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Fünftes Kapitel. Unglückszeit und Wedererhebung. 1806-1815

Full text: Berlin in Geschichte und Gegenwart / Goldschmidt, Paul (Public Domain)

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Unglückszeit und Wiedererhebung. 1806 1815. 
wurden auch die Geistlichen, welche am vorhergehenden Sonntage in ihren 
Predigten auf die häuslichen Tugenden der Königin hingewiesen hatten, 
odermahnt. Schärfer wurden einige Bürger angelassen, die ihre Wohnungen 
bekränzt und am Abend ihre Fenster erleuchtet hatten. Sie wurden mit 
den härtesten Strafen bedroht, falls sie sich wieder den Unwillen der franzö— 
sischen Behörden zuziehen würden. 
Diesen erschien also jede, auch die harmloseste Kundgebung am Ge— 
burtstage der Königin strafbar. Aber der Abschluß des Tilsiter Friedens 
sollte öffentlich gefeiert werden. Für Sonntag den 19. Juli hatte der 
Beneralgouverneur Parade, Tedeum in allen Kirchen, freies Schauspiel und 
abendliche Illumination angeordnet, obgleich in Berlin noch niemand die 
Bedingungen des Friedens kannte. Die Kirchen waren sämtlich stark besucht, 
auch die Illumination war fast allgemein, aber sehr einfach. Die gedrückte 
Stimmung der Bürgerschaft wird treffend durch die Worte eines Trans— 
parents gekennzeichnet, das ein Kaufmann in der Friedrichstraße ausge— 
hängt hatte: 
Zwar kenne ich den Frieden nicht, 
Doch aus Gehorsam und aus Pflicht 
Verbrenn' ich auch mein letztes Licht. 
Still wogten die Massen durch die Hauptstraßen, sie sammelten sich 
vor dem dunklen Palais des Königs und brachen hier in laute Hochrufe 
aus. Die Polizeibeamten fuhren dazwischen. Auf die Bemerkung, daß 
jetzt Frieden sei, erklärten sie: „Ganz recht, doch soll kein Auflauf ent— 
stehen, und so lange noch französische Garnison hier ist, darf so etwas 
nicht gerufen werden.“ In der Tat war durch den Abschluß des Friedens 
die Lage in Berlin nicht wesentlich verändert, sie wurde sogar in mancher 
Hinsicht noch schlimmer. 
Für des Königs Geburtstag am 3. August hatte die Polizei jeden 
„Eklat“, auch abendliche Beleuchtung streng verboten. Einige Personen, 
die trotzdem ihre Fenster bekränzt oder erleuchtet hatten, wurden zur Strafe 
nach Spandau geschickt. Andere haben durch Armenspeisungen oder sonstige 
Art der Wohltätigkeit, auch durch Festlichkeiten in von der Straße abgelegenen 
Gärten den Tag gefeiert. Der „Beobachter an der Spree“ brachte ein an— 
sprechendes, in seltsamem Gegensatz zu seinem sonstigen Gebaren stehendes 
Gedicht. Es fordert den König auf, durch Reformen seinen Staat neu 
zu begründen: 
Es steht bei Dir, das Höchste zu vollenden, 
Ein neuer Schöpfer Deines Volks zu sein; 
Der Zukunft Glück liegt ganz in Deinen Händen, 
Ein kräftig gutes Volk ist Dein.
	        
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