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Drittes Buch. Renaissance Viertes Kapitel

Full text: René Richter / Brieger, Lothar (Public Domain)

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hart gesottene Kaufleute und keine galanten Ge— 
sellschaftsmenschen. Sie achteten nicht darauf. Sie 
vertrugen sich nicht mit Ruth. Und eines Tages 
mußte René ein Machtwort sprechen und die Möbel 
dem ersten besten zuschlagen, um bloß wieder die 
Ruhe seiner Häuslichkeit zu retten. Der Händler 
bezahlte und versprach die Möbel abzuholen, sobald 
Herr und Frau Richter Berlin verlassen hätten. 
Dieser Sorgen ledig, begann eine Beschäftigung, 
bei der sich Ruth noch viel mehr in ihrem Elemente 
fühlte, das Einkaufen. Da gab es hunderttausend 
unbedingt notwendige Kleinigkeiten zu besorgen, und 
Ruths erfinderischer Kopf war den ganzen Tag tätig. 
Sie bedeckte große Briefbogen mit den Namen von 
Gegenständen, die sie für unentbehrlich hielt und war 
aufs Tiefste betrübt, wenn Rens bei der darauffol⸗ 
genden Diskussion die drohenden Kolonnen auf ein 
winzig kleines Minimum zusammenstrich. Beim Ein⸗ 
kaufen selbst feilschte sie eine halbe Stunde um fünf 
Pfennige und war den ganzen Tag stolz, wenn sie 
dabei Erfolg hatte. Rens war nichts zuwiderer als 
Handeln. Er zahlte einfach den geforderten Preis 
und fuhr dabei gewöhnlich besser als seine Frau, die 
mehr Zeit bei der Sache verlor als der eventuelle Nutzen 
wieder gut machte. Trotzdem liebte er sie aber nicht 
minder. Sie war eben nicht eine Göttin, die man an⸗ 
dichtet und verehrt, sondern ein liebes, irdisches Weib— 
chen mit all den kleinen Schwächen desselben, eine 
richtige Hausfrau, wie man sie sich nur wünschen 
kann, keine Corinna und keine Muse.
	        
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