Rundschreiben an die Bischöfe.
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Herr von Bülow hatte seit 14 Tagen nichts mehr von Herrn von
Arnim gehört, aber durch die Zeitungen von der Existenz des
Rundschreibens erfahren und sprach mir seine Befriedigung da—
rüber aus.
„Wir sind die ersten,“ sagte ich ihm, „die solche Ausschreitun—
gen verurteilen, aber unsere Regierung schreitet selten ein und be—
dient sich beinahe nie der Gesetzesbestimmungen, die der Redefrei—
heit der Geistlichkeit eine Grenze setzen. Es hat sich allmählich eine
sehr große Freiheit der Kirche bei uns eingeschlichen; sie führt zeit—
weise zu Ungelegenheiten, aber sie ist nachgerade vollständig zur
Gewohnheit geworden.“
„Sie täuschen sich jedoch über den Einfluß unserer Bischöfe
auf die Regierung; ein solcher existiert nicht. Die kirchlichen An—
gelegenheiten in Deutschland haben, wie ich schon Gelegenheit
hatte Ihnen zu sagen, überall einen solchen Wiederhall gefun—
den, daß alle Katholiken ohne Unterschied der Nationalität sich da—
mit beschäftigen. Sie wissen, daß wir nicht die einzigen sind, die
sich dafür interessieren. In England verfolgt man sie mit leb—
haftem Interesse. Der Erzbischof Manning hat öffentlich und in
sehr scharfen Worten Ihr Verhalten gegen die katholische Geistlich—
keit getadelt, und trotzdem haben Sie meines Wissens der eng—
lischen Regierung darüber keine Bemerkung gemacht.“ „Das ist
richtig,“ entgegnete Herr von Bülow, „aber England ist ein pari—
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herdem sind die Engländer nicht, wie Sie, unsere Nachbarn, und
was dort vorgeht, macht sich bei uns weniger fühlbar als die Er—
eignisse bei Ihnen. Übrigens sind Sie wohl in der VLage ein—
schreiten zu können: das „Journal des Débats“ vom 20. begeichnete
einige Artikel des Strafgesetzbuches, die ausdrücklich dazu bestimmt
sind, Ausschreitungen der Presse und der bischöflichen Sprache, auch
in Beziehung auf das Ausland, zu unterdrücken.“
„Ich wiederholte, daß diese Gesetze schon seit langer Zeit bei—
nahe völlig außer Kraft getreten seien, die Regierung deshalb
aber doch nicht darauf verzichte, die Bischöfe vor allen die aus—
wärtigen Mächte verletzenden ÄAußerungen zu warnen.
„Ich bin Ihnen,“ erwiderte Herr von Bülow, „für Ihre Be—