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Fräulein Frauenthal ist eine sehr gefällige Bühnen—
erscheinung, gewandt und tout à fait comme il faut, und
doch erschrak ich in dem Moment ihres Auftretens. So
sehr war ich davon durchdrungen, daß dies keine Welserin
sei. Nun gibt es freilich leine innerliche Macht, die sich
schließlich alles unterwirft, und von der ich in diesem
Falle sagen möchte: wenn das Herz nur blond ist; aber
an dieser Macht gebrach es. (6. Juni1878.)
Otto Schim melfennig v. d. Oye.
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Herr v. Schimmelfennig war in der „Waise von
Lowood“ von Charlotte Birch-Pfeiffer ein vom
pommersch⸗brandenburgischen Standpunkt aus angesehener
und in den Reservekavallerieoffizier transponierter Lord
Rochester. Nun hoff' ich nicht in den Verdacht zu kommen,
das Pommersch-Brandenburgische zu unterschätzen, auf
das ich sozusagen eingeschworen bin, aber anderseits
wird sich ohne Unbilligkeit behaupten lassen, daß das,
was hierlandes als aristokratisch- lebemännische Tournüre
gilt, die wirklich weltmännische Tournüre nur' leise streift.
Provinzial befangen und nur dem Spießbürgertum ihrer
kleinen Garnisons- und Nachbarörter überlegen haben
unsere grundbesitzenden Klassen und mit ihnen ihre
meist wenig besitzenden Söhne „sichere Formen“ aus—
gebildet, die ihr bestes Teil aus der Sicherheit schöpfen,
aber im ganzen genommen wenig gemein haben mit
der Urbanität des französischen oder gar mit der Grand—
seigneurschaft des englischen Adels. Unser Kleinadel
bringt es selten über die Rittmeisterform hinaus. Und