64 Der Ursprung des Backsteinbaues in den baltischen Ländern.
Brief Einhards, in welchem dieser bauerfahrene Mann bei einem wahr—
scheinlich in der Maingegend wohnenden Grundbesitzer oder Hofbeamten
Egmunal verschiedene Ziegelsorten bestellt. Jedenfalls fabrizierte man
damals (um 830) am Mittelrheine noch quadratische Ziegel in be—
stimmten Formaten. Abgesehen von den neuerdings aufgetauchten Resten
einer aus römischen Ziegeln erbauten Säulenhalle, welche Palast und
Kapelle verband, fehlt der Backstein in dem Hauptbaudenkmale Karls
des Großen, im Münster zu Aachen, vollständig, aber er ist und zwar
in gemischter Strukturweise an den ältesten d. h. den östlichen Teilen
der polygonalen Basilika in Nymwegen vorhanden, also an der bata—
vischen Grenze, die an dem Segen der römischen Kultur teilgenommen
hatte und wo die Natur ganz besonders auf die fortgesetzte Pflege des
römischen Ziegelbaues hinwies.
Aber auch am Oberrheine ist der Backsteinbau noch am Schlusse
des IX. Jahrhunderts geübt worden, wie das 1842 im Chore der
Münsterkirche auf der Insel Reichenau gefundene Grab Kaiser Karls
des Dicken bewiesen hat. Dasselbe zeigte sich, wie ein glaubwürdiger
Zeuge berichtet, „auf dem Boden und an den Seitenwänden mit blaß—
roten durch Kitt (7) verbundenen Backsteinen oder Ziegelplatten aus—
gelegt“, vermutlich in der gleichen Struktur, wie die Pfeiler der Ein—
hardschen Stiftskirchen. Derselben oder vielleicht einer etwas jüngeren
Zeitepoche werden auch die beiden noch in Trier vorhandenen sehr alten
Wohnhäuser, irrtümlich öfters als Propugnacula bezeichnet, sowie ein
bei S. Simeon stehendes Stiftsgebäude angehören. Bei allen diesen
Bauten sind die Mauern in der gemischten Ziegelbauweise wie am
Kaiserpalaste hergestellt, und zwar wie es scheint, unter erneuter Be—
nutzung römischer Ziegel. Ob zu der vom Bischofe Ulrich (923 bis
973) in Backsteinen erbauten Kirche S. Johann Baptista zu Augsburg,
deren sehr starke Mauern aus Gußwerk bestanden und mit Ecken von
Quadern eingefaßt waren, das Ziegelmaterial neuangefertigt oder von
ilteren Bauten entlehnt worden ist, bedarf noch einer näheren Unter—
suchung, die den füddeutschen Fachgenossen empfohlen sein mag. Die
bisherigen Berichte sind sehr unvollständig.
Von jener Epoche ab, d. h. von der Mitte des X. Jahrhunderts
und über ein Jahrhundert lang, erscheint der römische Ziegel als Deko—
rationsmaterial in der Architektur verwendet, besonders bei nieder—
rheinischen Tuffbauten, wo seine lebhaft rote Farbe zu der einförmig
hellgrauen Tönung der Tuffgesteine einen günstigen Gegensatz bildete.
So finden wir ihn für Arkaden, Kleinbogenfriese und Fensterbögen