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"Der Gott der Rache" von Schalom Asch

Full text: Vom Rückgang der deutschen Bühne / Goldmann, Paul (Public Domain)

Der Gott der Rache 319 
ihrem Zuhälter Schlojme zu ihm in die Wohnung kommt. 
Schlojme hat Hindl versprochen, sie zu heiraten. Sie wollen 
auch ein „Etablissement“ aufmachen von der Art desjenigen, 
das Jankel betreibt. Wenn „ein paar Mädels“ beisammen 
sind, soll es eröffnet werden, und dann soll Hochzeit sein. 
Inzwischen bleibt Hindl noch in Jankels Diensten. Jedoch 
Schlojme braucht Geld; und darum kommen sie beide um 
einen Vorschuß bitten, auf Hindls Abrechnungsbuch. Jankel 
will sich auf nichts einlassen. Von Geschäften will er nur 
unten reden, nicht oben. Schloime macht als Antwort eine 
gemeine Bemerkung über Jankels Tochter. Da fährt ihm 
Jankel an die Kehle. Aber Sara, Jankels Frau, gibt dem 
Schlojme das Geld, das er verlangt, und der ungebetene Be— 
such empfiehlt sich. 
Heute, gerade heute soll alles anders werden. Denn 
heute erwartet Jankel die Thora, die er sich hat schreiben 
lassen. Das „Schreiben“, das heißt das Abschreiben der 
Thora, ist eine schwere Arbeit. Ein Schriftgelehrter hat 
viele Monate zu tun, bis er die fünf Bücher Mosis, welche 
die Thora enthält, textgetreu und in schöner Schrift auf 
ein Pergament kopiert hat. Sich eine Thora schreiben zu 
lassen, kostet darum ein gutes Stück Geld. Aber Jankel 
kann es sich leisten. In seiner Tasche klimpern die Rubel; 
er ist ein wohlhabender Mann. 
Mit der Thora kommt etwas Heiliges ins Haus. Reb 
Aron, der Thora⸗Schreiber, sagt: „Auf der heiligen Thora 
ruht die ganze Welt, und jede einzelne Thora ist genau so 
heilig wie die Bundestafeln, welche Moische, unserem großen 
Lehrer, überliefert worden sind auf dem Berg Sinai. Jedes 
Tüpfelchen wird in der Thora in Reinheit und Heiligkeit 
geschrieben. In dem Haus, wo die Thora sich befindet, 
ist Gott selber.“
	        
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