Path:
Schriftstellerei

Full text: Die Berlinerin / Wolff, Ulla (Public Domain)

schriftstellerei 
Also vorwärts. Wir müssen heute fertig werden. 
Ach, es ist so langweilig, das ewige Andernmüssen.“ 
Frau Bünding streckte sich in ihrem hellen Morgen— 
rock auf der Chaiselongue aus und begann zu diktieren. 
Ella mußte sich immer wieder darüber wundern, daß 
die Dame so ganz ohne heiliges Feuer, offenbar ohne 
volle Aufmerksamkeit bei ihrer Arbeit war. Theophilie 
Bünding war ja keine berühmte Schriftstellerin; aber 
immerhin wußte Ella, daß ihre kleinen Novellen ge— 
druckt wurden. Sie selbst hatte einmal eine solche Ge— 
schichte in dem Feuilleton ihrer wohlfeilen Zeitung 
gelesen und wie so oft die Schriststellerin um dieses 
Glück ein bischen beneidet. Wie war es nur möglich, 
daß diese Dame beim Ausschmücken und Aussfeilen der 
eigenen Dichtung von Zeit zu Zeit sogar gähnte? 
Wie in den letzten Tagen, so ging es auch heute. 
So lange Frau Bünding ihre Novelle unverändert 
diktierte oder nur kürzte, ging es mit nachlässiger 
Schnelligkeit vorwärts, so daß die Stenographin trotz 
ihrer Gewandtheit kaum zu folgen vermochte. Dann 
war wieder ein neuer Satz einzufügen, uund da war 
es eine wahre Qual, wie die Schriftstellerin nach Worten 
und Wendungen suchte und schließlich der Schreiberin 
oft die Auswahl unter ähnlichen Sätzen überließ. So 
ging es also heute wieder eine gute Stunde. 
Frau Bünding gähnte wieder einmal, da klingelte 
es draußen, und gleich darauf brachte das Mädchen 
eine Karte herein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.