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Zweiter Teil. 1874-1877 Viertes Kapitel. Die Krisis 1875 (Fortsetzung). Die Sorgen des Reichskanzlers

Full text: Meine Botschafterzeit am Berliner Hofe 1872-1877 / Gontaut-Biron, Élie de (Public Domain)

Schlußfolgerung. 
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begleitet hat. Es genügt nicht, die einfache Tatsache festzustellen, 
man muß auch noch die vorsichtige kluge Form in Betracht ziehen, 
in der dies geschehen ist. 
Wir kennen aus dem von dem Herzog Decazes verfaßten Be— 
richt genau den Verlauf der zwischen ihm und dem Fürsten Hohen— 
lohe am 5. Mai stattgehabten Unterredung. Dieses Schriftstück 
hat um so größere Bedeutung, als es eine Begegnung, deren Trag— 
weite man sehr übertrieben hat, auf das richtige Maß zurückzu— 
führen gestattet. Allerdings trug sie dadurch, daß sie einem Ab— 
schiedsbesuche nach wenigen Stunden folgte, einen ungewöhnlichen 
Charakter. Fürst Hohenlohe überbrachte übrigens nicht, wie man 
behauptet hatte, eine offizielle Mitteilung, deren Besprechung der 
Herzog mit Geschick unmöglich gemacht habe. Der Botschafter 
versäumt nicht, festzustellen, daß er von seiner Regierung nicht be— 
auftragt sei, dem Minister die in Berlin durch unsere Militärre— 
organisation entstandene Beunruhigung mitzuteilen, sondern aus 
eigenem Antrieb komme. Diese Versicherung täuscht ohne Zwei— 
fel niemand; aber sie nimmt den Äußerungen des Fürsten jeden 
tatsächlichen offiziellen Charakter, und gestattet, nötigenfalls, in 
Abrede zu ziehen, daß die deutsche Regierung in betreff des Cadre— 
gesetzes je einen Schritt bei unserer Regierung getan hat. Die 
Presse des Reichskanzlers konnte also, wie man gesehen hat, später 
mit Recht behaupten, daß zwischen Frankreich und Deutschland 
nichts vorgefallen sei. Und um den vorhergegangenen Äußerun— 
gen jeden Anschein einer Drohung zu nehmen, las Fürst Hohen— 
lohe am Schluß der Unterredung einen Brief vor, in dem der 
Reichskanzler sich in allgemeinen Betrachtungen über die Möglich— 
keit der Annäherung beider Völker ergeht. 
Dieselbe Vorsicht, die den auswärtigen Mächten zu unter— 
breitenden Bemerkungen jeden offiziellen Charakters zu ent— 
kleiden, läßt das an den Kaiser gerichtete Schreiben vom 18. Au— 
gust 1875 erkennen. Der Reichskanzler versichert, daß er den 
Grafen Münster nie beauftragt habe, in der ihm zugeschriebenen 
Weise sich zu äußern; aber, weit entfernt ihn deshalb zu tadeln, 
ist er der Ansicht, daß diese Sprache keineswegs unzweckmäßig 
war. Es ist also wohl möglich, daß Graf Münster, ebenso wie 
Fürst Hohenlohe, die ihm vom Reichskanzler mitgeteilten, für
	        
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