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hart gesottene Kaufleute und keine galanten Ge—
sellschaftsmenschen. Sie achteten nicht darauf. Sie
vertrugen sich nicht mit Ruth. Und eines Tages
mußte René ein Machtwort sprechen und die Möbel
dem ersten besten zuschlagen, um bloß wieder die
Ruhe seiner Häuslichkeit zu retten. Der Händler
bezahlte und versprach die Möbel abzuholen, sobald
Herr und Frau Richter Berlin verlassen hätten.
Dieser Sorgen ledig, begann eine Beschäftigung,
bei der sich Ruth noch viel mehr in ihrem Elemente
fühlte, das Einkaufen. Da gab es hunderttausend
unbedingt notwendige Kleinigkeiten zu besorgen, und
Ruths erfinderischer Kopf war den ganzen Tag tätig.
Sie bedeckte große Briefbogen mit den Namen von
Gegenständen, die sie für unentbehrlich hielt und war
aufs Tiefste betrübt, wenn Rens bei der darauffol⸗
genden Diskussion die drohenden Kolonnen auf ein
winzig kleines Minimum zusammenstrich. Beim Ein⸗
kaufen selbst feilschte sie eine halbe Stunde um fünf
Pfennige und war den ganzen Tag stolz, wenn sie
dabei Erfolg hatte. Rens war nichts zuwiderer als
Handeln. Er zahlte einfach den geforderten Preis
und fuhr dabei gewöhnlich besser als seine Frau, die
mehr Zeit bei der Sache verlor als der eventuelle Nutzen
wieder gut machte. Trotzdem liebte er sie aber nicht
minder. Sie war eben nicht eine Göttin, die man an⸗
dichtet und verehrt, sondern ein liebes, irdisches Weib—
chen mit all den kleinen Schwächen desselben, eine
richtige Hausfrau, wie man sie sich nur wünschen
kann, keine Corinna und keine Muse.