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Dazu gesellt sich noch, und zwar hier zum ersten
Male, die größte der dramatischen Gaben: die Fähigkeit
des Hinstellens klar und bestimmt gezeichneter Gestalten,
die gerade da, wo sie sich am bedeutendsten zeigen, eine
lapidare Simplizitätssprache sprechen, eine Sprache, die
den Vergleich mit den berühmtesten Vorbildern nicht zu
scheuen hat und in einem merkwürdigen Widerspruche zu
dem Schön- und mitunter sogar Konfus-Redensartlichen
steht, wovon auch die „Quitzows“ an ihren weniger
gelungenen Stellen nicht frei sind. Die bestgezeichneten
Gestalten des Stückes sind die Dietrichs v. Quitzow selbst,
dann die des Burggrafen Friedrich und des Henning
Perwenitz, ersten Bürgermeisters von Berlin. Alle über—
ragt die Gestalt Dietrichs v. Quitzow — an Wirkung
gewiß und ebenso an Kern und Mark der Sprache.
Zieht man aber in Erwägung, daß der Burggraf und
der erste Bürgermeister die schwerer zu zeichnenden Ge—
stalten waren, so stellen sie sich, was Gabe der Charakte—
ristik angeht, vielleicht ebenbürtig neben die Quitzowgestalt.
Namentlich Perwenitz, der in seiner Mischung von berlinisch
sprechender und hier und da spießbürgerlicher Alltäglichkeit
mit Mut, politischer Klugheit und patrizischem und bürger—
meisterlichem Standesbewußtsein eine sehr bemerkenswerte
Gestalt ist.
Ein Beweis für die glänzende Findigkeit Wilden—
bruchs, von der ich sprach, ist in diesem Stücke die
Gestalt des Schmiedegesellen Köhne Finke. Köhne Finke
ist in gewissem Sinn eine historische Figur. Die berühmte
altpommersche Ballade von der Erstürmung Ketzer—
Angermündes durch die Märker unter Gans von Putlitz
schließt mit folgender Strophe:
Der aber, der dies Lied euch sang,
Ein Schmiedeknecht ist er schon lang,