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Siebentes Kapitel. Revolution und Reaktion. 1846-1858

Full text: Berlin in Geschichte und Gegenwart / Goldschmidt, Paul (Public Domain)

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Revolution und Reaktion. 1846 -1858. 
ausgeführt. Bei der Wiedereröffnung im Juni trat der ungarische Musiker 
Engel, der sich später mit der Besitzerin verheiratete, als Leiter der Kon— 
zerte ein, bald nahm er auch die Oper wieder auf. 
Die guten Erfolge dieser neuen Theater reizten zur Nachahmung. 
Aus anderen Städten kamen viele durch die Not der Zeit brotlos ge— 
wordene Schauspieler nach Berlin, um hier ihr Glück zu versuchen. Aber 
die Zahl der Neugründungen war zu groß, so daß sich die meisten nicht 
lange halten konnten und bald wieder eingingen. Diesem Schicksal verfiel 
auch das Königstädtische Theater. Schon seit dem 1845 erfolgten Tode 
seines Begründers Cerf, der trotz geringer Bildung mit großem Geschick 
den Geschmack des Publikums zu treffen gewußt hatte, siechte es dahin. 
Der Konkurrenz neuer, frischerer Kräfte war es nicht gewachsen. 
Zu den erfreulichen Ereignissen dieser Zeit ist das Jubelfest zu 
rechnen, welches Borsig 1854 mit seinen Werkmeistern und Arbeitern feiern 
konnte, als die fünfhundertste Lokomotive von ihnen fertig gestellt war. 
Ganz Berlin nahm freudig und stolz daran teil. Große Scharen pilgerten 
am Abend durch die mit Girlanden geschmückte, festlich beleuchtete Straße 
von Moabit, wo Borsig sich ein stattliches Heim erbaut hatte auf dem 
Gelände seiner zweiten Fabrik, der einige Jahre vorher von ihm über— 
nommenen und erweiterten Maschinenbauanstalt der Seehandlung. 
Neue von Berlin ausgehende Eisenbahnen waren seit 1846 noch nicht 
gebaut worden, doch hatte Berlin mit der seit 1849 von Kreuz aus er— 
bauten, 1857 bis Königsberg fortgeführten Ostbahn indirekte Verbindung 
erhalten, zuerst 1851 von Stettin über Stargard, 1856 von Frankfurt a. O. 
aus über Küstrin. Ebenso hatte sich an die Frankfurter Bahn eine Weiter— 
führung nach Breslau angeschlossen. Außerdem war eine Verbindungsbahn 
zwischen den Berliner Bahnhöfen gebaut worden, vom Frankfurter Bahnhof 
ausgehend über den Anhalter, Potsdamer und Hamburger zum Stettiner 
Bahnhofe. Schon 1848 hatte man zur Beschäftigung brotloser Arbeiter mit 
den Vorarbeiten begonnen, sie aber dann wieder eingestellt. Als indessen die 
Mobilmachung im Herbst 1850 zeigte, in wie hohem Grade die Truppen— 
beförderung aufgehalten wurde, wenn die hier im Mittelpunkte des Eisenbahn— 
verkehrs von verschiedenen Richtungen her ankommenden Truppen mit allem 
zugehörigen Gepäck und Material auf der einen Seite der Stadt die Bahn 
verlassen und auf der anderen Seite in neuen Zügen untergebracht werden 
mußten, hatte man die Arbeiten wieder aufgenommen und so energisch be— 
trieben, daß die Verbindungsbahn schon 1851 benutzt werden konnte. Sie 
war, abgesehen von dem besonderen Fall der Truppenbeförderung, nur 
für den Güterverkehr bestimmt. Ihre Geleise lagen in Straßenhöhe und 
gingen fast ganz an der Stadtmauer entlang. An den Toren, wo Straßen 
und Plätze zu überschreiten waren, verursachte der Betrieb schon damals
	        
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