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Die Anwaltschaft in Berlin.
die Einführung des Entwurfes fand den schärfsten Wider-
stand bei dem Grosskanzler v. Fürst und dem Präsidenten
des Kammergerichts v. Rebeur, dem sein aufrechter Mut
dem Könige gegenüber in dem Prozesse des Müllers Arnold
für immer einen Ehrenplatz in der Geschichte des preussi-
schen Richtertums sichert. Beide waren von der Unentbehr-
lichkeit des Advokatenstandes überzeugt; bei den Kaffern
allerdings — schrieb Rebeurs scharfe Feder in einer seiner
späteren Streitschriften — gebe es keine Advokaten, und in
ihren Kraals sei das persönliche Erscheinen der Parteien
vorgeschrieben.
Ihr Widerstand blieb vergeblich. Nachdem Weihnachten
1779 aus Anlass des Müller Arnoldschen Prozesses Fürst
seine Stelle an Carmer hatte abtreten müssen, erschien be-
reits am 14. April 1780 ein von Carmer verfasster Königlicher
Erlass, welcher das Programm der neuen Prozessgesetzgebung
entwickelte: Der Hauptpunkt war Abschaffung der Advokaten
und ihr Ersatz durch richterliche Beamte, welche den Parteien
bei gerichtlichen Handlungen ihre Assistenz gewähren sollten,
die sog. „Assistenzräte“.
Carmer liess sodann durch Svarez zu diesem Programm
eine Prozessordnung schreiben. Am 18. Dezember 1780
übersandte er bereits den ersten Teil des noch unfertigen
Werkes dem Kammergericht mit der Anweisung, schon von
Neujahr 1781 ab danach zu verfahren, zugleich wurden die
dazu notwendigen Assistenzräte ernannt. Am 26. April 1781
erfolgte dann auch die Publikation der inzwischen vollendeten
Prozessordnung unter dem Titel „Corpus juris Fridericianum
Erstes Buch“.
Die Advokaten waren damit abgeschafft; wenigstens
auf dem Papier, und zunächst auch aus den Gerichtssälen.
Der Kläger zeigte dem Gericht an, dass er klagen wolle,
über die Anzeige erfolgte Vortrag im Kollegium, Beratung
und, falls alles in Ordnung, Bestellung eines Assistenzrates,
bei dem sich der Kläger zu melden hatte. Dieser nahm mit
Hilfe eines Auskultators ein Protokoll darüber auf, wobei er
den Kläger auf die schwachen Punkte der Klage aufmerksam
machte und dies alles mit ins Protokoll schrieb, um das