Path:

Full text: Causerien über Theater / Fontane, Theodor (Public Domain)

— 272 — 
dürstet nach Wahrheit und ist des Redensartlichen, selbst 
wenn es sich nicht bloß Poesie nennt, sondern bis auf 
einen gewissen Grad auch wirklich als Poesie gelten kann, 
herzlich müde. Das Doczische Stück ist aber nicht gut, 
auch innerhalb seiner schwächlichen und überholten Gat— 
tung nicht gut. Es ist ein Kuddelmuddel, ja in seinem 
letzten Akt ein vollständiges Gequatsche (weniger in Worten 
als in Taten), in Taten, die sich in der Schlußszene 
geradezu die Aufgabe zu stellen scheinen, in Erfahrung 
zu bringen, wieviel sich ein Berliner Publikum ruhig ge— 
fallen läßt. Dabei, die reizende Schlußszene des ersten 
Akts abgerechnet, langweilig bis zum Extrem, eine wahre 
Geduldprobe. Wenn man dann gleichzeitig bedenkt — 
es klingt prosaisch, aber es muß gesagt werden — was 
das alles kostet, welches Maß von Geld, Kraft, Talent, 
welche Gedächtnisquälereien, welche gewissenhafte Proben, 
welche Prachtdekorationen (im vierten Akt sehr schön) und 
welche frisch (ach, nur allzu frisch) vom Schneider kommende 
Kostüme nötig sind, um solch ein Werk über die Bühne 
zu führen — ins Leben zu führen, läßt sich nicht sagen — 
so dreht sich einem das Herz im Leibe um. So viel 
verlorene Liebesmüh! Freilich haben diejenigen die 
Schuld zu bezahlen, die vorher die Schuld der Annahme 
begangen haben. Wie kann man einem Berliner Publi— 
kum so was Abgestandenes und zugleich Grundkonfuses 
zumuten! 
—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.