planung: Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten
PartG mbB
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Erik-Jan Ouwerkerk
85 Schweinfurt, Grünverbindung zum Main „Oberer Wall und
Philosophengang“
Förderung: Städtebauförderung
Foto: Hans Hatos
85 Schweinfurt, ISEK
Planung: UmbauStadt GbR
Förderung: Städtebauförderung
grafische Anpassung: ISAR 3
86 Garmisch-Partenkirchen, Innerörtliche Quartiersentwicklung
Planung: Beer Bembé Dellinger Architekten und
Stadtplaner GmbH
Förderung: Städtebaulicher Ideenwettbewerb wurde mit Mitteln
der Städtebauförderung bezuschusst
Foto: Stefan Müller-Neumann
98 München, Quartiersbox Westkreuz
Förderung: EU. Projekt Smarter Together
Foto: Benjamin Ganzenmüller
98 München, Mobilitätsstation Domagkpark
Förderung: EU-Forschungsprojekt CIVITAS ECCENTRIC
Foto: Presseamt München
99 München, Integrierte Mobilitäts- und Logistikansätze in
Neuaubing und Domagkpark
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
99 München, Darstellung Mobilitätsstationen Domagkpark
Förderung: EU-Forschungsprojekt CIVITAS ECCENTRIC
Kartengrundlage: Bebauungsplan Domagkpark, Stadt München
Foto: Stadt München
100 Nürnberg, Luftbild Parkwohnanlage West
Foto: wbg Nürnberg
101 Nürnberg, Umbau mit Aufstockung und Aufzug
Bernadottestr 11 – 19
Foto: wbg Nürnberg
87 Garmisch-Partenkirchen, Villa Friedheim
Planung: Beer Bembé Dellinger Architekten und
Stadtplaner GmbH
Foto: Stefan Müller-Neumann
102 Nürnberg, Neues Wohnen Sundersbühl
Bauherr: wbg Nürnberg GmbH
Planung: Planungsgemeinschaft NWS, Nürnberg (LPH 1-5)
ganzWerk GmbH, Nürnberg (LPH 6-9)
Förderung: Wohnraumförderung (EOF)
Foto: wbg Nürnberg
87 Garmisch-Partenkirchen, Systemskizze vgl. Darstellung Beer
Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner GmbH
grafische Ergänzung ISAR 3 I FORUM Huebner, Karsten &
Partner
103 Nürnberg, Sanierungsfahrplan Parkwohnanlage West
Darstellung: wbg Nürnberg, Lageplan Stand 2017
grafische Anpassung und Ergänzung: ISAR 3, FORUM Huebner,
Karsten & Partner
87 Garmisch-Partenkirchen, Systemskizze
Darstellung: ISAR 3, FORUM Huebner, Karsten & Partner
U4
88 Coburg, Digitale Agenda
Begleitung: Institut für Innovation und Technik (iit), VDI/VDE
Innovation + Technik GmbH
Förderung: aus Eigenmitteln
Darstellung: Stadt Coburg, © elenabsl/shutterstock
U4 München Ackermannbogen, Luftbild
Foto: www.juergen-reichmann.de
89 Coburg, Online-Bürgerbeteiligung Rahmenplan Itzauen
Planung: WGF Landschaft Landschaftsarchitekten GmbH/ Schir
mer Architekten + Stadtplaner GmbH
Förderung: Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm
„Zukunft Stadtgrün“
Darstellung: Stadt Coburg
Muenchnerau, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
U4 Regensburg, Luftbild
Foto: Klaus Leidorf Luftbilddokumentation
Arbeitsblätter und Materialen
107
Arbeitsblätter und Materialien
Planungshilfen für die Bauleitplanung
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
www.stmb.bayern.de/buw/staedtebau/index.php
Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte in der
Städtebauförderung – Eine Arbeitshilfe für Kommunen (2016)
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
www.staedtebaufoerderung.info/StBauF/SharedDocs/Publikationen/StBauF/
Flächenmanagement-Datenbank Version 4.0 (2018)
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und Bayeri
sches Landesamt für Umwelt
www.lfu.bayern.de/umweltkommunal/flaechenmanagement/fmdb/index.htm
Folgekosten von Wohnbaugebieten, Planungshilfe (2014)
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern,
für Bau und Verkehr und dem Bayerischen Staatsministerium für
Umwelt und Verbraucherschutz
www.bestellen.bayern.de/shoplink/03500147.htm
Bayerische Klimaschutzoffensive
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
www.stmuv.bayern.de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz/index.htm
Leitfaden für klimaorientierte Kommunen in Bayern – Handlungsempfeh
lungen aus dem Projekt Klimaschutz und grüne Infrastruktur in der Stadt
am Zentrum Stadtnatur und Klimaanpassung (2018)
Technische Universität München
https://www.zsk.tum.de/fileadmin/w00bqp/www/PDFs/Berichte/
180207_Leitfaden_ONLINE.pdf
Eingriffsregelung in der Bauleitplanung – Leitfaden „Bauen im Einklang mit
Natur und Landschaft” (2003)
Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
www.stmb.bayern.de/buw/staedtebau/oekologie/leitfadeneingriffsregelung/
index.php
Handlungsempfehlungen für ein Ökokonto (April 2000)
Bayerischer Gemeindetag und Bayerischer Städtetag
www.lfu.bayern.de/umweltkommunal/ausgleichsflaechen_oekokonto/doc/
handlungsempfehlungen_oekokonto.pdf
Klimacheck – Klimawandel in Ihrer Gemeinde: Auswirkungen
und Anpassung (2014)
Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Fakultät Tourismus
www.tourismus.hm.edu/forschung_und_projekte/c3_alps/c3_alps_1.de.html
Arbeitshilfe für Städte und Gemeinden – HochwasserrisikomanagementPlanung (2019)
Bayerisches Landesamt für Umwelt
https://www.lfu.bayern.de/wasser/hw_risikomanagement_umsetzung/
hwrm_plaene/beteiligungsprozess/index.htm
Hochwasser- und Starkregenrisiken in der Bauleitplanung (2019)
Bayerische Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz
sowie Wohnen, Bau und Verkehr
www.stmb.bayern.de/buw/baurechtundtechnik/bauplanungsrecht/
vorschriftenundrundschreiben/index.php
www.stmuv.bayern.de/themen/wasserwirtschaft/index.htm
Arbeitsblatt 17 – Energie und Ortsplanung (2010)
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern,
für Bau und Verkehr
www.stmb.bayern.de/buw/staedtebau/index.php
Leitfaden Energienutzungsplan (2011)
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern und
Bayerische Staatsministerien für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und
Technologie sowie Umwelt und Gesundheit
www.bestellen.bayern.de/shoplink/stmug_klima_00003.htm
Bürgerbeteiligung im Städtebau – Ein Leitfaden (2019)
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
https://www.stmb.bayern.de/buw/staedtebau/aktuelles/index.php
Die barrierefreie Gemeinde – Ein Leitfaden (2. Auflage 2016)
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern,
für Bau und Verkehr
www.bestellen.bayern.de/shoplink/03500177.htm
Barrierefreies Bauen 03 – Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum (2018)
Bayerische Architektenkammer, Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau
und Verkehr sowie Bayerisches Staatsministerium für Familie,
Arbeit und Soziales
www.bestellen.bayern.de/shoplink/03500236.htm
Denkmalpflege Themen – Das Kommunale Denkmalkonzept (2017)
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
https://www.blfd.bayern.de/mam/information_und_service/publikationen/
denkmalpflege-themen_kommunales-denkmalkonzept_2017.pdf
Smart City Charta (2017)
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/
themen/bauen/wohnen/smart-city-charta-langfassung.html
Weitere Informationen zur Städtebauförderung
www.stmb.bayern.de/buw/staedtebaufoerderung/index.php
Weitere Informationen zu energieeffizientem Bauen
www.stmb.bayern.de/buw/bauthemen/gebaeudeundenergie/index.php
Amtliche Statistiken des Bayerischen Landesamts für Statistik und
Datenverarbeitung
www.statistik.bayern.de
Broschüren Bestell-Portal der Bayerischen Staatsregierung
www.bestellen.bayern.de
108
Impressum
Herausgeber:
Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
Franz-Josef-Strauß-Ring 4, 80539 München
www.stmb.bayern.de
www.facebook.com/lebenbauenbewegen
www.twitter.com/bauenbewegen
www.instagram.com/lebenbauenbewegen
www.tiktok.com/@wirbauenbayern
Redaktion:
Referat 26 –Städtebau
Bearbeitung:
FORUM Karsten Hesse Matthes Partnerschaft
www.forum-bremen.info
Gestaltung:
ISAR 3 Büro für Kommunikation | Tim Schuhmayr & Daniel Koethe GbR
www.isar3.de
Druck:
Gotteswinter und Aumaier GmbH
Gedruckt auf umweltzertifiziertem Papier
Internet:
Das Arbeitsblatt „Zukunftsweisender Städtebau – Integriert, flexibel, bürgernah“
kann über folgende Portale bestellt bzw. heruntergeladen werden:
www.stmb.bayern.de/buw/staedtebau/index.php
www.bestellen.bayern.de
Januar 2021
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buw/staedtebau/zukunftsweisenderstaedtebau.pdf
www.bauen.bayern.de