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fuͤhlte sich erniedrigt und konnte sich doch nicht wider⸗
setzen, ohne sich mit ihm gaͤnzlich zu entzweien. Aber
sein Benehmen reifte auch weiter den Entschluß in
ihr, nach ihrer Ankunft jene Briefe auf dem Postamt
zu erheben. Sie mußte ihm etwas entgegenzusetzen
haben.
Nach drei Tagen fuhr sie mit ihrem Gemahl, ob⸗—
wohl sie noch zwei Wochen zu verbleiben gedachte,
nach Berlin zuruͤck, ein wenig gesundet, aber innerlich
eher beschmutzt, als von den Sonnentagen rein ge—
badet.
Als sie abfuhren, warf der Herr, der sie ange—
sprochen hatte, ihr auf dem Bahnhof einen Blick zu,
A
doch nicht gluͤcklich sein! Warum haben Sie nicht
mit mir, einem verschwiegenen und auch empfehlens⸗
werten Menschen, sich verstaͤndigt? ... Ihr wurde
unter diesem Blicke schlecht. Sah sie denn so aus, dachte
sie erschrocken, daß man solche Wuͤnsche hatte? Dann
setzte der Zug sich in Bewegung, und alsbald gab—
es die seltsame Reihe von Gedanken und Gefuͤhlen,
mit denen noch jeder in das Ungeheuer Berlin zu⸗
ruͤck⸗ und einfuhr: die Angst, was einem dort begeg—
nen mochte, den Wunsch, etwas Wunderbares zu er—
leben, und den Entschluß, alle Rasereien dieser Stadt
zu kosten. Da sie eine Frau war, die nach einem
Mann in Sehnsucht war, kam eine Begierde noch
dazu nach lieben, guten Briefen ..