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Fanny

Full text: Babel-Berlin / Gruenstein, Josef Rudolf (Public Domain)

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eintreten ließ. 
Nach einigen nebensächlichen Fragen über die Ar— 
beit, die so dringlich war, sagte Orthmann sen. zu Louis: 
„Setze dich!“ 
„Ich habe wenig Zeit!“ 
„Jetzt wirst du sitzen und mir fünf Minuten wid— 
men! Da schlag' Gott den Teufel tot!“ 
Wenn Orthmann sen. diesen Fluch hinter seine Rede 
setzte, das wußte Klein, dann war er sehr erregt. Klein 
überlegte, ob sein Adlatus die Sache werde „fingern“ 
können, aber er blieb erschreckt sitzen. 
Orthmann sen. ging auf und ab. Dann fragte er: 
„Sag' einmal — Gott, es ist lange her, und man ist 
wie ein Ackerpferd, daß man an nichts denken kann, was 
nicht nahe liegt — mir ist's doch, als hattest du eine 
Schwester.“ 
„Wissen Sie etwas von ihr?“ fuhr's Louis heraus, 
indem er vom Stuhl aufsprang. 
„Ich? Wie soll ich dazu kommen? Wenn ich nicht 
irre, kam sie vor zehn Jahren und darüber zu einer Putz— 
macherin, wo sie gut aufgehoben war. Du sprachst nie 
von ihr. Man denkt auch nicht an alles. Aber jetzt habe 
ich Anlaß, dich zu fragen, wie sie sich entwickelt hat und 
was aus ihr geworden ist.“ 
Louis begann zu weinen. 
„Na nu,“ rief Orthmann sen, bestürzt, „ist sie ge— 
storben ?“ 
Louis schüttelte verneinend den Kopf. 
„Nun, was denn? Heraus damit!“ 
„Verschollen!“ rief Louis, stärker weinend. 
„Verschollen! Schrecklich!“ rief Orthmann. Dann 
fragte er: „Seit wann weißt du das?“ 
„Seit meiner Militärzeit.“ 
Bruenstein, Babel⸗-Berlin. 
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