Il. Geschichtliches,
keiten machen wolle, der Minister nicht abgeneigt sei, sich der Prüfung
solcher Vorschläge zu unterziehen.*)
Kurz darauf kam ein neuer, ja ein gewaltiger Anstoß durch
Liebig. Am 26. März 1861 hielt Liebig seine berühmte erste Festrede
über „Wissenschaft und Landwirtschaft“ in der bayerischen
Akademie der Wissenschaften. Schwere, vielleicht allzuschwere Vor-
würfe erhob er gegen die landwirtschaftlichen Akademien und sagte,
von dem Einfluß der Wissenschaften auf die Hebung der Gewerbe und
der Industrie redend,
„sie werden auch auf die Landwirtschaft, wie der erhabene
Stifter (Kurfürst Maximilian Joseph II. 1759) bei der Gründung
unserer Akademie bezweckte, eine gleich günstige Wirkung
äußern, wenn man erkennen wird, daß die Absonderung der
landwirtschaftlichen Akademien von den allgemeinen Bildungs-
anstalten eine Ausschließung von dem intellektuellen Fortschritte
bedingte, und daß der mit der Erlernung des technischen Be-
triebes verknüpfte mangelhafte halbe und einseitige wissenschaft-
liche Unterricht, der diesen Akademien eigentümlich ist, der
nächste Grund ihrer allmählichen Verkümmerung und der Erfolg-
losigkeit ihrer Wirksamkeit ist.‘““ **)
Obwohl Liebig die große Bedeutung anerkannte, welche die durch
Thaer 1806 gegründete Lehranstalt zu Möglin für die deutsche Land-
wirtschaft gewonnen, war es doch vielleicht mit eine Folge dieser Rede,
vielleicht auch nur ein zufälliges Zusammentreffen, daß Thaers Sohn,
der damalige Besitzer von Möglin, Landesökonomierat Thaer, den Antrag
auf Aufhebung der Akademie stellte.***) Unter dem 2. Juli 1861.genehmigte
der Minister für Landwirtschaft, Graf von Pückler, daß die ' Akademie
des Landbaues am 30. September 1861 geschlossen werde, und ferner
daß dem Enkel des großen Meisters. Dr. Albrecht Thaer, die Mit-
Wirkung bei dem im Anschluß an die hiesige Universität von dem
Prof. Schulz-Fleeth geleiteten landwirtschaftlichen Lehrinstitut vorläufig
auf vier Jahre gewährt werde,
Die Liebigschen Angriffe auf die landwirtschaftlichen Akademien
beschäftigten auch das preußische Landesökonomiekollegium; dieses aber
erklärte mit sehr erheblicher Majorität am 20. Dezember 1861 „sich im
allgemeinen mit der jetzigen Organisation der landwirtschaftlichen
*) Julius Kühn, das Studium der Landwirtschaft an der Universität Halle.
Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens des landwirtschaftlichen Instituts
der Universität Halle a. S. 1888. S. 14.
**) Reden und Abhandlungen von Justus von Liebig, Leipzig und Heidelberg
1874 S, 194,
***) Nach einem Schreiben des Geh. Hofrat Prof. Dr. Albrecht Thaer in Gießen
an uns war es nur ein zufälliges Zusammentreffen. D. Red.