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„Doch, mein Fräulein, jetzt versündigen Sie sich
gegen Ihre Wahrheitsliebe.“
„Es wäre sehr unklug, wollte man stets mit der
Wahrheit herausrücken!“
Er wurde durch ihre Schlagfertigkeit ein wenig
verwirrt.
„Sie haben mich eben unterschätzt, wie Sie sehen!“
sagte sie nach einer kleinen Pause.
„Vielleicht habe ich Sie überschätzt!“
„Auch das wäre möglich!“
„Warum sind Sie eigentlich in so gereizter Stim—
mung? ... Wollen wir nicht lieber Frieden
schließen?.. “
„Ich finde den Krieg amüsanter!“
„Geschmackssache!“
„Unzweifelhaft! ... Vielleicht bin ich wieder
nicht bei der Wahrheit geblieben ... Vielleicht halte
ich es nur gewissen Leuten gegenüber für eine Not—
wendigkeit, bis an die Zähne bewaffnet zu sein!“
„Donnerwetter, Sie sind aber eine kriegerische
Natur!“
„Zuweilen wenigstens!“
„Habe ich Sie verletzt ?“
„Nein und ja, Herr Baumeister — — Sie haben
mir nichts Positives getan — — und den Ton —
** den Ton kann man bekanntlich nicht vor Gericht
rufen.“
Keßler kniff die Lippen zusammen. Eine Sekunde
überlegte er, ob er das Gespräch nicht einfach kurzer⸗
hand abbrechen sollte. Aber der duͤnkle Blick ihrer
Augen tat ihm weh.