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Dramatische Werke Wildenbruch

Full text: Causerien über Theater / Fontane, Theodor (Public Domain)

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„Die Quitzows“. Es ist kein Stück der absoluten Vor— 
trefflichkeit, es wimmelt von angreifbaren und noch mehr 
von aus den verschiedensten Gründen fragwürdigen 
Stellen, es hat auch — wenigstens in seiner die ganze 
zweite Hälfte des vierten Akts füllenden Schlußszene — 
den alten Wildenbruchschen Fluch, die Phrase mit ihrem 
natürlichen Anhang von Gesuchtheit und Forciertheit, 
nicht voll überwunden; aber all das sind schließlich doch 
nur obenauf schwimmende Korkkrümelchen, die sich ent— 
weder leicht hinwegtun lassen und, wenn nicht, doch viel 
zu geringfügig sind, den Geschmack zu verderben oder dem 
Ganzen etwas von seiner belebenden Kraft zu nehmen. 
Ein kühner Realismus (nur hier und da und dann 
jedesmal ganz überflüssigerweise mit einem abgestandenen 
Romantizismus untermischt) zieht sich nicht bloß durch 
das ganze Stück, sondern trägt es recht eigentlich; und 
so drängt sich einem wie von selbst ein Vergleich mit 
jener gerade jetzt mit Wildenbruch konkurrierenden anderen 
realistischen Bühnenmacht auf, mit Ibsen. In allem, 
was künstlerische Durchbildung seines Stoffes, was Kritik 
und Geschmack, was Konsequenz und Akkuratesse der 
Arbeit angeht, ist Ibsen ein Riese neben Wildenbruch; 
die Vollendetheit der Form wirkt bei dem norwegischen 
Dichter hinreißend, und das rein Künstlerische feiert einen 
vollkommenen Triumph in ihm. Der Inhalt, ähnlich wie 
bei Platenschen Oden oder Hexametern, wird verhältnis— 
mäßig gleichgültig. Von dieser Vollendung ist Wildenbruch 
weitab und wird mutmaßlich immer weitab bleiben, aber 
er offenbart andererseits in diesem Stück einen dramati— 
schen Instinkt, eine Findigkeit, eine Kühnheit glücklichster 
Griffe, die die grandiose Kunst Ibsens (den Accent auf 
Kunst gelegt) doch wiederum mannigfach in den Schatten 
stellen.
	        
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