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Neuntes Kapitel. Die Entwickelung zur Weltstadt Zweiter Abschnitt. Städtische Verwaltung, Armenfürsorge, Gesundheitspflege, öffentliche Gärten

Full text: Berlin in Geschichte und Gegenwart / Goldschmidt, Paul (Public Domain)

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Die Entwickelung zur Weltstadt. 
Im Jahre 1908 erhielten 34000 Personen laufende, regelmäßige Unter— 
stützungen, 2000 davon noch besondere Zuschüsse, etwa 7000 andere vorüber⸗ 
gehend Beihülfen, während außerdem für 12000 Kinder Pflegegeld be— 
zahlt wurde. 
7000 andere Kinder befanden sich in städtischer Waisenpflege. Diese 
wird von der Waisen-Deputation geleitet, an deren Arbeit sich 2300 Mit— 
glieder der Gemeinde-Waisenräte und 556 Pflegerinnen beteiligen. Unter 
ihren Pfleglingen sind verhältnismäßig wenige Vollwaisen, aber eine recht 
große Anzahl solcher, deren Vater unbekannt ist und die aus moralischen 
Gründen der Mutter abgenommen werden mußten, auch solche, deren Eltern 
zwar bekannt, aber flüchtig, oder im Gefängnis, oder aus anderen Gründen 
nicht in der Lage sind, ihre Kinder erziehen zu können. Von den Waisen— 
pfleglingen standen mehr als 800 noch im ersten Lebensjahre. Diese ganz 
Kleinen kommen, wenn sie nicht gleich Familienpflege erhalten können, 
nach dem schönen Hause der Schmidt-Gallasch-Stiftung in der Kürassier— 
straße, das aus den Mitteln von zwei in den Jahren 1890 und 1891 der 
Stadt zugefallenen, zur Begründung eines Kinderasyls bestimmten Ver— 
mächtnissen erbaut ist. Die anderen Waisen gehen zunächst nach dem nahe. 
dabei gelegenen, gleichfalls neu erbauten Waisenhause in der Alten Jakob— 
straße und werden dann, soweit es irgend möglich ist, in Familienpflege 
gegeben. Diese wird in so hohem Grade bevorzugt, daß jetzt nur etwa 
5 Prozent der Waisen, vornehmlich zarte und schwächliche, im Rummels— 
burger Waisenhause, 4 Prozent in kleineren Privatanstalten erzogen werden. 
Beinahe zwei Drittel der Waisen sind bei auswärtigen Familien, etwa 
ein Fünftel in Berliner Familien untergebracht. Einige müssen Zwangs— 
erziehungsanstalten übergeben werden, doch geschieht dies so selten als mög— 
lich und nur in Fällen schwerer sittlicher Vermahrlosung. Wenn diese nicht 
bereits einen sehr hohen Grad erreicht hat, wird Familienpflege vorgezogen, 
aber in einiger Entfernung von der Stadt, um den nachteiligen Einfluß 
des Verkehrs mit Verwandten und früheren Genossen möglichst abzuschwächen. 
Für dauernde Versorgung hülfsbedürftiger Greise und Greisinnen 
bestehen von der Stadt und von Stiftungen unterhaltene Hospitäler. Vor— 
übergehende Unterkunft gewährt das städtische Obdach in der Fröbelstraße 
mit etwa 300 Betten, in dem alljährlich 700 bis 800 Familien auf kurze 
Zeit, bis zu vier Wochen, Aufnahme finden. Nahe dabei liegt das nächt— 
liche Obdach, das nur für einzelne Nächte besucht werden darf und um 7 Uhr 
morgens wieder verlassen werden muß. Es gewährt abends und morgens 
Suppe mit Brot, außerdem Gelegenheit zum Baden und zur Desinfektion 
der Kleider. Etwa 500 000 Männer, 20000 Frauen suchen es alljährlich 
auf. Mehrere mit ihm verbundene Stiftungen bemühen sich, den Arbeits⸗ 
willigen bei ihrer Entlassung weiter zu helfen. Ähnliche Einrichtungen
	        
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