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ich durch all diese Jahre hin in der nicht immer erfreulichen
Stellung eines Kritikers erlebt habe. Denn es bedeutete
den Sieg schöner menschlicher Eigenschaften: der Offenheit,
der Zuverlässigkeit, der Pflichttreue, der Tapferkeit und
Herzensgüte (der Abwesenheit, von Neid und Intrige
ganz zu geschweigen) über all das andere, das in seiner
Schwankendheit und Fragwürdigkeit, seiner immer größer
werdenden Abhängigkeit von der Mode doch erft in
zweiter Reihe steht. Gut gewesen sein ist immer was
und überdauert die Windfahne Tagesruhm, die heute
so steht und morgen so. Man spielte die „Grille“ der
Birch-Pfeiffer. Den ersten Kranz legte gleich nach
Schluß des ersten Aktes Herr Liedtcke — wohl der
Einzige noch, der vor beinahe dreißig Jahren das erste
Auftreten der Frau Breitbach miterlebt hat — vom
Parkett aus auf die Bühne nieder. Er war sichtlich
bewegt. Dann vergingen der zweite und dritte Akt ohne
Huldigungen; sie waren für den vierten, der die Haupt—
szene der alten Mutter Fadet bringt, aufgespart. Und
am Schluß dieser Szene begann nun aus Logen und
Parkett ein Kränzeregen, der sich, als der Vorhang nach
dem vierten Akte fiel, wiederholte. Wahre Blumen—
kunstwerke, darunter als schönstes ein Rosenkorb, wurden
auf die Bühne hinaufgereicht und alles, was mitspielte,
sah sich bei der Einheimsung als Auxiliartruppe mit
herangezogen. Dabei (nicht jedem glückt dergleichen) machte
sich Landry Barbeaud (Herr Müller) vorzüglich. Er hatte
sichtlich seine Freude daran und sah aus, als wär' er
beim Erntefest in Cosse oder Le Priche. Dann trat
Frau Breitbach, die sich inzwischen umgekleidet hatte,
vor, um dem Publikum ihren Dank auszusprechen, was
mit bemerkenswerter rednerischer Gewandtheit und dennoch
ganz in der liebenswürdigen und bescheidenen Weise