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ganz konsequent und grundsätzlich aus dem Unterrichte aus-
schlossen und nur in der Lautsprache unterrichteten, trat auch
die städtische Taubstummenschule ein. Und sie glaubt, diesem
Standpunkte Treue gehalten zu haben bis auf den heutigen Tag —
zum Segen ihrer Zöglinge! Sie fand darum ‚auch, Beachtung beim
grossen Publikum wie bei den andern Taubstummenanstalten. Die
damals zeitgemässen, von den städtischen Behörden angeordneten
öffentlichen Prüfungen in der Taubstummenschule gaben dem
Publikum Gelegenheit, von der Arbeit der jungen Anstalt Kenntnis
zu nehmen und sein Verständnis und Interesse für die Taub-
stummenbildungssache überhaupt immer mehr fördern bezw. anregen
zu lassen. Von Fachleuten des In- und Auslandes zahlreich
besucht, fand die städtische Taubstummenschule Gelegenheit, sich
fachmännischem Urteile auszusetzen, wie für die reine Lautsprach-
methode Propaganda zu machen.
Unbeschadet der sittlich-religiösen Erziehung ihrer Zöglinge,
welche auch die städtische Taubstummenschule als ihre höchste
Pflicht erkennt, legt sie in ihrem Lehrplan das Hauptgewicht auf
die Ausbildung derselben in der Lautsprache. Die Schule lässt
sich auch in der Durchführung dieser Aufgabe nicht irre machen,
weder durch die Schwierigkeiten, welche derselben die schwächeren
Kinder bieten, noch durch den Hinweis auf die Thatsache, dass
die in der Residenz sehr zahlreich angehäuften Taubstummen und
Taubstummenvereine unter den Augen des grossen Publikums
zumeist in der Gebärde verkehren,
Nicht für den Verkehr mit den wenigen, die Gebärdensprache
anwendenden Taubstummen will sie ihre Schüler ausbilden, sondern
für den mit den vielen sprechenden Menschen, mit-der redenden
und hörenden Welt, in welche sie ihr späterer Beruf stellt; sie
will dieselben gleich den besten deutschen Anstalten in den Stand
setzen, möglichst verkehrsfähig im späteren Leben dazu-
stehen und mit ihren hörenden Mitmenschen im: Beruf wie im
sittlichen Verhalten konkurrieren zu können.
Bei einem weiteren Rückblick auf den Taubstummenunterricht
zu Anfang des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts treten uns
zwei Extreme in den Anforderungen an denselben entgegen. In
beiden Fällen vergass man, dass man es mit taubstummen
Kindern zu thun hatte und schoss weit hinaus über das mög-
liche Ziel.
Da war zuerst der sehr umfangreiche Unterrichtsstoff, der
bewältigt werden Sollte. Ein Blick in die zu jener Zeit gebräuch-
lichen Lehrbücher und Lehrpläne giebt ein Bild davon. Wenn