Schlußfolgerung.
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begleitet hat. Es genügt nicht, die einfache Tatsache festzustellen,
man muß auch noch die vorsichtige kluge Form in Betracht ziehen,
in der dies geschehen ist.
Wir kennen aus dem von dem Herzog Decazes verfaßten Be—
richt genau den Verlauf der zwischen ihm und dem Fürsten Hohen—
lohe am 5. Mai stattgehabten Unterredung. Dieses Schriftstück
hat um so größere Bedeutung, als es eine Begegnung, deren Trag—
weite man sehr übertrieben hat, auf das richtige Maß zurückzu—
führen gestattet. Allerdings trug sie dadurch, daß sie einem Ab—
schiedsbesuche nach wenigen Stunden folgte, einen ungewöhnlichen
Charakter. Fürst Hohenlohe überbrachte übrigens nicht, wie man
behauptet hatte, eine offizielle Mitteilung, deren Besprechung der
Herzog mit Geschick unmöglich gemacht habe. Der Botschafter
versäumt nicht, festzustellen, daß er von seiner Regierung nicht be—
auftragt sei, dem Minister die in Berlin durch unsere Militärre—
organisation entstandene Beunruhigung mitzuteilen, sondern aus
eigenem Antrieb komme. Diese Versicherung täuscht ohne Zwei—
fel niemand; aber sie nimmt den Äußerungen des Fürsten jeden
tatsächlichen offiziellen Charakter, und gestattet, nötigenfalls, in
Abrede zu ziehen, daß die deutsche Regierung in betreff des Cadre—
gesetzes je einen Schritt bei unserer Regierung getan hat. Die
Presse des Reichskanzlers konnte also, wie man gesehen hat, später
mit Recht behaupten, daß zwischen Frankreich und Deutschland
nichts vorgefallen sei. Und um den vorhergegangenen Äußerun—
gen jeden Anschein einer Drohung zu nehmen, las Fürst Hohen—
lohe am Schluß der Unterredung einen Brief vor, in dem der
Reichskanzler sich in allgemeinen Betrachtungen über die Möglich—
keit der Annäherung beider Völker ergeht.
Dieselbe Vorsicht, die den auswärtigen Mächten zu unter—
breitenden Bemerkungen jeden offiziellen Charakters zu ent—
kleiden, läßt das an den Kaiser gerichtete Schreiben vom 18. Au—
gust 1875 erkennen. Der Reichskanzler versichert, daß er den
Grafen Münster nie beauftragt habe, in der ihm zugeschriebenen
Weise sich zu äußern; aber, weit entfernt ihn deshalb zu tadeln,
ist er der Ansicht, daß diese Sprache keineswegs unzweckmäßig
war. Es ist also wohl möglich, daß Graf Münster, ebenso wie
Fürst Hohenlohe, die ihm vom Reichskanzler mitgeteilten, für