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An H. J. Sundermann in Leer

Full text: Briefe Adolph Diesterwegs / Diesterweg, Adolph (Public Domain)

A 
Und deshalb drängt es mich, Sie recht innig um Ent— 
schuldigung zu bitten. Angesichts Ihres letzten Briekes 
weiß ich nicht, wie ich dieles Vergehen, Vergelsen und 
Verschulden rechtfertigen soll. Nehmen Sies mit in die 
Rechnung auf die Cage eines mit Anfragen, Bitten, Manu- 
seriptzusendung ete. belasteten Mannes! 
Auch mub ich noch geltehen, daß ich wahrlcheinlich 
auch die nöthigen Aufträge der Badekur wegen. UÄberlendung 
der Rheinischen Blätter ete. an Sie vergessen habe. Es 
soll nachträglich und sehr bald gelchehen. 
Mohl kenne ich die Lage vieler, der meilsten Lehrer 
in dieler in jeder Beziehung beengenden Zeit. Die als 
freisinnig und demokratisch bekannten leiden am meilten. 
Nur Einzelne besitzen Miderstandskraft, dem Lehrerstande 
fehlt sie. WMander, Gräfe u. And. haben das erfahren. 
Andere machen ãhnliche Erfahrungen. nur die allerkrãftiglten 
halten noch aus. 
Dab Sie dazu gehören, weib ich und schätze es lehr 
hoch. Ich zahle mich auch zu ihnen, gelstehe Ihnen aber 
offen, dah ich der Belebung und Stärkung auch bedark. 
Darum halte ich mich seit 3 Monaten hier auf dem Lande 
auf. Sine charakterlole Stadt wie Berlin gewährt nicht, 
was man zu luchen lich gedrungen fühlt. Hier in Thü— 
ringen atmet man frilscher. 
Die demokratischen Ideen. dh. die Gesinnung kür 
das Volk, vertreten lich trotz alledem. Wie ein aus 
dem Volke hervorgegangener, kür das Volk wir- 
kencher Mann, d. h. ein Lehrer, andre Gesinnung 
haben kann, werde ich nie begreifen. 
Bleiben Sie. mein theurer Gelinnungsgenollse, Ihrer 
Uberzeugung getreu. Im Nordwelten Deutschlands herrscht 
noch der freiere, lelbständigere Sinn. Man sieht es aus 
den dort erscheinenden Schulblättern. Darum fühlte ich 
beim Lesen des reaktionären Sendschreibens aus Ihrem 
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