673
Afr. 102. Zentralblatt der Bauverwaltung.
INHALT: Bau- und Betriebstechnisches für Zentralheizungen in preußischen Stantsgebäuden. — Vermischtes: Verfahren und Vorrichtung, um beliebige Strecken
einer Wasserleitung schnell abzusperren. — Büoherschau-
[Alle Rechte Vorbehalten.]
Bau- und Betriebstechnisches für Zentralheizungen in preußischen Staatsgebäuden.
Vom Geheimen Oberhaurat R, Uber in Berlin.
Die Anweisung des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom
29. April 1909 zur Herstellung und Unterhaltung von Zentralheizungs
und Ltlftungsanlagen ist durch Erlaß vom 3. Januar 1912 IIIB I 213B
in § 1 Absatz 6 u. 7 dahin abgeändert worden, daß den zunächst Vor
gesetzten Dienstbehörden der Hochbauämter die Ermächtigung erteilt
ist, die Wettbewerbunterlagen endgiltig festzustellen, wenn die Kosten
der Anlage ausschließlich der Nebenarbeiten auf nicht mehr als
30000 Mark (früher 15000 Mark) veranschlagt sind. Ferner sind sie
ermächtigt, unabhängig von der Kostenanschlagsumme, die am Wett
bewerb zu beteiligenden Firmen selbständig zu bestimmen.
Die obige Anweisung hat sich zwar im wesentlichen bewährt;
nur wäre zu wünschen, daß bei der Auswahl der Firmen mit größerer
Vorsicht verfahren würde. Lediglich der Umstand, daß eine Firma
am Orte oder im Bezirke ansässig ist, kann nicht bestimmend für
die Zulassung zum Wettbewerbe sein, vielmehr ist neben dem Nach
weise technischer Tüchtigkeit auch die wirtschaftliche Leistungsfähig
keit der Firma zu berücksichtigen.
Ferner hat die Erfahrung gelehrt, daß beim Entwerfen und bei
der Ausführung von Neubauten der Lage und Bauart der für die
Heizanlagen und für die Lagerung von Brennstoffen bestimmten
Räume nicht immer die erwünschte Beachtung geschenkt wird und
daß sich aus dieser Nichtachtung oft schon bei der Ausführung, aber
noch häufiger beim Betriebe von Heizanlagen Unzüträglichkeiten
herausstellen, die dann ohne weiteres den Heizanlagen selbst als
Fehler angerechnet werden. Mit Unrecht
Es dürfte daher nicht unangebracht sein, die in Frage kommenden,
zweckmäßig schon beim Bauentwurf zu beachtenden Gesichtspunkte
zu erörtern, wobei zunächst nur Niederdruck-Warmwasser- und
Dampfheizungen in Betracht gezogen werden sollen. Naturgemäß
kann dies nicht erschöpfend geschehen, denn es ist unmöglich, für
alle Fälle zutreffende Angaben zu machen.
Man wird ausgehen können von dem umbauten Raume, der schon
beim Vorentwurfe bekannt ist und von dem hiernach zu berechnenden
oder zu schätzenden Raume, der erwärmt werden soll. Der Wärme
bedarf der zu heizenden Räume hängt neben der Bauart und dem
geforderten Wärmegrad ab von der niedrigsten Ortatemperatur. Für
die Bauten im Geschäftbereiche der preußischen Staatebauverwaltung
ist durch die Anweisung zur Herstellung und Unterhaltung von Zentral-
heizungs- und Lüftungsanlagen vom 29. April 1909 angegeben, daß als
niedrigste Kältegrade die in den letzten 10 Jahren beobachteten hei
Ermittlung der Wärmeverluste zugrunde zu legen sind. Erfahrungs
gemäß ist für die Ostprovinzen Preußens —25°, für die mittleren
Provinzen —20° und ftlr Schleswig-Holstein sowie die Westprovinzen
oder wenigstens für die Rheinprovinz —15° in Rechnung zu stellen,
abgesehen von Orten, -wie etwa in der Hohen Eifel, in denen auch
Frost von —20° und darunter vorkommt. Man hat also bei +20°
Irinenwärme mit Unterschieden von 35, 40 und 45° zu rechnen.
Der zu heizende Raum beträgt, wie aus einer größeren Zahl von
Beispielen errechnet wurde, 50 bis 75 vH. des umbauten Raumes, der
Wärmebedarf 20 bis 30 W.-E. für 1 cbm beheizten Raumes. Nimmt
man erfahrungsgemäß an, daß bei Warmwasserheizung etwa 4000 W.-E.,
bei Niederdruck-Dampfheizung etwa 6000 W.-E. von 1 qm Kessel
heizfläche nutzbar werden, so kann man die Größe der für 100 cbm
umbauten Raum notwendigen Kessel einigermaßen schätzen. Die
verhältnismäßig niedrige Annahme von 4000 und 6000 W.-E. ist mit
Rücksicht auf etwaige kleinere bauliche Erweiterungen gewählt, zu
deren Beheizung die Kessel dann noch ausreichen werden.
Für einige Gebäudearten ist in nebenstehender Tabelle versucht
worden, nach amtlichen Nachweisen einen Anhalt zur Ermittlung der
Kesselgrößen aus der Größe des umbauten Raumes zu gewinnen.
Kirchen sind in die Tabelle nicht aufgenoqnnen. Bei ihnen ist eine
Beziehung zwischen umbautem und beheiztem Raum schwer erkenn
bar; es dürfte auch nicht nötig Bein, eine solche zu finden, da die
unmittelbare Berechnung des zu heizenden Raumes einfach ist Die
für Kirchen in Betracht kommenden Heizmöglichkeiten sind auch zu
mannigfaltig, als daß sie sich in ein Schema bringen’ ließen. Sie ver
dienen vielmehr eine besondere Bearbeitung. Aber auch für die in
der Tabelle berücksichtigten Gebäudearten ist es natürlich zweck
mäßiger, wenn irgend möglich den Inhalt der zu heizenden Räume
nach dem Vorentwurf genau zu berechnen, statt ihn aus der Tabelle
zu entnehmen, die ihn doch nur schätzungsweise, also ohne Anspruch
auf Genauigkeit angibt.
Je größer ein Gebäude ist, desto größere Kesseleinheiten wird
man wählen können. Bei kleinen Anlagen, die nur einen Kessel er
fordern, wählt man vielleicht am zweckmäßigsten einen schmiede
1
j'
.
Geheizter
Raum
Wärmebedarf .
in den mittleren
Ermittlung der
Umbauter i
in cbm
Provinzen
Kesselfläche bei
Raum |
e
0
S
Warm-
Dampf-
in cbm I
«j
**
. 4»
■gsj
im ganzen
W.-E.
wasser-
heizung
4000W.-E.
heizung
6000 W,-E.
!
K g
>2
für 1 qm
für 1 qm
Gerichts
gebäude
>
.
5 000 bis
50
2 500 bis
30
75 000 bis
19 bis
7 500 !
3 750
112 500
28 qm
7 500 bis
GO
4 500 bis
27
121 500 bis
30 bis
10000
6 000
162 000
40 qm
10000 bis
60
7 000 bis
25
245 000 bis
60 bis
50000
35 000
875 000
219 qm
Über 50 000
75
37 500 bis
20
750000 bis
187 bis
— qm
Gefängnisse
1
i
5 000 bis
50
2 500 bis
32
80 000 bis |
20 bis
10000
5 000
160 000
40 qm
10000 bis
65
6 500 bis
27
175 500 bis
44 bis
20000
18 000
351000
88 qm
20 000 bis
75
15 000 bis
22
330000 bis
82 bis
50000
37 500
825 000
206 qm
Kranken
häuser bei
1
Gefängnissen
1 600 bis
55
880 bis
60
52 800 bis
14 bis
4100
2 255
135 300
34 qm
Verwaltungs-
i
gebäude
7 400 bis
70
5 180 bis
28
145000 bis
36 bis
50000
35 000
980000
245 qm
50000 bis
60
30 000 bis
20
600000 bis
150 bis
122 000
73 200
1464000
366 qm
Höhere Lehr-
anstalten
10000 bis
65
6 500 bis
30
195000 bis
49 bis
83 bi3
20000
13 000
390000
97 qm
65 qm
Seminare
Extemate
13 600 bis
65
8 800 bis
24
211200 bis
52 bis
35 bis
14 300
9 300
223 200
56 qm
37 qm
Internate
22 500 bis
65
14 600 bis
22
821200 bis
80 bis
53 bis
31700
20600
1 453 200
113 qm
75 qm
eisernen Kessel und nicht einen gußeisernen, weil ein schmiedeeiserner
Kessel beim Schadhaftwerden selten eine sofortige Unterbrechung des
Heizbetriebes notwendig macht, der Betrieb vielmehr meist bis zur Er
möglichung einer größeren natürlichen Betriebspause fortgeführt werden
kann, während bei einem gußeisernen Kessel ein Riß in einem Kessel-
gliede meist die sofortige Betriebsunterbrechung bedingt. Die Wahl
wird insbesondere dann zugunsten eines schmiedeeisernen Kessels
ausfallen müssen, wenn am Orte der Heizanlage Ersatzglieder guß
eiserner Kessel nicht vorrätig gehalten werden. Bei dieser Gelegen
heit sei darauf hingewiesen, daß es auch bei kleinen Anlagen zweck
mäßig ist, zwei Kessel zu beschaffen, von denen jeder imstande
ist, den Wärmebedarf bis zu etwa ± 0 Außenwärme zu decken.
Falsch würde es dann aber sein, dauernd nur ein und denselben
Kessel zu benutzen, vielmehr ist es notwendig, mit dem Betriebe der
Kessel abzuwechselu, uro sich von ihrer Betriebsfähigkeit dauernd zu
überzeugen. Bei schmiedeeisernen Kesseln würde auch der nicht in
Betrieb genommene Kessel schnell durch Rost unbrauchbar werden.
Zu welch üblen Folgen die Beschaffung nur eines Kessels bei
spielsweise in Miethäusem führen kann, zeigen die Mißhelligkeiten
zwischen Vermietern und Mietern beim Schadbaftwerden des Kessels.
Ein Hinweis hierauf entbehrt insofern nicht der Berechtigung, als bei
Dienstwohnungen teilweise ähnliche Verhältnisse vorliegeh können