CLudwig Pietsch
Studiums und das solide Können nicht ausschließen;
das glänzendste Beispiel dafür giebt gerade hier jene
Bildnismalerin, die vor etwa zehn Jahren als
„Mädchen aus der Fremde“ von der schönen blauen
Donau zum grünen Strand der Spree gezogen
kam und gleichzeitig durch die mitgebrachten Proben
ihres großen Talentes, wie durch die originelle fremd—
artige Anmut und Liebenswürdigkeit ihrer Erscheinung
und ihres Wesens sehr bald schon das fremde Terrain
eroberte. Ohne die eminenten künstlerischen Quali—
täten, welche so viele ihrer Bildnisse auszeichnen, würde
es ihr nie gelungen sein, auf dem Berliner Boden zu
einer solchen Stellung aufzuklimmen, wie die, welche
sie gegenwärtig einnimmt. Um so weniger, als die
Mißgunst ihrer männlichen Kollegen, denen eine solche
Konkurrentin recht unbequem sein mochte, ihr dies Auf—
klimmen so viel als möglich erschwerte. Aber wer
wollte es bestreiten, daß andrerseits vieles in der
menschlichen Eigenart, im Aussehen und im ganzen
Habitus derselben Künstlerin mächtig dazu mitgewirkt
hat, sie so hohe Ziele im Leben und ihre heutige Posi—
tion in der Gesellschaft erreichen und erringen zu lassen!
Eine andere Species der Berliner Künstlerinnen
sind jene Damen der Finanzkreise und der aristokrati—
schen Welt, welche erst in ihres Lebens Mitte ihr
Talent entdeckt haben und nun, von einer plötzlichen
Leidenschaft für die Künste und ihre Ausübung er—
griffen, durch andere Pflichten, wie durch Sorgen um