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IV. Der Ursprung des Backsteinhauses in den baltischen Ländern

Full text: Zur Kunstgeschichte / Adler, Friedrich (Public Domain)

Der Ursprung des Backsteinbaues in den baltischen Ländern. 91 
schiffen, der draußen stehende quadratische Westturm, nach innen weit 
geöffnet und mit langgestreckter Mauertreppe, deuten daraufhin, während 
aus der mannigfachen Gestaltung der Haupt- und Zwischenpfeiler 
sowie aus den spitzbogigen (nur teilweise noch alten) Quergurten der 
Seitenschiffe in Verbindung mit dem rundbogigen Triumphbogen die 
Zeitepoche von 1180 bis 1190 unverkennbar hervortritt. Trotz der 
Verstümmlungen in alter und neuer Zeit ist die Kirche für ihre 
Provinz ein beachtenswertes Beispiel des Gewölbebaues; sie verdiente 
eine gewissenhafte Restauration. 
Die wichtigste Kirche dieser Gruppe bleibt die von Segeberg, 
schon weil sie die älteste ist. Neuerdings in durchgreifender Weise 
wieder hergestellt, leider nicht mit derjenigen Pietät, welche man ihr 
unbedingt schuldig gewesen wäre, ist vom ursprünglichen Charakter viel 
verloren gegangen. Es ist eine gewölbte Pfeiler- und Säulenbasilika 
mit vier Doppeljochen nach dem gebundenen Systeme, daran ein Chor⸗ 
quadrat; im Westen erhebt sich der quadratische Turm. Zwei der 
Säulen, jetzt die östlichen, sind durch etwas langgezogene Bündel— 
pfeiler ersetzt und wahrscheinlich hatten die östlich nächstfolgenden Pfeiler, 
welche bei der Restauration durch die Hinzufügung von Kreuzflügeln 
ganz beseitigt worden sind, die gleiche Form. Zu den rundschildigen 
Würfelkapitellen der Säulen und den Kämpfern hat man Werksteine 
von dichtem Gips, der in nächster Nähe ansteht, verwendet, und mit 
gravierten Ornamenten altertümlichen Charakters geschmückt. Dieses 
Material ist auch zum Mörtel benutzt, und nicht bloß hier, sondern 
nach Haupts Angaben bei vielen Kirchen in Wagrien. 
Für die Baugeschichte liegt urkundlich die Überlieferung vor, daß 
Kaiser Lothar bei seiner Anwesenheit in Niedersachsen 1134 den Befehl 
zum Bau der Kirche und des Klosters erteilt und Güter dafür an— 
gewiesen hat. Die Echtheit der betreffenden Urkunde wird allerdings 
bestritten (Raumer, Reg. 871), aber an der Tatsache ist wie Giese— 
brecht (Wend. Gesch. II, 352) hervorgehoben hat, kaum zu zweifeln. 
Indessen fragt es sich, ob die noch heute erhaltene Backsteinkirche jener 
Zeit wirklich angehört? 
Haupt (a. a. O. 144 und sonst mehrfach) hat sich bejahend ent— 
schieden; meiner Meinung nach mit Unrecht. Erstlich bezeugt Helmold 
J, 55, daß bei dem furchtbaren Wendeneinfalle unter Pribizlav 1138 
„das neue Bethaus und das soeben erbaute Münster“ nieder— 
gebrannt wurden. Zweitens erkennt man, daß die im großen und 
ganzen nach einem Grundplane erbaute Kirche den sehr merkwürdigen
	        
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