Mathematiker: Dirichlet.
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zus seinen analhtischen Arbeiten zu befruchten verstand. Seine
Anwendungen der Analysis auf die Zahlentheorie unterscheiden sich
von allen früheren derartigen Versuchen wesentlich dadurch, daß in
ihnen jene dieser in der Art dienstbar gemacht ist, daß sie nicht
mehr nur zufällig manche vereinzelte Resultate für sie abwirft,
sondern daß —
anderen Wegen noch ganz unzugänglicher Probleme der Arithmetik
mit Nothwendigkeit ergeben muß. Diese Dirichlet'schen Methoden
iind für die Zahlentheorie in ähnlicher Weise Epoche machend wie
die Descartesschen Anwendungen der Analhysis für die Geometrie;
sie würden auch, ebenso wie die analhtische Geometrie, als
Schöpfung einer neuen mathematischen Disciplin anerkannt werden
müssen, wenn sie sich nicht bloß auf gewisse Gattungen, sondern
duf alle Probleme der Zahlentheorie gleichmäßig erstreckten. Unter
den Sätzen, die er gefunden hat, ist namentlich seine Bestimmung
des Grenzwerthes einer allgemeinen Reihe von Potenzen positiver,
abnehmender Größen, deren gemeinschaftlicher Exponent sich der
Grenze Eins nähert, ferner die Bestimmung der Klassenzahl der
quadratischen Formen für eine jede gegebene Determinante hervor—
zuheben. Außerdem hat er nach ähnlichen Principien wie für die
arithmetische Reihe auch für die quadratischen Formen den Satz
bewiesen, daß durch jede Form, deren drei Coefficienten keinen
gemeinschaftlichen Factor haben, unendlich viele Primzahlen dar—
gestellt werden. Endlich sind hier noch die neuen Resultate zu er—
wähnen, welche Dirichlet aus der Anwendung seiner Methode auf
die Bestimmung der mittleren Werthe oder asymptotischen Gesetze
für die in der Zahlentheorie überall auftretenden, scheinbar ganz
regellos fortschreitenden ganzzahligen Functionen gewonnen hat.
Die Vorlesungen über Zahlentheorie, welche er auf den deutschen
Universitäten zuerst eingeführt hat, veranlaßten ihn auch, auf die
mehr elementaren Theile dieser Disciplin und namentlich auf die
Vereinfachung der Gaußischen Methoden und Beweise einen be—
sonderen Fleiß zu verwenden. Bei seinen Untersuchungen über die
Theorie der nach den umgekehrten Quadraten der Entfernung
wirkenden Kräfte, über welche er auch besondere Vorlesungen an
der Universität hielt, führte er eine neue Art der Definition ana—
lytischer Functionen mittelst Continuitäts-Bedingungen durch, die
später durch seinen Nachfolger Riemann in Göttingen zu einem
eigenen Principe der Analysis erhoben wurde. In seinen Unter—
suchungen endlich über die Bewegung der Flüssigkeiten hat er das