30 IV. Stuttgarter Tagebuckhblätter.
über den Charakter der Schwaben fällen müßte, so
würde es allerdings auf dasselbe hinauslaufen, was
Dingelstedt, Hackländer und manche andere in schar—
fen Worten ausgesprochen haben; Feodor Wehls
Erfahrungen lassen vermuten, daß es auch späterhin,.
im leichteren Fluß kulturellen Verkehrs, nicht anders
geworden ist. Aber ich will nicht urteilen, sondern
nur berichten. Ich führte damals ein Tagebuch, dem
ich alle meine kindlichen Erlebnisse anvertraute, so
wie ich sie auffassen mußte mit der ganzen Un—
bekümmertheit dessen, der mit sich selbst allein ist.
Einige Blätter daraus mögen zunächst für sich reden:
Stuttgart. August. Ich bin einige
Tage recht krank gewesen. Am 17. bektam ich die
Rolle der Wilhelmine in Laubes „Gottsched und
Gellert“, sie soll meine Debutrolle sein. Das ist
ein furchtbarer Schmachtlappen, ich ärgere mich so,
daß ich weinen möchte. Wenn auch das eine manch—
mal klappt, dann ist doch immer etwas und meist
die Hauptsache, die schief geht. Man sieht doch
deutlich, wie schwer es mir wird und gemacht wird.
Fräulein Schwelle hat gleich die Jungfrau von
Orleans bekommen und ich jetzt so eine schreckliche