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VI.

Full text: Die Thaler-Töchter / Bliß, Paul (Public Domain)

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Da rief Elli lachend: „Ja, was siehst Du mich 
denn so durchbohrend an? Ich sag' die reine Wahr⸗ 
heit! Der junge Mann ist Luft für mich! Und wenn 
Du ihn jetzt haben willst, bitte, ich überlaß ihn Dir 
mit Kußhand!“ 
„Alberner Fratz, Du!“ sagte Marie nur und drehte 
fsich um. 
Aber als sie fünf Minuten später allein war, 
da zuckte es doch wie eine heimliche, stille Freude durch 
ihr Herz, und sie war froh, daß es so gekommen war. 
Als es dann Abend wurde, saß sie allein am 
Fenster und sah in den vollen Mond. 
Vater und der Musiker waren ausgegangen. Elli 
hockte schon wieder bei der Nachbarin. Und sogar das 
Dienstmädchen war fortgegangen. 
Mutterseelenallein war sie in der Wohnung. Aber 
das gerade gefiel ihr. Zu ihrer Stimmung kam ihr 
das Alleinsein und diese Stille gerade recht. 
Träumend saß sie da und sah in den hellen, 
gelben Mond, der leuchtend in dem dunkelblauen 
Himmel stand. 
Und weit, weit weg trugen ihre Träume sie, weit 
weg in ferne Länder und zu fremden Leuten. 
Und dann ganz allmählich wurde sie weich und 
die Sehnsucht zog ein in ihre Seele, und tausend neue 
Wünsche keimten auf, tausend neue Hoffnungen, — 
und je länger sie so träumend zu dem Sternenhimmel 
emporsah, desto ruhiger und klarer wurde es in ihrer 
Seele, desto stiller wurde ihr so ungestümes Blut, und 
sie fühlte, daß auch sie nicht so ganz verlassen, so ganz
	        
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