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Zweiter Teil. 1874-1877 Fünftes Kapitel. Abkühlung in den französisch-russischen Beziehungen

Full text: Meine Botschafterzeit am Berliner Hofe 1872-1877 / Gontaut-Biron, Élie de (Public Domain)

554 Abkühlung in den französisch-russischen Beziehungen. 
würde dadurch eine Grundlage schaffen, um aus der jetzigen Lage 
herauszukommen.“ 
Der Fürst widersprach mir nicht, und machte eine Bewegung, 
die heißen konnte: „Versuchen Sie es.“ Ehe wir uns trennten, 
sagte er noch einmal: „Ich rechne auf Sie; schreiben Sie recht 
eindringlich, daß wenigstens nicht das Bündnis der fünf ausein— 
ander fällt. Es handelt sich hier nicht um russische Interessen, 
sondern um diejenigen der Menschlichkeit und des Christentums.“ 
„Was uns betrifft, so ist es richtig, daß wir den Dienst, 
den uns Rußland im vergangenen Jahr geleistet hat, nicht ver— 
gessen können. Die Ratlosigkeit Rußlands tritt deutlich zutage, 
dies scheint mir daher der Augenblick, eine Versöhnung anzu— 
bahnen, und zwar gilt es, keine Zeit zu verlieren, ich werde aber 
hier noch einmal zur Geduld mahnen, denn man scheint es sehr 
eilig zu haben; Karolyi ist im wesentlichen auch meiner Mei— 
nung ...“ 
Kaum war dieser Bericht abgegangen, als Herr von Gon— 
taut die Antwort des Herzog Decazes auf den neuen russischen 
Vorschlag erhielt: „Die Sache ist ernst, und ich glaube, man ist zu 
eilig. In erster Linie habe ich das Bedenken, daß eine Maßregel 
und eine Pression, die man als voreilig bezeichnen wird, von der 
öffentlichen Meinung wenig günstig aufgenommen werden dürfte, 
und daß man demgegenüber nur zu sehr geneigt sein wird, die 
Geduld und Klugheit Englands hervorzuheben. 
„Und andererseits, wie kann man gegenüber einer neuen 
Gewalt und einer seit acht Tagen so völlig veränderten Lage ver— 
langen, daß der Text der ersten Note vollständig und unverändert 
bleiben solle? Würde es nicht das richtigste sein, zunächst sich von 
neuem über die Zweckmäßigkeit des Schrittes zu verständigen, 
unbeschadet der demnächstigen Feststellung der Fassung und des 
Umfanges der Note?“ 
Diese Antwort beunruhigte Herrn von Gontaut: „Ich sehe,“ 
erwiderte er, „daß Sie einem Aufschub der Überreichung der Note 
und selbst einer Anderung ihrer Fassung geneigt sind. Das ist 
bedenklich und wird hier nicht gutgeheißen 
werden. Zum mindesten sollten sie mir eine Versicherung ge— 
ben, daß Ihre Ansichten in der Hauptsache noch dieselben sind, d. h.
	        
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