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Erster Teil. 1872-1873 Viertes Kapitel. Die Konvention vom 29. Juni 1872

Full text: Meine Botschafterzeit am Berliner Hofe 1872-1877 / Gontaut-Biron, Élie de (Public Domain)

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Die Konvention vom 209. Juni 1872. 
fügen, daß die französische Regierung diese sofort für erwünscht 
hielte. 
Auf die so oft wiederholte Frage der Armeereorganisation 
und der heutzutage in ganz Europa gepredigten allgemeinen 
Wehrpflicht zurückkommend, wiederholte mir Herr von Remusat 
so ziemlich dieselben Argumente wie Herr Thiers, und schloß sei— 
nen Brief: „Ich erwarte mit Ungeduld Ihre nächsten Depeschen; 
ich zweifle nicht, daß es Ihnen gelingen wird, alles zu erfahren, 
was für uns bestimmt zu wissen von Interesse ist usw.“ — 
Es war sicher erwünscht, den Fürsten Bismarck in guter 
Stimmung zu erhalten und nicht mit Ideen oder Vorschlägen auf— 
zutreten, deren einschneidender Gegensatz zu den seinigen die 
Schwierigkeiten der an und für sich schon verwickelten Angelegen— 
heit nur noch erhöhen konnten. Nichtsdestoweniger muß ich ge— 
stehen, daß Herr Thiers sich in der Frage der allgemeinen Wehr— 
pflicht für Frankreich in unkluger Weise und ohne ersichtlichen 
Grund zu weit engagiert hatte. Es war durchaus begreiflich und 
nach der Ansicht verschiedener kompetenter Persönlichkeiten viel— 
leicht auch ganz verständig, daß seine Anschauungen und seine Er— 
fahrung ihn zum ausgesprochenen Gegner dieses Systems mach— 
ten, aber zu behaupten, und mich zu beauftragen, dem Fürsten 
Bismarck zu versichern, daß er überzeugt sei, die Nationalver— 
sammlung zu seiner Ansicht bekehren zu können und, wenn auch 
in der Fassung zu einigen Konzessionen gezwungen zu sein, in der 
Sache selbst sich zu solchen nicht herbeilassen werde, das hieß, sich 
notwendig einem Dementi durch die Tatsachen aussetzen und, 
wenn auch mit Unrecht, sich dem Vorwurf der beabsichtigten Täu— 
schung der deutschen Regierung aussetzen. Es scheint, daß Herr 
von Remusat, der großen politischen Takt besaß, das Gefühl hatte, 
es sei unzweckmäßig, sich soweit festzulegen, denn seine Instruk— 
tionen empfahlen mir etwas mehr Zurückhaltung als diejenigen 
des Präsidenten. 
Immerhin konnte man sich fragen, ob die vertraulichen In— 
formationen des General von Manteuffel, — denn dieser war 
die Quelle des Herrn Thiers, — zuverlässig oder nicht etwas ge— 
wagt waren? Jedenfalls gab mir Fürst Bismarck keine Ant—
	        
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