Das neue Berlin. Neue Denlmäler.
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Seitenfelder zeigen vier Reliefs, Darstellungen aus dem
Stadtleben: Die Geschlechter (Ritter und Gelehrte), die
Gewerbe (Brauer und Schmied), die Zünfte (Gewand—
schneider und Fleischer); das vierte Relief stellt zwei keifende
Weiber dar — eine humoristische Bezugnahme auf die beiden
Schwesterstädte Berlin und Kölln. Ein achteckiges, von kurzen
Türmen eingefaßtes Bassin bildet den unteren Abschluß
des Monuments. Der Rolandbrunnen ist von Prof. Otto
Lessing entworfen und modelliert. Die 8,75 m hohe Roland—
figur ist in norwegischem Granit ausgeführt.
Mit der Denkmalsanlage vor dem Bran—
denburger Tor hat die Bebauung des Tiergartens mit
patriotischen Denkmälern ihren vorläufigen Abschluß ge—
funden. Die von Geh. Baurat Ihne entworfene Anlage
gliedert sich in vier Teile, von denen zwei die Denkmäler
Kaiser Friedrichs 111. und der Kaiserin
Friedrich umfassen; die beiden anderen dienen als Ein—
fassung von Springbrunnen. Nach dem Brandenburger Tor
wird die Denkmalsanlage durch Ballustraden begrenzt. Wie
bei vielen architektonischen Neuschöpfungen Berhlins ist auch
hier der Stilcharakter der neuen Anlage dem der Umgebung
keineswegs angepaßt worden. Die barocken Bauformen der
Denkmalsanlage stehen im schärfsten Gegensatz zu der
monumentalen Gliederung des Brandenburger Tors. Die
Denkmalsfiguren stehen etwa auf der künstlerischen Höhe
der barocken Architektur. Die Statue Kaiser Friedrichs und
die Büsten des Feldmarschalls von Blumenthal und des
Professor Helmholtz sind von Adolf Brütt modelliert; die
Statue der Kaiserin Friedrich und die Büsten des Philo—
sophen Ed. Zeller und des Chemikers W. von Hofmann sind
Werke des Bildhauers Fritz Gerth.
Das Nationaldenkmal für Kaiser Wil—
helm J. Das größte Monumentalwerk Berlins ist eine
Schöpfung von Reinhold Begas, der es im Auftrage
Wilhelms 11. in den Jahren 1893-14897 mit Hilfe seiner
Schüler Bernewitz, Cauer, Felderhoff, Gaul, Götz und Kraus
ausgeführt hat. Die Mittel hatte der Reichstag bewilligt,
ebenso die Summe von 100 000 M. für einen künstlerischen
Wettbewerb, an dem sich 147 Künstler beteiligten. Ben
ersten Preis erhielt der Architekt Bruno Schmitz, den zweiten
die Architekten Rettig und Pfann, verschiedene Bildhauer
von Ruf erhielten kleinere Preise, Begas ging bei der Kon—
kurrenz leer aus. In einem zweiten Wettbewerb wurden
nur die prämiierten Künstler des ersten Wettbewerbs, so—
wie auf Befehl des Kaisers auch Begas zugelassen. Rein—
Gaulke, Führer durch Berlins Kunsischätze.