Letzter Amnestieerlaß.
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verboten werden solle usp.... Als vornehmer Mann geriet
Herr von Thile bei diesen Auseinandersetzungen immer in eine
gewisse Verlegenheit, denn er hatte keine stichhaltigen Gründe
dagegen vorzubringen. Schließlich waren Herr Thiers und Herr
von Remusat mit mir der Ansicht, zur Zeit alle weiteren Schritte
für die Amnestie ruhen zu lassen.
Mehr als drei Monate vergingen, ehe man in Berlin wieder
mit mir darauf zu sprechen kam. Ich wollte eben auf einige
Tage zur Erholung nach Schlangenbad abreisen, als am 7. Juli
Herr Delbrück mich wissen ließ, daß er im Begriff sei, dem Kaiser
einige Begnadigungsvorschläge zugunsten der letzten französischen
Gefangenen zur Unterschrift vorzulegen, ich möchte aber noch
bis 5 Tage strengstes Stillschweigen beobachten. Ich hielt mein
Versprechen so gewissenhaft, daß ich selbst mein Ministerium erst
nach Ablauf dieser Frist in Kenntnis setzte. Allein, getreu ihrem
System der Ausflüchte, des Verschweigens und der absichtlich un⸗—
klaren Verhandlungen, kam die deutsche Regierung nicht zu einem
endgültigen Entschlusse. Herr von Remusat frug, in der Unge—
wißheit, noch keine bestimmte Bestätigung meiner ersten Mittei—
lung zu haben, am 19. bei mir an, wie die Angelegenheit stünde.
Ich erwiderte ihm sofort, daß ich die Begnadigungen für ganz
sicher hielte, ohne genau den Tag der Unterschrift des Kaisers an—
zeben zu können und daß ich aus sicherer Quelle bereits die Be—
stätigung der Begnadigung der Herren Tharel und Dehüt erhalten
hätte. Am folgenden Tag brachte die „Kreuzzeitung“ die Mittei—
lung, der deutsche Botschafter in Paris habe den Präsidenten der
Republik benachrichtigt, daß der Kaiser aus Anlaß der Unter—
zeichnung der Konvention vom 29. Junir*) die letzten in Deutsch—
land zurückgehaltenen Gefangenen begnadigt habe, die Nachricht
sei zwar noch verfrüht, werde aber in allernächster Zeit bestätigt
werden. In Magdeburg hatten bereits drei Gefangene ihre Frei—
heit erhalten, eine offizielle Bekanntmachung war aber unter⸗
blieben, ebenso bei 28 Gefangenen in Werden und einem Haupt—
mann des Generalstabs. Endlich, wenige Tage nachher, unter—
zeichnete der Kaiser den Amnestieerlaß; aber noch war er nicht
*) Konvention betreffend die Bezahlung der Kriegskostenentschädigung, wovon
später die Rede sein soll. (G. B.)