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I.

Full text: Verbotene Stücke / Blumenthal, Oscar (Public Domain)

liches Führungsattest ausstellen sollten ... Es liegt 
in dieser ganzen Institution etwas so fremdartig Vor- 
märzliches, dass man sich in eine andre Geschichts- 
epoche zurückgeworfen fühlt — und das wird jeder 
mit mir empfinden, wenn ich hier einen Teil meiner 
Aufzeichnungen in knappen Auszügen mitteile. 
x 
Es war einer der bewegtesten Tage in der Ge- 
schichte des Lessing-Theaters, als mich in der Woche 
vor der ersten Aufführung von Hermann Sudermanns 
Drama »Sodoms Ende«, während wir auf der Probe 
die schon vollständig ausgearbeitete Gesamtdarstellung 
des Werkes noch einer letzten wachsamen Prüfung 
unterwarfen, mein Sekretär darauf aufmerksam machte, 
dass das Manuskript noch immer nicht mit dem er- 
forderlichen Zensurvermerk vom Königlichen Polizei- 
präsidium zurückgelangt sei, Es war fristgerecht ein- 
gereicht worden, wiederholt hatte auch der Theater- 
sekretär in der Kanzlei das Stück in Erinnerung ge- 
bracht, aber ausweichende Antworten hatten ihm den 
Eindruck erweckt, dass hier augenscheinlich Zensur- 
bedenken vorliegen mussten, die Niemand von uns bei 
einem Drama von Hermann Sudermann vorausgesehen 
hatte. Wir hätten uns nicht gewundert, wenn der 
polizeiliche Rotstift die eine oder die andre Stelle 
vorsorglich ausgetilgt hätte. Wir wären nicht über- 
vrascht gewesen, wenn wir einige charakteristische Auf- 
richtigkeiten in dem Dialog des Werkes hätten opfern 
müssen, aber ein Verbot des Stückes war von Nie- 
mand für möglich gehalten worden ‚.. und so hatten 
wir denn an der. scenischen Veranschaulichung des 
Dramas froh und sorglos gearbeitet. ohne uns durch
	        
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