Fedor von Zobeltitz
Hochadels Polens und der ungarischen Magnaten re—
gistrieren, sind bei uns nur in vereinzelten Ausnahmen
anzutreffen. Aber stattlich zu repräsentieren versteht
unser Hochadel dennoch. Auf den zarten Schultern
unserer Edeldamen ruhen schwere gesellschaftliche Lasten,
doch sie wissen sie anmutig zu tragen. Die Festivi—
täten in den aristokratischen Häusern Berlins legen
Zeugnis von dem feinen Takt ihrer Veranstalter ab.
Vornehme Gediegenheit bis in die kleinsten Einzelheiten
hinein, größter Komfort ohne luxuriöse Übertreibungen,
zuweilen auch die schwere Pracht gesicherten Reichtums,
aber niemals sich vordrängender Prunk und renom—
mistisches Pochen auf den Besitz. An „Geldheiraten“
fehlt es erklärlicherweise auch in unserem Adel nicht.
Dem materialistischen Zeitgeist sind manche Konzessio—
nen gemacht worden — er hat dafür auch in die
Mauer der Vorurteile manche Bresche geschlagen. Auf
die Verbindung von Namen und Reichtum sieht man
heute wohl nur noch in solchen Fällen achselzuckend
herab, wo es sich thatsächlich um nichts als einen nie—
drigen Schacher handelt oder wo eine befleckte Ehre
für einen gefüllten Säckel mit in den Kauf genommen
wird. Derartiges verzeiht man allerdings nicht — auch
Frauen, die ehemals der Bühne angehörten und sich
aristokratisch vermählt haben, wird der Eintritt in
die exklusive Gesellschaft sehr erschwert; in solchen
Dingen vergißt der Adel weniger leicht als das vor—
urteilsfreieee Bürgertum. Im allgemeinen aber
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