Die Publicationen der Societät.
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2.
Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelm's J. hat die
Societät nur 5 Bände Miscellaned herausgegeben; zwei von ihnen
fallen in die Zeit von Gundling's, drei in die von Jablonski's
Präsidium. Da die Philosophie ganz ausgeschlossen war und
Themata von principieller Bedeutung nicht behandelt wurden, so
ist der neue Geist der Wissenschaft nicht kräftig in diesen Bänden
ausgeprägt, verleugnet sich aber doch in vielen Abhandlungen nicht.
Akademische Schönrednerei, wie sie Montesquieu in den Lettres
Persanes (1721) verspottet und wie sie sich später in den Abhand—
lungen so breit gemacht hat, vermißt man mit Genugthuung, freilich —
man vermißt auch noch jene treffliche formale Schulung des Geistes,
durch die Frankreich die Völker Westeuropas im Zeitalter Lud⸗
wig's XIV. und des Regenten erzogen hat. Der 2. Band (1723),
zu welchem die Mediciner und Chemiker noch nichts beigesteuert
haben, enthält vornehmlich mathematische und astronomische Ab⸗
handlungen, außerdem nur sechs litterarische, unter denen der
Vorschlag einer Universalschrift von D. Solbrig und eine Unter—
suchung von Wachter über die Sprache des Codex Argenteéus
hervorzuheben sind.
Endlich entschlossen sich die Mediciner und Chemiker, nachdem
das Collegium Medicum enge mit der Societät verbunden
worden war, zur Mitarbeit. In dem 3. Band (1727) nehmen
ihre Abhandlungen einen stattlichen Raum ein, und nicht minder
in den folgenden Theilen. Es ist die Schule Georg Ernst
Stahl's (1660 1734; Professor in Halle seit 16983, Leibarzt
des Königs in Berlin seit 1716), des größten Chemikers
seiner Zeit, des Vaters der Phlogiston-Theorie, die nun zu Worte
kam. Jene Theorie, von Lavoisier widerlegt, hat doch fast ein
Jahrhundert lang geherrscht und sich fähig erwiesen, die
bisher zerstreuten und unzusammenhängenden empirischen Beob⸗—
achtungen in eine Einheit zu fassen und neue, fruchtbare Unter⸗
suchungen anzuregen. Durch sie ist die Chemie erst zu einer
Wissenschaft geworden, während sie bis dahin die dienende Magd
der Mediein und der Goldmacherkunst gewesen war. Aber Stahl
war nicht nur experimentirender Chemiker, sondern auch Arzt, und
seine Eigenart bestand darin, diese beiden Aufgaben nicht vorschnell
zu vermischen. Der Empirie hat er auch auf dem Gebiete der
Heilkunde gehuldigt, aber eben deshalb lehnte er die mechanisch—
mathematischen Theorien seines Rivalen Hoffmann. die ihm in