Religion und Bildhauerei.
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daß man in der Geschichte der Plastik mit
größerem Nechte von einem romanischen oder
gotischen Stil sprechen kann, als in der der
Malerei.
Es liegt in dem bilderdienstfeindlichen Wesen
des Protestantismus, wie im Charakter seiner
Gotteshäuser als bloßer Versammlungsorte der
Andächtigen behufs Anhörens der Lithurgie
und Predigt, daß er zur bildenden Kunst und
besonders zur Plastik kein rechtes Verhältnis
gewinnen konnte. Wo sich reicherer Skulpturen⸗
schmuck in seinen Kirchen vorfindet, entstammt
er meist ihrer katholischen Vergangenheit, zumal
es den Gemeinden an den materiellen Mitteln
zur wirksamen Pflege religiöser Kunst fehlte.
Die Neubauten, soweit sie im prote—
stantischen Norden ausgeführt wurden, waren
auf den schlichten Backstein angewiesen, der
monumentaler Plastik selbst in bescheidenem
Maße wenig Raum läßt. Dazu kam, daß es
dem Bildner nach dem Ausscheiden der Marien⸗
und Heiligenlegende an dankbaren Motiven
fehlte. Der Protestantismus mußte eine Ge—
schichte haben, ehe er intimere Beziehungen
zur Skulptur gewann, die ihren Tiefstand nach
den Verwüstungen des dreißigjährigen Krieges erreicht hatte und erst durch die
Berliner Bildhauerschule einen neuen Aufschwung nahm. Daß der religiösen
Kunst auch hier ein äußerst bescheidener Anteil zufiel, lag an den politischen und
den aus ihnen sich ergebenden wirtschaftlichen Verhältnissen. Die schnelle, aber
mit gewaltigen Opfern an Gut und Blut erkaufte Machtentwickelung des Preußischen
Staates zeitigte wohl eine historische, aber keine religiösse Monumentalplastik.
Daran vermochten auch die künstlerischen Neigungen des Romantikers auf
dem Thron, die sich dem Kirchenbau zuwandten, nichts zu ändern. Die Skulptur
brachte es über banale Wiederholungen eines bestimmten Erlösertypus à la Thor-
waldsen und ein paar singende und betende Engelsgestalten, die ihre Verwandt—
schaft mit den klassischen Niken und Viktorien nicht verleugnen konnten, beim
besten Willen nicht hinaus. Der schlichte Sinn und die puritanische Einfachheit
der religiösen Anschauungen des ersten Kaisers des neu erstandenen Deutschen