362 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III.
Hauptstudium dem Mittelalter gewidmet. Wilken's Lebenswerk ist
die „Geschichte der Kreuzzüge“, die in sieben Bänden 1810 -1832
erschienen ist. Treffliche Kenntnisse des Arabischen und Persischen
kamen dem Verfasser für diese Arbeit zu Statten, und der Fleiß—
mit welchem ein umfangreiches, zum Theil zum ersten Mal ver—
werthetes Material herbeigezogen und verarbeitet ist, ist bewunde—
rungswürdig. Aber seine Quellenkritik war unzureichend, und so
ist das Werk, das einst hoch angesehen war, heute fast verschollen,
obgleich es noch durch keine gleich umfassende Monographie ersetzt
ist. Zwei große deutsche Bibliotheken aber, die Heidelberger und
die Berliner, deren Director Wilken gewesen ist, sind ihm zu blei—
bendem Danke verpflichtet, und auch an den „Monumenta Ger-
maniae“ (s. oben S. 497) hat er lebhaften und fruchtbaren Antheil
genommen. Schwere geistige und körperliche Leiden haben ihn be—
reits seit dem Jahre 1823 heimgesucht, und von 1831 ab hat er
nur mit gebrochener Kraft arbeiten können.
Eine durch und durch gesunde Natur war Raumer, und er
brachte ausgezeichnete Gaben und praktische Lebenserfahrung, im
Staatsdienst gewonnen, für die Aufgaben des Historikers mit, dazu
betrachtete“, kann in einer Geschichte der Akademie kaum die Rede sein, da er ihr
nur ein Jahr angehört hat. Homeyer, sein dankbarer Zögling, hat ihm in seiner
Antrittsrede (Monatsberichte 1880 S. 808) ein Denkmal gesetzt: „Einer der zuerst
berufenen Lehrer der neuen hohen Schule nahm mich als Fünfzehnjährigen aus
Skandinavien nach Berlin. Es war dies die Zeit, da zum Trost und zur Erhebung
aus den Leiden des gedemüthigten und äußerlich gespaltenen Deutschlands ein tiefer
patriotischer Drang mit der ganzen Kraft des Gemüths und Geistes sich in jene
Epochen und Elemente versenkte, in denen und durch welche die Stämme Germaniens
zu einer Nation erwachsen waren und ihre innere Einheit unverwüstlich
schufen, die Zeit, wo Geschichte und Wissenschaft deutscher Sprache und Poesie sich
zu einem edeln und mächtigen Bau erhob, unter Meistern, die noch jetzt die Reihen
dieser Körperschaft schmücken. Wie jener Mann, der vor vierzig Jahren mir Preußen
zum Vaterlande gab, weiland Ihr Mitglied und Historiograph des Reiches, wie Rühs
an jener Bewegung, sei es auch nicht mit erfolgreicher Arbeit, doch mit dem ganzen
Eifer, ja der Leidenschaft seines Wesens Theil nahm, das ist den älteren Genossen
der Akademie sicherlich unvergessen. Seiner liebevollen Anregung danke ich es, daß
die frühe Neigung zu einem Hin- und Herstreifen in dem Gebiete der germanischen
Sprachen nicht wieder verloren ging“. Vergl. auch Brunner, Preuß. Jahrb. Bd. 86
(1875) S. 21ff., der Rühs' Arbeiten charakterisirend hervorhebt, wie er stets die
skandinavischen Alterthümer in seinen Untersuchungen berücksichtigt und Justus
Möser's phantasievolle Schilderungen der germanischen Urzeit, an denen sich die Zeit—
genossen berauschten, entschieden bekämpft habe, obgleich er selbst ein Feuerkopf und
nichts weniger als ein Pedant gewesen sei.