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Zweites Buch Siebentes Kapitel

Full text: Eheleute / Beradt, Martin (Public Domain)

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sah sein reingemasertes Holz verliebt und lange an. 
Darauf schlenderte sie an das Fenster und sah auf 
die Straße, deren wundervolle Streckung sich hier 
besonders genießen ließ, da das Fenster in einen Erker 
gelassen war. Schließlich wandte sie sich in das 
nebenan gelegene Zimmer, die Haͤnde bei dem Durch⸗ 
gang in den Vorhang wuͤhlend. Sie ging zu ihrer 
Bibliothek, glitt mit der Hand den schoͤnsten Baͤnden 
uͤber den Ruͤcken, zog einen Band heraus und legte 
sein Leder an die Wange, ganz sanft, wie sie zuweilen 
einen jungen Menschen zu sich herangezogen und 
seine Wange an ihre gelegt hatte (aber sie wurde 
ernstlich boͤse, denn an diesen jungen Menschen wuͤrde 
sie in diesen Raͤumen nun nicht mehr denken), dann 
druͤckte sie sich in einen runden Holzsessel in einer 
Ecke zwischen chinesischen Lackwaͤnden, auf welche 
wundersame Zweige und Voͤglein aufgeschnitzt wa⸗ 
ren, und mit zuruͤckgelehntem Kopf sah sie zu 
einer chinesischen Laterne auf, in die sie mit einem 
Griff ein kleines und mattes, die bunten Scheiben 
anstrahlendes Flaͤmmchen druͤckte. Man brachte 
ihr Tee nach vorn, stellte ein Koͤrblein mit Gebaͤck 
daneben. Aber sie vermochte nicht zu trinken und 
nicht hineinzugreifen. Es waren doch wohl mit ihr 
Dinge vorgegangen, die einen nicht einfach suͤßen 
Tee loͤffeln und die die Zaͤhne in knuspriges Ge⸗ 
baͤck verschwinden ließen. Ja, sie fror einmal auf 
und mußte die Beine zusammendraͤngen, um nicht
	        
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