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Die musikalische Berlinerin

Full text: Die Berlinerin / Wolff, Ulla (Public Domain)

Die musikalische Berlinerin 
strument gut oder böse sein, — jenseits von Gut und 
Böse erblickt die Phantasie der Meisten eine Zukunft 
der Lorbeeren und Applause, die sich in Wirklichkeit nur 
für eine verschwindende Minderheit zur realen Gegenwart 
gestaltet. In keinem Gebiete offenbart sich der unver— 
wüstliche Optimismus der Menschheit so deutlich, wie 
in der musikalischen Arena, speciell in derjenigen Lauf— 
bahn, die mit der Fingerübung auf schwarz-weißem 
Felde anfängt. Wie jeder Lotteriespieler mit der Mög— 
lichkeit des großen Loses rechnet, so erscheint jeder 
Elevin, die ihr Klaviertalent entdeckt hat, die Carriere 
einer Clara Schumann als eine Fata Morgana, der 
sie mit heißem Bemühn zustrebt. Wenn das Dichter— 
wort: „Das Genie ist der Fleiß“ auch in der Umkehrung 
wahr wäre, dann hätten wir Berlin als die 
wahre Heimstätte der Genies zu betrachten, denn fleißig 
sind sie alle, diese Mädchen, welche die Musikmappe 
als Vorzeichen ihrer Künstlerschaft durch die Straßen 
schwingen; welche andere Stadt wäre auch so geeignet, 
den Ehrgeiz zu spornen und die Hoffnungen zu be— 
flügeln, als die Reichshauptstadt mit ihrer betäubenden, 
rastlos sausenden Konzert-Maschinerie, die in jeder 
Saison Hunderte von Erfolgen produziert und an jedem 
Abend nene Sterne erglänzen läßt? Da gilt es nur, An— 
schluß zu gewinnen an diesen mit Hochdruck arbeitenden 
Mechanismus, mitzureiten in dem großen Turmnier, 
das Preise in anscheinend unbeschränkter Zahl zu ver— 
geben hat, und vorläufig nicht danach zu fragen, ob 
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