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Erstes Buch. Thea Viertes Kapitel

Full text: René Richter / Brieger, Lothar (Public Domain)

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vor und machten neugierig, um dann die Pointe 
schön und überraschend herausgearbeitet vorzubringen. 
Bedauerlich war nur, daß sein Ideenkreis sich immer 
um dieselben Gegenstände zu bewegen schien. Wie 
er Literatur sprach, so war auch alles, was ihn in⸗ 
teressierte, Literatur. 
René war von ihm stark enttäuscht, wie das 
jungen Leuten ja immer bei der ersten Bekanntschaft 
mit Berühmtheiten zu gehen pflegt. Er hatte etwas 
Überschäumendes, Kraftvolles erwartet und fand einen 
ziemlich oberflächlich plaudernden Gesellschaftsmenschen. 
Auch trug es dazu bei, ihn mißtrauisch zu machen, 
daß ihm der Altere stets beistimmte, wenn er eine 
Ansicht äußerte. Er sah darin das Zeichen eines 
nicht grade übertrieben festen Charakters und nahm 
diese Höflichkeit für Schwäche. Hatte dieser Mann 
nicht vorhin der Dichterin große Elogen gemacht, 
um sie nachher sieben Mal zu verleugnen? Rensé 
haßte diese kleinen gesellschaftlichen Lügen, weil er 
sie noch allzu ernst nahm. 
Weit besser gefiel ihm die Frau. Ihre Schweig— 
samkeit und das verborgene Leiden in ihren Zügen 
— zwei Dinge, die Frauen jungen Leuten immer 
interessant machen — nahmen ihn sehr für sie ein. 
—AR 
auf seinen Arm und hörte seinen Worten mit auf— 
merksamen Augen zu. Rens war sich voll und ganz 
bewußt, daß in seinem Interesse keine Spur einer 
etwa entstehenden Leidenschaft, sondern nur ein war— 
mes Verwandtschafts⸗ und Mitgefühl enthalten war.
	        
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