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Full text: Café Größenwahn / Austerlitz, Rose (Public Domain)

Frauenzimmer“ — „Ueberspanntheit“, dann trank er 
einen Kognak und dann noch einen und kehrte wieder 
in das Traumland zurück, aus dem Regina ihn mit ihrem 
Kuß geweckt hatte. 
Regina war planlos durch die Straßen gelaufen. 
Sie schluchzte still vor sich hin, wie ein verirrtes Kind und 
kam endlich durch die leeren Straßen in den Tiergarten 
und zum Candwehrkanal. Sie war so müde und so traurig, 
und in den dunklen Wellen lockte und winkte es. Die 
Straße war leer. Ein Sprung, ein Schrei, und die Wogen 
liebkosten ihren zarten, jungen Leib. Leise murmelten sie 
ein Schlummerlied, und ihre kalten, klaren Hände wuschen 
Schuld und Schande spurlos von ihr ab. 
Rein und weiß lag sie am nächsten Tag im Leichen⸗ 
schauhaus, und in der Zeitung stand unter „Cokales“ 
als „Ein bedauerlicher Unfall“ ihr Codessprung ver⸗ 
zeichnet. Niemand ahnte, daß sie freiwillig gegangen 
war, ihr Gatte ließ ihre Marmorstatue auf das Grab 
setzen. Seine Trauer war korrekt und maßvoll. — 
Jansen war verschwunden, er war wieder im 
Trinkerasyl und schrieb einen rührenden Roman von einer 
jungen Frau, die einen edlen Mann liebte; er liebte sie 
auch, aber nahm ihre Liebe nicht an, weil sie verheiratet 
war. Aus Verzweiflung darüber nahm sie sich das Ceben, 
und der edle Mann pflanzte trauernd Rosen auf ihr 
Grab. Das Buch erlebte sechs Auflagen. Die Kritik 
schrieb: .... Eine wahrhaft vornehme Natur kommt 
in diesem Roman zu Wort. Das Hohelied einer reinen 
und selbstlosen CLiebe wird darin gesungen, und die tiefe 
Sittlichkeit eines charaktervollen Menschen durchklingt 
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