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gleich nach brüderlicher Weise reden, als hätte ich recht an-
gestoßen auf die schöne Vereinigung?“
Daß Schleiermacher diesen Bund so im Sturmschritt schloß,
lag wohl auch daran, daß er sich damals von Friedrich Schlegel,
seinem Herzensfreunde, dem Verfasser der ‚Lucinde“ mehr und
mehr getrennt fühlte. Zwar hatte er, ohne sich und Anderen
es einzugestehen, schon lange gefühlt, daß Schlegel, der Realist
und Egoist, nie das warme, für alles Ideale schlagende Herz
des opferfreudigen Schwärmers ganz ausfüllen könne; denn
schon einige Jahre vorher vermißte dieser an dem Freunde das
„zarte Gefühl und den feinen Sinn für die lieblichen Kleinig-
keiten des Lebens und für die feinen Außerungen schöner Ge—
sinnung, die oft in kleinen DOingen unwillkürlich das ganze Ge—
müt enthüllen. So wie Schlegel Bücher am liebsten mit großer
Schrift mag, so auch an den Menschen große und starke Züge.
Die gänzliche Berschiedenheit unserer Empfindungsweise, sein
rasches heftiges Wesen, seine unendliche Reizbarkeit, seine tiefe,
nie zu vertilgende Anlage zum Argwohn“ störte den Freund
je länger je mehr. Und je mehr er sich innerlich von ihm ent—
fernte, je mehr sehnte er sich nach Ersatz. Denn er stellte den
Grundsatz auf: „Jeder Mensch muß schlechterdings in einem
Zustand moralischer Geselligkeit stehn, er muß einen oder
mehrere Menschen haben, denen er das Innerste seines
Wesens, seines Herzens und seiner Führungen kundthut.“
Da traf er zur rechten Zeit auf Ehrenfried, der beinahe das
Gegenteil von Schlegel, ein edler, feinfühlender, bescheidener
und treuer Mensch war und gerade wie geschaffen, die im
Herzen Schleiermachers entstehende Lücke auszufüllen.
„Willich hat gerade das, was ich an Schlegel vermisse“, schrieb
er seiner Schwester.
Die Frau im Leben Schleiermachers.
Bevor wir den schon so lange verstummten Mund der
Henriette Herz wieder zu Ehrenfried sprechen lassen, wird ein