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Zehnter Brief

Full text: Vertrauliche Theaterbriefe / Friedmann, Siegwart (Public Domain)

α Vertrauliche Theaterbriefe. 
Wenn wir im Sinne dieses hohen Geistes arbeiten 
wollen, müssen wir eben zu jeder Einstudierung eines 
großen Dramas zwei Regisseure haben; einen, der 
sich nur mit den Darstellern, und den anderen, 
der sich nur mit der Außenregie zu beschäftigen 
hätte. Dahin muß und wird es auch noch kommen. 
Nun zu einem zweiten Punkt. Sie fragen mich, 
warum ich im achten Lebensjahr des Deutschen The⸗ 
aters ausgeschieden bin und mich schon als Fünfzig⸗ 
jähriger von der Bühne gänzlich zurückgezogen habe7? 
Wieviel Unrichtiges ist hierüber schon gefaselt 
und geschrieben worden. Sie sollen die wahren 
Gründe erfahren. 
Zunächst fühlte ich mich, der ich sonst immer ge⸗ 
sund gewesen war, vielfach leidend und abgespannt. 
Bedenkliche Zeichen von Neuralgie und Neurasthenie 
stellten sich ein, und das Herz war nicht mehr so — 
zut wie früher. 
Zu allem Unglück starb auch noch meine Frau. 
Das gab mir den Rest. 
Ich wollte und konnte nicht den völligen Verfall 
meiner Kräfte abwarten, auch mein Arzt wurde un⸗ 
geduldig. Er prophezeite mir ein häßliches Ende, 
wenn ich so weiter arbeitete. Dagegen ein frisches 
Alter, wenn ich sofort meine Tätigkeit einstellte. 
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