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Zweiter Teil. 1874-1877 Fünftes Kapitel. Abkühlung in den französisch-russischen Beziehungen

Full text: Meine Botschafterzeit am Berliner Hofe 1872-1877 / Gontaut-Biron, Élie de (Public Domain)

556 Abkühlung in den französisch-russischen Beziehungen. 
wir uns getrennt hatten, setzte ich sofort den Herzog Decazes von 
der Besprechung in Kenntnis, und empfahl ihm dringend die Zu— 
stimmung zu dem zwischen uns vereinbarten Kompromiß. 
„Als ich am gleichen Tage gegen 6 Uhr auf die Promenade 
kam, eilte Karolyi auf mich zu und teilte mir mit, daß der Kaiser 
von Rußland auf den Vorschlag des Kanzlers soeben den vier 
Mächten den Entwurf zu einer Erklärung an den Sultan zugehen 
lasse, in der die Ubereinstimmung der fünf Mächte zugunsten des 
Friedens und der Aufschub der Note gegen sofortige Bewilligung 
umfassender und eingehender Reformen an die Christen ausge— 
sprochen sei. Karolyi bemerkte: „Ich bin darüber sehr befriedigt, 
das ist sehr gut! Man merkte, wenn man ihn hörte, daß auch er 
über die durch das erste Projekt Rußlands gefährdete Einigkeit 
der Mächte sehr beunruhigt gewesen war. Dadurch bestätigte sich 
auch der in den letzten Tagen von Ästerreich erhobene Widerstand, 
von dem mich schon meine früheren Unterredungen mit Karolyi 
überzeugt hatten. Letzterer teilte mir noch mit, daß der Fürst 
Gortschakow mich erwarte, um mir von dem Projekt Mitteilung 
zu machen, und bat mich, nicht merken zu lassen, daß ich schon 
Kenntnis davon hätte. 
„Wenige Minuten später trafen wir mit Baron Jomini zu— 
sammen: „Nun, Herr von Gontaut,“ redete er mich an, „unsere 
Besprechung ist nicht umsonst gewesen, unsere Idee ist von dem 
Fürsten Gortschakow aufgenommen und von dem Kaiser geneh— 
migt worden, und eben ist ein Vorschlag in diesem Sinne an die 
vier Mächte abgegangen.“ Er war damit zufrieden, soweit ein 
Mann, der ganze Arbeit liebt, mit halben oder Vermittelungs— 
Maßregeln zufrieden sein kann. 
Wir unterhielten uns noch länger über den Gegenstand. 
„Bald nachher ging ich an einem Tisch vorüber, an dem Ihre 
Kaiserlichen Hoheiten, der Großfürst und die Großfürstin Michael, 
mit dem Fürsten Gortschakow saßen, und mich einluden, mich zu 
ihnen zu setzen. Als erstere nun weggingen, um sich bei dem Kai— 
ser zu verabschieden, — sie reisten eine Stunde später nach Paris, 
— schob der Fürst Gortschakow seinen Arm unter den meinigen, 
und teilte mir den Vorschlag des Kaisers mit. „Sie hatten Be— 
denken gegen das erste Projekt,“ bemerkte er, „und Orlow hat
	        
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